Eine Vielzahl von Studien hat gezeigt, dass mit Pseudomonas aeruginosa infizierte
Patienten mit einer nicht mit zystischer Fibrose assoziierten Bronchiektase (NCFB)
schwerer erkranken und eine höhere Morbidität und Mortalität aufweisen. Die Behandlung
erweist sich als eine große Herausforderung, wie ein Expertenforum kürzlich herausfand.
Dabei wurden Behandlungsstrategien diskutiert, um eine optimale Versorgung der Betroffenen
zu erreichen.
Respir Med 2016; 117: 179–189
(© Dr_Kateryna/www.Fotolia.com)
Die NCFB ist eine chronische Atemwegserkrankung, die mit Husten, Sputumproduktion,
rezidivierenden Infektionen und manchmal mit Müdigkeit und Hämoptyse einhergeht. Im
Mittelpunkt der Diskussionen des Expertenforums stand die adäquate Behandlung einer
Infektion mit P. aeruginosa im Verlauf von 3 Phasen der Erkrankung.
1. Erste Isolation des Erregers und Protokolle zur Eradikation
Die meisten Klinikärzte (42 %) schicken bei jedem Besuch eines ambulanten Patienten
eine Sputumprobe ins Labor, 32 % nur während einer Exazerbation. Die aus einer Sputumprobe
gewonnene Hauptinformation besteht in der Pathogenidentifikation. Nach Ansicht der
Experten sind quantitative Informationen nicht relevant hinsichtlich der Behandlungswahl.
Allgemein führten die Spezialisten Antibiotika-Resistenztests zur ersten Isolierung
von P. aeruginosa durch, jedoch nicht notwendigerweise bei chronischen Routineinfektionen.
Hinsichtlich der Eradikation von P. aeruginosa vertraten die Experten unterschiedliche
Ansichten. Eine 2012 veröffentlichte Studie (L. White et al.) lässt darauf schließen,
dass eine Eradikation bei NCFB-Pa-
tienten die Gesundheit bei einigen verbessert. Initial waren Eradikationsprotokolle
bei 80 % der Patienten erfolgreich. Allerdings ergaben sich bei etwa der Hälfte der
Patienten nach einem halben Jahr wieder positive Kulturen. Die Häufigkeit von Exazerbationen
war andererseits bei den Pa-tienten mit initialer Eradikation vermindert. Der Nutzen
von Eradikationsprotokollen sollte aber noch in randomisierten klinischen Studien
überprüft werden.
Die Behandlung nach der ersten Isolation von P. aeruginosa variierte deutlich unter
den Experten. Ein Grund ist das Fehlen eindeutiger Eradikationsprotokolle. Häufig
setzen sie orales Ciprofloxacin ein. Auch aggressivere Strategien kamen zum Einsatz,
so die Kombination mit oralen oder intravenösen, aber auch inhalativen Antibiotika.
Bei einem Versagen dieser Therapien kam auch vernebeltes Colistin zusammen mit oralem
Ciprofloxacin zum Einsatz. Nach Ansicht der Experten bedarf es zuverlässiger validierter
Definitionen hinsichtlich der Eradikation und der Therapieergebnisse, die eine Entwicklung
neuer Therapieformen bei NCFB ermöglichen.
2. Behandlung bei Exazerbation
Die am häufigsten gewählten Therapien bei Exazerbation waren Azithromycin und Ciprofloxacin
zusammen mit vernebeltem Colistin und intravenösen Antibiotika, z. B. Ceftazidim.
Ciprofloxacin-resistente P. aeruginosa können mit i. v. Antibiotika behandelt werden.
In einigen Zentren besteht die Erstlinientherapie mit oralem Chinolon. Auch eine Einflussnahme
auf das NCFB-Mikrobiom scheint eine Möglichkeit darzustellen, Exazerbationen zu behandeln.
So können sogar Antibiotika, die nicht spezifisch auf P. aeruginosa gerichtet sind,
wie Co-Amoxiclav oder Makrolide, das Mikrobiom soweit verändern, dass sich die Symptome
einer Exazerbation verbessern.
In den Leitlinien der British Thoracic Society (BTS) sind inhalative Antibiotika mögliche
Komponenten einer Zweitlinientherapie bei akuten Exazerbationen einer Infektion mit
P. aeruginosa, werden aber auch als Erstlinientherapie bei einer chronischen Infektion
mit dem Erreger empfohlen. Zur Prävention einer Exazerbation stehen inhalatives Ciprofloxacin
als Trockenpulver und eine flüssige Kombination einer Lösung von liposomalem Ciprofloxacin,
gemischt mit einer Lösung von freiem Ciprofloxacin zur Verfügung.
3. Therapie chronischer Infektionen mit P. aeruginosa
Eine chronisch Kolonisation mit P. aeruginosa ist mit einer schwereren Erkrankung
und schlechteren Prognosen assoziiert. In diesen Fällen bedarf es einer Langzeittherapie
mit Antibiotika. Vor die Wahl gestellt, bevorzugt die Mehrzahl der Experten (76 %)
den Einsatz von Makroliden gegenüber nur 24 %, die stattdessen eher inhalative Antibiotika
einsetzen. Doch auch orales Ciprofloxacin oder Levofloxacin finden Anwendung in der
Langzeittherapie. Die BTS warnt allerdings vor der möglichen Entwicklung von Antibiotikaresistenzen
und Nebenwirkungen bei der Langzeittherapie mit diesen Mitteln.
Die Experten setzten die Langzeittherapie für etwa 3 Monate fort, wenn sie auf eine
Eradikation abzielten. Bei Patienten mit sehr schwerer Erkrankung betrug die Behandlungsdauer
ein Jahr oder länger. BTS-Leitlinien gibt es dazu nicht, die Leitlinien der Spanischen
Gesellschaft für Pneumologie und Thoraxchirurgie (SEPAR) stellen nur fest, dass die
Behandlungsdauer davon abhängen sollte, wie gut die Infektion unter Kontrolle ist.
Laut Expertenforum bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Zentren hinsichtlich
der Therapie von NCFB-Patienten mit einer P. aeruginosa-Infektion. Diese sind in erster
Linie auf das Fehlen einer robusten Evidenzbasis und entsprechende Leitlinien zurückzuführen.
Die Versorgung der betroffenen Patienten ließe sich durch tiefere Einblicke in die
Therapiemöglichkeiten, die Entwicklung neuer Arzneimittel sowie Leitlinien und Anleitungen
durch Experten verbessern. Hilfreich wären zudem klinisches Training, eine standardisierte
Terminologie und klinische Forschung, die zusätzliche Informationen zu den nützlichsten
therapeutischen Optionen liefert und eine optimale Therapie von NCFB-Patienten mit
einer P. aeruginosa-Infektion ermöglicht, so die Autoren.
Dr. Volker Kriegeskorte, Buchloe