Adolf Nahrstedt (1940–2016)
Die Gesellschaft für Phytotherapie trauert um Herrn Professor Dr. Dres. h. c. Adolf
Nahrstedt, der am 07. Januar 2016 nach längerer Krankheit verstorben ist.
Adolf Nahrstedt wurde am 09.08.1940 in Northeim (Harz) geboren. Nach dem Vorexamen
studierte er an der Universität Freiburg von 1962 bis 1965 Pharmazie und von 1966
bis 1967 Lebensmittelchemie. Im November 1966 wurde er als Apotheker approbiert. Ab
1968 arbeitete Adolf Nahrstedt an seiner Promotion im Fach Pharmakognosie im Arbeitskreis
von Prof. Dr. R. Pohl am Pharmakognostischen Institut der Universität Freiburg, die
er 1971 mit magna cum laude abschloss. Von 1971 bis 1977 war er als wissenschaftlicher
Assistent am Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Freiburg tätig.
Im Juni 1976 habilitierte er im Fach Pharmazeutische Biologie und wurde noch im gleichen
Jahr auf eine C3 Professur für Pharmazeutische Biologie an die Technische Universität
Braunschweig berufen, die er bis 1986 innehatte. Von 1984 bis 1986 arbeitete er als
geschäftsführender Leiter des Instituts für Pharmazeutische Biologie an der TU Braunschweig.
Im Januar 1986 wurde er auf eine C4 Professur für Pharmazeutische Biologie an die
Universität Münster berufen. Prof. Nahrstedt leitete das Institut für Pharmazeutische
Biologie als Geschäftsführender Direktor bis September 2004, das während seiner Amtszeit
in Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie umbenannt wurde.
Im Zentrum seiner wissenschaftlichen Tätigkeit stand die pharmazeutisch-biologische
Erforschung von Arzneipflanzen und Naturstoffen. Basis waren stets die chemischen
Eigenschaften der Wirkstoffe und der komplexen Extrakte, auf der die Wirkungen oder
Wirkmechanismen untersucht und diskutiert wurden. Adolf Nahrstedt widmete sich vielfältigen
Fragestellungen zur Biochemie und Physiologie pflanzlicher Sekundärmetabolite, insbesondere
von Cyanglykosiden. Im Fokus standen zunächst Fragestellungen zur chemischen Ökologie
mit dem Hintergrund der Wechselwirkungen zwischen pflanzlichen Naturstoffen und Insekten,
später führte er phytochemische und funktionelle Untersuchungen an europäischen Arzneipflanzen
durch. Insbesondere interessierte er sich für die Phytochemie von Johanniskrautextrakten
sowie die komplexen Interaktionen der Procyanidine und Flavonoide als Koeffektoren
zur verbesserten Solubilisierung der Hypericine. Aus diesen Untersuchungen entstanden
250 Originalpublikationen, die bis heute häufig zitiert werden. Über 40 erfolgreich
verteidigte Dissertationen zeugen von seiner unermüdlichen Schaffenskraft und Ausbildungstätigkeit.
Adolf Nahrstedt begleitete zudem einige Nachwuchswissenschaftler zur Habilitation.
Auch in der akademischen Selbstverwaltung engagierte er sich. So war er u. a. von
1988 bis 1990 Dekan des Fachbereiches Chemie der Universität Münster, den er während
dieser Amtsperiode in den Fachbereich „Chemie und Pharmazie“ umbenennen konnte.
Prof. Nahrstedt engagierte sich auch stark in wissenschaftlichen Fachgesellschaften:
Über 9 Jahre war er Vorstandsmitglied in der Gesellschaft für Phytotherapie, von 1981
bis 2005 war er Mitglied des erweiterten Vorstandes der Society of Medicinal Plant
and Natural Product Research – Gesellschaft für Arzneipflanzen und Naturstoffforschung
(GA). Für die GA übernahm er von 1993 bis 2004 die Schriftleitung der wissenschaftlichen
Zeitschrift „Planta Medica“ als Editor in Chief. Unter seiner Leitung wurde „Planta
Medica“ zu einem der weltweit führenden Journale im Bereich der Pharmakognosie und
Naturstoffwissenschaft. Von 1987 bis 2008 arbeitete er aktiv in der Expertengruppe
„Pharmazeutische Biologie“ der Deutschen Arzneibuchkommission mit und war von 2002
bis 2004 stellvertretendes Mitglied der Kommission E beim Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte.
Am 30. September 2004 trat Adolf Nahrstedt in den Ruhestand. Für seine wissenschaftliche
Arbeit wurde er in den folgenden Jahren vielfach gewürdigt und ausgezeichnet: Er erhielt
Ehrendoktortitel der Ovidius Universität Constanza, Rumänien sowie der University
of Mahasarakham, Mahasarakham in Thailand, die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft
für Arzneipflanzen- und Naturstoffforschung, eine Gastprofessur in der Sinai University
in Ägypten und ein Adjunct Faculty Membership an der University of Florida at Gainsville,
USA. Er wurde zudem mit dem Varro E. Tyler Award der American Society of Pharmacognosy
geehrt.
Prof. Adolf Nahrstedt war bei allen Kolleginnen und Kollegen und seinen Kooperationspartnern
international beliebt und hoch angesehen. Insbesondere seine analytische, ruhige,
besonnene und immer wissenschaftliche Denk- und Arbeitsweise war bemerkenswert. Dabei
scheute er den sachlichen wissenschaftlichen Disput zu keiner Zeit.
Die pharmazeutische Wissenschaft und die Phytotherapie verlieren mit Adolf Nahrstedt
eine Kapazität und einen wichtigen Wegbereiter der rationalen Phytotherapie.
Die Gesellschaft für Phytotherapie wird Adolf Nahrstedt stets ein ehrendes Andenken
bewahren.