Lernziele
Nach der Lektüre dieses Beitrages
kennen Sie die für den Dermatologen relevanten Charakteristika der Systemvaskulitiden
und ihre Überlappungen mit kutanen Symptomen.
kennen Sie die neuen Definitionen der ANCA-assoziierten Vaskulitiden.
kennen Sie klinisch relevante histopathologische Besonderheiten der verschiedenen
Systemvaskulitiden.
sind Sie auf Symptomkonstellationen sensibilisiert, die auf eine systemische Vaskulitis
mit der Möglichkeit eines schweren klinischen Verlaufes hinweisen können.
Einleitung
In Teil 1 dieser Weiterbildungsreihe wurden die kutanen Vaskulitiden in Abgrenzung
zu den Systemvaskulitiden thematisiert. Grundlage der aktuellen Einteilung der Vaskulitiden
ist die Nomenklatur der Chapel-Hill-Consensus-Conference (CHCC) 2012 [1 ]
[2 ]. Diese hat insbesondere bei den Systemvaskulitiden zu einer Vereinheitlichung der
Begrifflichkeiten geführt: weg von historisch begründeten Eponymen (Morbus Wegener,
Churg-Strauss-Syndrom, etc.) hin zu mehr histomorphologisch charakterisierten Bezeichnungen
[3 ]. Der Morbus Wegener, syn. Wegener-Granulomatose, wird nun als „Granulomatose mit
Polyangiitis“ (GPA) bezeichnet und das Churg-Strauss-Syndrom erhält die pathophysiologisch
korrekte Bezeichnung der sog. „eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis“ (EGPA)
[2 ]
[3 ].
Granulomatose mit Polyangiitis – früher Wegener-Granulomatose; Eosinophile Granulomatose
mit Polyangiitis – früher Churg-Strauss-Syndrom
Neben der CHCC 2012, welche für jede Vaskulitis-Entität auch Klassifikationskriterien
definiert [2 ] (Tab. 1 , siehe Teil 1,
Akt Dermatol 2016; 42: 287 ), existieren derzeit nur für die GPA und EGPA von der American-College-of-Rheumatology
(ACR) erarbeitete Klassifikationskriterien [4 ]
[5 ]. Gemeinsam ist diesen Erkrankungen die Vaskulitis kleiner bis mittelgroßer Gefäße,
wobei bei der GPA und EGPA noch eine granulomatöse Inflammation beobachtet wird und
die EGPA eine Eosinophilie aufweist [3 ].
Von einer systemischen Vaskulitis sollte grundsätzlich nur gesprochen werden, wenn auch viszerale Organe betroffen
sind. Allein das begleitende Auftreten einer systemischen Inflammation, wie z. B.
Fieber oder reaktive Arthralgien, rechtfertigt noch nicht die Diagnose einer Systemvaskulitis.
In Analogie zur CHCC 2012 werden die Vaskulitiden allgemein nach der Größe des betroffenen
Gefäßes und des betroffenen Organsystems sowie Assoziation mit anderen Systemerkrankungen
(Lupus erythematosus, Rheumatoide Arthritis oder Sarkoidose) subklassifiziert. Diese
Einteilung ist jedoch für den klinisch tätigen Dermatologen wenig hilfreich. Traditionell
hat sich die Unterscheidung in reine kutane Gefäßentzündungen und sog. Systemvaskulitiden
im dermatologischen Alltag bewährt.
Unter dem Begriff der Systemvaskulitiden werden diejenigen Entzündungen zusammengefasst, welche zum einen neben der Hautbeteiligung
auch eine Vielfalt an Organbeteiligungen aufweisen können, welche durch einen möglicherweise
lebensbedrohlichen Verlauf gekennzeichnet sind, als auch die Entzündungen an den großen
Gefäßen (Aorta, Organgefäßen). Sui generis ergeben sich hierdurch andere Anforderungen
an Diagnostik, Therapie und Therapiemonitoring dieser Patienten und die Notwendigkeit
eines engen interdisziplinären Managements dieser Erkrankungen zwischen den beteiligten
Fachrichtungen, insbesondere Dermatologie und Rheumatologie. Die derzeitige Diskussion
um Klassifikationskriterien, Diagnosekriterien und pathogenetische Konzepte der Systemvaskulitiden
muss den klinisch tätigen Dermatologen allerdings nicht im Detail interessieren.
Daher werden wir in diesem Artikel die dermatologisch relevanten Charakteristika der
sog. Systemvaskulitiden schwerpunktmäßig darstellen mit dem Ziel, die klinisch tätigen
Kollegen zu sensibilisieren, ab wann eine palpable Purpura über eine rein kutane –
harmlose – Form einer Vaskulitis hinausgeht und bei welchen Läsionen und Begleitkonstellationen
an eine Systemvaskulitis gedacht und der Patient an spezialisierte internistisch-rheumatologische
Zentren verwiesen werden muss. Die Rolle des Dermatologen ist in Bezug auf die Vaskulitiden die des „Weichenstellers“
und er ist für die Unterscheidung der rein kutanen Vaskulitiden von Vaskulitiden mit
potenziell lebensbedrohlichem Verlauf durch Multiorganbeteiligung verantwortlich.
Klinische Symptome und Befunde, die in Assoziation zu typischen Hautveränderungen
(palpable Purpura, Knoten, Ulzerationen, Livedo etc.) an eine Systemvaskulitis denken
lassen müssen, umfassen systemische Entzündungszeichen (Fieber, Abgeschlagenheit,
Gewichtsverlust), Krampfanfälle, Hämaturie, Proteinurie sowie Merkmale ischämischer
Organmanifestationen (schwere Myalgien, Claudicatio, Bauchschmerzen, Schlaganfälle).
Während die meisten Systemvaskulitiden als idiopathische Autoimmunerkrankungen angesehen
werden, werden zunehmend auch genetische Risikokonstellationen evident. Hierdurch
eröffnen sich gezielte therapeutische Ansätze. Bisher konnte für die Takayasu-Vaskulitis
im Rahmen von Kandidatengen-Analysen eine sehr starke Assoziation zu HLA-B52 und für
die Riesenzellarteriitiden mit HLA-DRB1 aufgezeigt werden. Weitere Polymorphismen
in HLA-Genen sind bekannt [6 ]. Auch für die Kleingefäßvaskulitiden und hier besonders die ANCA-positiven Vaskulitiden
(v. a. GPA, MPA und EGPA) existieren sowohl gemeinsame genetische Risikofaktoren als
auch einzeln definierende.
Die in der CHCC 2012 klassifizierte Großgefäßvaskulitis, die Takayasu-Vaskulitis , soll aufgrund ihres schwerpunktmäßigen Befalls der Aorta sowie deren Äste und Befall
der Pulmonalarterien hier nicht besprochen werden.
ANCA-assoziierte Vaskulitiden
ANCA-assoziierte Vaskulitiden
In der CHCC 2012 wurden die mikroskopische Polyangiitis (MPA), die Granulomatose mit
Polyangiitis (GPA; früher Wegener-Granulomatose) und die eosinophile Granulomatose
mit Polyangiitis (EGPA; früher Churg-Strauss-Syndrom) unter den an ti-neutrophilen c ytoplasmatischen A ntikörper- (ANCA)-assoziierten Vaskulitiden subsummiert. Typisch für diese Erkrankungen
ist der stadienhafte Verlauf , welcher durch eine Multiorganbeteiligung lebensbedrohlich sein kann. Ziel der Behandlung
dieser Patienten muss es daher sein, diese Erkrankungen zu erkennen und eine systematische
Diagnostik zur Erfassung von Organbeteiligungen einzuleiten, um den Schweregrad der
Erkrankung festlegen und eine optimierte Therapie einleiten zu können. Remissionsinduzierende
und anschließend remissionserhaltende Therapien sind in spezialisierten internistisch-rheumatologischen
Zentren durchzuführen und zu überwachen [3 ].
Bzgl. der Stadien der Erkrankungen teilt man in lokalisierte Phasen (früher: Initialphase), frühsystemische und generalisierte
Phasen ein. Die GPA weist in der lokalisierten Phase klassische Symptome wie blutige/borkige
Rhinitis und Sinusitis sowie pulmonale Rundherde auf, während bei der EGPA ein therapierefraktäres
Asthma, polypöse Sinusitis und auch eine periphere Eosinophilie in variablem Ausmaß
beobachtet werden [3 ]. Der Übergang von der lokalisierten in die generalisierte Phase ist möglich, wenngleich
er bei ca. 5 % der Patienten nicht zu beobachten ist. Diese Patienten verbleiben im
lokalisierten Stadium [3 ].
Das frühsystemische und das generalisierte Stadium sind gekennzeichnet durch Vaskulitismanifestationen
an diversen Organen, wobei diese bei der frühsystemischen Form nicht lebensbedrohend
sind, jedoch bei der generalisierten Form vital bedrohlich verlaufen [3 ]. Im generalisierten Stadium steht Organversagen im Vordergrund (besonders Nierenversagen)
und auch z. B. die beatmungspflichtige alveoläre Hämorrhagie. Während in den lokalisierten
Initialphasen der ANCA-assoziierten Vaskulitiden keine B-Symptome auftreten, werden
diese in frühsystemischen und generalisierten Stadien bei fast allen Patienten gesehen.
Daneben treten auch muskuloskelettale Symptome (Arthralgien, Arthritiden und Myalgien)
auf [3 ]. Im Vordergrund stehen Manifestationen im HNO-Bereich : blutig-borkige Rhinitis, Sinusitis, Paukenergüsse mit nachfolgender Reduktion des
Hörvermögens und auch subglottische und tracheobronchiale mukosale Entzündungen wie
auch orbitale Granulome. Internistisch-rheumatologisch werden v. a. alveoläre Hämorrhagien, pulmonale Granulome, Lungenfibrosen sowie nekrotisierende
Glomerulonephritiden beobachtet. In 20 – 60 % der Fälle (MPA > EGPA > GPA) treten
Hautveränderungen in Form einer Purpura und auch kutaner Ulzerationen auf [3 ]. Recht häufig (bis zu 75 %) wird die sensomotorische Polyneuropathie/Mononeuritis
multiplex gesehen [7 ]
[8 ]
[9 ].
Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener-Granulomatose) und die Dermatologie
Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener-Granulomatose) und die Dermatologie
Die Erkrankung äußert sich klinisch als Multisystemerkrankung und ist im Vollbild
klassischerweise durch eine Triade aus 1) Entzündung im oberen und/oder unteren Respirationstrakt
(Hals-Nasen-Ohren-Bereich, Nasennebenhöhlen, Lungen), 2) nekrotisierender Vaskulitis
vor allem in den Lungen und im oberen Respirationstrakt und 3) Befall der Nieren,
meist in Form einer Glomerulonephritis, gekennzeichnet.
Die Wegener-Granulomatose wurde 1936 durch den Lübecker Pathologen Friedrich Wegener
beschrieben [10 ]. Die häufigste makroskopisch fassbare Hautveränderung ist die palpable Purpura (v. a.
an der oberen Extremität), histopathologisch meist korrespondierend zu einer leukozytoklastischen
Vaskulitis. Weiterhin kann der Hautbefall als Knoten, (Pyoderma-gangraenosum-ähnliche)
Ulzeration oder im Verlauf ulzerierende erythematöse Läsionen auftreten ([Abb. 1 a ]) [11 ]. Spezifische Hautveränderungen existieren nicht, Berichte über nekrotisierende Läsionen
an der Haut existieren aber ([Abb. 1 b ]) [12 ]
[13 ]. Die GPA tritt überwiegend in der 4. – 5. Lebensdekade auf, wobei die Inzidenzen
sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen steigen [11 ]. Interessanterweise stehen bei jungen Patienten akneiforme Hautveränderungen und
follikuläre Papeln im Vordergrund [11 ].
Abb. 1 a Ulzerierender Knoten am Arm eines Patienten mit GPA (Morbus Wegener). b Teils erythematöse, teils ulzerierende Läsionen an den Extremitäten. Gluteal urtikarielle
Hautveränderungen im Rahmen eines GPA (Morbus Wegener).
Klinische Differenzialdiagnosen
Papeln, die v. a. an den unteren Extremitäten auftreten, können mit einer persistierenden
Arthropodenstichreaktion verwechselt werden. Die Papeln können auch an ein Granuloma
anulare denken lassen. Subkutane Knoten können ein subkutanes Granuloma anulare oder
auch ein Lipom imitieren. Der histopatholgische Nachweis einer Vaskulitis sollte differenzialdiagnostisch
immer auch an das Vorliegen einer Granulomatose mit Polyangiitis denken lassen.
Histologie
Die histopathologischen Veränderungen der GPA sind meist wenig spezifisch. Bei ca.
¼ der kutanen Manifestationen sind v. a. eine leukozytoklastische Vaskulitis, palisadenbildende
Granulome oder eine granulomatöse Vaskulitis als indikative histopathologische Veränderungen
nachzuweisen. Das histomorphologische wie auch das klinische Bild können jedoch von
Fall zu Fall stark variieren.
Die histopathologischen kutanen Veränderungen bei der GPA sind in mehr als der Hälfte
der Fälle unspezifisch. In den übrigen Fällen ist häufig eine Polyangiitis der kleinen
bis mittelgroßen Blutgefäße, v. a. unter dem Bild einer leukozytoklastischen Vaskulitis
und nekrotisierenden granulomatösen Entzündung nachweisbar. Die leukozytoklastische Vaskulitis betrifft i. d. R. die obere Dermis und kann bis in die Subkutis reichen. Häufig sind
sowohl kleine Arterien als auch Venen betroffen sowie auch die Kapillaren der oberflächlichen
Dermis, wobei Mikrothromben und fibrinoide Gefäßwandnekrosen zu sehen sind. Erythrozytenextravasate
oder auch ausgedehntere Hämorrhagien in der Umgebung der betroffenen Blutgefäße sind
häufig nachzuweisen. Das entzündliche Infiltrat ist vorwiegend akut, mit degranulierenden
Neutrophilen, seltener auch chronisch [14 ]
[15 ]. Eine weitere typische Manifestationsform der kutanen GPA ist die interstitiell granulomatöse Dermatitis . In diesen Läsionen sind Histiozyten, Lymphozyten und mehrkernige Riesenzellen enthalten,
bisweilen auch Plasmazellen und Eosinophile. Kleinherdige mehr oder weniger umschriebene
Nekrosen, mitunter auch mit basophilem, fibrillären Debris mit palisadenartigem Saum
aus Histiozyten können ebenfalls auftreten [14 ]
[15 ].
In der indirekten Immunfluoreszenz ist häufig eine diffuse zytoplasmatische Markierung
des c- ANCA detektierbar. In der direkten Immunfluoreszenz können IgG-Ablagerungen, seltener
auch IgM oder IgA, in den Gefäßwänden subepidermaler Blutgefäße und teilweise auch
an der Junktionszone nachgewiesen werden [16 ].
Histologische Differenzialdiagnose
Die interstitiell granulomatöse Dermatitis ist keinesfalls spezifisch und kann in
identischer Form auch im Rahmen anderer Systemerkrankungen beobachtet werden (z. B.
rheumatoide Arthritis oder Lupus erythematosus). Differenzialdiagnostisch sind insbesondere
auch anderweitige granulomatöse Entzündungen der Haut zu erwägen:
Tuberkuloide Granulome zeigen zentral verkäsende Nekrosen auf, außerdem Epitheloidzellen und mehrkernige
Riesenzellen vom Langhans-Typ. Degranulierende neutrophile Granulozyten sind für diese
Granulome nicht typisch.
Sarkoidosegranulome sind im Wesentlichen aus Epitheloidzellen aufgebaut, weisen jedoch keine verkäsenden
Nekrosen auf.
Granuloma anulare : Eine assoziierte leukozytoklastische Vaskulitis ist eher untypisch, palisadenbildende
Histiozyten sind um prominentes Muzin angeordnet.
Retikulär abszedierende Entzündungen; Lymphadenitiden (z. B. Katzenkratzkrankheit): Histiozyten und Plasmazellen umsäumen zentrale Abszesse.
Histopathologische Merkmale der kutanen Granulomatose mit Polyangiitis
Leukozytoklastische Vaskulitis und/oder
Interstitiell granulomatöse Dermatitis: histiozytär gesäumte Palisadengranulome in
der tiefen Dermis, zentral mit fibrillärem Debris oder
Wegener-Granulom: histiozytär gesäumte Palisadengranulome mit landkartenartig konfluierenden
Nekrosen
Vorkommen von zahlreichen neutrophilen Granulozyten
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom) und die Dermatologie
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom) und die Dermatologie
Diese Erkrankung wurde primär im Jahre 1951 durch die Pathologen Jacob Churg und Lotte
Strauss des Mount Sinai Hospitals in New York beschrieben [17 ]. Bereits 1951 beschrieben die gleichen Autoren die histologischen Charakteristika
der kutanen Läsionen im Rahmen der EGPA [18 ]. Hautveränderungen treten in der vaskulitischen Phase der Erkrankung auf, wobei
eine palpable Purpura und Knoten v. a. am Skalp und den Extremitäten beobachtet werden.
Weitere Hautveränderungen sind makulopapulöse erythematöse Exantheme (teils EEM-artig),
Livedo racemosa, Vesikel, aseptische Pusteln, Petechien, Ekchymosen und urtikarielle
Läsionen ([Abb. 2 a – b ]). Papulonoduläre Läsionen können im Verlauf eine nekrotisierende und ulzerierende
Entwicklung nehmen [7 ]. Selten werden im Rahmen einer EGPA auch bullöse Läsionen beobachtet, ätiopathogenetisch
werden hier Depositionen von eosinophilen zytotoxischen Proteinen in der papillären
Dermis diskutiert [19 ]. Ratzinger et al. konnten 2013 und 2014 am Beispiel von 3 Patienten sowie an Biopsien
und klinischem Verlauf weiterer 17 Patienten eine Diskussion initiieren, ob die EGPA
und das Wells-Syndrom pathogenetisch im Sinne zweier Enden eines morphologischen Spektrums zusammengehören
[20 ]
[21 ]. Beide Erkrankungen überlappen in ihren definierenden Kriterien (erhöhtes Gesamt-IgE
im Serum, Eosinophilie im Blut, erhöhtes eosinophiles kationisches Protein, Gewebseosinophilie
und Granulombildung in späten Stadien). Sunderkötter und Kollegen bezeichnen gar die
EGPA als „ehemals Wells-Syndrom“ [22 ]. Inwieweit sich diese Etymologie in den dermatologischen Fachkreisen durchsetzt,
bleibt abzuwarten. Einzig die eosinophile Vaskulitis wurde bislang als distinktes
morphologisches Kriterium der EGPA definiert. Nun konnten o. g. Autoren auch in den
17 Biopsien von Patienten mit Wells-Syndrom morphologische Kriterien einer eosinophilen
leukozytoklastischen Vaskulitis zeigen, sodass in der Tat beide Erkrankungen miteinander
in Verbindung stehen. Klinisch relevant ist die Conclusio der Autoren, dass Patienten
mit Wells-Syndrom überwacht werden sollen hinsichtlich der Entwicklung eines Churg-Strauss-Syndroms
[20 ]
[21 ].
Abb. 2 a Klinisches Bild einer Patientin mit EGPA (Churg-Strauss-Syndrom) mit retikulär konfigurierten
urtikariellen Läsionen am gesamten Körper. b Gleiche Patientin aus [Abb. 2 a ]; Detailaufnahme. c EGPA (Churg-Strauss-Syndrom). HE-Färbung. Man beachte die eosinophilenreichen Infiltrate
subepidermal in der Umgebung eines kleinen Gefäßes des oberen Gefäßplexus. d EGPA (Churg-Strauss-Syndrom). HE-Färbung. 10 × Vergrößerung. Dichte perivaskuläre
Infiltrate aus reichlich Lymphozyten und Histiozyten sowie auffallend vielen eosinophilen
Granulozyten. Deutlich verdickte Endothelien. e EGPA (Churg-Strauss-Syndrom). HE-Färbung. 40 × Vergrößerung. Churg-Strauss-Granulom
mit histiozytär gesäumtem Palisadengranulom und reichlich Eosinophilen sowie sog.
flame figures.
Patienten mit Wells-Syndrom müssen hinsichtlich des Übergangs in eine EGPA überwacht
werden.
Insbesondere das Auftreten asthmatischer Beschwerden im Erwachsenenalter in Kombination
mit einer Eosinophilie und einer systemischen Vaskulitis sollten den Verdacht auf
das Vorliegen einer eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis lenken.
Die Initialphase mit asthmatischen Beschwerden und anderen Atopie-typischen Beschwerden
können den Organmanifestationen und dem vaskulitischen Stadium lange Jahre vorausgehen. Hautmanifestationen, die bei ca. 30 % der Patienten auftreten, äußern sich als palpable
Purpura, Petechien, Ekchymosen und/oder hämorrhagische Bullae. Papeln und Knötchen
sind häufig im Schädelbereich lokalisiert oder sind symmetrisch über die Extremitäten
verteilt.
Histologie
Bei ca. ⅔ der Patienten mit EGPA treten kutane Läsionen auf. Somit kann die Biopsie
läsionaler Haut zur initialen und frühen Diagnosesicherung dienen [23 ]. Wie bei der Granulomatose mit Polyangiitis (M. Wegener) treten auch bei der EGPA
vaskulitische und extravaskuläre granulomatöse Veränderungen auf, wobei vaskulitische
Veränderungen vergleichsweise seltener zu finden sind. Die Vaskulitis manifestiert
sich v. a. an den kleinen Blutgefäßen und ist reich an Eosinophilen. Es sind dabei
Blutgefäße der oberflächlichen bis mittleren dermalen Abschnitte betroffen. Daneben
findet sich eine Gewebseosinophilie der Dermis ([Abb. 2 c – d ]). Die extravaskuläre Entzündung imponiert als extravaskuläre granulomatöse Dermatitis
mit reichlich Eosinophilen und landkartenartigen Nekrosen aus kollagenhaltigem Debris,
gesäumt von Histiozyten (Churg-Strauss-Granulom, [Abb. 2 e ]) [24 ]. Unter Kortisontherapie bzw. in Remission ist die Eosinophilie mitunter nicht mehr
nachweisbar. Ausgeheilte vaskulitische Narben mit scharf demarkiertem Verlust der
Lamina elastica in Verbindung mit Narbengewebe können in diesen Fällen als einziges
Indiz einer abgeheilten Vaskulitis gedeutet werden. Im Serum der Patienten mit EGPA
können p -ANCA nachweisbar sein. In der indirekten Immunfluoreszenz lassen sich in ca. 40 %
der Fälle p - oder c -ANCA detektieren. In der direkten Immunfluoreszenz sind i. d. R. keine Immunglobulin-
oder Komplement-Ablagerungen nachweisbar [25 ].
Histologische Differenzialdiagnose
Wells-Syndrom (eosinophile Zellulitis): Akute Läsionen weisen histologisch eine Infiltration der
Dermis mit Eosinophilen auf, denaturierte Kollagenfasern werden von eosinophilen Granulozyten
gesäumt und bilden sog. „Flammenfiguren“. Eine Demarkation durch Histiozyten wie bei
der EGPA fehlt jedoch i. d. R. Eine Vaskulitis gehört nicht zum klinisch-morphologischen
Spektrum des Wells-Syndroms.
Histopathologische Merkmale der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis
Eosinophilenreiche leukozytoklastische Vaskulitis der kleinen bis mittelgroßen Arterien/Venen
in Dermis und Subkutis und/oder
Gewebseosinophilie der Dermis und/oder
Churg-Strauss-Granulome: histiozytär gesäumte Palisadengranulome mit landkartenartigen
Nekrosen mit reichlich Eosinophilen und/oder
Extravaskuläre Granulome: zentral basophile Nekrosen mit Kernstaub und Neutrophilen
gesäumt von Histiozyten
Mikroskopische Polyangiitis und die Dermatologie
Mikroskopische Polyangiitis und die Dermatologie
Die Klassifikation der mikroskopischen Polyarteriitis (MPA) ist unübersichtlich. Bereits
in Teil 1 dieser Serie beschrieben, wird sie der systemischen Polyarteriitis nodosa
zugeordnet. In früheren Jahren wurde diese Erkrankung auch der Wegener-Granulomatose
zugeordnet, wobei hier jedoch keine Granulome beobachtet wurden.
Die MPA in ihrer heute anerkannten Form wurde 1985 durch Caroline Savage erstbeschrieben
[26 ]. Nach der CHCC 2012 handelt es sich um eine nekrotisierende Vaskulitis mit wenig
bzw. keinen Immunglobulinablagerungen (sog. pauci-immune Vaskulitis), welche überwiegend
kleine Gefäße (Kapillaren, Arteriolen und Venulen) befällt [2 ]. Recht häufig werden eine nekrotisierende Glomerulonephritis und die pulmonale Kapillaritis
beobachtet [27 ]. Kutane Läsionen treten in ca. 30 – 60 % der Fälle auf und sind in bis zu 30 % das
erste Symptom dieser Multisystemerkrankung [28 ]. Das häufigste klinische Symptom der MPA ist die palpable Purpura, gefolgt von einer
Livedozeichnung sowie Nodi [29 ]. Ähnlich der GPA werden die Hautsymptome auch bei der MPA oft von Arthralgien und
Myalgien begleitet [29 ]
[30 ]. Die klinischen und histologischen Merkmale entsprechen denen der Polyarteriitis
nodosa, welche im 1. Teil dieser Serie ausführlich beschrieben wurden.
Von eminenter Bedeutung ist die diagnostische Abgrenzung der kutanen Polyarteriitis
nodosa von der MPA, welche als Multiorganerkrankung einen erheblich schwereren Verlauf
nehmen kann und einer differenzierten Therapie bedarf.
Die palpable Purpura tritt sowohl bei der GPA, EGPA als auch der MPA auf. Auf Basis
der klinischen Präsentation ist keine Differenzierung der ANCA-assoziierten Vaskulitiden
möglich. Dies bedarf zwingend der vollständigen Organdiagnostik.
Stellenwert serologischer Parameter bei den systemischen Vaskulitiden
Stellenwert serologischer Parameter bei den systemischen Vaskulitiden
In der Rheumatologie und auch der Dermatologie existieren eine Reihe immunologischer
Parameter, welche zur Diagnostik und Verlaufskontrolle der Krankheitsaktivität rheumatologischer
Erkrankungen (Vaskulitiden, Kollagenosen und anderer autoimmuner Multisystemerkrankungen)
verwendet werden [31 ]. Diese sind jedoch keineswegs für einzelne Krankheiten spezifisch, sondern werden
u. a. auch bei chronischen Lebererkrankungen, Infektionserkrankungen und auch chronisch-entzündlichen
Darmerkrankungen beobachtet [31 ]
[32 ].
Das Akronym ANCA steht für antineutrophile zytoplasmatische Antikörper. Hierunter
wird eine Reihe von Autoantikörpern zusammengefasst, die gegen Zellbestandteile von
neutrophilen Granulozyten und Monozyten gerichtet sind [31 ]. Es werden die sog. c- und p- ANCA unterschieden: Erstere weisen eine diffuse grobgranuläre zytoplasmatische Fluoreszenz
auf ethanolfixierten Granulozyten auf, welche zwischen der Kernlappung der neutrophilen
Granulozyten zu sehen ist. p- ANCA hingegen zeigen ein perinukleäres und auch nukleäres Immunfluoreszenzmuster.
Dieses charakteristische Fluoreszenzmuster kann technisch bedingt nur an alkoholfixierten
Granulozyten gesehen werden, während eine Formaldehydfixierung eine Differenzierung
im Fluoreszenzmuster unmöglich macht [31 ]. Im sog. ANCA-Screening werden klassischerweise als sog. Goldstandard Immunfluoreszenztechniken
angewendet. Die Auswertung der Proben erfordert ein hohes Maß an Erfahrung und sollte
daher spezialisierten Laboren vorbehalten sein. Eine weiterführende Differenzierung
von ANCAs in weitere Subklassen erfolgt mittels direktem ELISA [31 ].
Für die GPA (Wegener-Granulomatose) ist das Auftreten anti-neutrophiler cytoplasmatischer Antikörper (c- ANCA) mit dem Zielantigen Proteinase 3 aus neutrophilen Granulozyten im Serum pathognomonisch
(daher die genaue Bezeichnung PR3- ANCA). Bei typischen Verläufen korreliert der Antikörpertiter mit der Krankheitsaktivität.
Dieser sinkt in der Remission oder unter erfolgreicher Therapie ab und steigt bei
Exazerbationen wieder an [33 ]. Andererseits können die Antikörper bei atypischen monosymptomatischen oder protrahierten
Krankheitsverläufen auch fehlen [15 ]
[16 ]. Der ANCA-Titerverlauf alleine sollte keinesfalls Anlass zur Änderung eines Therapieregimes
geben, da dieser keinen ausreichenden prädiktiven Wert für ein Rezidiv besitzt [34 ].
Im Serum der Patienten mit EGPA (Churg-Strauss-Syndrom) können p- ANCA nachweisbar sein. In der indirekten Immunfluoreszenz lassen sich in ca. 40 %
der Fälle p- oder c- ANCA detektieren [25 ]. Bei der mikroskopischen Polyangiitis können in bis zu 60 % der Patienten p- ANCA mit anti-Myeloperoxidaseaktivität (MPO- ANCA) gefunden werden. Diese treten ebenso bei der EGPA (50 %), der GPA (24 %) sowie
dem medikamenteninduzierten Lupus erythematosus (50 %) auf. p- ANCA mit anti-Myeloperoxidaseaktivität (MPO- ANCA)-Aktivität werden hingegen nicht beim Kawasaki-Syndrom, der Takayasu-Arteriitis
oder der Purpura Schönlein-Henoch detektiert. Ebenso sind die Riesenzellarteriitiden
negativ für MPO -ANCA [33 ]. Neben der genannten wichtigsten Antikörpergruppe, den ANCA, sind weitere Autoantikörper
beschrieben worden: ADAMTS 13-Antikörper bei der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura sowie die Innenohrantikörper (gegen DEO-1/CD148 -Antigen gerichtet), welche beim Cogan-Syndrom relevant sind [33 ]. Bislang wurden keine Autoantikörper für den Morbus Behçet identifiziert; Aortaantikörper
und Endothelzellantikörper sind derzeit von unbekannter diagnostisch-klinischer Relevanz
bei der Takayasu-Aortitis oder dem Morbus Kawasaki [33 ].
Von einer unkritischen Bestimmung der c- und p- ANCAs wird abgeraten; sie eignen sich nicht als Screeninguntersuchungen zum Nachweis der systemischen Vaskulitiden: Der prädiktive
Wert eines positiven indirekten ANCA-Immunfluoreszenztests ist < 5 %. Erst bei begründetem klinischen Verdacht
mit entsprechenden klinischen Befunden steigt der prädiktive Wert auf > 90 % an [33 ].
Unkritische Screeninguntersuchungen auf p- oder c- ANCAs sollten vermieden werden.
Falsch-positive Werte treten auf bei Patienten mit anderen chronisch-entzündlichen
Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis (60 – 75 %), Colitis ulcerosa (60 – 80 %),
Autoimmunhepatitiden, Morbus Crohn und anderen.
Kawasaki-Syndrom
Das Kawasaki-Syndrom wird in der CHCC 2012 neben der Polyarteriitis nodosa in die
Vaskulitiden mittelgroßer Gefäße eingeordnet und beschreibt eine generalisierte Vaskulitis
unklarer Ursache, welche eine große Ähnlichkeit zu Infektionserkrankungen (z. B. Scharlach
oder Mumps) aufweist [2 ]. Assoziiert treten zervikale Lymphknotenschwellungen, bilaterale nicht-putride Konjunktivitiden
und Hautbefunde auf. Primäres Zielorgan der Erkrankung sind die Koronararterien (koronare
Vaskulitis in 15 – 25 % der Fälle). Hin und wieder werden auch periphere Ischämien
durch Entzündung mittelgroßer Gefäße der Extremitäten beobachtet [35 ].
Die Erkrankung weist einen Häufigkeitsgipfel im Kindes- und Jugendalter auf. Leitsymptome
umfassen ein hohes antibiotikaresistentes Fieber unklarer Genese über mindestens 5
Tage und 4 der 5 folgenden Kriterien [36 ]:
Bilaterale konjunktivale Injektion
Schleimhautveränderungen im Oropharynx, Lacklippen, trockene, rissige Lippen, Erdbeerzunge
Veränderungen an peripheren Extremitäten (Ödeme, palmoplantare Erytheme, Desquamation
an den Fingerkuppen beginnend)
Stammbetontes Exanthem, polymorph, nicht vesikulär
Zervikale Lymphadenopathie
Meist werden die erkrankten Kinder durch den Kinderarzt behandelt, der Dermatologe
wird meist wegen eines eventuell begleitend auftretenden Exanthems oder anderer o. g.
Hautveränderungen konsultiert.
Die Kombination aus hohem antibiotikaresistentem Fieber und unspezifischen Hautveränderungen
muss an das Kawasaki-Syndrom denken lassen und bedarf einer stationären Einweisung.
Riesenzellarteriitis/Granulomatöse Vaskulitis – Arteriitis temporalis
Riesenzellarteriitis/Granulomatöse Vaskulitis – Arteriitis temporalis
Definition und klinisches Bild
Die Arteriitis temporalis ist eine granulomatöse Vaskulitis, welche die mittleren
und großen Arterien, aber auch die posterioren Ziliararterien betrifft. Synonym werden
die Begriffe Riesenzellarteriitis und Bing-Horton-Erkrankung verwendet. Sie ist die
häufigste Form einer systemischen Vaskulitis bei über 50-Jährigen. Frauen sind weit
häufiger betroffen als Männer und es existiert ein deutliches Nord-Süd-Gefälle mit
häufigerer Erkrankungswahrscheinlichkeit in nördlichen Ländern. Bevorzugt sind die
A. temporalis, A. ophthalmica, A. facialis, A. occipitalis, A. lingualis und die A.
maxillaris betroffen. Die klinische Symptomatik hängt vom befallenen Gefäß ab. Typische
Symptome sind neu auftretende Kopfschmerzen, proximale Myalgien im Schulterbereich
und/oder Hyperästhesie der Kopfhaut bei Befall der A. temporalis. Typisch sind eine
deutliche Druckschmerzhaftigkeit über der Arteria temporalis, herabgesetzte und seitendifferente
Pulsation sowie knötchenförmige, fokale Verdickungen und Indurationen der Arterie
und nachfolgende Ulzerationen im temporoparietalen Bereich ([Abb. 3 a ]) [37 ]
[38 ]
[39 ].
Abb. 3 a Arteriitis temporalis mit konfluierenden Ulzerationen am Capillitium und in der Temporalregion
bei einem 82-jährigen Patienten. b Intraoperativer Situs bei Temporalarterienbiopsie. Man beachte die weißliche Verdickung
der A. temporalis sowie das anteilig erfasste große Ulkus mit festhaftender Nekroseplatte
rechts temporoparietal. c Arteriitis temporalis. HE-Färbung. Transmurale Entzündung mit Ansammlung von Histiozyten
und Riesenzellen.
Eine Claudicatio masticatoria wird bei Befall der A. facialis, Hinterkopf- und Nackenschmerzen
bei Befall der A. occipitalis gesehen. Eine Amaurosis wird bei Befall der A. centralis
retinae beobachtet. Bei Verschluss der posterioren Ziliararterien wird die sog. anteriore
ischämische Optikusneuropathie wahrgenommen. Begleitend sind Allgemeinsymptome in
Form einer B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust) und gelegentlich
eine Depression. Die Symptome können akut oder schleichend auftreten. Eine drastisch
erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit ist typisch.
Goldstandard in der Diagnose der Arteriitis temporalis ist die Temporalarterienbiopsie.
Goldstandard in der Diagnose der Arteriitis temporalis ist die Temporalarterienbiopsie
([Abb. 3 b ]). Ein positives Biopsieergebnis ist beweisend für die Diagnose einer Riesenzellarteriitis,
während ein negatives kein Ausschlusskriterium darstellt. In ca. 5 – 13 % aller Fälle
sind in der Temporalarterienbiopsie keine pathologischen Veränderungen zu finden.
Dies liegt an einer häufig zu kurzen Länge der entnommenen Arterienbiopsie, da in
ca. 8 % der Fälle sog. „skip lesions“ bestehen. Dies sind Bereiche der Arteria temporalis,
welche eine normale Gefäßwand aufweisen ohne die typischen feingeweblichen Charakteristika
der Riesenzellarteriitis. Gelegentlich ist auch das Intervall zwischen Biopsie und
Therapiebeginn zu lang und feingewebliche Befunde werden durch eine erfolgreiche Therapie
verschleiert [37 ]
[38 ]
[39 ].
Klinische Differenzialdiagnosen
Die Diagnose einer Arteriitis temporalis ist bei charakteristischer klinischer Befundlage
und typischer Laborkonstellation klar. Abhängig von anderen betroffenen Gefäßen kommt
eine Vielzahl von neurologischen und orthopädischen Krankheitsbildern differenzialdiagnostisch
in Betracht.
Wichtig ist die Abgrenzung zur Polymyalgia rheumatica, bei der Morgensteifigkeit,
Schmerzen im Schultergürtel und BSG-Erhöhung klinisch führend sind. Weitere Formen
systemischer Vaskulitiden (rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes,
Granulomatose mit Polyangiitis [M. Wegener] und die Takayasu-Arteriitis) können überlappende
Symptome aufweisen. Das Takayasu-Syndrom ist überwiegend eine Erkrankung junger Frauen
und manifestiert sich an Arterien des Aortenbogens mit entsprechender Symptomatik
[37 ]
[38 ]
[39 ].
Histologie
Betroffen sind subkutane Arterien, welche zu Beginn der Erkrankung eine ödematöse
Auflockerung der Gefäßwand und Lumeneinengung durch prominente Endothelzellen aufweisen.
Initial können auch transmurale Infiltrate durch neutrophile Granulozyten mit Kernstaub,
Lymphozyten und Histiozyten beobachtet werden.
Später überwiegt dann eine transmurale Inflammation mit Aggregation von Histiozyten,
Riesenzellen im Bereich der Membrana elastica interna ([Abb. 3 c ]). Eine Elastophagozytose kann innerhalb der Riesenzellen als Folge der Destruktion
der Membrana elastica interna gesehen werden. In ausgebrannten Läsionen dominiert
dann wieder eine subendotheliale Lumeneinengung durch Fibrosierungen, Verlust der
Membrana elastica interna, gelegentlich Verkalkungsareale und diskretes lymphohistiozytäres
Infiltrat mit residualen Riesenzellen. Bei der histopathologischen Aufarbeitung zu
beachten sind pathologisch alterierte Gefäßabschnitte mit dazwischen liegenden Arealen
ohne pathologische Befunde, sog. „skip lesions“, was die Notwendigkeit von Stufenschnitten
nahelegt.
Histopathologische Merkmale der Arteriitis temporalis
Riesenzellvaskulitis subkutaner Arterien
Variable Entzündungsinfiltration mit Beteiligung neutrophiler Granulozyten, gelegentlich
Kernstaub und Histiozyten
Im Vollstadium bizarre Riesenzellen im Bereich der Membrana elastica interna mit Elastophagozytose
Arteriitis temporalis – Rolle des Varizella-Zoster-Virus (VZV)
Bereits in Teil 1 dieser Fortbildungsreihe wurde die Varizella-Zoster-Virus-assoziierte
Vaskulopathie großer Gefäße im Rahmen der infektiösen Vaskulitiden/Vaskulopathien
genannt. VZV gehört zu den neurotropen α-Herpesviren, welche zunächst Erreger der
Windpocken als Primärinfektion sind, in Ganglien der gesamten neuronalen Achse zeitlebens
persistieren und durch Virus-Reaktivierung zum Herpes Zoster führen. Diese Erkrankung
und auch die häufigste Komplikation des Herpes Zoster, die postherpetische/postzosterische
Neuralgie, sind den Dermatologen sehr gut geläufig. Weitere, seltener auftretende
Komplikationen der VZV-Reaktivierung umfassen jedoch neben Meningoenzephalitiden und
Myelitiden auch die VZV-Vaskulopathie. Diese resultiert aus einer direkten reproduktiven
Infektion der Endothelien von Zerebralarterien aber auch extrakraniellen Gefäßen,
wie der A. temporalis externa, Aae. ophthalmicae und retinaler Arterien [40 ]
[41 ]
[42 ]
[43 ]. Neurologische Symptome wie die transiente ischämische Attacke (TIA) und andere
sind die Folge [44 ].
VZV-DNA sowie VZV-Antigene konnten mittels Immunhistochemie und Polymerasekettenreaktion
sowohl auf Protein- als auch auf DNA-Ebene in der Adventitia, Media und Intima der
erkrankten Arteria temporalis externa nachgewiesen werden; ein Befund, der auch bei
der VZV-Vaskulopathie intrazerebraler Gefäße mit fatalem Ausgang beobachtet wurde
[43 ]
[45 ].
Wenngleich zwischenzeitlich Zweifel an der Spezifität der immunhistochemischen VZV-Detektion
laut wurden, welche wahrscheinlich auf einer gewissen Kreuzreaktivität der verwendeten
Antikörper beruht [46 ], so sollte doch der klinisch tätige Dermatologe den möglichen kausalen Zusammenhang
zwischen einer manifesten Arteriitis temporalis und einer VZV-Reaktivierung kennen,
um ggf. im interdisziplinären Kontext auch kausal behandeln zu können. Aufgrund der
Immunpathologie der VZV-Vaskulopathie scheint eine Kombinationstherapie aus antiviralen
Therapeutika und Glukokortikosteroiden sinnvoll zu sein [43 ]
[45 ]
[47 ].
Varizella-Zoster-Virus wurde in einer Vielzahl von Fällen einer Arteriitis temporalis
nachgewiesen und scheint im Sinne einer infektiösen Vaskulopathie kausal eine große
Rolle zu spielen. Dies sollte im klinischen Alltag (differenzial-)diagnostisch und
therapeutisch implementiert werden.
Sneddon-Syndrom
Definition und klinisches Bild
Das Sneddon-Syndrom ist eine seltene neurokutane Erkrankung unklarer Ätiologie, die durch das enigmatische Auftreten einer generalisierten
Livedo racemosa in Kombination mit zerebrovaskulären Ereignissen gekennzeichnet ist
([Abb. 4 ]). Die Prävalenz von anti-Phospholipid-Antikörpern oder von Lupus-Antikoagulans bei
Sneddon-Syndrom geben Hinweise auf mögliche Assoziationen zum Antiphospholipidsyndrom
und Lupus erythematodes. Die kutanen Veränderungen gehen den zerebrovaskulären Ereignissen
i. d. R. um einige Jahre voraus. Nicht selten bestehen außerdem weitere, meist milde
Organbeteiligungen, die sich als Aortenvitien, chronische Pyelonephritiden, arterielle
Verschlusskrankheit oder Raynaud-Syndrom äußern. Der histologische Nachweis von Verschlüssen
von Arteriolen an der Dermis-Subkutis-Grenze durch eine Intimaproliferation in Hautbiopsien
in Kombination mit neurologischen Symptomen ist diagnostisch wegweisend. Auch die
neurologischen Ereignisse basieren i. d. R. auf einer zerebralen Mikroangiopathie.
Abb. 4 Sneddon-Syndrom mit generalisierter Livedo racemosa, hier ausschnittsweise am Arm
eines Patienten mit zerebralen Symptomen.
Die kutanen Veränderungen des Sneddon-Syndroms gehen den zerebrovaskulären Ereignissen
i. d. R. um einige Jahre voraus.
Die Erkrankung tritt bevorzugt bei jüngeren Patienten (3. bis 4. Lebensjahrzehnt)
auf. Frauen sind etwa doppelt so häufig wie Männer betroffen [48 ]. Die Erkrankung beginnt mit einer generalisierten Livedo racemosa, mit den Prädilektionsstellen
Beine, Oberarme, Gesäß und Rücken. Die im Verlauf auftretenden neurologischen Komplikationen
sind meist als Hirninfarkte oder reversible Ischämiesyndrome ausgeprägt, seltener
als Krampfanfälle oder Migräne. Die Krankheit schreitet chronisch fort mit episodenhafter
Verschlechterung bis hin zur Multiinfarktdemenz [48 ]
[49 ]
[50 ].
Klinische Differenzialdiagnosen
Im Gegensatz zur generalisierten Livedo racemosa stellt sich die Livedo reticularis als netzförmige und marmorierte Hautzeichnung dar (Cutis marmorata). Diese tritt
vor allem bei jungen Frauen, hauptsächlich an den Oberschenkelinnenseiten, auf und
ist bei Erhöhung der Außentemperatur reversibel. Die Cutis marmorata ist Ausdruck einer vasomotorischen Dysfunktion und weist keine strukturellen mikroangiopathischen
Veränderungen auf [49 ]
[50 ].
Histologie
Typischerweise sind die kleinen Arterien an der Dermis-Subkutis-Grenze betroffen sowie
die Gefäße in den oberen Abschnitten der Fettgewebssepten (Arkadengefäße). Im Frühstadium
sind die Blutgefäße durch eine Proliferation der Endothelzellen („Sub-Endothelitis“)
und durch begleitende Fibrinthromben okkludiert oder hochgradig stenosiert. In den
Gefäßwänden sind vereinzelt Lymphozyten nachweisbar, im periadventitiellen Bindegewebe
sind mäßig zahlreiche Leukozyten eingestreut, weiterhin finden sich Erythrozytenextravasate.
Im Vollbild sind die tiefen Arkadengefäße (Arteriolen und kleine Arterien) deutlich
stenosiert, gelegentlich mit okkludierten Lumina und fast immer mit markant hypertrophierten
Gefäßwänden. Hier findet sich sowohl eine subendotheliale myofibroblastäre Spindelzellvermehrung
(fortgeschrittenes Stadium der „Sub-Endothelitis“) als auch eine Zunahme der glatten
Muskulatur in der Media. Die Lamina elastica interna fehlt teilweise und ist aufgesplittert.
Spärliche vaskuläre lymphozytäre Infiltrate können vorkommen. Die Adventitia kann
eine Vermehrung der Vasa vasorum mit assoziierter Fibroplasie aufweisen. Im Spät-
und Residualstadium findet sich eine Gefäßatrophie durch eine weitestgehende Schrumpfung
der Media auf wenige Lagen von Myozyten. Durch Granulations- oder Narbengewebe ist
das Lumen vollständig oder subtotal okkludiert. Die Lamina elastica interna ist entweder
aufgesplittert oder fehlt vollständig. Die Adventitia ist vernarbt und weist vermehrt
kleine Blutgefäße auf.
Das Sneddon-Syndrom ist sui generis eine Vaskulopathie.
Beachtenswert ist, dass das Sneddon-Syndrom eine Vaskulopathie und keine genuine Vaskulitis
ist. Die inflammatorischen Phänomene sind i. d. R. sehr diskret. Umso mehr kann eine
fokale Gefäßstenose eines tiefgelegenen Arkadengefäßes das histologische Bild dominieren.
Diese Gefäße können manchmal nur anhand mehrerer Serienschnitte gefunden werden. Fast
immer vorhanden sind reaktiv weitgestellte Gefäße in der Peripherie, die jedoch nicht
zur Fehldiagnose einer Livedo reticularis Anlass geben sollten [50 ]
[51 ]. Das Vorkommen von anti-Phospholipid-Antikörpern im Serum ist sehr variabel und
wird mit bis zu 40 % – 80 % d. F. angegeben. In einigen Fällen können laborserologisch
Gerinnungsstörungen nachweisbar sein, z. B. vermehrt Gerinnungsfaktor VII, Mangel
an Protein S oder aktiviertes Protein C [49 ].
Histologische Differenzialdiagnose
Die Polyarteriitis nodosa zeigt eine deutlichere entzündliche Komponente, in der Initialphase mit einer entzündlichen
Auflockerung der Media mit Neutrophilen, im weiteren Verlauf mit einer noch deutlicheren
Entzündung in der Media und Adventitia. Im Spätstadium ist noch eine residuale histiozytäre
Entzündung nachweisbar sowie ein narbiger Umbau. Verschiedene mit Gerinnungsstörungen assoziierte Vaskulopathien (Lupus-Antikoagulans, Protein C, Protein S, Kryoglobulinämie) zeigen sich mit Thromben
in den oberen Plexusgefäßen. Die Oxalose ist gekennzeichnet durch polarisationsmikroskopisch doppelbrechende Thromben [50 ]
[51 ].
Morbus Behçet/Behçet-Erkrankung
Morbus Behçet/Behçet-Erkrankung
Der Morbus Behçet oder die Behçet-Erkrankung (BE) ist eine die Dermatologie selten
betreffende Erkrankung, wenngleich Hautläsionen als definierende Krankheitskriterien
häufig und oft auch primäre Manifestation der Erkrankung sind. In der CHCC 2012 ist
die BE als Vaskulitis variabler Gefäßgrößen klassifiziert [2 ]. Es handelt sich um eine Multisystemerkrankung, im Besonderen eine Multisystemvaskulitis.
Die typischen Hautbefunde umfassen die aphthöse Stomatitis, rekurrierende genitale
Ulzerationen, Erytheme-nodosum-ähnliche Läsionen sowie papulopustulöse Läsionen. Die
Klassifikationskriterien der International Study Group for Behcet’s disease (ISBD)
zur Diagnosestellung umfassen weiter Augenläsionen (Uveitis anterior et posterior,
retinale Vaskulitis) sowie einen positiven Pathergietest. An weiteren Befunden wurden
jedoch auch Epididymitis, neurologische Symptome durch Vaskulitis an den zerebralen
Gefäßen, Arthritiden und auch gastrointestinale Beschwerden beschrieben [52 ]
[53 ].
Klassifikationskriterien des Morbus Behçet umfassen rekurrierende orale Aphthen, rezidivierende
genitale Läsionen, Augenläsionen, Hautveränderungen und einen positiven Pathergietest.
Die BE wurde erstmalig im Jahre 1937 durch den türkischen Dermatologen Hulusi Behçet
beschrieben [54 ]. Zwischenzeitlich ist eine Vielzahl an synonymen Begriffen für die BE bekannt: Behçet
Triade, Behçet-Syndrom, Morbus Adamantiades Behçet u. a. [55 ].
Die Erkrankung wird weltweit beobachtet, die meisten Fälle treten jedoch entlang der
alten Seidenstraße auf (deren Hauptroute verbindet das Mittelmeer auf dem Landweg
über Mittelasien mit Ostasien). Der genetische Hintergrund der Erkrankung spiegelt
sich auch in einer Assoziation mit HLA-B5- und HLA-B51-Genen wider. Die Prävalenz
wird mit ca. 20 – 421/100 000 angegeben, Kinder sind selten betroffen [56 ]. Die Erkrankung wird auch im Iran, Israel, China, Nordkorea und Japan beobachtet.
Genetische Faktoren scheinen ätiopathogenetisch eine größere Rolle zu spielen als
Umweltfaktoren, sodass in aktuellen Zeiten der Migrationswellen nach Europa auch mit
einem Anstieg der Inzidenz in unseren Breiten gerechnet werden sollte.
Üblicherweise sind Patienten in der 3. oder 4. Lebensdekade betroffen. Eine Geschlechterprädominanz
gibt es nicht, wobei Männer einen schwereren Krankheitsverlauf sowie häufiger eine
schwere Augenbeteiligung mit einer höheren Tendenz zum Visusverlust sowie neurologische
und pulmonale Symptome aufweisen [57 ].
Primärmanifestation des Morbus Behçet ist meist eine rekurrierende orale Aphthose.
Relevante Hautveränderungen, die im Kontext eines entsprechenden ethnischen Hintergrundes
und Altersspektrums in der 3./4. Lebensdekade an einen Morbus Behçet differenzialdiagnostisch
denken lassen müssen, werden im Folgenden diskutiert [55 ]:
Mukokutane Manifestationen
Rekurrierende aphthöse Stomatitiden: 97 – 100 % aller Patienten weisen rekurrierende aphthöse Stomatitiden im Verlauf ihrer
Erkrankung auf. Diese können sowohl als Initialmanifestation als auch während einer
bereits bestehenden Erkrankung auftreten. Am häufigsten sind die Schleimhäute der
Lippen, die buccale Mukosa sowie die lateralen Zungenränder betroffen ([Abb. 5 a ]). Die Läsionen sind ausgesprochen schmerzhaft. Unterschieden werden Minor-Aphthen (< 10 mm durchmessend, Spontanheilung innerhalb 7 – 10 Tage), Major-Aphthen (> 10 mm durchmessend, Abheilung unter Bildung narbiger Residualzustände) sowie herpetiforme Aphthen , welche durch Konfluenz multipler solitärer Aphthen entstehen. Definitionsgemäß treten
derlei Aphthen mind. 3 ×/Jahr auf [55 ].
Abb. 5 Behçet-Erkrankung. a Orale Aphthen an der Zunge. b Major-Aphthe an der innenseitigen Labia minora, Vulva.
Genitale Ulzera: Genitale Aphthen gelten als eines der Kardinalsymptome der BE und treten mit einer
Prävalenz von 50 – 85 % auf. Während bei Männern meist Skrotum, Inguines und Penis
betroffen sind, werden bei Frauen genitale Aphthen femoro-inguinal und an der Vulva
beobachtet ([Abb. 5 b ]). Die Läsionen heilen meist unter Ausbildung von Narben ab und sind sehr schmerzhaft.
Initialläsion sind meist Papeln oder Pusteln, welche im Verlauf ulzerieren und recht
groß werden können (> 1 cm) [55 ].
Noduläre Läsionen umfassen das Erythema nodosum s owie superfizielle Thrombophlebitiden. Daneben treten typischerweise papulopustulöse Läsionen, Sweet-artige Läsionen sowie extraorale und extragenitale Ulzerationen auf [55 ]. Recht spezifisch tritt bei der BE das sog. Pathergie-Phänomen auf, welches für sich genommen eine niedrige Spezifität hat und auch bei anderen Erkrankungen
(z. B. der Tuberkulose oder dem Pyoderma gangränosum) beobachtet werden kann und als
eine hypererge Reaktion auf einen Nadelstich/ein Minimaltrauma definiert ist [55 ]. Als positives Pathergie-Phänomen wird die Entwicklung einer Papulopustel an der
Einstichstelle einer Nadel innerhalb von 48 Stunden bezeichnet. Die Intensität und
Inzidenz des positiven Pathergietests ist bei Männern höher [55 ].
Vaskuläre Beteiligung bei der BE
Die BE ist eine Vaskulitis variabler Gefäßgrößen [2 ] und betrifft sowohl Venen als auch Arterien, wobei Venen häufiger befallen sind
[55 ]. Das häufigste Symptom ist eine Venenthrombose an den unteren Extremitäten mit nachfolgender
tiefer Beinvenenthrombose und auch Thrombosierung der Vena cava inferior. Ein Budd-Chiari-Syndrom
wird gelegentlich beobachtet. Arterielle Beteiligungen im Rahmen einer BE werden in
Form von Aneurysmen und Thrombosen v. a. pulmonaler Gefäße und der Aorta sowie aller
weiteren größerlumigen Arterien (femoral, iliacal, popliteal usw.) manifest.
Vaskulitiden assoziiert mit anderen Systemerkrankungen
Vaskulitiden assoziiert mit anderen Systemerkrankungen
Im Rahmen aller Kollagenosen, der Sarkoidose sowie auch der rheumatoiden Arthritis
u. a. rheumatologischen Krankheitsbildern können assoziierte (früher sekundäre) Vaskulitiden
und auch Vaskulopathien auftreten, die spezifisch als Vaskulitis/Vaskulopathie in
Assoziation zu einer der genannten Systemerkrankungen bezeichnet werden sollten (rheumatoide
Vaskulitis, Lupus-Vaskulitis, Sarkoidose-Vaskulitis, u. s. w.).
Die Grunderkrankung ist bei diesen Patienten meist bekannt, sodass dem klinisch tätigen
Dermatologen in erster Linie die Funktion des Weichenstellers und Diagnostikers zukommt.
Im Rahmen der Kollagenosen und Sarkoidose sind variable klinische Manifestationen
einer Vaskulitis beschrieben, welche von milden kutanen Zeichen (i. S. e. palpablen
Purpura) bis hin zu schweren, vital bedrohlichen Symptomen (Glomerulonephritis mit
Nierenversagen, transienten zerebralen Ischämien, Aortendissektion etc.) reichen [58 ]
[59 ].
Fazit
Der klinisch tätige Dermatologe muss sich der Existenz der diversen Systemvaskulitiden
mit ihrer klinischen Vielschichtigkeit bewusst sein. Oft wird an der Haut lediglich
eine palpable Purpura beobachtet, welche keinesfalls spezifisch für eine spezielle
Vaskulitis ist und auch nichts über den generellen Verlauf der Erkrankung vorhersagt.
Die umfassende klinische Untersuchung, vollständige Anamneseerhebung, auch unter Erfassung
von gelegentlich unspezifisch erscheinenden Symptomen wie Myalgien oder Arthralgien
etc., und ein über die fachspezifischen Grenzen hinaus offener diagnostischer Blick
sind erforderlich, um die oft harmlosen, aber häufig beobachteten Single-Organ-Vaskulitiden
von den vital bedrohlichen Multiorganvaskulitiden zu unterscheiden. Hier ist dann
dringlich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und Überweisung des Patienten an spezialisierte
Zentren erforderlich.
Unerlässlich für die korrekte Diagnostik ist auch die feingewebliche Untersuchung
von läsionaler Haut einschließlich der direkten Immunfluoreszenz an Nativmaterial.
Um dem Histologen die Möglichkeit zu geben, über den Befund einer leukozytoklastischen
Vaskulitis und Bestimmung der Größe des betroffenen Gefäßsystems hinaus die Erkrankung
einordnen zu können, sind die Angabe anamnestischer Daten sowie wichtig oder auch
subjektiv unwichtig erscheinender klinischer Angaben auf dem Einsendeschein (neu aufgetretenes
Asthma bronchiale im Erwachsenenalter oder Bluteosinophilie oder auch rezidivierende
Polyp-Erkrankungen im HNO-ärztlichen Bereich u. a.) zwingend erforderlich. Die Qualität
der Gewebeentnahme sollte den Anforderungen des „Standard of reasonable Care“ entsprechen.
Oberflächliche Shave-Biopsien oder Kürettagen verbieten sich bei der Fragestellung
nach Vaskulitiden der Haut. Vice versa muss der Kliniker den histologischen Befund
aufmerksam lesen, um ggf. über den banalen Befund hinausgehende Befundkriterien (z. B.
eine auffallende Gewebseosinophilie oder auch Gefäßokklusionen) nicht zu verpassen;
Merkmale, die vor dem Hintergrund diverser klinischer Befunde Hinweise auf eine zugrunde
liegende Systemerkrankung liefern können, dürfen nicht überlesen werden. Die Korrelation
der klinischen und pathologischen Befunde ist daher zwingend erforderlich.
Es erscheint gar nicht so wichtig, die seit Jahrzehnten andauernde Diskussion um Klassifikationen
und die dauernden Namensänderungen der Vaskulitiden stetig zu verfolgen; von eminenter
Bedeutung für unsere Patienten ist jedoch das Wissen um die Merkmale und möglichen
Verläufe der Systemvaskulitiden und die Notwendigkeit der interdisziplinären Betreuung
dieser Patienten.
Abkürzungsverzeichnis
CHCC:
Chapel Hill Consensus Conference
GPA:
Granulomatose mit Polyangiitis (früher: Wegener-Granulomatose/Morbus Wegener)
EGPA:
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (früher: Churg-Strauss-Syndrom)
MPA:
Mikroskopische Polyangiitis
BE:
Behçet-Erkrankung (syn. Behçet disease, Morbus Behçet)