Die Antwort unseres Experten
Die beiden Tätigkeitsformen „selbstständige Tätigkeit“ sowie „angestellte Beschäftigung“
wird es immer geben. Die Deutsche Rentenversicherung hat jetzt jedoch „die Zügel angezogen“
und hinterfragt vermehrt selbstständige Beschäftigungsverhältnisse. Der Hintergrund
dazu ist einleuchtend: Während Selbstständige weitgehend von der Versicherungspflicht
und damit von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung befreit sind,
fallen für Angestellte die üblichen Beiträge zur Sozialversicherung an.
Ob eine selbstständige Tätigkeit oder eine angestellte Beschäftigung vorliegt, ist
immer eine Einzelfallfrage. Sie wird anhand verschiedener, bundesweit einheitlicher
Kriterien von der Deutschen Rentenversicherung geprüft. Dazu gehören Weisungsabhängigkeit,
Eingliederung in die Arbeitsorganisation, Vorliegen eines unternehmerischen Risikos
oder das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte. Es gibt daher auch kein wegweisendes
Urteil.
Das Landessozialgericht Niedersachsen- Bremen hat sich beispielsweise mit einer Physiotherapeutin
befasst, die selbst keine Kassenzulassung hatte und in einer Physiotherapiepraxis
als „freie Mitarbeiterin“ tätig war (Az. L1 KR 351/12). Das Gericht ging davon aus,
dass in diesem Fall keine selbstständige Tätigkeit vorlag, weil die Therapeutin keine
eigenen Betriebsräume hatte und die Praxis sowohl die Arbeitsmaterialien stellte als
auch die Zuweisung der Patienten regelte. Ein unternehmerisches Risiko konnte damit
nicht festgestellt werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Therapeuten können weiterhin selbstständig tätig
sein, jedoch ist der rechtliche Rahmen bei der klassischen „freien Mitarbeit“ deutlich
enger geworden. Maßgeblich für die Entscheidung pro oder contra Selbstständigkeit
ist immer das konkret ausgestaltete und gelebte Auftragsverhältnis. Wenn Praxen oder
selbstständige Therapeuten auf „freie Mitarbeiter“ zurückgreifen wollen, sollten sie
daher einen erfahrenen Rechtsanwalt zur Ausgestaltung des Auftragsverhältnisses einbinden,
bevor sie bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Statusfeststellung
stellen.
Andreas Pitz
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