Liebe Leserinnen und Leser,
die Sport- und Bewegungstherapie nimmt zusehends eine immer wichtigere Rolle in der
supportiven
Betreuung von Krebspatienten ein. Aufgrund immer effektiver und spezifischer werdender
Behandlungsmöglichkeiten und der damit verbundenen Verbesserung der Prognose rückt
das
Nebenwirkungsmanagement unter besonderer Berücksichtigung der Entitäten immer stärker
in den
Mittelpunkt des klinischen Interesses, und damit auch das häufig vernachlässigte Ziel
der
bestmöglichen Lebensqualität. Die Sport- und Bewegungstherapie kann auf vielfältige
Art und
Weise zur Erreichung dieses Therapieziels beitragen, indem sie spezifisch therapiebedingte
Nebenwirkungen und krankheitsbedingte psychosoziale Belastung positiv beeinflusst.
Das belegen
mittlerweile mehr als 150 randomisiert kontrollierte Studien in unterschiedlichsten
Krankheitsbildern und Therapiesituationen. Und dieses Wissen weitet sich derzeit rapide
aus.
Lieferte eine sich monatlich wiederholende Recherche über die Literaturdatenbank pubmed
zu den
Schlagworten „exercise“ und „cancer“ vor ca. 3 Jahren noch um die 50 Treffer pro Monat,
so sind
es heutzutage deutlich mehr als 100! Erkenntnisse werden hier mittlerweile zu nahezu
jedem
Krankheitsbild und jeder Therapiesituation berichtet, wobei die Schwerpunkte des Wissens
weiter
auf dem Mamma- und dem Prostatakarzinom liegen und sie neben der Nachsorge inzwischen
auch in
der Akutphase gewonnen werden. Nichtsdestotrotz mehren sich aber auch die Erkenntnisse
in
anderen Krankheitsbildern, wie z. B. den Hämatoblastosen, dem Lungenkarzinom oder
Darmkrebs.
Auch die pädiatrische Onkologie wird zusehends stärker beforscht. Settingspezifisch
findet zudem
auch immer mehr das Konzept „Fit für die Therapie“ im Sinne von beispielsweise präoperativem
Training Eingang in wissenschaftliche Forschungsansätze. Wenn auch langsam, so halten
diese
Erkenntnisse Zug um Zug Eingang in die onkologische Grundversorgung, wobei das zentrale
Problem
derzeit noch die größtenteils fehlende Kostenübernahme durch die Kostenträger darstellt.
Nichtsdestotrotz ist diese Entwicklung für uns mehr Grund als genug, nach 2014 erneut
eine
Schwerpunktausgabe Onkologie in der B&G zu veröffentlichen und Sie mit den neuesten
Erkenntnissen zu versorgen bzw. die therapierelevanten Konzepte und Entwicklungen
zu
diskutieren. So finden Sie ab Seite 40 eine Literaturübersicht zur Evidenzlage der
Sport- und
Bewegungstherapie im Bereich des Blasenkarzinoms, welches beispielhaft für die Anwendbarkeit
von
prä- und postoperativen Ansätzen steht. Die anschließende Arbeit von Herrn Limbach
fokussiert
die Anwendbarkeit von Ausdauer- und Gleichgewichtstraining im Rahmen der allogenen
Stammzelltransplantation, einem der intensivsten Therapieverfahren in der Onkologie
(Seite 45).
Der Beitrag aus der Arbeitsgruppe von Herrn Wiskemann berichtet von einer Befragung
zum
körperlichen Aktivitätsverhalten und einer Fallserie bei kolorektalen Karzinompatienten
(ab
Seite 55). Anschließend rückt die Bewegungstherapie im pädiatrisch-onkologischen Kontext
in den
Mittelpunkt. So berichtet die Münsteraner Gruppe um Frau Kesting aus ihrem Erfahrungssatz
von 5
Jahren angewandter Sport- und Bewegungstherapie im klinischen Kontext eines
Universitätskrankenhauses (ab Seite 60). Abschließend wird aus der Kölner Arbeitsgruppe
durch
Frau Humm die Anwendbarkeit des therapeutischen Reitens im rehabilitativen Setting
dargestellt
(ab Seite 66). Auch die neu eingeführte Kategorie des Journal Clubs steht ganz im
onkologischen
Licht dieses Schwerpunkthefts. Herr Köppel analysiert dabei die sport- und
bewegungstherapeutische Qualität von Mammakarzinom-Studien im Sinne der Anwendbarkeit
und
Übertragbarkeit in den therapeutischen Alltag (ab Seite 52).
Last but not least möchten wir noch darauf hinweisen, dass wir aufgrund der immer
größer werdenden
Bedeutung des Themas und der hohen fach- und patientenspezifischen Nachfrage eine
Nationale
Expertengruppe Bewegungstherapie und körperliche Aktivität in der Onkologie (NEBKO),
angegliedert an die ASORS innerhalb der Deutschen Krebsgesellschaft, ins Leben gerufen
haben. Eine aktive wissenschaftliche oder therapeutische Mitarbeit ist sehr erwünscht;
weitere
Informationen erhalten Sie gerne und jederzeit über uns.
Ihr
Dr. Joachim Wiskemann, Heidelberg, und PD Dr. Freerk Baumann, Köln