Ätiologie
Die Ursachen für Kleinzehenfehlstellungen sind vielfältig.
-
Die häufigste Ursache ist eine Spreizfußdeformität und Pathologie des I. Strahls mit
Hallux-valgus-Fehlstellung (HV-Fehlstellung).
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Das entsprechende Schuhwerk mit hohen Absätzen und einer Enge im Vorfußbereich begünstigen
eine Valgisierung der Großzehe und die Verdrängung der Kleinzehen.
-
Eine Überlänge insbesondere des II. Strahls, wie sie bei der sogenannten griechischen
Fußform vorliegt, unterstützt eine Fehlstellung und damit die Ausbildung einer dauerhaften
Deformität.
-
Die Pathomechanik des Vorfußes kann auch durch angeborene oder erworbene komplexe
Fußfehlstellungen wie den Pes planovalgus oder den Pes cavovarus bedingt sein.
-
Der Knick-Senk-Fuß begünstigt eine valgische Fehlstellung der Großzehe und führt zu
einer vermehrten Spannung der Flexoren. Diese tragen zu einer Beugefehlstellung der
Kleinzehen bei.
-
Der neurogene Ballenhohlfuß kann mit einer ausgeprägten Klauenzehenfehlstellung und
schmerzhafter plantarer Exposition der Mittelfußköpfe (Metatarsalgie) einhergehen.
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Frakturen der Kleinzehen oder Metatarsalia mit nicht achsgerechter Konsolidierung
können eine entsprechende Deformität der Zehen in allen 3 Ebenen bedingen. Auch Unterschenkelfrakturen
können bei Verletzungen von Nerven und Muskeln oder nach Ausbildung eines Kompartmentsyndroms
zu entsprechenden Fehlstellungen der Zehen führen.
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Degenerative oder akute Rupturen der plantaren Gelenkkapsel des MTP-Gelenks führen
zu einer Instabilität desselben und sagittalen oder auch transversalen Fehlstellungen
der Kleinzehen.
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Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis gehen häufig mit progredienten Vorfußpathologien
und Fehlstellungen am I. Strahl und den Kleinzehen einher. Sie weisen häufig (Sub-)Luxationen
in den MTP-Gelenken und Beugekontrakturen in den PIP-Gelenken auf.
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Fehlstellungen der V. Zehe im Sinne eines Digitus quintus varus sind meist angeboren,
können aber durch eine Spreizfußkonfiguration und Enge im Schuhwerk begünstigt werden.
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Der störende Kleinzehenballen kann durch eine anlagebedingte bzw. traumatische fibulare
Deviation des V. Metatarsale oder eine Vergrößerung des IV. und V. intermetatarsalen
Raumes bedingt sein.
Pathomechanik
Die Ausbildung von Kleinzehenfehlstellungen geht mit einem Ungleichgewicht der flektierenden
und extendierenden Muskeln sowie der passiven Stabilisatoren einher und resultiert
in einem Stabilitätsverlust im MTP-Gelenk.
Aktive Stabilisatoren
Aktiv stabilisierende Faktoren sind
-
die langen und kurzen Extensoren,
-
die langen und kurzen Flektoren sowie
-
die intrinsische Muskulatur (Mm. lumbricales und interossei).
Passive Stabilisatoren
Als passive Stabilisatoren fungieren in erster Linie
Der Extensor digitorum longus führt eine Dorsalextension im Grundglied aus und kann
bei Neutralstellung oder Flexion im MTP-Gelenk eine Streckung im PIP- Gelenk bewirken.
Der Flexor digitorum longus (FDL) und brevis setzen jeweils am End- und Mittelglied
an und führen eine Beugung derselbigen durch. Eine Beugung des Grundglieds können
die Flektoren nicht bewirken. Diese Aufgabe erfüllen bei regelrechter Anatomie die
Mm. interossei und lumbricales als intrinsische Muskeln. Ihre Sehnen setzen plantar
der Bewegungsachse des MTP-Gelenks an und flektieren bei Kontraktion im MTP-Gelenk
(Abb. [1]).
Abb. 1 Schematische Darstellung der Anatomie der Kleinzehen von dorsal und lateral. Bei
regelrechten anatomischen Verhältnissen haben die intrinsischen Muskeln (Mm. lumbricales
und interossei) eine flektierende Funktion auf das Grundgelenk und der M. extensor
digitorum longus eine extendierende Funktion im PIP-Gelenk. a Ansicht von dorsal. b Ansicht von lateral. c Ein Ungleichgewicht der Stabilisatoren führt zu einer Veränderung der Rotationsachse
mit Überwiegen der extrinsischen Muskeln (Mm. extensor digitorum und flexor digitorum)
gegenüber den intrinsischen Muskeln mit entsprechender Fehlstellung (Extension im
MTP- und Flexion im PIP-Gelenk).
Die plantare Platte ist der wichtigste passive Stabilisator des MTP-Gelenks.
Die plantare Platte besteht aus der plantaren Aponeurose und der plantaren Gelenkkapsel
des MTP-Gelenks und setzt an der Basis der proximalen Phalanx an. Sie wird in ihrer
Funktion von den Kollateralbändern unterstützt, die an der plantaren Platte und der
Basis der proximalen Phalanx inserieren.
Die Imbalance zwischen intrinsischer und extrinsischer Zehenmuskulatur oder die Verletzung
der passiv stabilisierenden Strukturen können ungeachtet der Ätiologie zu einem Stabilitätsverlust
im MTP-Gelenk führen und in der Ausbildung einer Kleinzehenfehlstellung resultieren.
Die Dorsalextension der Kleinzehe (Verdrängung bei HV, enges Schuhwerk) führt zu einer
Veränderung der Rotationsachse im MTP-Gelenk und einem Überwiegen der Extensoren.
Die Hyperextension des Grundglieds mit Plantarisierung der Bewegungsachse bedingt
eine funktionelle Insuffizienz der antagonisierenden intrinsischen Muskulatur. Diese
kann dann keine Plantarflektion des Grundglieds oder Extension im PIP- und DIP-Gelenk
bewirken. Es kann vielmehr zu einer verstärkten Dorsalextension durch Plantarisierung
der Rotationsachse und Veränderung des intrinsischen Muskelzugs kommen (Intrinsic-minus-Deformität).
Die Insuffizienz und die Verletzung der plantaren Platte und des Kollateralbandkomplexes
können Fehlstellungen in der Sagittal- als auch der Transversalebene bedingen.
Bei der Crossover-Toe-Deformität überkreuzt häufig die II. Zehe die Großzehe. Sie
ist Ausdruck einer fortgeschrittenen Insuffizienz der plantaren Platte mit kombinierter
Fehlstellung und einer (Sub-)Luxation im MTP-Gelenk.
Die V-förmige Abspreizung der Kleinzehen wird auch als „Splay Toe“ bezeichnet. Sie
resultiert meist aus einer Schwellung und relativen Enge zwischen 2 MTP-Gelenken.
Klassifikation
Fehlstellungen der Kleinzehen können sich darstellen als
-
Extensions- oder Flexionsfehlstellung (sagittale Ebene),
-
valgische oder varische Abweichung (transversale Ebene) oder
-
als Rotationsfehlstellung (koronare Ebene).
Klinische Beispiele für einige der genannten Fehlstellungen sind in Abb. [2] gezeigt, weitere sind schematisch in Abb. [3] dargestellt.
Abb. 2 Klinische Beispiele für Fehlstellungen der Kleinzehe. a Krallen- oder Klauenzehenfehlstellung der Zehen II–IV bei Hallux-valgus-Deformität.
b Crossover-Toe-Fehlstellung der II. Zehe bei Ruptur der plantaren Platte und valgischer
Deformität der Großzehe. c Splay Toes der Zehen III und IV bei intermetatarsaler Enge. d Digitus quintus varus et superductus.
Abb. 3 Schematische Darstellung von Zehendeformitäten. a Hammerzehe. b Krallen- oder Klauenzehe. c Endgelenkhammerzehe.
Da nicht nur im deutschsprachigen Raum eine einheitliche Nomenklatur fehlt, ist ein
deskriptiver Befund der Fehlstellung für die einzelnen Gelenke (MTP-, PIP- und DIP-Gelenk)
und die Ebene der Fehlstellung (valgisch/varisch, extendiert/flektiert, innen-/außenrotiert)
als auch der funktionelle Befund (flexibel/semi-/rigide, sub-/luxiert) zu bevorzugen.
Hammerzehe (Hammer Toe). Beugestellung im PIP- Gelenk, kann mit einer Extension im MTP-Gelenk und Beugestellung
im DIP-Gelenk verbunden sein (Abb. [2]
a u. Abb. [3]
a).
Krallen- oder Klauenzehe (Claw Toe). Extensionsstellung im MTP-Gelenk mit Beugestellung im PIP- und DIP- Gelenk (Abb. [3]
b).
Endgelenkhammerzehe (Mallet Toe). Isolierte Beugestellung im DIP-Gelenk (Abb. [3]
c).
Digitus secundus varus et superductus (Crossover Toe). Transversale und sagittale Achsabweichung im MTP- Gelenk mit medialer Deviation,
meist der II. Zehe. Überkreuzen der betroffenen Zehe über die Großzehe, oft mit zusätzlicher
Flexionsstellung im PIP-Gelenk (Abb. [2]
b). Häufig in Kombination mit einer HV-Fehlstellung.
Splay Toe. Transversale Achsabweichung mit V-förmiger Abspreizung der Kleinzehen (Abb. [2]
c).
Kleinzehenballen. Auch als Schneiderballen, Bunionette oder Tailorʼs Bunion bezeichnet; Prominenz des
lateralen Metatarsale-V-Kopfs (Einteilung s. Abb. [11]).
Hintergrundinformation
Historisch
Die Bezeichnung Schneiderballen oder Tailorʼs Bunion stammt aus dem 19. Jahrhundert,
als die Schneider mit gekreuzten Beinen barfuß auf ihrem Tisch saßen und arbeiteten.
Diese Haltung führte häufig zu einem schmerzhaften Druck und einer Ballenbildung über
dem lateralen Metatarsale-V-Kopf.
Digitus quintus varus (super- oder subductus). Medial gerichtete Achsabweichung der V. Zehe mit Fehlstellung im MTP-Gelenk. Die
Zehe kann sich dabei über (superductus; Abb. [2]
d) oder unter (subductus) die IV. Zehe einstellen.
Eine genaue Erfassung der Fehlstellungen ist für die Wahl der erforderlichen operativen
Eingriffe von großer Bedeutung.
Diagnostisches Vorgehen
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung umfasst immer beide Füße am entkleideten, zunächst stehenden
Patienten. Dieses Vorgehen erlaubt eine orientierende Beurteilung von Beckenstand,
Beinachsen und Stellung der Rückfüße. Die Beurteilung des Gangbilds mit und ohne Schuhwerk
gestattet eine Analyse des Gangzyklus und des dynamischen Verhaltens des Fußes. Die
Demonstration von differenzierten Stand- und Gangarten ermöglicht eine Beurteilung
funktioneller Einschränkungen.
Inspektion
Die Inspektion des Fußes in Belastung erfasst die Stellung der Kleinzehen, des I.
Strahls sowie der Rückfußachsen. Komplexe Fußfehlstellungen müssen erfasst und mit
behandelt werden, um ein dauerhaftes Korrekturergebnis der Kleinzehen zu ermöglichen.
Unter Belastung sollte die Stellung der Zehen in allen 3 Ebenen analysiert werden.
Die Längenverhältnisse der Zehen zueinander und ein Verlust des Bodenkontakts einzelner
Zehen sollte berücksichtigt werden. Eine mögliche unbewusste Schonhaltung und unphysiologische
Lastverteilung geben wertvolle Hinweise über die Lokalisation und das Ausmaß der Pathologie.
Die Inspektion des entlasteten Fußes ermöglicht eine eingehende Beurteilung der Fußsohle.
Eine ausgeprägte Beschwielung ist ein Hinweis für die mechanische Überbelastung und
Schmerzlokalisation insbesondere unter den Mittelfußköpfen (Metatarsalgie). Bei ausgeprägten
Befunden (Klauenzehe) kann sich eine Reduzierung und Verlagerung des plantaren Fettpolsters
nach distal darstellen. Endgelenkhammerzehen zeigen häufig Nagelwuchsstörungen und
eine Beschwielung der Zehenkuppe. Valgische oder varische Zehenfehlstellungen können
mit schmerzhaften interdigitalen Befunden einhergehen.
Sich in Entlastung korrigierende Zehenfehlstellungen lassen auf eine flexible Pathologie
schließen und geben wertvolle Hinweise für das weitere therapeutische Vorgehen. Ausgeprägte
persistierende Fehlstellungen lassen hingegen auch neurologische Ursachen in Betracht
ziehen und müssen weiter abgeklärt werden.
Palpatorische Untersuchung
Die palpatorische Untersuchung der Füße sollte nach einem festen Schema immer in der
gleichen Weise erfolgen, um alle Pathologien systematisch zu erfassen. Für die Untersuchung
des Vorfußes kann von den Tarsometatarsalgelenken über die MTP-, PIP- und DIP-Gelenke
nach distal vorgegangen werden. Dabei sollten alle 5 Zehen und alle Zehengelenke untersucht
werden.
Funktionsuntersuchung
Die Funktionsuntersuchung erfasst die Beweglichkeit der Zehen und soll das Ausmaß
einer passiven und aktiven Ausgleichbarkeit der Fehlstellung aufzeigen. Diese sind
entscheidend für die Auswahl des entsprechenden Therapieverfahrens.
Push-up-Test. Der Push-up-Test simuliert die Belastung des Vorfußes im Stand und gibt Hinweise
über das Vorliegen einer flexiblen oder nicht flexiblen Fehlstellung im MTP- und PIP-Gelenk.
Über einen plantaren Druck auf Höhe der MTP-Gelenke wird die Belastung des Vorfußes
aufgebaut. Korrigiert sich eine zuvor bestehende Extension der Grundphalanx mit dorsaler
Subluxation im MTP-Gelenk und eine Beugestellung im PIP-Gelenk, ist von einer flexiblen
Fehlstellung auszugehen (Abb. [4]). Ein pathologischer Push-up-Test liegt hingegen bei fixierter Fehlstellung vor.
Abb. 4 Funktionsuntersuchung Push-up-Test: Durch plantaren Druck wird eine Belastung des
Vorfußes simuliert. Der Ausgleich im MTP- und PIP-Gelenk weist auf eine flexible Fehlstellung
hin.
Dieser sollte anschließend an jedem betroffenen Gelenk isoliert überprüft und dokumentiert
werden.
Schubladentest. Eine Instabilität im MTP-Gelenk hat für den Therapiealgorithmus Bedeutung und kann
durch den Schubladentest erfasst werden. Dabei wird der Metatarsalkopf zwischen Daumen
und Zeigefinger fixiert und die Zehe in 25° Dorsalextension vom Daumen und Zeigefinger
der anderen Hand vertikal bewegt (Abb. [5]). Eine vermehrte dorsoplantare (d.–p.) Translation weist auf eine Instabilität als
Folge einer Insuffizienz oder Verletzung der plantaren Platte hin.
Abb. 5 Funktionsuntersuchung Schubladentest: Die Zehe wird in leichter Extension fixiert
und eine dorsoplantare Translationsbewegung durchgeführt. Eine vermehrte Translation
kann Folge einer Verletzung oder Insuffizienz der plantaren Platte sein.
Sonstige klinische Untersuchungen
Die Erhebung eines neurologischen Untersuchungsbefunds und die Überprüfung der Perfusion
sollten einhergehen mit Erfassung möglicher Infektionen und Pilzbefall der Zehen sowie
Wuchsstörungen der Zehennägel. Besteht der Verdacht einer neurogenen Ätiologie, sollte
eine weiterführende neurologische Untersuchung durchgeführt werden.
Praxis
Zielgerichtete Diagnostik
Klinische Untersuchung
-
Inspektion
-
untere Extremität (Beinachsen, Rückfußstellung, Zehenstellung)
-
Palpation (MTP-, PIP- und DIP-Gelenke)
-
Funktionsuntersuchung
-
Push-up-Test
-
Schubladentest
-
Nerven- und Gefäßstatus
Bildgebende Verfahren
Röntgen. Auch wenn für die Festlegung des Therapieverfahrens die klinische Untersuchung von
ausschlaggebender Bedeutung ist, sollten vor jeder Therapieentscheidung konventionelle
Röntgenaufnahmen am belasteten Fuß im normalen beidbeinigen Stand angefertigt werden.
Die d.–p. und die seitliche Aufnahme des gesamten Fußes sind für die Beurteilung der
Kleinzehen i. d. R. ausreichend. Sie können aber bei weiteren Pathologien und anderen
Fragestellungen durch Schrägaufnahmen ergänzt werden.
Praxis
Zielgerichtete Diagnostik
Röntgenbefund
-
metatarsales Alignment
-
dorsale (Sub-)Luxation in den MTP-Gelenken
-
Intermetatarsalwinkel (II–V)
-
Darstellung der Metatarsalia und Zehen (Achsabweichung, Kongruenz)
Schnittbildgebung. Eine Schnittbildgebung (Computertomografie oder Magnetresonanztomografie) ist nicht
erforderlich und bleibt besonderen Fragestellungen vorbehalten.
Fußdruckmessung
Die Fußdruckmessung kann ergänzende Informationen über die Lastverteilung und Belastungsspitzen
liefern. Mittels Spiegelpodoskop oder Trittspurabdruck können Belastungen der Fußsohle
im Stand beurteilt werden. Die moderne Pedobarografie ermöglicht darüber hinaus die
dynamische Untersuchung des Abrollvorgangs und der Lastverteilung.
Therapeutisches Vorgehen
Konservative Behandlung
Die konservative Behandlung von Kleinzehendeformitäten und der Metatarsalgie kann
bei milder Fehlstellung und Schmerzen zu einer Linderung der Beschwerden und Verbesserung
der Lebensqualität und Mobilität beitragen.
Schuhe
Zunächst sind eine entsprechende Auswahl und Anpassung des Schuhwerks an die entsprechende
Fußform durchzuführen. Die Schuhe sollten im Vorfußbereich eine ausreichende Breite
und weiches Oberleder aufweisen. Bei Bedarf kann eine Weitung des Oberleders durchgeführt
werden, um z. B. ein Anstoßen des PIP-Gelenks zu verhindern.
Einlagen
Bei Vorliegen einer Metatarsalgie mit belastungsabhängigen Schmerzen der plantaren
Mittelfußköpfe kann eine Einlagenversorgung durchgeführt werden. Die Einlagenversorgung
umfasst eine individuell angepasste retrokapitale Pelotte und eine Weichbettung und
Aussparung im Bereich der schmerzhaften Mittelfußköpfe. Die Modifikation der Schuhsohle
im Sinne einer Schmetterlingsrolle mit Abrollhilfe kann in fortgeschrittenen Fällen
und kontrakten Situationen zur Anwendung kommen.
Physiotherapie
Mobilisierende, kräftigende und koordinative Übungen der Zehen und des Fußes können
unter physiotherapeutischer Anleitung oder eigenverantwortlich durchgeführt werden.
Durch die Beübung kann bei milder flexibler Fehlstellung eine Verbesserung erzielt,
das Fortschreiten aber i. d. R. nicht verhindert werden.
Fußpflege
Bei Schwielenbildung und der Gefahr der Entwicklung von Druckulzera (Diabetes mellitus)
ist eine regelmäßige professionelle oder eigenverantwortliche Fußpflege zu empfehlen.
Polster
Polsternde Druckschutzorthesen aus Schaumstoff oder Silikon können in diesen Fällen
häufig Beschwerden lindern und die Ausbildung von Druckstellen verzögern.
Bei fortschreitenden und fortgeschrittenen Deformitäten lässt sich mit den genannten
Maßnahmen nicht immer ein entsprechender Therapieerfolg erzielen, zudem ist die Akzeptanz
insbesondere orthopädieschuhtechnischer Maßnahmen bei jüngeren und aktiven Patienten
begrenzt.
Operative Therapie: präoperativ zu beachten
Indikation zur Operation
Ein operatives Vorgehen sollte geprüft werden, wenn die o. g. konservativen Maßnahmen
zu keinem entsprechenden Therapieerfolg geführt haben. Bei fortgeschrittenen Deformitäten
mit ausgeprägter Klinik und Inakzeptanz orthopädieschuhtechnischer Maßnahmen ist ebenfalls
ein operatives Vorgehen anzustreben.
Indikationen
Operationsindikationen
-
nach Ausschöpfung konservativer Therapiemaßnahmen
-
hoher Leidensdruck aufgrund von Schmerzen und Beeinträchtigung der Mobilität
-
zunehmende oder ausgeprägte Deformität und Konflikt mit den übrigen Zehen
Kontraindikation
Bei akuter Infektsituation ist von einer operativen Versorgung abzusehen. Problematische
Weichteilverhältnisse und chronische Wunden an den Zehen stellen relative Kontraindikationen
dar. In diesen Fällen kann die Korrektur der Fehlstellungen zu einer Verbesserung
der Weichteilsituation wesentlich beitragen, wenn damit das Korrelat für die Weichteilkompromittierung
beseitigt wird. Bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK), insulinpflichtigem
Diabetes mellitus, systemischer Glukokortikoidtherapie oder Immunsuppression sollte
die Indikation zur Operation zurückhaltend gestellt werden.
Aufklärung
Die allgemeinen und speziellen Risiken und Komplikationen (s. [Infobox]) sowie das spezielle Nachbehandlungsschema sollten in einem standardisierten Aufklärungsprotokoll
dokumentiert werden. In diesem sollte auch ein befundabhängiges Vorgehen mit Erweiterung
möglicher Maßnahmen abhängig vom intraoperativen Befund festgehalten werden.
Fazit
Patientenaufklärung bei Eingriffen an den Zehen II–V
-
postoperative Schwellung
-
Bewegungseinschränkung
-
Verletzung von Nerven und Sensibilitätsstörungen
-
Fehlstellung (Malalignment)
-
Über- oder Unterkorrektur
-
Rezidivfehlstellung
-
Wundheilungsstörung
-
Pseudarthrose
-
Nagelwachstumsstörungen
-
Durchblutungsstörungen bis hin zur Nekrose und Amputation
-
Infektion
-
postoperative Ischämie und Nekrose
Therapieziel
Die Ziele der operativen Therapie sind eine dauerhafte Schmerzreduktion und orthograde
Korrektur der Kleinzehenfehlstellungen. Die Achskorrektur orientiert sich an den anatomischen
und biomechanischen Verhältnissen und soll eine zufriedenstellende Funktion und Kosmetik
wiederherstellen.
Kriterien zur Wahl des Operationsverfahrens
Für die operative Korrektur von Kleinzehenfehlstellungen steht eine Vielzahl von Operationstechniken
zur Verfügung. Die Wahl des Operationsverfahrens ist von klinischen und radiologischen
Befunden abhängig. Therapiealgorithmen können als Grundlage für das operative Vorgehen
dienen. Allgemeine Faktoren, wie das Alter, der Aktivitätsanspruch, Begleiterkrankungen
und der Patientenwunsch sollten aber immer eine individuelle Therapieplanung und die
Anpassung der Algorithmen an die Befundkonstellation des Patienten bedingen.
Klinischer Befund
Für die Wahl des Operationsverfahrens ist der klinische Befund von wesentlicher Bedeutung.
Nach eingehender Untersuchung und Analyse des MTP-, PIP- und DIP-Gelenks hinsichtlich
Fehlstellungen und Redressierbarkeit wird eine operative Strategie festgelegt. Zu
berücksichtigen ist immer auch eine Behandlung des I. Strahls und des Rückfußes bei
entsprechender Fehlstellung.
Krallen- oder Klauenzehe. Bei der Klauenzehenfehlstellung liegt eine Subluxation oder Luxation der Zehe im
MTP-Gelenk mit Extension des Grundglieds bei gleichzeitiger Beugestellung im PIP-Gelenk
vor. Die manuelle Redressierbarkeit kann durch den Push-up-Test (s. o.) überprüft
werden. Gelingt durch den manuellen Druck von plantar eine Reposition des MTP-Gelenks,
kann ein Transfer der FDL-Sehne und ggf. ein dorsales, weichteiliges Release der Kapsel
und eine Strecksehnenverlängerung ausreichend sein.
Ist durch den Push-up-Test eine manuelle Reposition nicht möglich (pathologischer
Push-up-Test), sollten der dorsale Weichteileingriff und eine metatarsale Verkürzungsosteotomie
durchgeführt werden. Bei begleitender kontrakter Beugefehlstellung im PIP-Gelenk ist
eine achskorrigierende PIP-Arthrodese oder Resektionsarthroplastik anzuschließen.
Eine dann noch persistierende Extensionsstellung im MTP-Gelenk kann durch einen Transfer
der FDL-Sehne adressiert werden. Den therapeutischen Algorithmus zeigt Abb. [6].
Abb. 6 Therapeutischer Algorithmus bei der Krallen- oder Klauenzehe. EDB = Extensor digitorum
brevis; EDL = Extensor digitorum longus; FDL = Flexor digitorum longus; OT = Osteotomie.
Praxis
OP-Schritte und Tricks
Tipp
Bei ausgeprägten Deformitäten und Zug der Haut am Fußrücken kann eine K-Draht-Transfixierung
hilfreich sein.
Crossover Toe. Bei dieser Fehlstellung mit Instabilität des MTP-Gelenks und positivem Schubladentest
können die oben genannten Therapiemaßnahmen bei ausbleibender Reposition mit einer
Rekonstruktion der plantaren Platte kombiniert werden (Abb. [7]).
Abb. 7 Crossover-Fehlstellung. a Röntgenbilder einer Crossover-Fehlstellung der II. Zehe bei (noch) geringer Subluxation
im MTP-Gelenk. b Achsgerechte operative Korrektur der II. Zehe durch eine metatarsale Verkürzungsosteotomie
nach Weil und einem Flexor-digitorum-longus-Sehnentransfer.
Hammerzehe. Die Hammerzehe weist eine Beugefehlstellung im PIP- und ggf. DIP-Gelenk auf. Bei
flexiblen Fehlstellungen (Ausgleich im Push-up-Test) ist ein FDL-Sehnentransfer häufig
ausreichend. Kontrakte Fehlstellungen hingegen sollten mit einer korrigierenden PIP-Gelenkarthrodese
versorgt werden (Abb. [8]). Den therapeutischen Algorithmus zeigt Abb. [9].
Abb. 8 Hammerzehe: Transfermetatarsalgie II und III mit kontrakter Beugefehlstellung im
PIP-III-Gelenk bei Z. n. Resektionsarthroplastik des I. Strahls. a Röntgenbilder präoperativ. b Röntgenbilder postoperativ: operative Korrektur durch eine Verkürzungsosteotomie des
Metatarsale II und III mit PIP-Arthrodese der III. Zehe.
Abb. 9 Therapeutischer Algorithmus bei der Hammerzehe. EDB = Extensor digitorum brevis;
EDL = Extensor digitorum longus; FDL = Flexor digitorum longus; OT = Osteotomie.
Bei älteren Patienten kann auch eine Resektionsarthroplastik des Mittelgelenks durchgeführt
werden. Im Fall einer Subluxation oder Extensionsfehlstellung des Grundglieds im MTP-Gelenk
können durch eine Z-förmige Verlängerung der Extensor-digitorum-longus-Sehne mit dorsaler
Kapsulotomie und einem FDL-Sehnentransfer gute Korrekturergebnisse erzielt werden.
Das Vorgehen ist sequenziell, d. h., dass nach jedem Schritt eine Reevaluation der
Stellung und die Redressierbarkeit mittels Push-up-Test erfolgt. Bei verbleibender
Deformität wird dann das nächste Verfahren durchgeführt, bis letztendlich eine vollständige
Korrektur vorliegt.
Liegt bei manuellem Ausgleich der Beugefehlstellung eine Überlänge der Zehe (länger
als die medial gelegene Zehe) vor, ist zur Rezidivprophylaxe eine Verkürzungsosteotomie
(Segmentresektion) der Grundphalanx in Betracht zu ziehen.
Endgelenkhammerzehe. Die Hammerzehe kann eine flexible oder kontrakte Beugefehlstellung im DIP-Gelenk
aufweisen, die durch eine manuelle Redression gut differenziert werden kann. Die flexible
Hammerzehe wird durch eine Tenotomie der FDL-Sehne behandelt. Bei kontrakten Fehlstellungen
ist eine DIP-Gelenkarthrodese durchzuführen. Den therapeutischen Algorithmus zeigt
Abb. [10].
Abb. 10 Therapeutischer Algorithmus bei der Endgelenkhammerzehe.
Digitus quintus varus. Die flexible Digitus-quintus-varus-Deformität lässt sich durch einen Transfer der
Extensor-digiti-minimi-Sehne i. d. R. gut korrigieren. Bei kontrakten Ausprägungen
ist eine knöcherne Korrektur (Resektion der Grundgliedbasis), ggf. mit kutaner Syndaktylie,
durchzuführen.
Kleinzehenballen. Der Kleinzehenballen mit lateral prominentem Metatarsalkopf kann mit einer lateralen
Kondylektomie behandelt werden. Deformitäten mit vergrößertem intermetatarsalem Winkel
IV/V oder einer bogenförmigen Konfiguration des Metatarsale V können mittels distaler,
diaphysärer oder basisnaher Osteotomie korrigiert werden (Einteilung s. Abb. [11]).
Abb. 11 Kleinzehenballen: Einteilung. a Typ 1: Prominenter lateraler Kondylus. b Typ 2: Lateraldeviation des Metatarsale V. c Typ 3: Vergrößerter intermetatarsaler Winkel IV/V.
Radiologische Befunde
Die radiologischen Befunde sind für die Wahl des operativen Vorgehens bei Kleinzehendeformitäten
von insgesamt geringer Bedeutung. Die seitliche Aufnahme lässt aufgrund der Überlagerung
eine genaue Zuordnung der Zehen und Gelenke häufig nicht zu. Auf den d.–p. Aufnahmen
können dorsale Subluxationen oder Luxationen im MTP-Gelenk dargestellt werden.
Die Beurteilung der Längenverhältnisse der Metatarsalia ist bei der Wahl des operativen
Verfahrens hilfreich. Degenerative Veränderung und Nekrosen der Metatarsalköpfe können
ebenfalls dargestellt werden und sind differenzialdiagnostisch und hinsichtlich des
therapeutischen Vorgehens von Bedeutung.
Operationsablauf
Die operativen Eingriffe an den Kleinzehen können stationär oder ambulant durchgeführt
werden.
Lagerung
Die operativen Verfahren zur Kleinzehenkorrektur werden in Rückenlagerung durchgeführt.
Der Fuß schließt mit der unteren Tischkante ab und sollte in neutraler Stellung zu
liegen kommen. Notfalls kann mithilfe von Lagerungskeilen ein Ausgleich erzielt werden.
Die Operationen können in Allgemein- oder Regionalanästhesie durchgeführt werden.
Blutleere, Blutsperre
Die Blutleere oder Blutsperre kann entsprechend dem gewählten Anästhesieverfahren
am Oberschenkel (ca. 300–350 mmHg) oder am distalen Unterschenkel (200–250 mmHg) angelegt
werden. Die Manschette ist mit Polsterwatte zu unterfüttern, die Blutsperre oder -leere
sollte 2 Stunden nicht überschreiten.
Zugänge
-
streckseitiger longitudinaler Zugang über dem MTP-, PIP- oder DIP-Gelenk
-
streckseitiger querer Zugang über dem MTP-, PIP- oder DIP-Gelenk
-
plantarer querer Zugang in Höhe der Endglied- oder Grundgliedbeugefalte
-
streckseitiger S-förmiger oder Z-förmiger Zugang zu den MTP-, PIP- oder DIP-Gelenken
(ermöglicht den Zugang zu 2 benachbarten Grundgelenken)
Operationstechnik
PIP-Arthrodese
-
Streckseitiger longitudinaler oder querer Zugang über dem PIP-Gelenk. Der longitudinale
Zugang hat den Vorteil, die Nerven- und Gefäßbahnen zu schonen und eine Erweiterung
des Zugangs nach proximal oder distal zu ermöglichen. Der quere Zugang erlaubt die
ovaläre Exzision eines Klavus.
-
Subkutane Präparation und Darstellung der Streckersehnenhaube. Diese wird längs oder
quer eröffnet und die Kollateralbänder werden durchtrennt.
-
Darstellung des PIP-Gelenks durch maximale Beugung.
-
Sparsame Entknorpelung des Grundgliedkopfs und der Mittelgliedbasis mit der oszillierenden
Säge oder dem Luer. Das Ausmaß der Präparation der Gelenkflächen ist abhängig von
-
Die Fixation der Resektionsflächen kann mit einem axial geführten K-Draht (Abb. [12]
c), einer Drahtcerclage (Abb. [12]
a) oder einem intramedullären Kraftträger erfolgen (Abb. [12]
c). Die Zehe soll in achsgerechter Stellung korrigiert, mit Bodenkontakt der Zehenkuppe
fixiert werden.
-
Abschließend wird die Streckersehnenhaube readaptiert und eine Bildwandleruntersuchung
oder intraoperative Röntgenkontrolle zur Überprüfung der Implantatlage und -länge,
der Stellung der Zehe und der Gelenkkongruenz wird durchgeführt.
Abb. 12 PIP-Arthrodese. a Mittels Drahtcerclage (0,4 mm). b Mittels intramedullärer Implantate. c Mittels K-Draht.
DIP-Arthrodese
-
Streckseitiger longitudinaler oder querer Zugang über dem DIP-Gelenk. Der longitudinale
Zugang birgt die Gefahr einer Verletzung der Nagelbasis und kann Nagelwuchsstörungen
nach sich ziehen.
-
Subkutane Präparation und Darstellung der Extensor-digitorum-longus-Sehne. Diese wird
längs oder quer eröffnet, die Kollateralbänder werden durchtrennt.
-
Darstellung des DIP-Gelenks durch maximale Beugung. Sparsame Entknorpelung mit der
oszillierenden Säge oder dem Luer.
-
Die Fixation der Resektionsflächen kann mit einem axial geführten K-Draht oder einer
Drahtcerclage erfolgen.
-
Abschließend wird die Extensor-digitorum-longus-Sehne readaptiert und eine Bildwandleruntersuchung
oder intraoperative Röntgenkontrolle zur Überprüfung der Implantatlage und -länge,
Stellung der Zehe und Gelenkkongruenz wird durchgeführt.
Dorsale Kapsulotomie, Weichteilrelease des MTP-Gelenks und Strecksehnenverlängerung
-
Streckseitiger longitudinaler Zugang über dem MTP-Gelenk.
-
Subkutane Präparation bis auf die Streckeraponeurose. Z-förmige Durchtrennung der
Extensor-digitorum-longus-Sehne.
-
Tenotomie der lateral verlaufenden Extensor-digitorum-brevis-Sehne. Quere Inzision
der Gelenkkapsel des MTP-Gelenks.
-
Rekonstruktion der Streckeraponeurose unter Verlängerung der Extensor-digitorum-longus-Sehne
in Neutralstellung der Zehe.
Praxis
OP-Schritte und Tricks
Tipp
Die Extensor-digitorum-brevis-Sehne kann bei einer transversalen Fehlstellung durch
eine entsprechende Transposition zur Korrektur einer Valgus- oder Varusfehlstellung
verwendet werden.
Flexor-digitorum-longus-Sehnentransfer (FDL-Sehnentransfer)
-
Plantare quere Inzision ein wenig proximal der Endgliedbeugefalte.
-
Tenotomie der FDL-Sehnen mit dem 11er-Skalpell am Endglied. Plantare Querinzision
über der Beugefalte des MTP-Gelenks.
-
Subkutane Präparation durch das plantare Fettpolster bis auf die Sehnenscheide.
-
Längsförmige Eröffnung der Sehnenscheide.
-
Hervorluxieren der FDL-Sehne und Spaltung entlang der Raphe in 2 Sehnenzügel.
-
Von plantar nach dorsal (oder wahlweise von dorsal nach plantar) mediales und laterales
knochennahes Eingehen mit der gebogenen Klemme.
-
Transport der beiden Sehnenzügel medial und lateral entlang der Grundphalanx nach
dorsal und Ausleiten über eine dorsale Inzision.
-
Die überkreuzten Sehnenzügel können in leichter Überkorrekturstellung von 10–20° Plantarflexion
miteinander oder mit der Extensor-digitorum-longus-Sehne vernäht werden.
Abb. [13] zeigt den Ablauf.
Abb. 13 Flexor-digitorum-longus-Sehnentransfer: distale Ablösung der Flexor-digitorum-longus-Sehne
vom Endglied. Diese wird proximal über der Beugefalte des MTP-Gelenks gespalten und
knochennah nach dorsal ausgeleitet. Die überkreuzten Sehnenzügel werden in Korrekturstellung
der Zehe miteinander vernäht.
a Plantare quere Inzision ein wenig proximal der Endgliedbeugefalte. b Distale Tenotomie über eine Stichinzision. c Hervorluxieren der Flexor-digitorum-longus-Sehne und Spaltung entlang der Mittellinie.
d Knochennahe Präparation und Transfer der Sehnenzügel nach dorsal. e Ausleiten der beiden Sehnenzügel über eine dorsale Inzision. f Vernähen der beiden überkreuzten Sehnenzügel. g Hautnaht.
Praxis
OP-Schritte und Tricks
Tipps
Durch entsprechenden Zug an den dorsal überkreuzten Sehnenzügeln lassen sich transversale
Fehlstellungen korrigieren. Optional kann zusätzlich ein mediales oder laterales Kapselrelease
durchgeführt werden.
Nach der longitudinalen Eröffnung der Sehnenscheide sind 3 Sehnen zu erkennen. Die
FDL-Sehne liegt tiefer und zentral. Sie weist im Gegensatz zur Flexor-digitorum-brevis-Sehne
eine zentrale Raphe auf.
Cave: Bei der plantaren Tenotomie oder Kapsulotomie ist ein streng medianes Vorgehen
am Knochen zu wählen, um die medial und lateral verlaufenden Nerv-Gefäß-Bahnen zu
schonen.
Metatarsale Verkürzungsosteotomie (Weil-Osteotomie)
-
Streckseitiger longitudinaler Zugang über dem MTP-Gelenk.
-
Subkutane Präparation bis auf die Streckeraponeurose. Retraktion oder Z-förmige Durchtrennung
der Extensor-digitorum-longus-Sehne.
-
Optionale Tenotomie der lateral verlaufenden Extensor-digitorum-brevis-Sehne.
-
Distales Release der Kollateralbänder an der Grundphalanx.
-
Maximale Plantarflexion der Zehe im MTP-Gelenk.
-
Langstreckige schräge Osteotomie des Metatarsale beginnend am proximalen Ende des
metatarsalen Knorpels, ca. 1–2 mm unterhalb der dorsalen Knorpelbegrenzung (Abb. [14]
b).
-
Verschiebung des Metatarsalkopfs nach proximal entsprechend der präoperativen Planung
um 3–10 mm (Abb. [14]
c).
-
Osteosynthese mit einer 2,0- bis 2,5-mm-Schraube der Länge 10–12 mm von dorsal in
den Metatarsalkopf. Abtragen des überstehenden dorsalen Knochens mit dem Luer (Abb. [14]
d).
Abb. 14 Metatarsale Verkürzungsosteotomie nach Weil. a Subluxation des MTP-Gelenks. b Langstreckige Osteotomie des Metatarsale parallel zur Belastungsebene. c Verschiebung des Metatarsalkopfs nach proximal um 3–10 mm. d Abtragen des überstehenden Knochens. e Osteosynthese in geplanter Proximalisierung.
Praxis
OP-Schritte und Tricks
Tipps
Die Osteotomie soll parallel zur Belastungsebene des Fußes durchgeführt werden. Sie
ist entscheidend für die Verschiebung in der Sagittalebene. Erfolgt sie zu steil,
d. h. zu sehr nach plantar abfallend, wird mit der Proximalisierung auch eine Plantarisierung
des Kopfes erzielt. Diese kann zu einer erhöhten Druckbelastung des Metatarsalkopfs
mit Ausbildung oder Persistenz der Metatarsalgie und der Hyperkeratosen führen.
Transfer der Extensor-digiti-quinti-Sehne auf den Ansatz des M. abductor digiti quinti
(Sehnentransfer nach Lapidus)
-
S-förmige Inzision von der Zehenzwischenfalte IV/V nach lateral-proximal verlaufend
über das dorsale an das laterale MTP-V-Gelenk.
-
Subkutane Präparation und Darstellung der Extensor-digiti-quinti-Sehne. Diese wird
mit einer Klemme unterfahren, angespannt und im Verlauf auf dem Fußrücken identifiziert.
-
Etwa 5 cm proximal des MTP-Gelenks erfolgt eine Inzision über der Sehne, die mit einer
Klemme hervorluxiert, quer tenotomiert und von distal herausgezogen wird (Abb. [15]
a).
-
Präparation des MTP-Gelenks mit Release der verkürzten medialen (Gelenkkapsel, Kollateralbänder)
und dorsoplantaren Strukturen.
-
Präparation der Extensor-digiti-quinti-Sehne bis zur distalen Grundphalanx. Die Sehne
wird dann von medial nach plantar unter der Grundphalanx nach lateral-proximal ausgeleitet
(Abb. [15]
b).
-
Das ausgeleitete freie Sehnenende wird unter entsprechender Vorspannung in leichter
Überkorrekturstellung der Zehe auf den M. abductor minimi genäht.
-
Optional kann die Sehne auch durch einen transossären Kanal ausgeleitet werden.
Abb. 15 Transfer der Extensor-digiti-quinti-Sehne auf den Ansatz des M. abductor digiti
quinti (Sehnentransfer nach Lapidus). a S-förmige Inzision bis in die Beugefalte zwischen DIV und DV. b Proximale Tenotomie der Extensor-digiti-quinti-Sehne. c Ausleiten der Sehne nach distal. d Die Extensor-digiti-quinti-Sehne wird unter der Grundphalanx nach lateral ausgeleitet.
e Durch Zug an der Sehne kann die Zehe in die gewünschte Stellung gebracht werden. f Die Extensor-digiti-quinti-Sehne wird auf den M. abductor minimi fixiert.
Praxis
OP-Schritte und Tricks
Tipp
Das distale Hervorluxieren der Sehne kann durch Querzügel erschwert sein. Die Sehne
kann in diesen Fällen mit einer geraden Klemme oder einem flexiblen Sehnenstripper
gelöst und mühelos geborgen werden.
Naht der plantaren Platte
Der Zugang, die Präparation und Osteotomie erfolgen wie bei der metatarsalen Verkürzungsosteotomie
(s. o).
-
Der Metatarsalkopf wird mindestens 10 mm nach proximal verschoben und mit einem K-Draht
transfixiert.
-
Das MTP-Gelenk wird distrahiert und die plantare Platte aufgesucht.
-
Longitudinale Rupturen können Seit-zu-Seit genäht werden. Bei transversalen Partialrupturen
der plantaren Platte empfiehlt sich eine vollständige distale Ablösung, um die Instrumentierung
zu erleichtern.
-
Anrauen der Insertionsstelle an der plantaren Grundphalanx.
-
Anschlingen des distalen Endes der plantaren Platte mithilfe einer kleinen Nadel oder
Fasszange bzw. eines Fadendurchziehers.
-
Im Bereich der proximalen Phalanx werden 2 senkrechte oder quere Bohrlöcher von dorsal
nach plantar angelegt. Durch diese werden die Fadenenden der angeschlungenen plantaren
Platte nach dorsal gezogen.
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Fixierung des Metatarsalkopfs in der gewünschten Position.
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Raffung der plantaren Platte durch Zug und Verknoten der Fadenenden in leichter Plantarflexionsstellung
der Zehe.
-
Alternativ ist eine Naht der plantaren Platte von plantar möglich.
Phalangeale Closing-Wedge-Osteotomie
-
Streckseitiger longitudinaler Zugang über der proximalen Grundphalanx.
-
Subkutane Präparation und Darstellung der Extensor-digitorum-longus-Sehne. Diese wird
retrahiert und die proximale Grundphalanx wird dargestellt.
-
Basisnahe mediale oder laterale Keilosteotomie der Grundphalanx unter Erhalt der Gegenkortikalis.
-
Schließen der Osteotomie und Fixation mit K-Drähten oder einer Cerclage.
Kapselraffung MTP-Gelenk
-
Streckseitiger longitudinaler Zugang über dem MTP-Gelenk.
-
Subkutane Präparation und Darstellung der Extensor-digitorum-longus-Sehne. Diese wird
Z-förmig verlängert oder retrahiert. Dorsales und entsprechend der Fehlstellung mediales
oder laterales MTP-Kapselrelease. Bei der häufigeren Medialdeviation der Zehe erfolgen
das Release medial an der Basis der Grundgliedphalanx und die Raffung lateral in Korrekturstellung
der Zehe.
Transfer der Extensor-digitorum-brevis-Sehne
-
Streckseitiger longitudinaler oder S-förmiger Zugang über dem MTP-Gelenk.
-
Subkutane Präparation und Darstellung der Extensor-digitorum-longus- und -brevis-Sehnen.
-
Eröffnung der Strecksehnenaponeurose und dorsomediales Kapselrelease sowie Durchtrennung
der medialen Kollateralbänder bei entsprechender varischer Fehlstellung der Zehe.
-
Die lateral verlaufende Extensor-digitorum-brevis-Sehne wird distal tenotomiert und
armiert.
-
Von distal Unterfahren des Lig. intermetatarsale transversum und subligamentäres Durchziehen
der Extensor-digitorum-brevis-Sehne von proximal nach distal.
-
Fixation des Sehnenstumpfs in geringer Überkorrektur über eine transossäre Naht oder
einen Knochenanker am Grundglied.
Laterale Kondylektomie und distale Chevron-Osteotomie des Metatarsale V (Chevronette)
-
Lateralseitiger longitudinaler Zugang zum MTP-V- Gelenk.
-
Subkutane Präparation und Darstellung der Gelenkkapsel.
-
Longitudinale oder L-förmige Inzision der Gelenkkapsel und Darstellung der lateralen
Kondyle. Abhängig von der Ausprägung der lateralen Kondyle Abtragen mit der oszillierenden
Säge von distal nach proximal in Verlängerung zur Schaftachse.
-
Einbohren eines K-Drahts von lateral in das Zentrum des Metatarsalkopfs zur Festlegung
der Osteotomieebene.
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Durchführen einer V-förmigen Osteotomie in einem Winkel von ca. 60°.
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Manuelle Verschiebung des Metatarsalkopfs nach medial um 30–50 % der Metaphysenschaftbreite.
-
Fixierung des Kopfes mit einem K-Draht oder wahlweise einer Schraubenosteosynthese.
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Abtragen des überstehenden lateralen Knochens mit der oszillierenden Säge.
-
Sorgfältige Kapselnaht.
Praxis
OP-Schritte und Tricks
Tipp
Der gewissenhafte Verschluss der Gelenkkapsel soll die Rezidivwahrscheinlichkeit reduzieren.
Bei einer L-förmigen Inzision kann die Kapsel durch transossäre oder transperiostale
Fixation gut gerafft und sicher verschlossen werden.
Diaphysäre Schrägosteotomie Metatarsale V
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Lateralseitiger longitudinaler Zugang zum MTP-V- Gelenk und Metatarsalschaft.
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Subkutane Präparation und Darstellung der Gelenkkapsel.
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Longitudinale oder L-förmige Inzision der Gelenkkapsel und Darstellung der lateralen
Kondyle. Abhängig von der Ausprägung der lateralen Kondyle Abtragen mit der oszillierenden
Säge von distal nach proximal in Verlängerung zur Schaftachse.
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Präparation des Metatarsalschafts nach proximal.
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Retraktion des M. abductor minimi nach plantar.
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Darstellen der Metatarsaldiaphyse und horizontale Osteotomie mit der oszillierenden
Säge von dorso-proximal nach plantar-distal.
-
Verschieben des dorsalen Fragments nach medial, bis die gewünschte Korrektur erzielt
wurde.
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Fixation mit 2 Schrauben oder wahlweise 2 Drahtcerclagen.
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Abtragen des überstehenden Knochens.
Tab. [1] fasst das operative Vorgehen bei den verschiedenen Kleinzehenfehlstellungen zusammen.
Tabelle 1 Vorgehen bei Kleinzehenfehlstellungen.
Fehlstellung
|
empfohlene Maßnahmen
|
Krallen- oder Klauenzehe
|
MTP flexibel
|
FDL-Sehnentransfer,
dorsales Weichteilrelease
|
MTP kontrakt
|
dorsales Weichteilrelease + metatarsale Verkürzungsosteotomie,
ggf. FDL-Sehnentransfer,
ggf. PIP-Arthrodese
|
Crossover-Toe-Deformität
|
|
wie kontrakte Klauenzehe und Naht der plantaren Platte
|
Hammerzehe
|
flexibel (Zehenlänge 1 = 2)
|
FDL-Sehnentransfer
|
flexibel (Zehenlänge 1 < 2)
|
FDL-Sehnentransfer,
ggf. Segmentresektion Grundgliedphalanx
|
kontrakt
|
PIP-Gelenkarthrodese,
ggf. FDL-Sehnentransfer
|
Endgelenkhammerzehe
|
flexibel
|
Tenotomie FDL-Sehne
|
kontrakt
|
DIP-Gelenkarthrodese
|
Digitus quintus varus
|
flexibel
|
Transfer Extensor-digiti-quinti-Sehne
|
kontrakt
|
Resektion der Grundgliedbasis,
ggf. kutane Syndaktylie
|
Kleinzehenballen
|
lateral prominenter Metatarsalkopf
|
laterale Kondylektomie und ggf. distale Osteotomie
|
bogenförmige Konfiguration Metatarsale V
|
diaphysäre Osteotomie und ggf. laterale Kondylektomie
|
vergrößerter Intermetatarsalwinkel (IM-Winkel) IV/V > 10°
|
distale, diaphysäre oder basisnahe Osteotomie und ggf. laterale Kondylektomie
|
Komplikationen
Früh- und Spätkomplikationen können trotz sorgfältiger Planung und Durchführung der
operativen Korrektur von Kleinzehenfehlstellungen auftreten. Insgesamt ist die Komplikationsrate
jedoch gering.
Frühkomplikationen
Postoperative Schwellung. Sie ist durch unmittelbare und konsequente Hochlagerung, Kühlung und entsprechende
Schonung des Fußes sowie Lymphdrainagen zu behandeln.
Sensibilitätsstörungen. Verletzungen oder Irritation der Nn. digitales dorsales proprii sind häufig innerhalb
von 6 Monaten regrediert. Eine durch eine Schwellung hervorgerufene Sensibilitätsstörung
verbessert sich i. d. R. mit Abschwellen der Zehe.
Infektionen. Infektionen erfordern eine engmaschige Überwachung mit gezielter systemischer Antibiotikagabe
nach Resistenzbestimmung. Bei ausgeprägten Infekten sind ein operatives Débridement
und die Entfernung der Implantate durchzuführen.
Wundheilungsstörungen. Je nach Ausprägung ist eine frühzeitige chirurgische Revision erforderlich.
Postoperative Ischämie. Nach aufwendigen Achskorrekturen kann es zu meist temporären Minderdurchblutungen
der betroffenen Zehen kommen. Begünstigt werden diese durch eine Dehnung der Gefäße
(Achskorrektur) oder durch kombinierte plantare und dorsale Zugänge mit Verletzung
der entsprechenden Gefäße. Anhaltende Minderdurchblutungen können mit einer irreversiblen
Nekrose der Zehe einhergehen.
Spätkomplikationen
Über- und Unterkorrektur. Bei sehr ausgeprägten Fehlstellungen ist mit dem Patienten präoperativ eine realistische
Erwartungshaltung hinsichtlich der Korrekturmöglichkeiten zu klären. Unterkorrekturen
sind insgesamt häufiger als Überkorrekturen. Durch redressierende Maßnahmen kann versucht
werden, flexible Fehlstellungen zu einem gewissen Maß zu korrigieren. Bei ausgeprägten
Über- oder Unterkorrekturen sollte mit dem Patienten über eine weitere operative Maßnahme
gesprochen werden. Die metatarsale Verkürzungsosteotomie nach Weil kann bei starker
Proximalisierung des Metatarsalkopfs zu einer instabilen Zehe („floppy toe“) führen.
Rezidiv. Bei Rezidiven sollte eine erneute Analyse der Fehlstellung erfolgen. Im Fall einer
flexiblen Fehlstellung kann ein zusätzlicher weichteiliger Eingriff (Sehneneingriff
oder Release des MTP-Gelenks) zur Korrektur führen. Im Fall von kontrakten Fehlstellungen
ist ggf. ein erneuter knöcherner Eingriff erforderlich. Ähnlich wie bei den Über-
und Unterkorrekturen sollte diese Entscheidung individuell erfolgen.
Pseudarthrose. Pseudarthrosen nach PIP- oder DIP- Arthrodese sind nicht selten, führen aber i. d. R.
zu einer fibrotischen Stabilisierung ohne klinische Relevanz. Bei Beschwerden ist
eine operative Revision mit Rearthrodese und ggf. autogenem Knochenmaterial zu erwägen.
Materialkonflikt. Durch die eingebrachten Implantate (Schraube, Cerclagen, K-Drähte) kann es zu einer
Irritation des Weichteilgewebes kommen. Diese Materialien können nach knöcherner Konsolidierung
entfernt werden.
Nachbehandlung
Der Nachbehandlung operativer Korrekturen von Kleinzehenfehlstellungen kommt eine
besondere Bedeutung zu.
Ruhigstellung. Durch die Anlage eines intraoperativen redressierenden Verbands werden die Zehen
in entsprechender Stellung im MTP-, PIP- und DIP-Gelenk stabilisiert (Abb. [16]). Dieses Vorgehen ermöglicht eine Heilung der weichteiligen und knöchernen Strukturen
in der gewünschten Position. Die redressierenden Verbände sollten für mindestens 3
Wochen postoperativ angelegt werden. Anschließend kommen für bis zu 12 Wochen nach
der Operation konfektionierte Bandagen oder Tapeverbände zum Einsatz.
Abb. 16 Redressierende Verbandanlage: lange, ausgezogene Kompressen, die in Achtertouren
um das Grund- und Mittel-/Endglied gelegt werden. a Die proximale Kompresse redressiert das Grundglied nach plantar. b Die distale Kompresse redressiert das Mittel- und Endglied nach dorsal.
Funktionelle Beübung. Aufgrund der stabilen Versorgung der Osteotomien ist eine funktionelle Nachbehandlung
des operierten Fußes mit Vollbelastung in einer Orthese mit starrer Sohle möglich.
Unterarmgehstützen sind nicht zwingend erforderlich, können jedoch bei anfänglichen
Schmerzen und Gangunsicherheit von Nutzen sein.
Röntgenkontrollen. Postoperativ sollte eine Röntgenkontrolle des operierten Fußes im Stand in 2 Ebenen
(d.–p. und streng seitlich) erfolgen. Nach 6 Wochen ist eine abschließende Röntgenkontrolle
sinnvoll, um die knöcherne Heilung beurteilen zu können.
Schuhwerk. Nach knöcherner Konsolidierung ist der Wechsel in konfektioniertes Schuhwerk möglich.
Dabei sollte auf eine entsprechende Passform geachtet werden. Eine Einlagenversorgung
ist nicht zwingend, kann aber 12 Wochen postoperativ erfolgen.
Materialentfernung. Eine Materialentfernung ist i. d. R. nicht erforderlich und nur bei störendem Material
indiziert.
Arbeitsunfähigkeit. Die Dauer beträgt, abhängig vom Ausmaß der operativen Korrektur, der Anzahl der operierten
Zehen und der beruflichen Tätigkeit 6–8 Wochen.
Zusammenfassung
Fehlstellungen der Kleinzehen können isoliert, häufiger aber im Rahmen einer Spreizfußdeformität
und HV-Fehlstellung auftreten. Neben einer alters- und geschlechtsgebundenen Häufung
scheinen auch externe Faktoren (Schuhwerk) eine Entstehung zu begünstigen.
Die Störung der Balance aktiv und passiv stabilisierender Strukturen des Metatarsophalangealgelenks
führt zu einer Veränderung der Biomechanik und letztendlich zu der Ausbildung unterschiedlicher
Kleinzehenfehlstellungen. Die geläufigen Begriffe Klauen-, Hammer- und Krallenzehe
bezeichnen unterschiedliche Fehlstellungen der entsprechenden Gelenke, sie sind jedoch
in der medizinischen Terminologie nicht einheitlich definiert.
Für den Patienten kann in Abhängigkeit von der Ausprägung der Fehlstellung eine deutliche
Einschränkung der Lebensqualität und Aktivität bestehen. Die konservative Therapie
zielt auf eine Linderung der Beschwerden, ohne wesentlich in die Pathomechanik einzugreifen.
Die Auswahl des Schuhwerks mit ausreichender Vorfußbreite und Höhe, die Einlagenversorgung
als auch orthopädieschuhtechnische Maßnahmen sind Pfeiler der konservativen Therapie.
Diese können durch fußpflegerische und physiotherapeutische Behandlungen sowie eine
Orthesenversorgung ergänzt werden.
Die konservativen Maßnahmen sind bei ausgeprägten Fehlstellungen häufig nicht ausreichend,
sodass in diesen Fällen die Indikation zur Operation geprüft werden sollte. Die operative
Therapie zielt auf eine Korrektur der Fehlstellungen und Schaffung physiologischer
Vorfußverhältnisse hin. Sie soll eine Schmerzlinderung und eine Verbesserung der Funktion
des Fußes erzielen. Die Wahl der operativen Vorgehensweise wird vom klinischen Befund
und der dezidierten Analyse der Fehlstellungen im Verständnis der komplexen Pathomechanik
bestimmt. Algorithmen helfen bei der Therapieentscheidung; patientenrelevante Faktoren
wie das Alter, der Bewegungsanspruch und Begleiterkrankungen (Diabetes mellitus, rheumatoide
Arthritis) müssen dabei aber Beachtung finden.
Postoperativ ist eine frühfunktionelle Behandlung mit Vollbelastung in einer sohlensteifen
Orthese möglich. Der redressierenden Verbandstechnik kommt zur Sicherung des Korrekturergebnisses
eine besondere Bedeutung zu.