Interessant ist die unterschiedliche Kinetik der beiden i.m.-Gruppen im Vergleich
zur i. v.-Gruppe. Entsprechend dieser großen Studie lässt sich somit zumindest bei
afrikanischen Kindern – auch aufgrund der einfacheren Handbarkeit – eine Präferenz
für eine i. m.-Gabe erkennen. Bezüglich der antiparasitären Wirksamkeit in den ersten
24 Stunden zeichnet sich kein Unterschied zwischen der vereinfachten intramuskulären
Gabe und der intramuskulären Kontrollgruppe auf.
Entsprechend den Daten der beiden großen klinischen Studien zu Artesunat (AQUAMAT
und SEAQUAMAT) sowie den Empfehlungen der WHO und internationaler Leitlinien wird
in der klinischen Praxis in Endemiegebieten, aber auch in Deutschland, aktuell für
mindestens 24 Stunden parenteral behandelt (jeweils 2,4 mg/kg KG an Stunde 0, 12,
24, dann tgl.) [
2
]–[
5
]. Sobald tolerierbar wird auf eine orale Anschlussbehandlung (z. B. mit Artemether/Lumefantrin)
umgestellt. Im Mittel führt dies zu einer Gabe von 3 Dosen Artesunat à 2,4 mg/kg KG
[
6
]. Auch wenn daher das Dosierungsschema der Kontrollgruppe mit insgesamt 5 Dosen Artesunat
à 2,4 mg/kg KG hiervon abweicht, ist diese Diskrepanz zu der klinischen Praxis in
der Bewertung der Studie vorerst zu vernachlässigen, da der primäre Endpunkt lediglich
die ersten 24 Stunden miteinbezog.
Es bleibt zu klären wie das vereinfachte Schema sich in einem „real-life-setting“
– mit einer mittleren parenteralen Therapie über lediglich 24 Stunden – auswirken
würde. Insgesamt würde in so einem Setting mittels dem vereinfachten Schema eine höhere
Gesamtdosis Artesunat innerhalb des ersten Tages appliziert werden. Die mittelfristigen
Effekte (wie z. B. auf die Dauer der Hospitalisierung, Kosten oder Rekrudeszenz- bzw.
Reinfektionsraten) eines vereinfachten Schemas müssen daher in zukünftigen Studien
geklärt werden.
Ein Kritikpunkt der Studie ist die Benutzung der Parasitenclearance als Surrogatendpunkt.
Allerdings ist die Mortalität an komplizierter Malaria in den beteiligten afrikanischen
Zentren mit großer klinischer Erfahrung mit 2 % so gering, dass mortalitäsbasierte
Studien an der unmöglich zu erreichenden Fallzahl scheitern würden.
Eine definitive Aussage zur Häufigkeit einer verzögerten Hämolyse als Komplikation
der Therapie mit Artesunat ist für die Gesamtpopulation nicht möglich. Allerdings
zeigt sich, dass fast ein Viertel der Kinder an oder nach Tag 7 noch eine Anämie mit
einem Hb unter 7 g/dl haben, was die klinische Relevanz von malaria- oder behandlungsassoziierten
Anämien bestätigt. Auch hier müssen zukünftige Studien Ursachenforschung betreiben
sowie Wege aufweisen, um das Risiko einer Anämie nach einer komplizierten Malaria
zu minimieren.
Eine Übertragung der Ergebnisse von afrikanischen Kindern auf die hiesige Behandlungssituation
bei Erwachsenen in einem hochentwickelten Medizinsystem bleibt schwierig. Ein Abweichen
von der deutschen Leitlinie, die die intravenöse Gabe von Artesunat empfiehlt, erscheint
daher aktuell für Patienten in Europa noch nicht gegeben.
Dr. Thierry Rolling, Hamburg
Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit