Am 15. August 2016 starb im 96. Lebensjahr Professor Dr. Robert W. Carton. Er war
seit 1994 korrespondierendes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie.
Geboren 1920 in Chicago, studierte Robert Carton an der Princeton University, an der
Harvard Medical School und an der Medical School der Northwestern University in Chicago.
Nach Abschluss des Medizinstudiums leistete er zunächst den – damals noch obligaten
– Militärdienst ab, ehe er seine internistische Ausbildung am Cook County Hospital
in Chicago, einer der größten Kliniken und renommiertesten Ausbildungsstätten der
USA, und im benachbarten Presbyterian St. Lukes Hospital absolvierte. Von 1960 bis
1970 wirkte er als Professor of Medicine an der Medical School der Universität von
Illinois.
Prof. Dr. Robert W. Carton.
Dank seiner Initiative wurde 1970 das drei Jahrzehnte zuvor geschlossene, alt-ehrwürdige
Rush Medical College reaktiviert. Diesem diente er in den ersten fünf Jahren des Neubeginns
als Studiendekan und von 1982 bis 1984 als Chairman des Dept. of Internal Medicine.
Von 1975 bis zu seiner Emeritierung 1985 leitete er die Pneumologische Abteilung des
Presbyterian St. Lukes Hospital in Chicago. Nach Beendigung seiner beruflichen Laufbahn
begann er ein zweites Studium an der Theologischen Fakultät der Universität von Chicago
und schloss es 1990 mit einer Masterarbeit über „Theological and Ethical Considerations
in Respirator Management“ erfolgreich ab. Seine Kenntnisse und Erfahrungen auf diesem
Gebiet brachte er bis 1994 in die Ethikkommission des Presbyterian St. Lukes Hospital
und in die Lehre ein.
Über die Thematik seiner Masterarbeit hielt Robert Carton während der 36. Tagung der
DGP 1994 in Berlin ein Referat. Er war von unserer Gesellschaft zum korrespondierenden
Mitglied ernannt worden. Den Vortrag hielt er in lupenreinem Deutsch. Sein Interesse
an deutscher Literatur war während des Studiums in Princeton geweckt worden, wo Thomas
Mann im Exil weilte, Vorlesungen über Goethes Faust hielt und eine Einführung in den
Zauberberg gab. Die Begegnung mit dem Dichter – einmal war er sogar bei den Manns
zum Tee eingeladen – war für Robert Carton prägend. 1982 wurde er Mitglied im Chicago
Literary Club und 1994/1995 deren Präsident.
Dabei war Robert Carton kein weltfremder Schöngeist, er war auch aktiver Forscher
(sein wissenschaftliches Interesse galt dem Fasergerüst der Lunge und der Bronchiektasenkrankheit),
effizienter Organisator, engagierter Administrator, großherziger Familienvater und
– last, but not least – begnadeter Lehrer. Das können die beiden Autoren dieses Nachrufs
mit Fug und Recht bezeugen. Sie hatten in den Jahren von 1967 bis 1969 das Glück,
bei ihm am Research and Educational Hospital der Universität von Illinois als Fellows
arbeiten zu dürfen. Mit Robert Carton verlieren wir unseren prägenden Lehrer und väterlichen
Freund.
Essen und Berlin im September 2016
Nikolaus Konietzko und Robert Loddenkemper