Der Nutzen der nicht-invasiven Beatmung (Non-invasive Ventilation, NIV) beim schweren
Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS) lässt sich potenzieren,
wenn eine Vollgesichtsmaske eingesetzt wird. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie von
Bhakti K. Patel et al. aus den USA.
JAMA 2016; 315: 2435–2441
Die nicht-invasive Beatmungstechnik beim beginnenden ARDS gilt als etabliert. Der
hierbei applizierte positive endexpiratorische Druck (PEEP, positive end-expiratory
Pressure) unterbricht die Progredienz der Erkrankung. Ziel ist es, eine Intubation
mit anschließender kontrollierter Beatmung zu vermeiden. Beim Einsatz der NIV besteht
aber Optimierungspotenzial. Die bislang üblichen nur Mund und Nase bedeckenden Masken
schließen bei einigen Patienten nicht dicht ab. Somit ist die kontinuierliche PEEP-Applikation
nicht gewährleistet. Eine neu entwickelte, helmartige Full-Face-Maske behebt dieses
Manko. Durch die Abdeckung der gesamten Gesichtsfläche wird ein zuverlässiger mechanischer
Abschluss erreicht. Eine aussagekräftige Studie zum Stellenwert der Full-Face-Maske,
im Vergleich mit den konventionellen Modellen, stand bisher noch aus.
Vergleich der unterschiedlichen Maskentypen
Im Rahmen der prospektiven Erhebung planten die Autoren die Effektivität der NIV-Technik
bei 206 ARDS-Patienten zu überprüfen. Randomisiert kam entweder eine nur Mund und
Nase bedeckende Maske oder die Full-Face-Maske zum Einsatz. Die Randomisierung erfolgte
nach einer mindestens 8-stündigen initialen Phase mit konventionellen Masken. Als
primäres Zielkriterium definierten die Verfasser den Einfluss der beiden NIV-Varianten
auf die Notwendigkeit einer akuten endotrachealen Intubation. Als sekundäre Aspekte
interessierten die stationäre Behandlungsdauer, die 90-Tage-Mortalität und das Auftreten
von Komplikationen durch die Maskenanwendung.
Studienergebnisse zeigen früh deutliche Überlegenheit
Aufgrund der überraschend eindeutigen Ergebnisse wurde die Studie vorzeitig abgebrochen.
Bei den bis dahin randomisierten 83 Patienten zeigte sich klar die Überlegenheit der
Full-Face-Maske. Die Notwendigkeit zur akuten Intubation bestand bei 62 % der konventionell,
aber nur bei 18 % der über Full-Face-Maske beatmeten. Patienten in der Gruppe mit
Gesichtsmaske wurden im Mittel 8, die Full-Face-Patienten dagegen nur 5 Tage intensivmedizinisch
betreut.
90 Tage nach Studienbeginn lag die Mortalität in der konventionellen Gruppe bei 56 %,
in der Full-Face-Gruppe dagegen nur bei 34 %. Die von den Autoren errechnete durchschnittliche
beatmungsfreie Zeit betrug bei Einsatz der konventionellen Variante 28 Tage (Full-Face-Maske
13 Tage). Als Nebenwirkung der Maskenapplikation berichten die Autoren über gehäufte
Ulzerationen im Gesichtsbereich (6,8 % der Patienten in der konventionellen und 7,6 %
in der Full-Face-Gruppe; n = 3).
Beim beginnenden ARDS potenziert die Anwendung einer hermetisch abschließenden Full-Face-Maske
den präventiven Effekt der NIV-Anwendung erheblich. Bis zu zwei Dritteln der Patienten
bleibe so die Intubation erspart, so die Autoren. Sie verweisen auf die Notwendigkeit,
diesen Befund im Rahmen weiterführender Multizenterstudien zu evaluieren.
Dr. Horst Gross, Berlin