Einleitung Die Prävalenz von Belastungsinkontinenz in der
Schwangerschaft liegt bei 18,6–60%. Für Deutschland
existieren keine Zahlen zur Prävalenz. Das Risiko post partum inkontinent zu
sein, ist für die Frauen, bei denen die Harninkontinenz bereits
während der Schwangerschaft auftritt, dreimal so hoch als bei
FrauenHarninkontinenz in der Schwangerschaft. Die Persistenz der Harninkontinenz
über 12 Jahre nach der Geburt liegt bei 24–37,9%.
Üblicherweise werden Rückbildungskurse oder Beckenbodengymnastik
angeboten. Hier wurde über eine Verbesserung der subjektiven
Harninkontinenzbelastung um 30% bei den Rückbildungskursen und einer
Halbierung der wöchentlichen Inkontinenzereignisse nach Beckenbodengymnastik
berichtet, bei einer Pessaranwendung wurde in einer Metaanalyse Erfolgsraten von bis
zu 90% beschrieben.
Material und Methode In 6 Frauenarztpraxen (16
Gynäkolog*innen) wurden Wöchnerinnen befragt, ob sie vor,
während und/oder nach der Schwangerschaft inkontinent waren,
erfasst. Die Wöchnerinnen, die eine Therapie ihrer Harninkontinenz
wünschten, wurden randomisiert den drei Therapiearmen zugewiesen. Erfasst
wurde die Inkontinenz-Episodenfrequenz (IEF) über je zwei Tage, die
Beeinträchtigung der Lebensqualität durch den King’s Health
Questionnaire sowie die Zufriedenheit nach 6–10 Wochen Therapie. In einer
Newsletter-Umfrage wurden Gynäkolog*innen gebeten einen kurzen
Fragenbogen im Internet zum Thema Therapie der Harninkontinenz post partum
auszufüllen.
Ergebnisse Teil 1: Eingeschlossen wurden n=502 Wöchnerinnen,
495 konnten ausgewertet werden. Post partum gaben 21,6% eine Harninkontinenz
an (1.Para 19,0%,>2Para 24,2%). Nach einem Spontanpartus
waren es 28,4% (1.Para 29,3%,>2Para 27,5%), nach
vaginal operativen Entbindungen 25,0% (1.Para 32,3%,>2Para
7,1%), nach Sectio 10,0% (1 Para 3,1%,>2Para
16,7%). Teil 2: 9,9% der Wöchnerinnen wünschten eine
Therapie der Harninkontinenz. Zufrieden mit der Therapie waren nach dem
Rückbildungskurs 41%, nach der Physiotherapie 29%, mit einer
Pessartherapie 92%. Teil 3: 189 Gynäkolog*innen beteiligten
sich an der Online-Umfrage, 107 Niedergelassene und 82 Kliniker. Bei den
Niedergelassenen gaben 61% an keine Pessartherapie bei Harninkontinenz post
partum durchzuführen, 15% in weniger als 10% und nur
1% in allen Fällen. Bei den Klinikern waren es 40% keine
Pessartherapie, 21% in weniger als 10% der Fälle und
6% bei allen Inkontinenten.
Diskussion Der niedrige Therapieerfolg bei den Rückbildungskursen und
bei der Physiotherapie lässt sich durch die Tatsache erklären, dass
post partum meist eine Hypermobilität des Blasenhalses vorliegt, der durch
eine gewisse Verbesserung der Funktionalität der Beckenbodenmuskulatur nur
bedingt kompensierbar ist. Physiotherapie und/oder Rückbildungskurse
alleine sind daher unzureichend. Therapie der Wahl ist hier die Suspension des
Blasenhalses durch eine Pessartherapie, die in Deutschland aber nur vollkommen
unzureichend eingesetzt wird.