Pneumologie 2016; 70(11): 691-692
DOI: 10.1055/s-0042-118663
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nicht mit zystischer Fibrose assoziierte Bronchiektase – Behandlungsstrategien bei Pseudomonas-Infektion

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Publication Date:
09 November 2016 (online)

 

    Eine Vielzahl von Studien hat gezeigt, dass mit Pseudomonas aeruginosa infizierte Patienten mit einer nicht mit zystischer Fibrose assoziierten Bronchiektase (NCFB) schwerer erkranken und eine höhere Morbidität und Mortalität aufweisen. Die Behandlung erweist sich als eine große Herausforderung, wie ein Expertenforum kürzlich herausfand. Dabei wurden Behandlungsstrategien diskutiert, um eine optimale Versorgung der Betroffenen zu erreichen.
    Respir Med 2016; 117: 179–189

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    (© Dr_Kateryna/www.Fotolia.com)

    Die NCFB ist eine chronische Atemwegserkrankung, die mit Husten, Sputumproduktion, rezidivierenden Infektionen und manchmal mit Müdigkeit und Hämoptyse einhergeht. Im Mittelpunkt der Diskussionen des Expertenforums stand die adäquate Behandlung einer Infektion mit P. aeruginosa im Verlauf von 3 Phasen der Erkrankung.

    1. Erste Isolation des Erregers und Protokolle zur Eradikation

    Die meisten Klinikärzte (42 %) schicken bei jedem Besuch eines ambulanten Patienten eine Sputumprobe ins Labor, 32 % nur während einer Exazerbation. Die aus einer Sputumprobe gewonnene Hauptinformation besteht in der Pathogenidentifikation. Nach Ansicht der Experten sind quantitative Informationen nicht relevant hinsichtlich der Behandlungswahl. Allgemein führten die Spezialisten Antibiotika-Resistenztests zur ersten Isolierung von P. aeruginosa durch, jedoch nicht notwendigerweise bei chronischen Routineinfektionen.

    Hinsichtlich der Eradikation von P. aeruginosa vertraten die Experten unterschiedliche Ansichten. Eine 2012 veröffentlichte Studie (L. White et al.) lässt darauf schließen, dass eine Eradikation bei NCFB-Pa- tienten die Gesundheit bei einigen verbessert. Initial waren Eradikationsprotokolle bei 80 % der Patienten erfolgreich. Allerdings ergaben sich bei etwa der Hälfte der Patienten nach einem halben Jahr wieder positive Kulturen. Die Häufigkeit von Exazerbationen war andererseits bei den Pa-tienten mit initialer Eradikation vermindert. Der Nutzen von Eradikationsprotokollen sollte aber noch in randomisierten klinischen Studien überprüft werden.

    Die Behandlung nach der ersten Isolation von P. aeruginosa variierte deutlich unter den Experten. Ein Grund ist das Fehlen eindeutiger Eradikationsprotokolle. Häufig setzen sie orales Ciprofloxacin ein. Auch aggressivere Strategien kamen zum Einsatz, so die Kombination mit oralen oder intravenösen, aber auch inhalativen Antibiotika. Bei einem Versagen dieser Therapien kam auch vernebeltes Colistin zusammen mit oralem Ciprofloxacin zum Einsatz. Nach Ansicht der Experten bedarf es zuverlässiger validierter Definitionen hinsichtlich der Eradikation und der Therapieergebnisse, die eine Entwicklung neuer Therapieformen bei NCFB ermöglichen.


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    2. Behandlung bei Exazerbation

    Die am häufigsten gewählten Therapien bei Exazerbation waren Azithromycin und Ciprofloxacin zusammen mit vernebeltem Colistin und intravenösen Antibiotika, z. B. Ceftazidim. Ciprofloxacin-resistente P. aeruginosa können mit i. v. Antibiotika behandelt werden. In einigen Zentren besteht die Erstlinientherapie mit oralem Chinolon. Auch eine Einflussnahme auf das NCFB-Mikrobiom scheint eine Möglichkeit darzustellen, Exazerbationen zu behandeln. So können sogar Antibiotika, die nicht spezifisch auf P. aeruginosa gerichtet sind, wie Co-Amoxiclav oder Makrolide, das Mikrobiom soweit verändern, dass sich die Symptome einer Exazerbation verbessern.

    In den Leitlinien der British Thoracic Society (BTS) sind inhalative Antibiotika mögliche Komponenten einer Zweitlinientherapie bei akuten Exazerbationen einer Infektion mit P. aeruginosa, werden aber auch als Erstlinientherapie bei einer chronischen Infektion mit dem Erreger empfohlen. Zur Prävention einer Exazerbation stehen inhalatives Ciprofloxacin als Trockenpulver und eine flüssige Kombination einer Lösung von liposomalem Ciprofloxacin, gemischt mit einer Lösung von freiem Ciprofloxacin zur Verfügung.


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    3. Therapie chronischer Infektionen mit P. aeruginosa

    Eine chronisch Kolonisation mit P. aeruginosa ist mit einer schwereren Erkrankung und schlechteren Prognosen assoziiert. In diesen Fällen bedarf es einer Langzeittherapie mit Antibiotika. Vor die Wahl gestellt, bevorzugt die Mehrzahl der Experten (76 %) den Einsatz von Makroliden gegenüber nur 24 %, die stattdessen eher inhalative Antibiotika einsetzen. Doch auch orales Ciprofloxacin oder Levofloxacin finden Anwendung in der Langzeittherapie. Die BTS warnt allerdings vor der möglichen Entwicklung von Antibiotikaresistenzen und Nebenwirkungen bei der Langzeittherapie mit diesen Mitteln.

    Die Experten setzten die Langzeittherapie für etwa 3 Monate fort, wenn sie auf eine Eradikation abzielten. Bei Patienten mit sehr schwerer Erkrankung betrug die Behandlungsdauer ein Jahr oder länger. BTS-Leitlinien gibt es dazu nicht, die Leitlinien der Spanischen Gesellschaft für Pneumologie und Thoraxchirurgie (SEPAR) stellen nur fest, dass die Behandlungsdauer davon abhängen sollte, wie gut die Infektion unter Kontrolle ist.

    Fazit

    Laut Expertenforum bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Zentren hinsichtlich der Therapie von NCFB-Patienten mit einer P. aeruginosa-Infektion. Diese sind in erster Linie auf das Fehlen einer robusten Evidenzbasis und entsprechende Leitlinien zurückzuführen. Die Versorgung der betroffenen Patienten ließe sich durch tiefere Einblicke in die Therapiemöglichkeiten, die Entwicklung neuer Arzneimittel sowie Leitlinien und Anleitungen durch Experten verbessern. Hilfreich wären zudem klinisches Training, eine standardisierte Terminologie und klinische Forschung, die zusätzliche Informationen zu den nützlichsten therapeutischen Optionen liefert und eine optimale Therapie von NCFB-Patienten mit einer P. aeruginosa-Infektion ermöglicht, so die Autoren.

    Dr. Volker Kriegeskorte, Buchloe


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