Einleitung
Sowohl eine eingeschränkte Hämostasekapazität mit den daraus resultierenden Blutungskomplikationen
als auch Thromboembolien mit ihren makro- und mikrozirkulatorischen Auswirkungen können
aus intensivmedizinischer Sicht als Komponenten der Multiorgandysfunktion bzw. des
Multiorganversagens interpretiert werden. Sie können – wie andere Einschränkungen
von Organfunktionen (z. B. ARDS, akutes Nierenversagen) – jeweils Auslöser, pathophysiologischer
Co-Faktor oder Folge des kritischen Krankheitszustands sein. Nicht selten treten sie
kombiniert und in verschiedenen Stadien des Krankheitsgeschehens wiederholt auf.
Dieser Artikel behandelt Gerinnungsstörungen im Sinne einer reduzierten hämostaseologischen
Kapazität im intensivmedizinischen Bereich. Schwerpunkte sollen das Problem der mittlerweile
häufig vorbestehenden medikamentösen Antikoagulation bzw. Thrombozytenhemmung sein
und deren Auswirkung auf Diagnostik und Therapie, außerdem die Besonderheiten der
Gerinnungsaktivierung bei akuter Blutung und bei septischen Krankheitsbildern, der
Umgang mit seltenen Gerinnungsstörungen sowie die Bedeutung thrombozytärer Funktionsstörungen
in der Intensivmedizin. Gerinnungsstörungen aufgrund von Leber- und Nierenkrankheiten
sind nicht Gegenstand dieses Artikels.
Ursachen von Hämostasestörungen im klinischen Alltag
-
sehr häufig: Antikoagulation, Thrombozytenhemmung
-
häufig: Morbidität (Leber- und Nierenerkrankungen, hämatologische Erkrankungen, Schock)
-
selten: angeborene Blutungsneigung, erworbene Antikörper
Blutstillung vs. Antikoagulation
Intensivpatienten sind häufig durch Verletzungen oder innere Läsionen (z. B. Ulzera,
Aneurysmen), Operationen und Interventionen akut blutungsgefährdet. Gleichzeitig oder
im schnellen Wechsel bestehen aber auch erhebliche prädisponentielle und expositionelle
Risikofaktoren für thromboembolische Komplikationen, sodass eigentlich eine Indikation
für eine zumindest prophylaktische, ggf. auch therapeutische Antikoagulation gegeben
ist. Hierbei sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass fast alle Thromboserisiken,
die zur Indikation einer prophylaktischen Antikoagulation führen, potenzieller Natur
sind. Umgekehrt sind die Folgen einer manifesten Blutung ein höchst konkretes Risiko.
Bei der sich daraus ergebenden Risikobewertung müssen wir uns zudem den Ablauf hämostaseologischer
Prozesse vor Augen halten: Die primäre Hämostase verläuft ungehemmt schnell (Minuten
bis Stunden) und endgültig. Wenn ein fester Thrombus an einer Läsion etabliert ist,
kann er durch die üblichen Methoden der antikoagulatorischen und antithrombozytären
Therapie nicht mehr aufgelöst werden, sondern nur noch durch körpereigene oder extern
zugeführte Fibrinolytika oder aber mechanische Interventionen. Umgekehrt basieren
die meisten Indikationen zur Gerinnungshemmung auf einem zumindest etwas längerfristigen
(Tage bis Wochen) oder statistischen Thrombembolierisiko.
Aufgrund dieser Überlegungen hinsichtlich Risiko und relevanter Zeiträume ergibt sich,
dass man – soweit irgend möglich – postoperativ oder in Blutungssituationen zunächst
die primäre Hämostase ermöglichen sollte und erst danach mit einer therapeutischen
oder prophylaktischen Antikoagulation oder antithrombozytären Therapie beginnen sollte.
Ausnahmen sind z. B. frische Koronarstents sowie bestimmte gefäßchirurgische oder
interventionelle rekanalisierende Eingriffe, bei denen jede Antikoagulationspause
das Ergebnis – und damit evtl. den Erhalt einer Extremität – bedroht.
Unter aktiver Blutung keine Gabe von Inhibitoren der Gerinnung oder der Thrombozytenfunktion
– es sei denn, es besteht eine absolute und zeitdringliche Indikation.
Ungestillte Blutung: Ursache und Folge von Gerinnungsstörungen
Das wichtigste Zeichen einer drohenden (oder bereits eingetretenen) Grenze der hämostaseologischen
Kapazität ist im klinischen Alltag die (noch) nicht gestillte Blutung. Eindrücklich
zeigt das Bild der „Lethal Triade“ die Problemkonstellation ([Abb. 1]): Die manifeste Blutung kann weder mit chirurgischen Maßnahmen noch mit einer hämostaseologischen
Substitution oder durch Versuche einer kardiozirkulatorischen Stabilisierung alleine,
sondern nur mit einer Kombination aller 3 Komponenten gestillt werden. Hierbei führt
die Blutung zu einer komplexen Gerinnungsstörung, die neben einem Substratmangel für
die Thrombusbildung (Fibrinogen, Thrombozyten, Erythrozyten) auch zu einer Erschöpfung
weiterer pro- und antikoagulatorisch wirksamen Faktoren führt und daher einer differenzierten
Therapie bedarf.
Abb. 1 Die klassische „Lethal Triade“ (Hypothermie, Azidose, Koagulopathie) als Folge einer
akuten Blutung ist hier um die Infusions- und Transfusionstherapie zum „tödlichen
Quartett“ ergänzt.
Auslösen der Blutgerinnung
Die klassische Sichtweise eines getrennten zellulären und plasmatischen Gerinnungssystems,
Letzteres noch geteilt in einen ex- und intrinsischen Weg, wurde zu einem integrierten
Modell der Hämostase vereint ([Abb. 2]) [1]:
Abb. 2 Integriertes Modell der Gerinnung.
-
In der Initiationsphase bewirkt die Endothelläsion durch die Freisetzung von Gewebethromboplastin („tissue
factor“, Faktor III) zusammen mit Faktor VII einerseits die Aktivierung der Faktoren
X und V und verursacht andererseits durch die Freilegung der subendothelialen Matrix
eine Thrombozytenaggregation.
-
Die Faktoren X und V sind dabei auf der Thrombozytenoberfläche gebunden und stehen
daher an der Läsion lokal in hoher Konzentration zur Verfügung, was zu der wünschenswerten
Ortsselektivität der Gerinnung führt. Gleichzeitig verstärken die frühzeitig (mit-)
aktivierten Faktoren IX und VIII die Gerinnungsaktivierung. Daher wird diese Phase
als Amplifikation bezeichnet, die unmittelbar zur Thrombinbildung (Faktor II) führt. Durch Thrombin
wird die Thrombusbildung ausgelöst, da es sowohl eine Fibrinbildung (Faktor I) als
auch eine massive Thrombozytenaktivierung hervorruft.
-
Die Thrombinaktivierung verstärkt sich schlagartig (Thrombin-Burst) über autokrine
(zwischen den Thrombozyten) und parakrine (über die Faktoren XII, IX, VIII) Rückkopplungswege.
Man spricht von der Propagenationsphase. Dadurch bildet sich das Netzwerk aus Fibrin und Thrombozyten unter Einbeziehung
von Erythrozyten, das konsekutiv durch Faktor XIII stabilisiert wird.
Diagnostik und Überwachung von Gerinnungsstörungen
Diagnostik und Überwachung von Gerinnungsstörungen
Klinische Beurteilung
Die klinische Beobachtung einer akuten Blutung muss sofort auch an eine bereits manifeste
oder drohende Gerinnungsstörung denken lassen. Ebenso wie Erythrozyten verloren gehen
bzw. verdünnt werden, kommt es zu einem Abfall der hämostatischen Faktoren. Ausgerechnet
Fibrinogen und Thrombozyten, die Substrate für den hämostatischen Thrombus (s. u.),
fallen bei fortschreitender Blutung als erste Einzelfaktoren unter die kritische Grenze
ihrer Wirksamkeit. Die mangelnde Thrombusbildung führt dann zu Blutungen auch aus
kleinen Läsionen wie Stichkanälen, oberflächlichen Verletzungen und zu Spontanblutungen
aus Schleimhäuten auch außerhalb der Zone der eigentlichen Verletzung oder des OP-Situs.
Daher spricht man dann von diffusen Blutungen.
Das Auftreten diffuser Blutungen ist das wichtigste Leitsymptom einer akuten Koagulopathie.
Prädiktion und Risikobeurteilung
Grenzen der verfügbaren Diagnostik
Die Antizipation möglicher Komplikationen ist eine zentrale Kompetenz der Intensivmedizin,
hängt von ihr doch wesentlich die Indikation einer Intensivüberwachung, die Bereitstellung
von Ressourcen sowie Zeitpunkt und Wirksamkeit einer potenziell erforderlichen Intervention
ab. Dies gilt insbesondere für die Gerinnungstherapie, die wesentlich auf einer ggf.
sehr teuren, aber bisweilen frühzeitig und hochdosiert erforderlichen Substitutionstherapie
beruht.
Die anfängliche Einschätzung und weitere Überwachung der hämostatischen Funktion basiert
auf der klinischen Beobachtung, einer strukturierten Anamnese und der Erfassung bestimmter
Begleitfaktoren sowie auf hämostaseologischen In-vitro-Tests als der klassischen Gerinnungsdiagnostik.
Eine intakte Gerinnungskapazität ist die beste Prophylaxe einer akuten Blutung und
die wichtigste Voraussetzung für ihre Beherrschung. Stärker als endogene Gerinnungsstörungen
stellt uns die steigende Zahl dauerhaft therapeutisch antikoagulierter oder thrombozytenaggregationsgehemmter
Patienten vor klinische Herausforderungen – nicht nur wegen der damit verbundenen
eingeschränkten hämostaseologischen Kapazität, sondern insbesondere wegen eines erforderlichen
diagnostischen Paradigmenwechsels.
Quick und PTT als schnell und überall verfügbare Globaltests zeigten bisher das Ausmaß
sowohl einer primär endogenen (also krankheitsbedingten) als auch exogenen (therapeutischen)
plasmatischen Antikoagulation. Letztere wurde über Jahrzehnte ambulant meist mit Vitamin-K-Antagonisten
und stationär mit Heparin durchgeführt. Seit der Einführung der niedermolekularen
Heparine und mehr noch der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) büßen diese Globaltests
ihre diagnostische Aussagekraft zusehends ein, da sich die antikoagulatorische Wirkung
dieser Substanzen allenfalls bei erheblicher Überdosierung zuverlässig in den Globaltest
niederschlägt – dann aber oft bereits einhergehend mit einer manifesten Blutung. Ein
Ersatz der Globaltests mit ausreichender Sensitivität bezüglich der Wirkung bzw. des
Risikos aller gebräuchlicher Antikoagulanzien ist derzeit nicht in Sicht.
Zudem ist eine Prüfung der Thrombozytenfunktion im Routinelabor nicht verfügbar, sodass
nur ihre Zahl im Blutbild gemessen werden kann. Die Ergebnisse moderner funktioneller
Messsysteme der Thrombozytenfunktion wie PFA-100 oder Multiplate wiederum sind nur
bei normaler Erythrozyten- und Thrombozytenzahl aussagekräftig.
Prädiktive Modelle in Akutsituationen
Um also frühzeitig, idealerweise auch in der Akutsituation noch präventiv, auf eine
relevante hämostaseologische Einschränkung und die resultierende Blutungsgefahr aufmerksam
zu werden, brauchen wir prädiktive Modelle, die auf einer strukturierten Anamnese-
und Befunderhebung beruhen.
Bei schwer verletzten Patienten steht akut weniger die Frage im Vordergrund, ob es überhaupt zu Blutungen kommt,
sondern vielmehr die Überlegung, wie diese beherrscht werden können. Neben den erforderlichen
chirurgischen Maßnahmen steht in diesem Zusammenhang die Transfusions- und Substitutionstherapie
im Zentrum. Bereits in den ersten Minuten muss festgelegt werden, welche Zugänge der
Patient braucht, ob eine Transfusions- und Substitutionstherapie bereits vor dem Erreichen
diagnostischer Kenngrößen eingeleitet werden soll und welche Blutprodukte bereitgestellt
werden müssen.
Für die rasche Beantwortung dieser Fragen sind physiologische Einzelwerte ungeeignet,
da sie auch anderen Faktoren unterliegen und daher wenig spezifisch sind (z. B. Tachykardie
durch Blutverlust und/oder durch Schmerzen) oder da sie durch Kompensationsmechanismen
unzureichend oder erst verzögert das Ausmaß des Traumas widerspiegeln (z. B. arterielle
Hypotonie) und daher wenig sensitiv sind. Deshalb wurden verschiedene Scores entwickelt,
die aus einer Kombination klinischer und hämatologischer Parameter den Transfusionsbedarf
vorhersagen sollen ([Tab. 1]). In einem direkten Vergleich erwies sich der besonders einfach anzuwendende ABC-Score
als überlegen, allerdings mit vielen falsch positiven Ergebnissen [2].
Tab. 1
Scores zur Vorhersage einer erforderlichen Massivtransfusion und die dabei verwendeten
Parameter. Bei ABC werden die abgefragten Punkte addiert, bei einer Summe ≥ 2 ist
eine Massivtransfusion wahrscheinlich erforderlich. TASH und McLaughlin gewichten
die abgefragten Parameter mit definierten Algorithmen. Der TASH-Score wurde anhand
des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie entwickelt. McLaughlin
et al. entwickelten ihren Score ausschließlich anhand kriegsverletzter Patienten.
Parameter
|
ABC [3]
|
TASH [4]
|
McLaughlin [5]
|
penetrierende Verletzung
|
∙
|
|
|
Beckenfraktur
|
|
∙
|
|
Femurfraktur
|
|
∙
|
|
Tachykardie
|
∙
|
∙
|
∙
|
Hypotonie
|
∙
|
∙
|
∙
|
thorakale oder abdominelle Blutung in der primären Sonografie (FAST)
|
∙
|
∙
|
|
Hb-Konzentration
|
|
∙
|
∙
|
Base Excess
|
|
∙
|
|
pH
|
|
|
∙
|
Geschlecht
|
|
∙
|
|
In der internistischen Akutmedizin gibt es erkrankungsspezifische Scores für Patienten mit oberer gastrointestinaler
Blutung (Glasgow-Blatchford Bleeding Score) [6] oder mit akutem Koronarsyndrom (CRUSADE Score) [7]. Hierbei werden neben Alter und Geschlecht Kreislaufparameter, Laborwerte und Begleiterkrankungen
abgefragt.
Der Glasgow-Blatchford Bleeding Score für Patienten mit oberer gastrointestinaler Blutung wird zum Aufnahmezeitpunkt erhoben
und erwies sich als prädiktiv bezüglich des Interventionsbedarfs, des Transfusionsbedarfs
und der Krankenhausaufenthaltsdauer. Hierfür werden Parameter graduell (Harnstoff-Stickstoff
im Blut, Hämoglobinkonzentration und systolischer Blutdruck) oder kategorisch (Tachykardie,
Meläna, Synkope, Lebererkrankungen, Herzinsuffizienz) in Punktwerte übersetzt, deren
Summe zwischen 0 und 23 liegt. Hinsichtlich der Vorhersage des Therapiebedarfs ist
er anderen Scores (Rockall, AIMS65) überlegen.
Der CRUSADE Score soll das periinterventiontionelle Blutungsrisiko ursprünglich bei Nicht-ST-Hebungsinfarkten
vorhersagen. Wie beim Glasgow-Blatchford Bleeding Score werden Parameter graduell
(Hämatokrit, Kreatinin-Clearance, Herzfrequenz, systolischer Blutdruck) oder kategorisch
(Geschlecht, dekompensierte Herzinsuffizienz, Gefäßerkrankung, Diabetes) in eine Punktsumme
zwischen 0 und 100 übersetzt. Das Blutungsrisiko beträgt bei weniger als 20 Punkten
3 %, bei über 50 Punkten bis 19 %. Der Score wurde multizentrisch aus Daten von über
70.000 Patienten entwickelt und erreicht in der „receiver operating characteristic“
eine „area under the curve“ (AUC) von über 0,7.
Therapeutische Antikoagulation und Blutungsrisiko bei chronischen Krankheiten
Die Zahl von Patienten, die akut oder noch häufiger chronisch antikoaguliert sind,
nimmt derzeit rapide zu. Ursache hierfür ist nicht allein die Zunahme an spezifischen
Krankheiten der älter werdenden Gesellschaft, sondern auch ein höherer Stellenwert
der antikoagulatorischen Therapie in der Primär- und Sekundärprophylaxe sowie ein
verbessertes Sicherheitsprofil der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK). Häufige
Indikationen für eine therapeutische Antikoagulation (plasmatisch oder thrombozytär)
sind in [
Tab. 2
] zusammengefasst.
Tab. 2
Häufige Indikationen zur Gerinnungshemmung und die hierfür hauptsächlich eingesetzte
Therapieform. Strenge Indikation bedeutet, dass auch kurze Pausen (z. B. perioperativ)
der Dauermedikation möglichst vermieden oder durch Alternativpräparate überbrückt
werden müssen (DES: „drug eluting stent“).
Indikation
|
Thrombozytenaggregationshemmung
|
Gerinnungshemmung
|
Strenge Indikation (Minimum)
|
Vorhofflimmern
|
|
∙
|
|
KHK, akutes Koronarsyndrom
|
∙
|
|
bei DES: 6 – 12 Monate duale Thrombozytenhemmung
|
periphere arterielle Verschlusskrankheit
|
∙
|
∙
|
|
zerebrovaskuläre Erkrankung
|
∙
|
|
|
venöse Thromboembolie
|
|
∙
|
6 – 8 Wochen
|
mechanischer Herzklappenersatz
|
|
∙
|
lebenslang
|
Von besonderer Bedeutung ist die antithrombozytäre Therapie bei der KHK. Besonders seit der Einführung der „drug eluting stents“ (DES) hat der Anteil von
Patienten mit dualer Thrombozytenaggregationshemmung deutlich zugenommen. Der Therapie
dient fast durchweg eine Kombination aus ASS und einem P2Y12-Inhibitor.
Die aktuell von den amerikanischen Kardiologie-Leitlinien empfohlenen Mindestzeiten
einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung zeigt [Tab. 3].
Tab. 3
Mindestzeiten der dualen Thrombozytenaggregationshemmung bei KHK [8]. Der Empfehlungsgrad ist jeweils in Klammern angegeben. Eine Therapiedauer über
den angegebenen Zeitraum hinaus ist jeweils eine IIb-Empfehlung bei fehlender Blutungsneigung
(PCI: „percutaneous coronary intervention“; BMS: „bare metal stent“; DES: „drug eluting
stent“; CABG: „coronary artery bypass graft“).
|
Konservativ
|
Lyse ohne PCI
|
PCI mit BMS
|
PCI mit DES
|
CABG
|
stabile Erkrankung, elektive Versorgung
|
kein Nutzen
|
–
|
≥ 1 Monat (I)
|
≥ 6 Monate (I)
|
≥ 12 Monate (IIb)
|
akutes Koronarsyndrom, Notfallversorgung
|
≥ 12 Monate (I)
|
Bei der letzten Aktualisierung der Leitlinien wurde auch das Vorgehen bei elektiven
nicht-herzchirurgischen Operationen modifiziert, da die neueren Stents ein geringeres
Risiko einer In-Stent-Thrombose aufweisen. Daher können ggf. die in [Tab. 3] angegebenen Zeiten unterschritten werden:
-
Bei Patienten unter dualer Thrombozytenaggregationshemmung nach DES-Implantation sind
elektive Operationen in den ersten 3 Monaten nach PCI weiterhin klar kontraindiziert.
-
Im Zeitraum von 3 – 6 Monaten nach dem Eingriff ist eine individuelle Risikoabwägung
erforderlich (IIb).
-
Nach 6 Monaten ist eine Operation nach Absetzen des P2Y12-Inhibitors vertretbar (I).
Klar ist: Eine Verkürzung der dualen Plättchenhemmung steigert potenziell das kardiologische
Risiko und setzt daher eine interdisziplinäre Entscheidungsfindung (Anästhesie, Chirurgie,
Innere Medizin) und die aufgeklärte Zustimmung des Patienten voraus.
Um das Blutungsrisiko individuell abschätzen zu können, wurden für Patienten mit Vorhofflimmern
unter Antikoagulation mehrere Scores entwickelt. Eine Orientierung an diesen Scores
kann die Anamnese- und Befunderhebung strukturieren und für die klinische Interpretation
gewichten. [Tab. 4] zeigt die Scores, die in der aktuellen europäischen Leitlinie zur Behandlung von
Vorhofflimmern erwähnt werden [9]. HAS-BLED wurde dabei an Patienten unter Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Phenprocoumon)
entwickelt, ORBIT und ABC an Patienten unter Vitamin-K-Antagonisten oder DOAK.
Tab. 4
Vergleich der bei verschiedenen Blutungsscores erfassten Parameter (GDF-15: „growth
differentiation factor 15“, erhöht bei Nierenfunktionsstörungen. Alternativ zur Verwendung
von GDF-15 gibt es auch Berechnungsmodelle anhand von Cystatin C oder der glomerulären
Filtrationsrate).
Parameter
|
HAS-BLED [10]
|
ORBIT [11]
|
ABC [12]
|
Lebererkrankung
|
∙
|
|
|
Niereninsuffizienz
|
∙
|
∙
|
|
Alkoholabusus
|
∙
|
|
|
Alter
|
> 65 ∙
|
≥ 75 ∙
|
∙
|
Schlaganfall
|
∙
|
|
|
instabile INR
|
∙
|
|
|
Blutungsanamnese
|
∙
|
∙
|
∙
|
Thrombozytenaggregationshemmer
|
∙
|
∙
|
|
schlecht eingestellte Hypertonie
|
∙
|
|
|
Anämie/Hb-Konzentration
|
|
∙
|
∙
|
Troponin T
|
|
|
∙
|
GDF-15
|
|
|
∙
|
c-Index [12]
|
0,61
|
0,65
|
0,71
|
In-vitro-Diagnostik
Hämostaseologische Globaltests
Im Zentrum der In-vitro-Diagnostik stehen neben dem kleinen Blutbild (Hämatokrit und
Thrombozytenzahl) die Prothrombinzeit (PT, Synonym: Thromboplastinzeit, Quick-Wert)
bzw. INR und die partielle aktivierte Thromboplastinzeit (aPTT). Die Vorteile dieser
Parameter sind ihre meist durchgehende Verfügbarkeit in nahezu jedem klinisch-chemischen
Labor und ihr günstiger Preis, der sie auch zum Überwachung des Verlaufs einer Gerinnungsstörung
oder Therapie prädestinieren. Gleichzeitig aber gestatten sie als Globaltests noch
keine klare Identifizierung der Ursache einer Gerinnungsstörung ([Tab. 5]). Zur Ursachensuche setzt man in der Labordiagnostik überwiegend Konzentrations-
oder Aktivitätsmessungen von Einzelfaktoren ein, die aber aufwendig und nicht überall
und rasch verfügbar sind.
Tab. 5
Verlängerung von Prothrombinzeit (PT) bzw. INR und aPTT sowie typische Ursachen (DIC:
disseminierte intravasale Gerinnung, NMH: niedermolekulares Heparin, UFH: unfraktioniertes
Heparin, VKA: Vitamin-K-Antagonisten, vWS: von-Willebrand-Syndrom).
PT/INR
|
aPTT
|
Typische Ursachen
|
↑
|
↑
|
-
Störung der „Endstrecke“ (Faktoren X, V, II, I) einschließlich hoch-/überdosierter
Antikoagulation mit Xa- (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban, NMH) und Thrombininhibitoren
(Dabigatran, Agatroban)
|
|
|
|
|
↑
|
↔
|
|
|
|
|
↔
|
↑
|
-
Störungen des intrinsischen Wegs (Faktoren VIII, IX, XI, XII) einschließlich angeborener
oder erworbener Hämophilien
|
|
Messung der Wirkung direkter oraler Antikoagulanzien
Die klinisch an Bedeutung gewinnenden DOAK erlauben keine einfache Therapiesteuerung
anhand der Globaltests wie die konventionellen Antikoagulanzien Heparin (mit PTT)
oder Vitamin-K-Antagonisten (mit Quick/INR). DOAK beeinflussen die Wirkung der aktivierten
Faktoren X und II (Thrombin). Daher beeinflussen direkte Hemmer dieser Enzyme Quick
und PTT in Abhängigkeit von der zum Zeitpunkt der Blutentnahme vorliegenden Substanzmenge.
Die Empfindlichkeit der verfügbaren Reagenzien ist hierbei sehr unterschiedlich. Ihre
Empfindlichkeit der im jeweiligen Labor verwendeten Testmethoden muss deswegen lokal
und ggf. mit dem Reagenzienhersteller geklärt werden. Gerinnungsglobaltests liefern
meist nur im therapeutischen oder überdosierten Bereich semiquantitative Aussagen
oder eine grobe Abschätzung, ob die Substanzen überhaupt im Plasma vorhanden sind.
Prinzipiell ist eine Messung der Medikamentenkonzentration bei DOAK keine Routine,
zumal es bislang kaum Daten zu therapeutischen Bereichen oder zur klinischen Interpretation
der gemessenen Plasmakonzentration gibt. Vor allem im Notfall bei einer akuten Blutung
können aber quantitative Methoden zur Differenzialdiagnose beitragen:
-
Zur Bestimmung der Dabigatran-Plasmakonzentration mit kalibrierter Thrombinzeit (z. B.
Hemoclot-Test) wird die Messung der Thrombinzeit modifiziert, um das Messsignal auf
die Einwirkung von Thrombininhibitoren zu konzentrieren. Durch die Verdünnung des
Patientenplasmas werden Störeinflüsse vermindert und ein breiter Messbereich erreicht.
-
Verfahren zur Bestimmung der Plasmakonzentration von Xa-Hemmern mit kalibrierter chromogener
Anti-Faktor-Xa-Aktivität (Anti-Xa-Tests) wurden ursprünglich zur Überwachung der niedermolekularen
Heparine entwickelt und sind für diese Indikation an vielen Stellen routinemäßig verfügbar.
Mit spezifischen Kalibratoren sind diese auch für die direkten Anti-Xa-Hemmer geeignet
und können quantitative Aussagen zur exakten Plasmakonzentration machen.
In jedem Fall muss der Einsatz hämostaseologischer Labormethoden zum Nachweis der
DOAK den lokalen Gegebenheiten entsprechend geplant und zwischen Labor und Klinik
abgestimmt werden. Diese Tests stehen nicht überall bzw. nicht rund um die Uhr zur
Verfügung.
Hämostaseologische bettseitige Messungen
Eine weitere Ergänzung bieten bettseitig anwendbare Testverfahren, insbesondere die
Thrombelastografie (TEG). Der Vorteil der modernen TEG ist neben der patientenseitigen
Verfügbarkeit die Abbildung nahezu des gesamten Gerinnungsprozesses einschließlich
der Quantifizierbarkeit mit Kenngrößen – entsprechend als Thrombelastometrie bezeichnet.
Allerdings erfasst die TEG keine Störungen der Thrombozytenfunktion.
In-vitro-Testverfahren zur Messung der Thrombozytenfunktion liefern nur bei normaler
Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentration gültige Ergebnisse, sodass sie bei vielen
Intensivpatienten nicht eingesetzt werden können.
Die Domäne der TEG ist die Therapiesteuerung bei akuter Blutung, da die Interpretation
der thrombelastografischen Messungen bei septischen Patienten bislang nicht ähnlich
standardisiert möglich ist [13]. Aufgrund der hohen Kosten der Einzelmessung eignet sich die Thrombelastografie
im Verlauf nur bedingt als Überwachungsinstrument.
Auch bei der TEG wird je nach Testansatz der extrinsische und intrinsische Weg getrennt
ausgelöst (EXTEM und INTEM). Bei der Diagnostik bei akuter Blutung steht der EXTEM-Test
im Vordergrund. Die Ergebnisse liefern unmittelbare Hinweise auf sinnvolle therapeutische
Maßnahmen ([Abb. 3, ]
[Tab. 6]).
Abb. 3 Kenngrößen der Thrombelastometrie im ROTEM-Verfahren.
Tab. 6
Typische pathologische ROTEM-Befunde in akuten Blutungssituationen.
Parameter
|
Wahrscheinliche Ursache
|
Therapie
|
CT ↑
|
gestörte Initiierung der Gerinnung: Faktoren des extrinsischen oder intrinsischen Wegs (je nach gewähltem Testverfahren)
sowie X, V und II
|
PPSB, FFP
|
INTEM-Test: Heparinwirkung
|
Protamin
|
MCF ↓
|
Fibrinogenmangel
|
Fibrinogenkonzentrat/FFP
|
Thrombopenie
|
Thrombozyten-Transfusion
|
LI30/ML ↑
|
Hyperfibrinolyse
|
Tranexamsäure
|
Modifikationen des Testansatzes ermöglichen eine weitere Unterscheidung zwischen spezifischen
Ursachen einer Gerinnungsstörung, einer reduzierten MCF, einer Hyperfibrinolyse sowie
der Heparinwirkung:
-
Zur Differenzierung einer reduzierten MCF im EXTEM kann die Thrombozytenwirkung im
Testansatz blockiert werden (FIBTEM). Nun bildet sich ein reiner Fibrinogen-Thrombus,
der naturgemäß nur etwa ein Zehntel der Festigkeit eines Fibrinogen/Thrombozyten-Thrombus
erreicht. Wird selbst dieser Wert unterschritten, liegt ein Fibrinogenmangel vor.
-
Ob eine antifibrinolytische Therapie erfolgversprechend ist, kann mit dem APTEM beurteilt werden. Hierzu wird Aprotinin
als Antifibrinolytikum zugesetzt. Fällt nun die Lyse im Vergleich zum EXTEM ganz oder
geringer aus, erscheint die (ggf. wiederholte) Gabe eines Antifibrinolytikums indiziert.
-
Zur Beurteilung einer Heparinwirkung dient das HEPTEM, bei dem der Zusatz einer Heparinase Heparin inaktiviert. Ist die
CT im INTEM verlängert und im HEPTEM normal, so ist die verlängerte CT durch Heparin
verursacht. Unter Protamin wird sich die CT im INTEM normalisieren.
Hämostase bei akuter Blutung
Hämostase bei akuter Blutung
Viele Daten und Empfehlungen zur Gerinnungstherapie bei akuter Blutung stammen aus
der Traumatologie. Tatsächlich ist das Polytrauma mit seiner massiven Gewebedestruktion
und dem hämorrhagischen Schock ein hervorragendes Modell einer maximal aktivierten
Gerinnungskaskade und der Entwicklung einer akuten Koagulopathie. Man geht davon aus,
dass der systemische Schaden – charakterisiert vor allem durch Ischämie und Inflammation
– wesentliche Voraussetzungen für eine akute Koagulopathie schafft ([Abb. 4]). In anderen Blutungssituationen, etwa bei Organperforation oder perioperativer
Hämorrhagie mit Transfusionsbedarf sind häufig die Gewebszerstörung geringer und die
Begleitumstände günstiger (z. B. besserer Erhalt der Normothermie), sodass hierbei
eine größere Kompensationsbreite die Geschwindigkeit auf dem „Weg zur Koagulopathie“
verlangsamt [14].
Abb. 4 Weg zur Koagulopathie (mod. nach [14]). Beim schweren Trauma besteht anfangs ein großer systemischer Schaden und die akute
Koagulopathie entwickelt sich bereits früh, d. h. bereits nach vergleichsweise geringem
Transfusionsbedarf (1). Umgekehrt kann etwa bei elektiver Operation trotz hohem Blutverlust
oft die Homöostase gut aufrechterhalten werden – nicht zuletzt durch Transfusionen,
sodass eine Dekompensation lange aufgehalten oder ganz vermieden werden kann. Die
Koagulopathie entwickelt sich erst nach außergewöhnlich hohem Transfusionsbedarf (2).
Diese Kompensationsbreite wird deutlich eingeschränkt, wenn die Operation selbst einen
ausgeprägten proinflammatorischen Stimulus bietet, wie etwa bei herzchirurgischen
Eingriffen mit langer extrakorporaler Zirkulation (3).
Thrombusbildung
Substrat für den Thrombus
Der Effektor der Blutstillung ist die Bildung eines stabilen Thrombus am Ort der Blutung.
Das oben skizzierte integrierte Modell der plasmatischen und zellulären Hämostase
erklärt die lokale, hochkonzentrierte Thrombinfreisetzung als Grundlage hierfür. Gleichzeitig
müssen die Bestandteile des Thrombus – namentlich Fibrinogen/Fibrin und Thrombozyten
(sowie Erythrozyten) – in ausreichender Menge bereitstehen, um das häufig ja sogar
makroskopisch erkennbare Gerinnsel zu bilden. Ausgerechnet die Fibrinogenreserve ist
jedoch bei einer akuten Blutung am schnellsten verbraucht [15].
Eine frühzeitige Substitution von Fibrinogen und Thrombozyten bei akuter, massiver
Blutung hat sich in vielen, vornehmlich allerdings retrospektiven Untersuchungen als
effektiv erwiesen und daher Eingang in die Leitlinien gefunden [16]
[17]. Da die Gabe von Vollblut in Mitteleuropa obsolet ist, verabreicht man Blutkomponenten
oder Faktorenkonzentrate. Im militärischen Bereich dagegen erlebt die Transfusion
frischen Vollbluts vorwiegend aus logistischen Gründen eine Renaissance mit exzellenter
hämostaseologischer Wirksamkeit [1]. Bei der Transfusion von Komponenten führt ein Verhältnis zwischen Erythrozytenkonzentrat
und Frischplasma von 1:1 zu einer effektiveren Blutstillung und zu einer tendenziell,
aber nicht signifikant verbesserten Mortalität im Vergleich zu einer 2 :1-Transfusion
[18].
Bei Massivtransfusionen sollte man ein Verhältnis von 1:1:1 zwischen Erythrozyten-,
Frischplasma- und Thrombozytenkonserven anstreben.
Die vorgeschalteten Faktoren der Gerinnungskaskade stehen meist in ausreichender Menge
und Aktivität zur Verfügung – zumindest bei nicht medikamentös antikoagulierten Patienten
(Ausnahmen s. u., Abschnitt „Immunkoagulopathien und andere erworbene hämostaseologische
Störungen“). Daher ist auch die Substitution von PPSB in akuten Blutungssituationen
bei nicht antikoagulierten Patienten keine erstrangige Maßnahme.
Fibrinogen
Fibrinogen kann entweder als natürlicher Bestandteil von Plasmakonserven (FFP, lyophilisiertes
Plasma) oder als Konzentrat verabreicht werden. Angestrebt wird zumindest ein Erhalt
der unteren physiologischen Konzentration um 150 – 200 mg/dl [17]. Ob ein höherer Zielwert oder gar superphysiologische Konzentrationen tatsächlich
zu einer verbesserten Hämostase führen – oder andererseits zu vermehrten thromboembolischen
Komplikationen – ist noch umstritten. Zumindest bei geburtshilflichen Blutungskomplikationen
scheinen Fibrinogenkonzentrationen von über 200 mg/dl von Vorteil zu sein [19]
[20].
Es hängt stark von der klinischen Situation ab, ob durch die Transfusion von FFP alleine
ein ausreichender Anstieg der Fibrinogenkonzentration erreicht werden kann.
Um bei einem 70 kg schweren Patienten einen Anstieg der Fibrinogenkonzentration um
100 mg/dl zu erreichen, ist die Transfusion von etwa 1000 ml FFP (entsprechend 4 Transfusionseinheiten)
oder die Substitution von 3 – 4 g Fibrinogen in konzentrierter Form erforderlich.
Häufig wird daher die Gabe von Fibrinogenkonzentrat schneller zur Wiederherstellung
des erforderlichen Fibrinogenspiegels führen und damit zur Durchbrechung der Koagulopathie
beitragen. Zudem kann damit eine möglicherweise drohende Volumenüberladung vermieden
werden. Leider fehlen hierzu aber hochwertige kontrollierte Studien [21]. Im weiteren Verlauf der intensivmedizinischen Therapie kann man fast immer mit
einem spontanen Anstieg der Fibrinogenkonzentration innerhalb von Stunden bis Tagen
rechnen.
Thrombozyten
Thrombozyten stehen hierzulande überwiegend als Apherese-Konzentrate von Einzelspendern
zur Verfügung, aber auch als gepoolte Konzentrate aus mehreren Spenden. Angestrebt
wird bei einer Blutung eine Thrombozytenkonzentration von mindestens 50G/l bzw. von
mindestens 100 G/l bei ZNS-Blutungen oder bei zunächst therapierefraktären Blutungen.
Diese Empfehlungen basieren auf Erfahrungen aus der Traumatologie, lassen sich aber
auch auf andere Blutungsauslöser übertragen.
Dennoch sollte vor allem wegen der hohen Immunisierungsrate die Transfusion von Thrombozyten
streng indiziert werden, da sonst rasch eine Transfusionsrefrakterität droht. Weitere
Probleme sind die begrenzte Verfügbarkeit sowie drohende thromboembolische Komplikationen.
Daher ist eine prophylaktische Transfusion bei Thrombopenie ohne akute Blutung in
der Regel erst beim Unterschreiten einer Thrombozytenkonzentration von 10 – 15 G/l
sinnvoll, da erst darunter eine Zunahme der Rate spontaner Blutungen droht [22].
Iatrogene Koagulopathie
Eine massive kristalloide und/oder kolloidale Volumensubstitution kann die traumatische
Koagulopathie noch verstärken, da sie ihrerseits zu einer Verdünnung oder partiellen
Inaktivierung der plasmatischen und zellulären Gerinnungsfaktoren führt. Zudem kann
sie zu einer Verschlechterung der Hypothermie und der Azidose beitragen, Letzteres
zumal vor der Ära der balancierten Infusionslösungen.
Daher wird häufig die „lethal triade“ (Koagulopathie, Azidose, Hypothermie) konzeptionell
um die Volumentherapie zu einem „tödlichen Quartett“ ergänzt ([Abb. 1]) [23]. Allerdings fällt es schwer, die Volumentherapie unabhängig von anderen, nicht direkt
modifizierbaren Einflüssen (Verletzungsschwere, Schock, prähospitale Versorgungs-
und Transportzeiten) als Faktor zu identifizieren, der das Outcome verschlechtert.
Umgekehrt unterstreichen die Daten – insbesondere aus dem Traumaregister der Deutschen
Gesellschaft für Unfallchirurgie – die große Bedeutung einer frühzeitigen und gezielten
Transfusions- und Substitutionstherapie unmittelbar nach der Krankenhausaufnahme.
Schwere Azidose (pH < 7,2) und Hypothermie sind Co-Faktoren jeder Koagulopathie.
Ein weiterer, iatrogen bedingter Komplikationsfaktor ist die massive Transfusion von
Erythrozytenkonzentraten. Als Massivtransfusion wird meist eine Transfusion von mehr als 10 Konzentraten in
24 Stunden bezeichnet, aber die Definition ist nicht einheitlich. Eine hohe Menge
rasch transfundierter Erythrozytenkonzentrate kann einerseits zu Gerinnungsstörungen
aufgrund einer transfusionsbedingten Hypokalzämie führen, andererseits wirkt der hohe
Eintrag von Zellzerfallsprodukten aus länger gelagerten Konzentraten proinflammatorisch
und verstärkt die Koagulopathie zusätzlich.
Die Serumkonzentration von Ca2 + sollte um oder über 0,9 mmol/l gehalten werden. Die Forderung nach bzw. der gezielte
Einsatz durchwegs kürzer gelagerten Erythrozytenkonzentrate ist angesichts der Knappheit
der Ressource Blut unrealistisch.
Thrombozytäre Funktion bei akuter Blutung
Pathophysiologie
Das oben skizzierte Hämostasemodell integriert nicht nur den ex- und intrinsischen
Weg der plasmatischen Gerinnung, sondern auch die zelluläre, d. h. thrombozytäre Gerinnung
[24]. Tatsächlich spielt die anfangs sehr rasch erfolgende Thrombozytenaktivierung („schnelle
Gerinnung“) nicht nur eine Rolle hinsichtlich des eigentlichen Verschlusses der Blutungsquelle,
sondern vor allem auch hinsichtlich der Lokalisierung der Gerinnungsvorgänge: Thrombozyten
schwimmen durch den Fåhræus-Lindqvist-Effekt im langsameren Randstrom (kleinerer)
Gefäße (Margination), um am Ort einer potenziellen Läsion zu adhärieren, gleichzeitig
aktiviert zu werden und sich zu konzentrieren ([Abb. 5]). Da vor allem die Bildung des Prothrombinase-Komplexes aus den Faktoren X und V
durch die Thrombozytenoberfläche katalysiert wird, ist unter idealen Bedingungen eine
hohe Ortsselektivität der plasmatischen Gerinnungsvorgänge gewährleistet.
Abb. 5 Mechanismen der Thrombozytenmargination und -aktivierung bei endothelialen Schäden.
Therapiemöglichkeiten
Die Standardtherapie der quantitativen Thrombopenie und der funktionellen Thrombopathie
einschließlich der Thrombozytenaggregationshemmung ist die Transfusion von Thrombozytenkonzentraten.
Desmopressin ist ein Vasopressin-Analogon mit reduzierter vasokonstriktorischer Aktivität. Seine
erwünschte prokoagulatorische Wirkung besteht in der Freisetzung von von-Willebrand-Faktor
(vWF) und von Faktor VIII aus Weibel-Palade-Körperchen.
Die Wirkung von Desmopressin ist erschöpflich und eine Wiederholung frühestens nach
24 Stunden sinnvoll. Die Einzeldosis beträgt 0,3 – 0,4 μg/kgKG.
Allerdings hat Desmopressin auch antikoagulatorische Eigenschaften durch Freisetzung
von Prostazyklin und „tissue plasminogen activator“. Entsprechend scheint seine hämostaseologische
Wirkung durch den gleichzeitigen Einsatz von Antifibrinolytika optimiert zu werden.
Als ADH-Analogon kann es eine Flüssigkeitsretention verstärken. Andererseits kann
es bei rascher Injektion zu einer Hypotonie führen.
Die gesicherten Indikationen sind in erster Linie die Behandlung des von-Willebrand-Syndroms
und die partielle Antagonisierung einer ASS-Wirkung. Diese Antagonisierung funktioniert
jedoch nach Anwendung anderer Thrombozytenaggregationshemmer wie Clopidogrel nicht
effektiv. Nach herzchirurgischen Operationen kann Desmopressin den Transfusionsbedarf
senken, vor allem bei Patienten mit reduziertem vWF-Spiegel [25].
Fibrinolytische Aktivität
Physiologische Fibrinolyse
Dem physiologischen Gerinnungssystem steht das System der physiologischen Fibrinolyse
gegenüber. Seine zentralen Funktionen sind die Begrenzung der Thrombusbildung auf
den Ort und die Dauer der Blutung sowie wichtige immunologische, dabei vor allem antiinflammatorische
Effekte. Prinzipiell wird das fibrinolytische System gleichzeitig mit der Hämostase
aktiviert, da der freie Plasminogen-Aktivator bei Anwesenheit von Fibrin – also am
Thrombus – Plasminogen zu Plasmin als wesentlichem fibrinolytischem Enzym aktiviert.
Dieser profibrinolytische Weg wird durch den thrombinaktivierten Fibrinolyseinhibitor
(TAFI) gehemmt, sodass die Thrombusbildung bei hoher Thrombinaktivität – also in der
Phase der akuten Blutstillung – möglichst ungestört ablaufen kann. Ein weiterer potenter
antifibrinolytischer Faktor ist Faktor XIII.
Hyperfibrinolyse
Dennoch kann eine überschießende Aktivierung der physiologischen Fibrinolyse auftreten
(Hyperfibrinolyse), die zu einer wesentlichen und bereits früh einsetzenden Verstärkung
der traumatischen Koagulopathie führt. Eine wesentliche Ursache ist, dass der endothelial
präformierte „tissue plasminogen activator“ (tPA) unmittelbar beim Eintritt des Traumas
freigesetzt wird, während der „plasminogen activator inhibitor“ (PAI 1) erst noch
gebildet werden muss. Dies alleine erklärt aber eine schwere systemische Fibrinolyse
nur unzureichend.
Weitere Komponenten der akuten Hyperfibrinolyse sind in [Abb. 6] dargestellt. Durch die massive Fibrinolyse steht nun nicht mehr ausreichend Fibrinogen
zur Verfügung, das bei diesem hohen Umsatz als Substrat für den „erneuten“ Thrombusaufbau
dringend erforderlich ist. Dieser Mangel führt zum Vollbild der Verbrauchskoagulopathie.
Abb. 6 Folgende Komponenten tragen zur Entwicklung einer Hyperfibrinolyse bei: Im Schock
kommt es zu einer verstärkten Expression von endothelständigem Thrombomodulin, das
Thrombin bindet und damit hinsichtlich seiner prokoagulatorischen Aktivität inaktiviert.
Gleichzeitig wird der thrombinaktivierte Fibrinolyseinhibitor (TAFI) gehemmt. Zudem
aktiviert der Thrombin/Thrombomodulin-Komplex die physiologischen Antikoagulanzien
Protein C und Protein S, die ihrerseits sowohl prokoagulatorische (Faktor V und VIII)
als auch antifibrinolytische Faktoren (PAI 1) hemmen.
Diagnostik und Therapie
Hinsichtlich der Diagnostik und Therapie der traumatisch bedingten Hyperfibrinolyse
stehen mit der Thrombelastografie und der Gabe von Antifibrinolytika, namentlich Tranexamsäure
[27], etablierte Methoden zur Verfügung. ε-Aminokapronsäure kann alternativ verwendet
werden. Das Risikoprofil von Aprotinin, einem weiteren Antifibrinolytikum, dagegen
scheint deutlich ungünstiger.
Bei Traumapatienten wird empfohlen, so früh wie möglich, also noch prähospital, eine
Loading-Dose von 1 g Tranexamsäure zu verabreichen, gefolgt von einer Infusion von
1 g über die 8 Stunden nach Krankenhausaufnahme [28]. Diese und ggf. weitere Gaben können mit der Thrombelastografie gesteuert werden.
In Analogie erscheint der Einsatz von Tranexamsäure auch beim Verdacht auf bzw. nachgewiesener
Hyperfibrinolyse aus anderen Ursachen sinnvoll.
Neueste Daten weisen aber darauf hin, dass die Inzidenz der traumatisch bedingten
Hyperfibrinolyse möglicherweise überschätzt wird [29]: Bei über 2500 schwer verletzten Patienten zeigten 18 % in einer binnen einer Stunde
nach Krankenhausaufnahme angefertigten Thrombelastografie eine Hyperfibrinolyse (Mortalität
in dieser Gruppe: 34 %) und 36 % eine physiologische Fibrinolyse (Mortalität: 14 %).
Bei der mit 46 % größten Gruppe aber war ein komplettes Erliegen der fibrinolytischen
Aktivität nachweisbar (Mortalität: 23 %). Während sich die Gruppen hinsichtlich der
Verletzungsschwere und -lokalisation, initialer Hb-Konzentration und INR nicht unterschieden,
hatten die Patienten mit Hyperfibrinolyse häufiger penetrierende Verletzungen und
bei Aufnahme einen niedrigeren Blutdruck. Aufgrund des hohen mit der Hyperfibrinolyse
assoziierten Mortalitätsrisikos, des günstigen Sicherheitsprofils von Tranexamsäure
und der eindeutigen Studienlage sollte aber bis auf Weiteres nicht von der oben genannten
Empfehlung zur antifibrinolytischen Therapie abgewichen werden.
Hämostase bei Sepsis und septischem Schock
Hämostase bei Sepsis und septischem Schock
Pathophysiologie
In der Sepsis wird die Gerinnungskaskade zunächst über ganz ähnliche Mechanismen angestoßen
wie bei der akuten Blutung: Die durch die Infektion aktivierten Makrophagen und Monozyten
setzten – analog zu den Endothelzellen nach einem Gefäßtrauma – Gewebethromboplastin
frei (syn: „tissue factor“, Faktor III). Dies löst im Wesentlichen 3 Mechanismen aus
([Abb. 7]):
Abb. 7 Ischämie und Inflammation stimulieren gleichzeitig pro- und antikoagulatorische Mechanismen.
Beim hämorrhagisch-traumatischen Schock kann dies typischerweise zur Hyperfibrinolyse
führen, beim septischen Schock typischerweise zur disseminierten intravasalen Gerinnung
(DIC). Beide Wege münden in die Verbrauchskoagulopathie. Der Gebrauch der Nomenklatur
ist leider unscharf – bisweilen wird auch der Begriff einer „thrombohämorrhagischen
Störung“ verwendet [26].
-
Durch die thrombozytäre Aktivierung werden Adhäsionsmoleküle – vor allem P-Selektin
(P steht für „platelet“) – exprimiert, die ihrerseits die leukozytäre Aktivierung
verstärken und damit unter anderem als positive Rückkoppelung wiederum die Gewebethromboplastin-Freisetzung
steigern.
-
Durch die Aktivierung der Gerinnungskaskade wird Thrombin freigesetzt, das unmittelbar
zur Thrombusbildung führt. Da inflammationsbedingt das Endothel buchstäblich ubiquitär
aktiviert ist (und nicht nur am Ort einer abgegrenzten Läsion), kommt es zur disseminierten
intravasalen Gerinnung (DIC).
-
Die DIC läuft umso stärker ab, als wesentliche antithrombotische Mechanismen in der
Sepsis – anders als bei der akuten Blutung – nicht ebenso stark wie die proinflammatorische
Kaskade aktiviert werden: Durch den septischen Endothelzellschaden einschließlich
der früh einsetzenden Apoptose wird als ein wesentlicher Faktor aus dem Endothel weniger
Thrombomodulin freigesetzt, das eigentlich die thrombolytische Gegenreaktion anstößt.
Dadurch kommt es zu einem Versagen des Protein-C-Systems.
Symptomatik
Klinisch eindeutige Manifestationen der DIC in der Sepsis sind Hautnekrosen und digitale
Nekrosen an Händen und Füßen, seltener auch von Ohren, Nase und Mamillen. Als einzelne
Krankheitsbilder sind das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom und das Toxic-Shock-Syndrom
zu nennen.
Andere Manifestationen treten schwerer identifizierbar als Komponenten des Multiorganversagens
auf, etwa im Rahmen eines ARDS, eines akuten Nierenversagens oder einer septischer
Enzephalopathie. Daher wird auch zwischen verdeckter und offensichtlicher DIC unterschieden,
wobei ein Übergang hin zur offensichtlichen DIC möglich ist. Um vor allem wegen dieser
Gefahr auch eine verdeckte DIC mit ausreichender Sensitivität identifizieren zu können,
wurden mehrere Scoring-Systeme entwickelt (Übersicht bei [26]).
Thrombopenie in der Sepsis
Häufig besteht bei akut und vor allem kritisch kranken Patienten eine Thrombopenie,
die ätiologisch nicht immer auf den ersten Blick einzuordnen ist und die vor allem
bei Thrombozytenzahlen unter 50 – 20.000 G/l eine Störung der primären Hämostase verursachen.
Die Differenzialdiagnose der Thrombozytopenie ist oft ein Thema in der Intensivmedizin.
Aufwendige serologische Untersuchungen im immunhämatologischen Labor ermöglichen es,
Autoantikörper gegen Thrombozyten zu spezifizieren. Meist besteht aber „nur“ eine
Thrombopenie, sehr selten sind (abgesehen von der heparininduzierten Thrombopenie,
auf die hier nicht weiter eingegangen wird) thrombozytäre Autoantikörper auch mit
einer Funktionseinschränkung verbunden. [Abb. 8] zeigt ein pragmatisches Vorgehen bei Thrombopenie in Akutsituationen.
Abb. 8 Pragmatisches Vorgehen bei akuter Thrombopenie. (UFH: unfraktioniertes Heparin; HIT:
heparininduzierte Thrombopenie Typ II). Typische medikamentöse Auslöser einer Thrombopenie
sind neben verschiedenen Antibiotika und Virostatika unter vielen anderen Antiepileptika
und verschiedene Nicht-Opiat-Analgetika.
Therapie der Gerinnungsstörung in der Sepsis
Basistherapie: konventionelle Antikoagulation
Der Kern der Therapie einer septischen DIC ist die Antikoagulation, da es keine etablierten
Verfahren gibt, die den zugrunde liegenden Endothelschaden abschwächen könnten. Wenn
nicht durch eine Blutung kontraindiziert, sollte man bei septischen Patienten frühzeitig
mit einer Antikoagulation beginnen [26]. Theoretisch wäre die Verwendung eines Thrombinantagonisten zur Antikoagulation
ideal, letztlich hat sich aber die Nutzung von unfraktioniertem oder niedermolekularem
Heparin bewährt. Unser Vorgehen ist in [Abb. 9] dargestellt.
Abb. 9 Pragmatisches Vorgehen zur Antikoagulation septischer Patienten.
Eine Reihe weiterer Therapieansätze wurde wissenschaftlich untersucht, konnte sich
aber aufgrund der Studienlage nicht durchsetzen:
Antithrombin
Die hochdosierte Antithrombingabe (erreichte Aktivität im Mittel 180 %) wurde in den
späten 1990er Jahren in der als klassisch geltenden KyberSept-Studie an über 2300
Patienten mit schwerer Sepsis oder im septischen Schock randomisiert gegenüber Placebo
untersucht [30]. Die Kombination aus hochdosiertem Antithrombin und Heparin bot keinen Überlebensvorteil
gegenüber Placebo mit oder ohne Heparin, zeigte aber eine erhöhte Blutungsinzidenz.
Bei Patienten, die kein Heparin erhielten, zeigte die Antithrombingabe einen Überlebensvorteil
gegenüber Placebo. Die Heparingabe (UFH oder NMH s. c. zur Thromboseprophylaxe) war
im Studiendesign aber weder kontrolliert noch standardisiert.
Niedriger dosiertes Antithrombin (erreichte Aktivität um 110 %) in Kombination mit
Heparin führte in kleinen Studien zu einer Besserung einer DIC anhand von Surrogat-Parametern,
schlug sich aber nicht auf das Outcome der Patienten nieder [31].
Die Antithrombinspiegel, die wir bei unseren vorwiegend operativen Patienten anstreben
([Abb. 9]), liegen aus Gründen des Risiko/Nutzen-Profils und der Pharmaökonomie niedriger.
Eine effektive Antikoagulation mit Heparin (UFH oder NMH) ist die Antikoagulation
der Wahl bei septischen Patienten, niedrige Antithrombinspiegel sollte man aber substituieren.
Aktiviertes Protein C
Einen wesentlichen Beitrag zur septischen Gerinnungsstörung im Sinne einer Hyperkoagulopathie
liefert das Versagen des Protein-C-Systems. Ursache hierfür ist vor allem der Mangel
an Thrombomodulin. Daraus ergeben sich 2 Therapieansätze, nämlich die Substitution
von Protein C oder von Thrombomodulin.
Rekombinantes aktiviertes Protein C war bis 2012 knapp 10 Jahre lang unter dem Handelsnamen
Xigris erhältlich. Um dieses Präparat entwickelte sich nach einem anfänglichen Hype
ein wahrer Glaubenskrieg, teilweise fernab eines wissenschaftlichen Fundaments [32]. Letztlich zeigte das Präparat bei zunehmender Indikationsausweitung hin zu septischen
Patienten mit geringeren Organkomplikationen eine geringe oder nicht nachweisbare
Effektivität, während es – wenig überraschend – Blutungskomplikationen verursachen
konnte [33]. Auf eine Empfehlung der FDA hin zog der Hersteller das Präparat schließlich vom
Markt zurück.
Wir bedauern diesen kompletten Rückzug, den wir für ebenso wenig sinnvoll halten wie
die zuvor verfolgte aggressive Marketing- und Hochpreisstrategie des Herstellers.
Nach den wissenschaftlichen Ergebnissen und eigenen Erfahrungen hat durchaus ein Teil
der Patienten von dem Präparat profitiert, insbesondere schwer kranke erwachsene Patienten
in der Frühphase eines septischen Schocks, die rasch ein Mehrorganversagen mit DIC
entwickelt hatten und während der Therapie eine ausreichende Thrombozytenzahl aufwiesen
– zugegebenermaßen eine kleine Subgruppe.
Thrombomodulin
Weiter am Beginn der Kaskade reduziert Thrombomodulin die prothrombotische Wirkung
von Thrombin zugunsten der Aktivierung des Protein-C-Systems. Tatsächlich ist rekombinantes
humanes Thrombomodulin in Japan pharmakologisch verfügbar und seine Anwendung zeigt
vielversprechende, aber noch nicht abschließend beurteilbare Resultate [34].
Immunkoagulopathien und andere erworbene hämostaseologische Störungen
Immunkoagulopathien und andere erworbene hämostaseologische Störungen
Wir konzentrieren uns hier auf akute Erstmanifestationen erworbener Hämostasestörungen
und verzichten auf die Darstellung der Therapie chronischer, fast immer anamnestisch
bekannter und häufig hereditärer Gerinnungsstörungen (z. B. klassische Formen der
Hämophilie, von-Willebrand-Syndrom).
Faktor-XIII-Mangel
Faktor XIII ist der letzte in der klassischen Gerinnungskaskade wirkende prokoagulatorische
Faktor: Entsprechend seines Namens (fibrinstabilisierender Faktor) stabilisiert er
das Fibrinnetzwerk vor allem gegen die endogene Plasminwirkung. Damit und darüber
hinaus richtet sich seine Wirkung bereits auf die folgende Wundheilung und Infektabwehr
[35].
Klinik und Diagnose
Die Aktivität von Faktor XIII wird durch die hämostaseologischen Globaltests nicht
erfasst und auch die Thrombelastografie ist hinsichtlich eines Faktor-XIII-Mangels
nicht ausreichend sensitiv [36]. Daher wird oft ein klinischer Verdacht einer gezielten Diagnostik mit der Messung
der Faktor-XIII-Aktivität vorangehen.
Die typische Symptomatik des Faktor-XIII-Mangels sind unerklärte Blutungen, insbesondere
in Form von Nachblutungen einige Stunden nach OP-Ende. Bei vorbestehender Aktivierung
des Gerinnungssystems wie etwa bei Tumorpatienten kann sich die Blutungsneigung bereits
früher, z. B. schon intraoperativ manifestieren [37].
Substitution
Klare Grenzwerte für die Indikation zur Faktor-XIII-Substitution in der Akutsituation
sind nicht etabliert. Kontrollierte Studien zur Wirksamkeit fehlen weitgehend. In
2 kleineren, kontrollierten und randomisierten Studien an herzchirurgischen Patienten
erwies sich eine prophylaktische Substitution von Faktor XIII als ineffektiv hinsichtlich
des postoperativen Transfusionsbedarfs [38]
[39]. In der Post-hoc-Analyse der Studie von Godje et al. zeigten allerdings die Patienten
mit einer erniedrigten Faktor-XIII-Aktivität (studiendesignbedingt unabhängig von
einer möglichen Substitution) einen erhöhten Transfusionsbedarf.
Namentlich bei einer klinisch persistierenden diffusen Blutungsneigung zusammen mit
einer erniedrigten Faktor-XIII-Aktivität kann eine Substitution mit Faktor-XIII-Konzentraten
(human oder rekombinant) erwogen werden.
Hinsichtlich der therapeutischen Wirkung bei der Wundheilung sind dringend kontrollierte
Studien erforderlich.
Erworbene Hemmkörper-Hämophilie
Das spontane oder durch Systemerkrankungen induzierte Auftreten von Autoantikörpern
gegen körpereigene oder transfundierte Antigene spielt in der klinischen Hämostaseologie
eine wichtige Rolle. Vor allem Antikörper gegen die Faktoren des intrinsischen Systems – am
häufigsten gegen Faktor VIII (Hemmkörper-Hämophilie), seltener auch gegen Faktor IX
und XI – können zu schweren Blutungskomplikationen vor allem im fortgeschrittenen
Alter oder auch bei Frauen (z. B. postpartal) führen. Diagnostik und Therapie dieser
erworbenen und oft schwer bis lebensbedrohlich verlaufenden Blutungsneigung sind außerordentlich
aufwendig.
Diagnose
Der Verdacht sollte sich auf eine Hemmkörper-Hämophilie richten, wenn trotz optimaler
Gerinnungsbehandlung eine diffuse, multilokale Blutungsneigung als Ausdruck einer
Koagulopathie sowie die Verlängerung der aPTT persistieren. Etwa ein Drittel der Patienten
hat Risikofaktoren wie Rheuma, Malignome, eine systemischen Lupuserkrankung oder eine
vorangegangene Entbindung. Bemerkenswert ist, dass die postpartale Latenz im Median
bei 77 Tagen liegt (IQR: 15 – 117) [40]. Bei zwei Dritteln der Patienten tritt die Hemmkörper-Hämophilie aber idiopathisch
auf.
Diagnostisch stehen 3 Ansätze im Vordergrund:
-
Die Akutdiagnostik gelingt mit dem Plasmaaustauschtest: Die aPTT ist bei Hemmkörper-Hämophilie stark verlängert. Zusätzlich benötigt man
eine Probe eines Probanden mit normaler aPTT. Nun wird Plasma des Verdachtspatienten
mit Probandenplasma gemischt und erneut die aPTT bestimmt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit
normal sein wird. Das gemischte Plasma wird für eine Stunde bei 37 °C inkubiert. Eine
nun aufgetretene Verlängerung der aPTT in einer erneuten Messung gilt als starker
Hinweis auf das Vorhandensein von Antikörpern, da diese nach der Inkubation auch die
Gerinnungsfähigkeit des Probandenbluts inhibieren.
Zwar ist der negative Vorhersagewert dieses Tests akzeptabel, aber er liefert potenziell
auch eine hohe Zahl falsch positiver Ergebnisse. Daher sind weitere Untersuchungen
zur Bestätigung der Diagnose unumgänglich:
-
Der Antikörper kann im Bethesda-Test direkt nachgewiesen und mit Titer-Bestimmung quantifiziert werden.
-
Die Aktivitätsmessung des inhibierten Faktors steht relativ unkompliziert vor allem als Verlaufsüberwachung
zur Verfügung. Sie ist in der foudroyanten Phase der Hemmkörper-Hämophilie meist auf
unter 10 %, oft auf nur 1 – 2 % reduziert.
Therapie
Durch jede Hämophilie fällt in der akuten Hämostase die positive Rückkopplung in der
Aktivierung der Gerinnungskaskade weg.
Bei der Hemmkörper-Hämophilie ist eine Substitution des betroffenen Faktors – sei
es als Faktorenkonzentrat, sei es als FFP – streng kontraindiziert, da hierdurch die
Expression des Hemmkörpers zusätzlich angeregt würde.
Durch eine superphysiologische Anregung des klassischen extrinsischen Wegs wird die
Rückkopplung über den intrinsischen Weg verzichtbar. Dazu muss aktivierter Faktor VII in hoher Konzentration verfügbar sein. Hierzu stehen 2 Präparate klinisch zur Verfügung:
rekombinanter aktivierter Faktor VII (NovoSeven) und ein PPSB-Präparat mit Faktor
VII in aktivierter Form (FEIBA). Beide Präparate gehen mit einem hohen Thrombembolierisiko
einher und sind teuer. Eine Überlegenheit eines dieser Präparate über das andere hinsichtlich
Effektivität und Sicherheit konnte nicht nachgewiesen werden. Als ultima ratio können
die beiden Präparate ggf. auch kombiniert angewendet werden.
Zur raschen Entfernung der pathologischen Autoantikörper ist auch der erfolgreiche
Einsatz der therapeutischen Plasmapherese oder von Immunadsorptionsverfahren beschrieben.
Sofern in der klinischen Routine verfügbar, ist damit eine rasche und kosteneffektive
Reduktion der pathologischen Antikörper möglich. Damit lässt sich die trotzdem konsequent
erforderliche gerinnungsaktivierende Medikation deutlich reduzieren.
Ein alternativer neuer Therapieansatz ist die Gabe von rekombinantem porcinem Faktor VIII (Obisur), der annähernd die gleiche gerinnungsphysiologische Wirkung wie der humane
Faktor hat, aufgrund seiner anderen Struktur aber nicht vom humanen Autoantikörper
angegriffen wird [41].
Neben der Gerinnungstherapie ist eine mehrwöchige Immunsuppression bis zur Remission das zweite Standbein der Therapie. Hierfür wird ein Schema der
Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung verwendet, dass auf dem sequenziellen
Einsatz von Steroiden, Cyclophosphamid und Rituximab basiert. Die erfolgreiche Remission
ist prognostisch bestimmend.
Erworbenes von-Willebrand-Syndrom
Die Diagnosestellung eines erworbenen von-Willebrand-Jürgens-Syndroms (avWD) ist komplizierter
als die einer erworbenen Hämophilie. Die Pathogenese der Erkrankung und die Diversität
der beteiligten Mechanismen wurden in den vergangenen Jahren deutlich. Bei vielen
Patienten gibt es keinen immungenetischen Auslöser – im Gegensatz zur erworbenen Hämophilie,
bei der dieser eine zentrale Rolle spielt. Es besteht ein klarer Bedarf für verbesserte
diagnostische und differenzialtherapeutische Möglichkeiten für das avWD.
Aufgrund der eingeschränkten diagnostischen Möglichkeiten ist das avWD insgesamt unterdiagnostiziert.
Routinelaborergebnisse können normal oder sogar erhöht („verbessert“) sein. Autoantikörper
gibt es selten. Die zugrunde liegende Ätiologie des avWD ist sehr heterogen und die
jeweils zugrunde liegenden Erkrankungen benötigten eine spezielle Behandlung. Behandlungsziel
ist es, eine Balance zwischen Blutungs- und Thromboserisiko finden.
Pathogenese des erworbenen von-Willebrand-Jürgens-Syndroms (avWD)
gesteigerte Clearance des vWF:
gesteigerte Degradation des vWF:
erniedrigte Synthese/Freisetzung von vWF:
Diagnose
Die klinischen Zeichen der avWD zeigen eine Störung der primären Hämostase (Epistaxis
und andere Schleimhautblutungen, subkutane Einblutungen, Petechien, Sickerblutung
an Punktionsstellen). Die spezielle Labordiagnostik ist nicht einfach möglich, da
normale oder erhöhte vWF-Werte pathologische Befunde verschleiern. Eine Grundvoraussetzung
für Spezialtests der Thrombozytenfunktion (z. B. PFA), insbesondere eine fehlende
Entzündungsreaktionen, sind unter intensivmedizinischen Bedingungen nicht erfüllt.
Therapie
Bei der Vielfalt der zugrunde liegenden Ursachen ist die effektive Behandlung der
Grunderkrankung von wesentlicher Bedeutung. Zur Gerinnungs- und Hämotherapie verwendet
man Antifibrinolytika sowie eine Substitution von Erythrozyten, Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren
unter klinischer Beobachtung und laborchemischer Überwachung. Die Substitution von
vWF bleibt klinischen Studien vorbehalten, solange der vermehrte pathologische Abbau
nicht gleichzeitig behandelt werden kann. Im Einzelfall steht für eine gezielte Substitution
ein vWF-Monokonzentrat zur Verfügung.
Thrombotische Mikroangiopathien
Thrombotische Mikroangiopathien treten in Form des hämolytisch-urämischen-Syndroms
(HUS) oder der thrombotisch-thrombopenen Purpura (TTP) auf [42]. [Abb. 10] gibt einen Überblick über die Einteilung und Pathogenese. In der weiteren Darstellung
hier werden wir uns auf die erworbenen Formen des infektassoziierten HUS und der TTP
konzentrieren.
Abb. 10 Einteilung der thrombotischen Mikroangiopathien und ihre Pathogenese (ADAMTS-13:
vWF-spaltende Metalloproteinase; DEAP-HUS: „deficient for CFHR proteins and autoantibodies
positive for the complement inhibitor factor H“; EHEC: enterohämolytische Escherichia
coli).
Pathogenese, Klinik und Diagnose
Der wesentliche Pathomechanismus aller Formen des HUS ist eine überschießende Komplementaktivierung
durch den „alternative pathway“ aufgrund einer Inaktivität des wesentlichen Regulationsfaktors
H. Beim infektasozziierten HUS kommt der direkte zytotoxische Schaden durch die von
EHEC in die Blutbahn freigesetzten Shiga-Toxine hinzu. Das HUS führt häufig zu schweren
renalen Folgeschäden wie einer chronischen Niereninsuffizienz und der Entwicklung
einer chronischen Hypertonie.
Der Pathomechanismus der TTP betrifft den Stoffwechsel des vWF, der als große, multimere
Einheiten („ultra large vWF“, UL-vWF) in die Zirkulation abgegeben und dort von einer
Metalloproteinase (ADAMTS-13) gespalten wird. Bei einem Mangel an dieser Metalloproteinase
(bei der erworbenen TTP durch IgG-Autoantikörper) kumuliert UL-vWF. Gerade UL-vWF
haben ein hohes thrombogenes Potenzial. Neueste Erkenntnisse legen einen noch engeren
Zusammenhang zwischen HUS und TTP als bislang angenommen nahe, da vWF die Komplementantwort
modulieren kann. Allerdings kann der Nachweis von UL-vWF nicht als Diagnosekriterium
der TTP herangezogen werden, da UL-vWF gerade im akuten Schub in den Thromben gebunden
und daher im Blut nicht nachweisbar ist.
Bei beiden Formen der TMA kommt es zu disseminierten thrombotischen Verschlüssen der
Mikrostrombahn mit konsekutiver Ischämie und zusätzlicher erythrozytärer Hämolyse.
Bei der Klinik des HUS stehen typischerweise akute und im Verlauf chronische Nierenschäden
im Vordergrund, während bei der TTP neben den namensgebenden kutanen Einblutungen
zentralnervöse Symptome typisch sind.
Eine Gerinnungshemmung oder antithrombozytäre Therapie ist nach den vorliegenden Daten
nicht indiziert [43].
Therapie des hämolytisch-urämischen-Syndroms
Die Therapie des infektassoziierten HUS ist nur unzureichend evidenzbasiert. Wesentliche
Erkenntnisse stammen aus großen Ausbrüchen 2011 in Deutschland und 1996 in Japan.
Aufgrund der zentralen Stellung der deletären Komplementwirkung werden mehrere Strategien
zur Begrenzung der Komplementwirkung eingesetzt, insbesondere die Plasmapherese (mit
unzureichenden klinischen Ergebnissen), die Immun-Hämoabsorption sowie seit 2010 vor
allem der Einsatz von Eculizumab, einem Komplement-Inhibitor mit vergleichsweise guten
Ergebnissen.
Antibiose bei EHEC?
Eine interessante Kontroverse bezieht sich auf die Antibiotikatherapie bei Infektionen
mit EHEC, da die Gefahr besteht, dass hierdurch verstärkt Shiga-Toxin in den Blutstrom
freigesetzt wird. Daher sollte man vor allem während der Krankheitsphase mit Diarrhoe
möglichst rein unterstützend ohne Antibiotikaeinsatz behandeln. Organkomplikationen
können früh oder im weiteren Verlauf allerdings den Einsatz von Antibiotika unumgänglich
erscheinen lassen; hierzu besteht derzeit seitens der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie
die Empfehlung zum Einsatz von Azitromycin mit guten Ergebnissen einer Eradikation.
Bei der Epidemie 1996 wurde Fosfomycin erfolgreich eingesetzt. Allgemein gelten folgende
Antibiotika(-gruppen) als sicher hinsichtlich einer verstärkten Freisetzung von Shiga-Toxin:
Fosfomycin, Aminoglykoside, Carbapeneme, Cephalosporine.
Plasmapherese bei thrombotisch-thrombopener Purpura
Kern der Therapie der TTP ist der Ersatz von ADAMTS-13. Da diese Metalloproteinase
nicht als Konzentrat verfügbar ist, kann sie nur durch die Transfusion von Plasma
(FFP) zugeführt werden. Um eine ausreichende Aktivität zu erreichen, muss täglich
das gesamte Plasmavolumen ersetzt werden, sodass dies nur in Form einer unspezifischen
Plasmapherese geschehen kann. Daneben ist eine ggf. eskalierende immunsuppressive
Therapie erforderlich, um den gegen ADAMTS-13 gerichteten IgG-Antikörper zu supprimieren.
[Abb. 11] zeigt ein aktuelles Therapieschema.
Abb. 11 Therapie der erworbenen thrombotisch-thrombopenen Purpura [44].
-
Häufige Ursachen einer Gerinnungsstörung im klinischen Alltag sind die Antikoagulation
und die Thrombozytenhemmung. Ebenfalls nicht selten ist sie Folge einer Erkrankung,
u. a. Leber- und Nierenerkrankungen, hämatologische Erkrankungen oder ein Schock.
-
Die „Lethal Triade“ (Hypothermie, Azidose, Koagulopathie) führt zu einer Gerinnungsstörung,
die chirurgische Maßnahmen, eine hämostaseologische Substitution und eine kardiozirkulatorische
Stabilisierung erfordert.
-
Das Auftreten diffuser Blutungen ist das wichtigste Leitsymptom einer akuten Koagulopathie.
-
Quick und PTT sind schnell und überall verfügbare Globaltests der Gerinnung. Wegen
der unterschiedlichen Empfindlichkeit für direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) büßen
diese Globaltests eine breite diagnostische Aussagekraft aber zusehends ein.
-
Therapie der Wahl bei akuter, massiver Blutung ist neben Massivtransfusionen eine
frühzeitig Substitution von Fibrinogen und Thrombozyten.
-
Klinisch eindeutige Zeichen einer DIC bei Sepsis sind Hautnekrosen und digitale Nekrosen
an Händen und Füßen, seltener auch von Ohren, Nase und Mamillen. Der Kern der Therapie
einer septischen DIC ist die Antikoagulation mit Heparin (UFH oder NMH).
-
Vor allem Autoantikörper gegen die Faktoren des intrinsischen Systems – am häufigsten
Faktor VIII (Hemmkörper-Hämophilie), seltener auch gegen Faktor IX und XI – können
zu schweren Blutungskomplikationen führen. Diagnostik und Therapie dieser erworbenen
Blutungsneigung sind jedoch außerordentlich aufwendig.