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„Der Nachwuchs braucht eine Zukunft“, fordert Physiotherapeutin Kristina Jago in ihrem
Kommentar auf Seite 9. Sie nahm an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunftsperspektiven
für Physiotherapeuten“ teil und fragte sich: „Und welches Ziel habe ich?“ Gerne würde
sie ihre Kompetenzen, die sie während ihres Bachelor- und Masterstudiums erwarb, bei
den Patienten anwenden. Doch starre Vorgaben – insbesondere durch den Heilmittelkatalog
– legen ihr und vielen anderen Therapeuten Fesseln an. Sie will auf Augenhöhe mit
den Ärzten aktiv die Versorgungseffizienz erhöhen. Sie ist überzeugt, das spart Kosten.
Dafür möchte sie sich engagieren. Dafür braucht es aber auch Freiräume – in Kliniken
und von den Krankenkassen.
Rolf Zehnder hat Freiräume für die Physiotherapie geschaffen. Der Schweizer Ökonom
ist seit 2008 Direktor des Kantonsspitals Winterthur. Als er 2009 das Spital reorganisierte,
hat er im Zuge dessen der Physiotherapie das Vertrauen geschenkt, fachlich und wirtschaftlich
eigenständig zu handeln. Die Physiotherapeuten beweisen seither, dass man ihnen vertrauen
kann: „Die Physiotherapie ist inzwischen für den Gesamtbehandlungsablauf ein Gewinn
und ein ernst genommener Partner“, sagt mir der Klinikdirektor im Interview auf Seite
14. „Dank der Physiotherapie konnten wir die Aufenthaltsdauer reduzieren und haben
eine bessere Prä-und Posthospitalisation.“ Rolf Zehnder würde nicht mehr in das alte
System zurückwollen, in dem Physiotherapie Ärzten unterstellt war. Wer am Tropf von
anderen hängt, wird nie wirklich eigenständig handeln und beweisen können, was er
drauf hat.
Dieses System des Kantonsspitals sollte auch in Deutschland Schule machen! Von mehr
Vertrauen in die Physiotherapie profitieren nicht nur Kliniken, sondern auch Krankenkassen
finanziell. Zahlreiche Studien belegen: Mit Physiotherapie können Operationen verhindert
werden, die teurer wären (S. 16). Das spart Kosten in anderen Bereichen. Aber nur,
wenn man Physiotherapeuten angemessen vergütet und nicht in Fesseln legt (S. 10).
Elke Oldenburg