Pneumologie 2016; 70(10): 627
DOI: 10.1055/s-0042-117077
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akute respiratorische Insuffizienz – Full-Face-Maske optimiert die nicht-invasive Ventilation

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Publication Date:
10 October 2016 (online)

 

Der Nutzen der nicht-invasiven Beatmung (Non-invasive Ventilation, NIV) beim schweren Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS) lässt sich potenzieren, wenn eine Vollgesichtsmaske eingesetzt wird. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie von Bhakti K. Patel et al. aus den USA.
JAMA 2016; 315: 2435–2441

Die nicht-invasive Beatmungstechnik beim beginnenden ARDS gilt als etabliert. Der hierbei applizierte positive endexpiratorische Druck (PEEP, positive end-expiratory Pressure) unterbricht die Progredienz der Erkrankung. Ziel ist es, eine Intubation mit anschließender kontrollierter Beatmung zu vermeiden. Beim Einsatz der NIV besteht aber Optimierungspotenzial. Die bislang üblichen nur Mund und Nase bedeckenden Masken schließen bei einigen Patienten nicht dicht ab. Somit ist die kontinuierliche PEEP-Applikation nicht gewährleistet. Eine neu entwickelte, helmartige Full-Face-Maske behebt dieses Manko. Durch die Abdeckung der gesamten Gesichtsfläche wird ein zuverlässiger mechanischer Abschluss erreicht. Eine aussagekräftige Studie zum Stellenwert der Full-Face-Maske, im Vergleich mit den konventionellen Modellen, stand bisher noch aus.

Vergleich der unterschiedlichen Maskentypen

Im Rahmen der prospektiven Erhebung planten die Autoren die Effektivität der NIV-Technik bei 206 ARDS-Patienten zu überprüfen. Randomisiert kam entweder eine nur Mund und Nase bedeckende Maske oder die Full-Face-Maske zum Einsatz. Die Randomisierung erfolgte nach einer mindestens 8-stündigen initialen Phase mit konventionellen Masken. Als primäres Zielkriterium definierten die Verfasser den Einfluss der beiden NIV-Varianten auf die Notwendigkeit einer akuten endotrachealen Intubation. Als sekundäre Aspekte interessierten die stationäre Behandlungsdauer, die 90-Tage-Mortalität und das Auftreten von Komplikationen durch die Maskenanwendung.


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Studienergebnisse zeigen früh deutliche Überlegenheit

Aufgrund der überraschend eindeutigen Ergebnisse wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Bei den bis dahin randomisierten 83 Patienten zeigte sich klar die Überlegenheit der Full-Face-Maske. Die Notwendigkeit zur akuten Intubation bestand bei 62 % der konventionell, aber nur bei 18 % der über Full-Face-Maske beatmeten. Patienten in der Gruppe mit Gesichtsmaske wurden im Mittel 8, die Full-Face-Patienten dagegen nur 5 Tage intensivmedizinisch betreut.

90 Tage nach Studienbeginn lag die Mortalität in der konventionellen Gruppe bei 56 %, in der Full-Face-Gruppe dagegen nur bei 34 %. Die von den Autoren errechnete durchschnittliche beatmungsfreie Zeit betrug bei Einsatz der konventionellen Variante 28 Tage (Full-Face-Maske 13 Tage). Als Nebenwirkung der Maskenapplikation berichten die Autoren über gehäufte Ulzerationen im Gesichtsbereich (6,8 % der Patienten in der konventionellen und 7,6 % in der Full-Face-Gruppe; n = 3).

Fazit

Beim beginnenden ARDS potenziert die Anwendung einer hermetisch abschließenden Full-Face-Maske den präventiven Effekt der NIV-Anwendung erheblich. Bis zu zwei Dritteln der Patienten bleibe so die Intubation erspart, so die Autoren. Sie verweisen auf die Notwendigkeit, diesen Befund im Rahmen weiterführender Multizenterstudien zu evaluieren.

Dr. Horst Gross, Berlin


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