Einleitung
Der Zusammenhang zwischen sportlicher Aktivität und Arthrose sowie sportlicher Aktivität
und endoprothetischem Gelenkersatz ist komplex. Hinsichtlich der Pathogenese der Arthrose
der unteren Extremität und sportlicher Belastung besteht eine Art Schwellenwertbeziehung.
Einerseits hat regelmäßige körperliche Belastung mit moderater Intensität im Rahmen
von Breiten- und Freizeitsport, insbesondere im Rahmen von Ausdauersportarten, protektive
Effekte auf das Gelenkmilieu über verbesserte Nutrition des Knorpels und durch mechanische
Entlastung aufgrund der Kräftigung der periartikulären Muskulatur. Andererseits besteht
ein klarer Zusammenhang zwischen radiologisch diagnostizierbaren Hüft- und Kniegelenksarthrosezeichen
und ehemaligem Sportniveau, mit höherer Prävalenz bei früheren Leistungsportlern im
Vergleich zu Breitensportlern sowie nach Team-, Ball-, Kraft- und Kontaktsportarten
im Vergleich zu Ausdauersportarten, wobei letzterer Zusammenhang weniger stringent,
aber auch bereits für Breitensportler gilt. Lefèvre-Colau et al. haben dies kürzlich
in einer Übersichtsarbeit sehr ausführlich dargestellt [1]. Für alle Sportarten scheint die radiologisch bereits diagnostizierbare, aber klinisch
noch asymptomatische Arthrose dabei interessanterweise vorwiegend durch Osteophytenbildung
[2], aber oft noch ohne Gelenkspaltverschmälerung, gekennzeichnet zu sein. Die Entwicklung
klinisch symptomatischer Arthrosen hingegen ist stark sportartspezifisch. Nicht die
Belastungsdauer und -intensität per se, sondern vielmehr die kumulativen Gelenktraumata
scheinen eine wesentliche Rolle zu spielen, mit deutlich vermehrter symptomatischer
Arthrosebildung bei ehemaligen Leistungssportlern in Kontakt- und Ballsportarten,
wie Fußball, Handball, Eishockey und Tennis und bei Kampfsportarten [3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]. Die Prävalenz symptomatischer arthrotischer Gelenkschäden bei ehemaligen Leistungssportlern
unterschiedlicher Disziplinen ist deutlich erhöht im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
Prozentuale Angaben zur sportartspezifischen Prävalenz existieren jedoch nicht, da
viele Studien zu diesem Thema retrospektive Kohortenstudien sind und das sportartspezifische
Verletzungsrisiko nicht immer adäquat berücksichtigt ist [9]. Allerdings ist nicht nur der grundsätzliche Zusammenhang zwischen Leistungssport
und Arthroseprävalenz inzwischen unstrittig: erste Studien weisen auch auf eine erwartungsgemäß
höhere Inzidenz von Knie- und Hüftendoprothesenimplantationen bei ehemaligen Leistungssportlern
in High-impact-Sportarten hin, wobei auch hier Gelenkverletzungen in der Vorgeschichte
eine entscheidende Rolle zu spielen scheinen [10].
Die erfolgreiche Weiterentwicklung des endoprothetischen Gelenkersatzes an Hüfte,
Knie und Schulter hat zu einer Ausweitung des Indikationsspektrums der Endoprothetik
auch für jüngere, verhältnismäßig körperlich aktive Patienten geführt, zu denen insbesondere
ehemalige (Leistungs-)Sportler gehören. Das Aktivitätsniveau der über 60 – 70jährigen
Patienten steigt ebenfalls kontinuierlich an, sodass sich insgesamt zunehmend Patienten
mit vergleichsweise hohem sportlichem Funktionsanspruch finden. Für eine wachsende
Anzahl von Patienten steht inzwischen im Rahmen der Indikationsstellung zur Endoprothese
nicht nur die Frage nach grundsätzlicher Sportfähigkeit, sondern auch nach dem erreichbaren
Sportniveau im Sinne der Rückkehr zu präoperativer sportlicher Aktivität im Fokus
[11].
Seit Jahrzehnten besteht für Hüft- und Knie-TEPs die allgemein bekannte Empfehlung
zu Low-impact-Sportarten mit moderater Intensität wie Wandern, Schwimmen, Radfahren,
Golf [12]
[13]. Hier ist unstrittig, dass die positiven Effekte die negativen überwiegen.
Unsere heutigen Patienten konfrontieren uns jedoch zunehmend mit spezifischeren Bedürfnissen
und Fragestellungen: Welchen Effekt haben Low-impact-Sportarten mit hoher Intensität?
Ist High-impact-Sport grundsätzlich nicht zu empfehlen? Welche Sportart hat welche
Auswirkung auf welche Prothese? Welches Sportniveau ist mit welchem Prothesentyp erreichbar?
Gutes Erwartungsmanagement erfordert eine realistische und fundierte Aufklärung seitens
des Operateurs [14]. In der jüngeren Vergangenheit ist eine Vielzahl neuartiger Studien publiziert worden,
die einige spezifische Subfragstellungen dieses Fragenkomplexes adressiert haben und
zum Teil zu erstaunlichen Ergebnissen kommen.
Ziel dieses Artikels ist es daher, einen Überblick über die jüngere Datenlage mit
dem Schwerpunkt auf Publikationen aus den Jahren 2010 – 2016 zu folgenden Fragen hinsichtlich
der Hüft-, Knie und Schulterendoprothetik zu geben: (1) Welche Auswirkungen hat sportliche
Aktivität auf die Endoprothese? (2) Welches Sportniveau ist nach endoprothetischer
Versorgung erreichbar? (3) Welche Empfehlungen können zu sportlicher Aktivität mit
Endoprothese gegeben werden?
Ergebnisse und Diskussion
Einfluss sportlicher Aktivität auf Endoprothesen
Zentraler Hintergrund aller Empfehlungen zu sportlicher Aktivität nach endoprothetischer
Versorgung ist der direkte Einfluss mechanischer Belastung auf Abrieb, aseptische
Prothesenlockerung, Luxationsrisiko und periprothetische Frakturen. Hierbei wurde
traditionell in weitaus größerem Maß nach vermeintlicher Einschätzung, denn nach objektivierbarer
Datenlage, geurteilt. Die herkömmliche Unterscheidung zwischen Low-impact- und High-impact-Sportarten
beruht auf angenommen, nicht systematisch und objektiv gemessenen, globalen Unterschieden
an Intensität, Dauer und Frequenz der unmittelbaren mechanischen Belastungen auf das
Kunstgelenk. Zu den Low-impact-Sportarten werden Walken, Wandern, Schwimmen, Fahrradfahren,
Tanzen, Golf, Langlaufski und Tennis (Doppel) gezählt, während Tennis (Einzel), Squash,
Fußball, Handball, Basketball, Volleyball, Ski alpin und Joggen als high impact gelten
[15]. Zwar ist bekannt, dass bei unterschiedlichen Aktivitäten unterschiedliche Kräfte
auf einzelne Gelenke wirken. Während beispielsweise beim Fahrradfahren Kräfte in der
Größenordnung des 1,1fachen Körpergewichts auf das Knie wirken, sind es bei normalem
Gehen das 2 – 3fache Körpergewicht und beim Tennis bis zum 4fachen des Körpergewichtes
[16]. Es gibt jedoch bisher nur sehr wenige Messungen zur faktischen Belastung von Endoprothesen
im Rahmen spezifischer Sportarten und nur sehr begrenzt konkrete Hinweise darauf,
dass diese differenten Kräfte auch unter Verwendung moderner abriebarmer Gleitpaarungen
zu negativen Konsequenzen für die Funktionalität und Standzeiten von Hüft-, Knie-
und Schulterprothesen führen. Die naheliegende, schlichte Gleichung „mehr Aktivität = höheres
Abrieb-, Lockerungs-, Luxations- und Frakturrisiko“ gilt sicher in dieser Einfachheit
nicht. Ebenso wie hinsichtlich des Zusammenhangs mit der Entstehung von Arthrose,
gibt es auch hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen sportlicher Belastung und deren
Wirkung auf Endoprothesen eine Schwellenwertbeziehung. Einerseits fördert regelmäßige
mechanische Belastung bis zu einem gewissen Grad die Knochenqualität, begünstigt damit
die ossäre Fixation der Prothese und reduziert das Risiko periprothetischer Frakturen
[17]. Zudem kann ein gut ausgebildeter periartikulärer Muskelapparat die unmittelbare
Gelenkbelastung vermindern und im Rahmen allgemeiner körperlicher Aktivität das Sturzrisiko
und damit die Gefahr periprothetischer Frakturen senken [18]. Andererseits besteht unzweifelhaft ein direkter Zusammenhang zwischen mechanischer
Belastung und Gleitpaarungsabrieb mit dem wesentlichen Risiko PE-Abrieb bedingter
Osteolysen und konsekutiver Implantatlockerung infolge mechanischer Überbelastung
[18]
[19].
Bezeichnenderweise sind jedoch die Grenzen zwischen nützlicher Belastung und schädlicher
Überlastung einzelner Gelenke im Rahmen sportlicher Aktivität erstaunlich wenig konkret
wissenschaftlich definiert. Es existiert wenig Literatur zu den Effekten von Sport
auf Endoprothesen und evidenzbasierten Definitionen nützlicher Belastungsbereiche
in Abgrenzung von schädlichen Überbelastungen.
Einfluss sportlicher Aktivität auf Hüftendoprothesen
Polyethylen (PE) – Keramik Gleitpaarung
Ollivier et al. haben untersucht, ob „impact sport“ einen Einfluss auf die Langzeitergebnisse
zementfreier Hüftendoprothesen (Keramik – konventionelles PE) hinsichtlich Luxation,
linearem PE-Abrieb und Revisionsraten hat. Nach einem mittleren Follow-up von 11 Jahren
wurden sportlich sehr aktive Patienten (Selbstauskunft UCLA (University of California
Los Angeles) score > 8, n = 70) mit Patienten mit geringerem Aktivitätsniveau (UCLA
score < 5, n = 140) verglichen. In der sogenannten High-impact-Gruppe wurde mehr PE
Abrieb (0,14 ± 0,06 vs. 0,06 ± 0,04 mm/Jahr) und eine signifikant schlechtere Survival-Rate
(80 vs. 93,5 % nach 15 Jahren, p < 0,001) beobachtet als in der Low-impact-Gruppe.
Die Luxationsrate hingegen unterschied sich zwischen den Gruppen nicht [20].
Lübekke et al. haben ähnliche Ergebnisse aus einer retrospektiven Analyse von Hybrid
TEPs 5 und 10 Jahre post implantationem berichtet [21]. Stratifiziert nach UCLA-Score in low activity (n = 166) versus high activity (n = 58)
und adjustiert für Alter, Geschlecht, BMI und Pfanneninklinationswinkel ergab sich
eine 3,6fach höhere Odds Ratio für femorale Osteolysen, nicht jedoch PE-Abrieb, sowie
eine höhere Revisionsrate für aseptische Lockerung in der High-activity-Gruppe.
Interessanterweise waren in beiden Studien sowohl Funktions-Scores als auch subjektive
Zufriedenheit in der Gruppe mit hoher sportlicher Aktivität deutlich größer als in
der Gruppe mit geringerer Aktivität. Beide Publikationen haben methodische Schwächen
in der Erfassung des tatsächlichen Aktivitätslevels und lassen keine finalen Rückschlüsse
auf den spezifischen Effekt einzelner Sportarten zu. Sie verdeutlichen aber das Dilemma,
dass hohe Zufriedenheit aufgrund hoher Belastbarkeit und Funktionalität der Hüftprothese
ab einer individuell noch nicht sicher vorhersagbaren Grenze wahrscheinlich zu einer
Verkürzung der revisionsfreien Standzeit führt. Wichtig ist zu realisieren, dass beide
Studien unter Verwendung konventioneller PE-Inlays erfolgten und noch nicht klar ist,
ob dieser Zusammenhang auch für das heute in der Regel verwendete hoch vernetzte PE
gilt.
Metall-Metall (MoM) Oberflächenersatzprothesen (OFE)
Eines der Argumente für den Einsatz von MoM-OFE ist die relativ gute Rekonstruktion
der Hüftgelenksbiomechanik mit guter Propriozeption, die hohe Luxationssicherheit
und niedrige Abriebraten, was besondere Vorteile für den sportlich aktiven Patienten
bedeuten kann. Die kurzfristige Sportfähigkeit und die Rate an return to sports inklusive
high impact ist nach MoM-OFE tatsächlich bestechend hoch [22]
[23]
[24]. Die einzige Studie jedoch, welche die Langzeitfolgen hoher Aktivität auf MoM-OFE
untersucht hat, kam zu dem Ergebnis, dass auch hier durch High-impact-Sport höhere
Revisionsraten bedingt werden: LeDuff und Amstutz haben an einem jungen und aktiven
Patientenkollektiv (n = 445, 74 % männlich, Durchschnittsalter bei Implantation 49
Jahre) nach einem Follow-up von 10 Jahren (6 – 14) festgestellt, dass Patienten mit
hoher sportlicher Aktivität (Hip-Impact and Cycle-Score > 50) über einen Beobachtungszeitraum
von 1 – 5 Jahren ein 3,8fach höheres Revisionsrisiko hatten als Patienten mit niedriger
Aktivität (11,2 vs. 4,6 % Revisionen nach 8 Jahren) [25].
Zusammenfassend gibt es sehr wenig systematisch erfasste Daten hinsichtlich des Effekts
von sportlicher Aktivität auf die Komplikationsrate und Standzeit von Hüftendoprothesen.
Die wenigen existierenden Studien lassen den Schluss zu, dass über einen längeren
Zeitraum betriebener High-impact-Sport zwar mit hoher subjektiver Zufriedenheit, aber
wahrscheinlich mit mittel- bis langfristig erhöhten Revisionsraten einhergeht.
Einfluss sportlicher Aktivität auf Knieendoprothesen
Einfluss auf Standzeit und Revisionsraten
Auch für Knieprothesen ist die Datenlage sehr überschaubar. Interessanterweise ist
jedoch im Gegensatz zu Hüftendoprothesen nach Implantation von uni- und bikondylären
Kniegelenksoberflächenersatzprothesen bisher keine Tendenz zu einem erhöhten Risiko
für die Entstehung osteolytischer Herde, aseptischer Lockerungen und Revisionsraten
in hoch aktiven Patienten im Vergleich zu weniger aktiven Patienten zu beobachten
[26]
[27]
[28]. Für unikondyläre mediale Schlitten (Oxford III) haben Pietschmann et al. aus einer
Kohorte von 131 Prothesen nach einem mittleren Follow-up von 4,2 Jahren keinen Unterschied
in der Revisionsrate zwischen sportlich aktiven und inaktiven Patienten beobachtet
[29]. Die Oxford-Gruppe hat ebenfalls für mediale unikondyläre Prothesen anhand von 1000
Implantationen stratifiziert nach Tegner Activity Score (≥ 5 vs. ≤ 4) und nach einem
mittleren Follow-up von 6 Jahren keine erhöhte Komplikations- oder Revisionsrate in
der Gruppe mit hoher körperlicher Aktivität (n = 115) im Vergleich zu den wenig aktiven
Patienten (n = 885) beobachtet, sondern sogar eine signifikant bessere Survival-Rate
(p = 0,025) in der Gruppe hoch aktiver Patienten [30].
Es bleibt zu konstatieren, dass derzeit keine überzeugenden Daten vorliegen, die auf
eine erhöhte Revisionsrate von uni- oder bikondylären Knieprothesen infolge sportlicher
Aktivität hinweisen.
Einfluss von Krafttraining auf die Kniegelenksmuskulatur bei liegender Prothese
Regelmäßiges Krafttraining (zweimal pro Woche über 13 Wochen) bei älteren Damen mit
Kniegelenksarthrose und mit Kniegelenksprothesen kann geeignet sein, um ein Niveau
der Muskelkraft, der Balance und der funktionellen Stabilität wieder herzustellen,
welches dem eines Kontrollkollektivs ohne Kniegelenkspathologie vergleichbar ist [31]
[32]. Petterson et al. haben beschrieben, dass nach Knie TEP durch ein progressives Krafttraining
innerhalb der ersten 4 Wochen zunächst die Normalisierung der willkürlichen Aktivierung
des M. quadriceps wesentlich zur Maximalkraft beiträgt, bevor dann im Verlauf die
physiologische Bedeutung des Muskelquerschnitts für die maximale Kraftentfaltung wieder
zum Tragen kommt (12 und 52 Wochen post-OP) [33].
Einfluss von alpinem Skisport auf Knieendoprothesen
Müller et al. haben nach Knieprothesenimplantation den Effekt eines 12-wöchigen Alpin-Ski-Trainings
auf multiple Aspekte untersucht und in Form einer Serie von Supplements publiziert:
Es wurden positive Effekte auf das allgemeine Wohlbefinden der Patienten, die Kniefunktion
und das Schmerzempfinden, auf die Patellarsehne, auf das Gangbild einschließlich seitengleicher
Gewichtsverteilung, auf den Muskelquerschnitt des M. quadriceps (M. rectus femoris),
auf die Adaptation der Typ I Muskelfasern, auf den Glukosestoffwechsel sowie auf die
Kontraktionskraft von Kniestreckern und -beugern berichtet [34]
[35]
[36]
[37]
[38]
[39]
[40]. Nach drei Saisons Alpin-Ski mit jeweils 80 Skitagen wurde in einer Gruppe von 16
Patienten keine erhöhte Rate von PE-Abrieb, Osteolysen oder Implantatlockerungen konstatiert
[41].
Effekt sportlicher Aktivität auf Schulterprothesen
Unseres Wissens existieren keine publizierten Daten, die den direkten Einfluss von
Sport auf Schulterprothesen untersucht haben.
Zusammenfassung: Einfluss sportlicher Aktivität auf Endoprothesen
Die Datenlage zum Einfluss spezifischer Sportarten auf einzelne Prothesentypen ist
noch rudimentär, hier sind Chancen und Grenzen noch nicht klar definiert. Generell
fehlt in der Literatur eine direkt vergleichende Betrachtung der positiven allgemeinen
Effekte durch Sport in klarer Abgrenzung gegenüber den potenziell negativen Effekten
auf die Prothesenstandzeit, also eine genauere Schwellenwertdefinition.
Für Low-impact-Sportarten gibt es keinerlei Hinweise in der Literatur, dass die Ausübung
des Sports negative Konsequenzen für Endoprothesen haben könnte.
Hinsichtlich High-impact-Sportarten gibt es für Hüftprothesen erste Daten, die auf
eine reduzierte Standzeit infolge hoher sportlicher Belastung hinweisen, für Knieprothesen
ist ein solcher Zusammenhang nicht nachgewiesen, für Schulterprothesen fehlen jedwede
spezifischen Studien.
Insgesamt ist die Datenlage aufgrund methodischer Schwächen hinsichtlich der Erfassung
des Sportniveaus, kurzer Follow-up-Zeiträume und kleiner Patientenzahlen beschränkt
aussagekräftig. Es bedarf weiterer Studien, um eine wissenschaftlich fundierte Grundlage
für die Beratung des Patienten seitens des Operateurs, jenseits der Low-impact-Sportarten,
zu gewährleisten. Insbesondere prospektiv kontrollierte Studien mit Langzeitbeobachtungen
hinsichtlich potenziell negativer Konsequenzen infolge High-impact-, High-intensity-Sportarten
nach Verwendung von hochvernetzem PE in der Gleitpaarung ebenso wie retrospektive
Registeranalysen zu dieser Fragestellung könnten hier einen Beitrag leisten.
Return to sports: Welches Sportniveau ist nach Endoprothesenimplantation wieder erreichbar?
Untersuchte Endpunkte in diesem Rahmen sind meist allgemeiner Natur, wie zum Beispiel
die Quote der allgemeinen Rückkehr zu sportlicher Aktivität (Return to Sports), die
Anzahl der ausgeübten Sportarten, deren Frequenz, Dauer und die einzelnen Disziplinen.
Weiterhin wurden patientenbasierte Aktivitätsskalen wie unter anderem der University
of California Los Angeles (UCLA) activity score oder der sehr ähnliche Tegner Score
auf einer Skala von 0 – 10 verwendet [42]. Einige wenige Studien haben sportartspezifische Endpunkte analysiert.
Hüftendoprothetik Schaftprothesen
Nach Implantation einer Hüft-TEP liegt der Zeitraum bis zum sportlichen Wiedereinstieg
zwischen ein und sechs Monaten [43]
[44]
[45]. Schmidutz et al. beschreiben in einer Studie mit Kurzschaftprothesen, dass 98 %
der Patienten, die bis kurz vor dem Eingriff sportlich aktiv waren, postoperativ ihre
sportliche Betätigung mit einem UCLA Score von 7,6 wieder aufnehmen konnten. Postoperativ
wurden im Schnitt 3,9 Sportarten im Vergleich zu 3,5 präoperativ ausgeübt. Innman
et al. haben 11 Jahre nach zementfrei implantierten Standardschäften im Vergleich
zur prä-OP noch asymptomatischen Phase eine Quote des sportlichen Wiedereinstieges
von 89 % beschrieben sowie eine Verbesserung des UCLA von 3,6 auf 6,2 bei unveränderter
Anzahl (1,8 vs 1,7), Dauer und Frequenz der ausgeübten Sportarten [45]. Quoten des Return to Sports ohne genaue Differenzierung der Sportarten in der Größenordnung
von 75 – 95 % entsprechen auch früheren Arbeiten in der Literatur [46]
[47]. Allen Studien gemein ist ein postoperativ deutlicher Anstieg in der Ausübung von
Low-impact-Sportarten wie Schwimmen und Fahrradfahren auf Kosten der High-impact-Sportarten
wie Tennis und Fußball [43]
[45]
[47]. Ein aktuell publizierter direkter Vergleich zementfreier Kurz- und Langschaftprothesen
hat hinsichtlich der Wiederaufnahme sportlicher Aktivitäten bei jungen Patienten (bei
Implantation im Durchschnitt < 40 Jahre) im mittelfristigen Verlauf von gut 4 Jahren
Follow-up keine Unterschiede zwischen den Prothesentypen aufgedeckt [48]. Es gibt allgemein keine Daten, die auf Unterschiede hinsichtlich des Sportniveaus
nach Implantation verschiedener Schaftprothesen hinweisen, wohl jedoch zwischen Schaftprothesen
und Oberflächenersatzprothesen der Hüfte (s. u.).
Hüftendoprothetik Oberflächenersatz (OFE)
Die Vorteile hinsichtlich Geometrie, Propriozeption, Stabilität und Abrieb lassen
den Oberflächenersatz am Hüftgelenk als bevorzugte Prothese bei jungen aktiven Patienten
mit hohem Anspruch an den postoperativen Funktionserhalt erscheinen. Girard et al.
haben in einer prospektiven Studie für 215 OFE-Prothesen nach einem mittleren Follow-up
von 44 Monaten eine Wiederaufnahme sportlicher Aktivität von 98 % der Patienten nach
durchschnittlich 3 Monaten beschrieben, wobei Patienten mit prä-OP High-impact-Sportaktivität
(n = 55) auch zu 82 % in den high impact zurückgekehrt sind. Der UCLA-Score zeigte
einen Anstieg von 6,6 auf 9,1 [24]. Die gleiche Arbeitsgruppe hat anhand dieser Kohorte beschrieben, dass 40 präoperativ
aktive Läufer nach durchschnittlich 16 Wochen zu 92 % post-OP auf einem subjektiv
als gut empfundenen Niveau im Laufsport wieder aktiv waren und hinsichtlich der Teilnahme
an Wettkämpfen kein Unterschied von prä- zu post-OP bestand [23]. Ähnliche Ergebnisse beschreiben Sandiford et al. mit einem Return to Sports im
Mittel 3 Monate post-OP nach OFE (n = 79) bei unveränderter sportlicher Intensität
gegenüber prä-OP [49] sowie Banerjee et al. mit einer Return-to-Sports-Quote von 98 % bei 152 OFE-Prothesen
im Mittel 2 Jahre post-OP und einer gesteigerten allgemeinen Partizipation und Dauer
der sportlichen Trainingseinheiten post-OP bei gleichzeitig deutlichem Shift von High-impact-
hin zu Low-impact-Sportarten [50]. Bedigrew et al. beschrieben, dass 6 Monate post-OP nach OFE-Implantation eine Zunahme
der periprothetischen Knochendichte am proximalen Femur gegenüber prä-OP zu verzeichnen
ist und leiten daraus indirekt ab, dass hinsichtlich der Frakturgefahr die Wiederaufnahme
sportlicher Aktivität 6 Monate post-OP wahrscheinlich auch für High-impact-Sport sicher
sein sollte [22].
Hüftendoprothetik: spezielle Sportarten
Jogging gilt als High-impact-Sportart. Abe et al. haben anhand einer Kohorte von 608
Patienten (532w, 85 m, mittleres Alter 62 Jahre) mit 804 Hüftprothesen die postoperative
Laufsportaktivität im Mittel knapp 5 Jahre post-OP untersucht. Der Anteil der laufaktiven
Patienten reduzierte sich von 5,4 auf 3,8 % bei durchschnittlich 4 Trainingseinheiten
pro Woche von 29 Minuten Dauer über eine Strecke von 3,6 km. In der laufsportaktiven
Gruppe wurden keine negativen Konsequenzen der hohen Aktivität wie Schmerz, erhöhte
Metallionenkonzentration, Lockerung oder Osteolysen festgestellt [51]. Sämtliche bisher publizierte Studien weisen darauf hin, dass Golfsport nach Hüftprothesenimplantation
gegenüber prä-OP uneingeschränkt und ohne relevanten Leistungsverlust oder erhöhte
Risiken ausführbar ist, wobei der vollen bewussten und unterbewussten Belastbarkeit
der operierten Extremität für das Erreichen des ehemaligen Niveaus eine wichtige Rolle
zuzukommen scheint [52]
[53]
[54]. Die häufig formulierte Empfehlung gegen Tennis als Einzelsportart ist unseres Wissens
nicht durch Studien belegbar. Existierende Studien zu Tennis haben keinen negativen
Effekt auf Hüftendoprothesen nachgewiesen [55].
Knieendoprothetik: allgemeine Sportfähigkeit
Der unikondyläre Oberflächenersatz (UKA) hat im Vergleich zum bikondylären Ersatz
(TKA) aus funktioneller Sicht den großen Vorteil des Erhalts beider Kreuzbänder, besserer
Propriozeption und einer natürlicheren Kinematik des Kniegelenks. In einer systematischen
Übersichtsarbeit haben Witjes et al. 18 Originalarbeiten hinsichtlich der postoperativen
sportlichen Fähigkeiten nach UKA und TKA gegenübergestellt. Der Zeitrahmen der Rückkehr
zu sportlicher Aktivität betrug im Mittel 12 (UKA) vs. 13 (TKA) Wochen. Die Quote
der Rückkehr zu sportlicher Aktivität betrug für UKA bis zu > 100 % der prä-OP sportlich
aktiven Patienten, für TKA bis zu 89 %. Die Anzahl der ausgeübten Sportarten war nach
UKA mit 1,1 – 4,6 ebenfalls deutlich höher als nach TKA (0,2 – 1,0). Bei der Interpretation
dieser Daten sollte man berücksichtigen, dass es sich nicht um prospektiv randomisierte
Studien mit vergleichbarem Ausgangskollektiv handelt, sondern um Einzelstudien mit
unter Umständen erheblichen Variationen der präoperativen Pathologie und des Fitnesszustands
der Kollektive. Ho et al. haben in einer frisch publizierten Arbeit ein Kollektiv
mit prä-OP vergleichbaren klinischen und radiologischen Befunden hinsichtlich der
Sportaktivität 4 Jahre post-OP analysiert, nachdem n = 33 mittels UKA und n = 39 mittels
TKA versorgt worden waren und dabei zwar bessere Funktions-Scores für UKA, jedoch
keinen Unterschied in der Rate des Return to Sports festgestellt [56].
Es bleibt aktuell unklar, ob die allgemein höhere sportliche Aktivität nach UKA auf
die Unterschiede der Prothesenfunktionalität (UKA vs. TKA unter der Annahme vergleichbarer
Ausgangsbefunde) oder auf Unterschiede der Ausgangsbefunde zum Zeitpunkt der Indikationsstellung
zurückzuführen sind.
Ähnlich wie in der Hüftendoprothetik zeigt die Literatur sowohl nach UKA und TKA eine
deutliche Verschiebung von High-impact-Sportarten zu Low-impact-Sportarten, wobei
dieser Trend nach TKA stärker ausgeprägt ist [13]. Eine aktuelle Arbeit von Vielgut et al. hat die Sportpartizipation von 236 Patienten
im Langzeitverlauf nach einem mittleren Follow-up von 14,9 Jahren nach TKA beschrieben
[57]. Immerhin 71 % der Patienten waren 15 Jahre post-OP noch sportlich aktiv, jedoch
war auch hier eine deutliche Verschiebung hin zum low impact zu verzeichnen: von den
Patienten, die prä-OP High-impact-Sport betrieben hatten, waren es post-OP nur noch
16 %, von denen mit Intermediate-impact-Sport noch 44 %, von denen mit Low-impact-Sport
noch 71 %. Diese differenzierte Unterscheidung inklusive Medium/Intermediate-impact-Sports
gewinnt in der Literatur zur Knieendoprothetik zunehmend an Akzeptanz. Mayr et al.
haben n = 81 ältere Patienten (> 60 Jahre) im Mittel 6,5 Jahre post-OP mit TKA nachuntersucht
und hohe sportliche Aktivität konstatiert [58]: die Patienten waren im Wochenmittel in 3 – 4 Trainingseinheiten über 5 Stunden
sportlich aktiv, wobei 25 % High-impact-, 47 % Medium- und 51 % Low-impact-Sportarten
betrieben. Es ist seit weit über 10 Jahren bekannt, dass Patienten, die prä-OP in
High-impact-Sportarten aktiv waren durchaus in der Lage sind, diesen Sport auch post-TKA
mit hoher subjektiver Zufriedenheit und ohne negative Konsequenzen im mittelfristigen
Verlauf auszuüben [59]
[60]. Wenn man die Frage umkehrt und analysiert, warum Patienten nach Knieprothesenimplantation
keinen Sport treiben, so wird evident, dass die Hinderungsgründe wahrscheinlich ganz
überwiegend nicht mit dem operierten Knie zusammenhängen, sondern eher mit dem Allgemeinzustand
der Patienten in Zusammenhang stehen [61].
Knieendoprothetik: spezielle Sportarten
Sämtliche bisher publizierten Arbeiten die sich speziell auf Golf beziehen, kommen
zu dem Schluss, dass Golfsport nach Knieprothesenimplantation gegenüber prä-OP uneingeschränkt
oder besser möglich ist, wobei der Schmerzreduktion hierbei eine tragende Rolle zukommt
[52]
[62]. Auch Tennis, sowohl als Einzel als auch als Doppel, ist bei prä-OP auf hohem Niveau
trainierten Tennisspielern auch post-TKA mit hoher subjektiver Zufriedenheit bei 3 – 4
Trainingseinheiten pro Woche durchführbar [55]
[63].
Schulterendoprothetik: allgemeine Sportfähigkeit
Der Wunsch nach hoher Belastbarkeit einer Schulterprothese, zum Beispiel durch eine
körperlich beanspruchende berufliche Tätigkeit oder durch Sport, hat traditionell
als ein Argument für die Implantation von Hemiprothesen in Abgrenzung zu Totalendoprothesen
gegolten [64]. Interessanterweise zeichnet sich in den aktuellen Publikationen der Jahre 2010 – 2016
ab, dass die Sportfähigkeit von Patienten mit Hemiprothesen schlechter ist als von
Patienten mit anatomischen und inversen Totalendoprothesen. Unabhängig vom Prothesentyp
kann man davon ausgehen, 5 – 8 Monate post-OP wieder sportfähig zu sein [65]. Die Rückkehrquote liegt dabei allerdings für die Hemiarthroplastik mit 60 – 70 %
erstaunlicherweise deutlich niedriger als bei der inversen TEP (etwa 85 %), die besten
Ergebnisse werden mit 90 – 100 % nach anatomischer TEP erzielt [64]
[65]
[66]. Garcia et al. publizierten im direkten Vergleich zwischen Hemiprothesen (n = 40)
und anatomischer TEP (n = 40) im mittleren Follow-up von gut 5 Jahren eine Rückkehrquote
zu High-impact-Sportarten von 89 % für anatomische TEPs, hingegen von nur 63 % für
Hemiprothesen sowie eine signifikant höhere Partizipation an Sportarten mit aktiver
Beteiligung der oberen Extremität wie beispielsweise Schwimmen oder Golfen nach TEP
(87 vs. 48 %) [64]. Auch ein direkter Vergleich zwischen Hemiarthroplastik (n = 71, 66 Jahre) und inverser
TEP (n = 102, 72 Jahre) deckte eine deutliche Unterlegenheit der Hemiprothesen auf
[65]: Die Rückkehrrate nach inverser Prothese betrug 86 versus 67 % mit Hemiprothese,
die subjektive Zufriedenheit hinsichtlich der Sportfähigkeit war bei den Patienten
mit inverser Prothese signifikant höher und die Rate von Restbeschwerden signifikant
niedriger (63 vs 29 %, P < 0,0001). Wang et al. haben kürzlich anhand einer Kohorte
von 51 Patienten mit Inverser Prothese (74 Jahre bei Implantation) und einem mittleren
Follow-up von etwa 2,5 Jahren bestätigt, dass über 70 % der Patienten mit inverser
Prothese zu anspruchsvoller sportlicher Aktivität zurückkehren können und die isokinetische
Muskelkraft insbesondere in Flexion und Innenrotation dabei ein wesentlicher Faktor
bezüglich des erreichten Sportniveaus ist [67]. Eine Reihe weiterer Studien aus den vergangenen zwei Jahren bestätigt die eher
unerwartet gute Sportfähigkeit mit inversen Prothesen im kurz- bis mittelfristigen
Verlauf mit bis zu über 90 % allgemeiner Rückkehrquote und 20 – 25 % Rückkehrquote
sogar in High-impact-Sportarten binnen etwa 6 Monaten post-OP ohne erhöhte Komplikationsraten
[68]
[69]
[70]. Für anatomische TEPs auf dem Boden einer primären Omarthrose konnten Bülhoff et
al. anhand einer Kohorte von n = 154 Patienten, stratifiziert nach präoperativer sportlicher
Aktivität zeigen, dass 100 % der prä-OP aktiven Patienten (n = 105) auch post-OP wieder
sportlich aktiv waren, während prä-OP inaktive Patienten (n = 49) auch post-OP sehr
wahrscheinlich inaktiv bleiben [71]. Ähnliche Ergebnisse haben Schumann et al. anhand 100 konsekutiver anatomischer
TEP-Implantationen, darunter 55 Sportler, gefunden, wobei nach knapp 3 Jahren bei
prä-OP aktiven Patienten, von knapp 90 % das ehemalige Sportniveau nahezu wieder erreicht
wurde [66]. Zu den favorisierten Sportarten nach anatomischer TEP gehören Schwimmen, Fitness,
Tennis und Golf [66]
[72].
Schulterendoprothetik: spezielle Sportarten
Eine Befragung von 367 Patienten im Mittel 3,2 Jahre nach anatomischer TEP-Implantation
hat ergeben, dass 8 Monate post-OP die Rückkehr zum Golfsport mit signifikant weniger
Schmerz, verbesserter Schlagweite und reduziertem Handicap verbunden ist [73].
Welche Empfehlungen können zu sportlicher Aktivität mit Endoprothese gegeben werden?
Die aktuellen Empfehlungen für Sport mit Endoprothesen stützen sich im Wesentlichen
auf Expertenmeinungen aus Umfragen und entsprechen nicht evidenzbasierten Leitlinien.
Es ist zu erwarten, dass sich dies in Zukunft ändern wird, unter anderem aufgrund
der oben zitierten aktuellen Literatur und Entwicklungen.
So gibt es hinsichtlich der Hüft- und Kniegelenksendoprothetik trotz beginnend distinkter
Datenlage für beide Gelenke noch keine klar separaten Empfehlungen, die der Datenlage
entsprechen. Es besteht allgemein große Übereinkunft hinsichtlich folgender Punkte:
nach einem postoperativen Zeitintervall von 3 – 6 Monaten werden Low-impact-Sportarten
wie Walking, Fahrradfahren, Schwimmen und Golfen empfohlen, während von High-impact-Sportarten
wie Joggen und Fußball abgeraten wird. Disziplinen wie Tennis und Skifahren werden
meist differenzierter betrachtet (Tennis: Einzel vs. Doppel, Skifahren: Piste vs.
Gelände, [Tab. 1], [2]). Empfehlungen für Knieendoprothesen sind im Allgemeinen deutlich restriktiver als
für Hüftendoprothesen [12]
[74] ohne dass dieser Unterschied durch Daten begründet werden könnte. Es besteht Konsens
zu liberaleren Empfehlungen, wenn die Sportart bereits vor dem Eingriff ausgeübt wurde
[74]
[75] ([Tab. 1], [2]). Interessanterweise korreliert die persönliche Erfahrung eines Operateurs (Anzahl
der durchgeführten Eingriffe) mit der Tendenz zu liberaleren postoperativen Empfehlungen
mit wachsender Erfahrung [12]. Generell sind die Empfehlungen von Hüft- und Kniechirurgen in den letzten 15 – 20
Jahren sukzessive liberaler geworden. Darüber hinaus bestehen deutliche regionale
Unterschiede, was den subjektiven Charakter der Empfehlungen unterstreicht. Aus diesen
beiden Trends sind die zum Teil beträchtlichen Abweichungen in den Ergebnissen aus
Umfragen unter Experten zu erklären, wie sie in [Tab. 1], [2] nach Befragung nordamerikanischer und dänischer Orthopäden, publiziert in den Jahren
2009 und 2014 gegenübergestellt sind [12]
[74].
Tab. 1
Empfehlungen zu sportlicher Aktivität nach Hüftendoprothese. Auszug aus Expertenumfragen
unter dänischen (Laursen et al. 2014) und amerikanischen (Swanson et al. 2009) Chirurgen.
|
erlaubt %
|
gelegentlich erlaubt %
|
erlaubt mit Erfahrung %
|
nicht empfohlen %
|
|
Swanson et al.
(2009)
|
Laursen et al.
(2014)
|
Swanson et al.
(2009)
|
Laursen et al.
(2014)
|
Swanson et al.
(2009)
|
Laursen et al.
(2014)
|
Walking (ebener Untergrund)
|
99,3
|
|
0,7
|
|
0,0
|
|
Joggen
|
7,3
|
68,0
|
20,9
|
4,0
|
71,5
|
28,0
|
Schwimmen
|
99,3
|
92,0
|
0,0
|
8,0
|
0,7
|
0,0
|
Fahrradfahren
|
|
97,8
|
96,9
|
2,2
|
4,0
|
0,0
|
0,0
|
|
31,6
|
60,0
|
32,4
|
24,0
|
35,3
|
16,0
|
Wandern
|
|
88,0
|
|
12,0
|
|
0,0
|
Klettern
|
53,7
|
|
25,2
|
|
20,6
|
|
Golf
|
99,3
|
92,0
|
0,0
|
8,0
|
0,7
|
0,0
|
Tennis
|
|
|
|
|
|
|
|
17,4
|
56,0
|
32,4
|
40,0
|
50,0
|
4,0
|
|
70,1
|
|
26,6
|
|
2,9
|
|
Fußball
|
|
16,0
|
|
16,0
|
|
68,0
|
Skifahren
|
|
44,9
|
|
39,6
|
|
14,7
|
|
|
|
32,0
|
|
48,0
|
|
20,0
|
|
5,9
|
|
10,1
|
|
83,7
|
|
Tab. 2
Empfehlungen zu sportlicher Aktivität nach Knieendoprothese. Auszug aus Expertenumfragen
unter dänischen (Laursen et al. 2014) und amerikanischen (Swanson et al. 2009) Chirurgen.
|
erlaubt %
|
gelegentlich erlaubt %
|
erlaubt mit Erfahrung %
|
nicht empfohlen %
|
|
Swanson et al.
(2009)
|
Laursen et al.
(2014)
|
Swanson et al.
(2009)
|
Laursen et al.
(2014)
|
Swanson et al.
(2009)
|
Laursen et al.
(2014)
|
Walking (ebener Untergrund)
|
99,3
|
|
0,7
|
|
0,0
|
|
Joggen
|
4,3
|
33,0
|
20,1
|
10,0
|
75,4
|
57,0
|
Schwimmen
|
99,3
|
100,0
|
0,0
|
0,0
|
0,7
|
0,0
|
Fahrradfahren
|
|
|
|
|
|
|
|
96,4
|
100,0
|
3,6
|
0,0
|
0,0
|
0,0
|
|
27,0
|
57,0
|
36,7
|
19,0
|
35,8
|
19,0
|
Wandern
|
|
81,0
|
|
14,0
|
|
5,0
|
Klettern
|
55,1
|
|
26,6
|
|
17,6
|
|
Golf
|
97,8
|
95,0
|
1,4
|
5,0
|
0,7
|
0,0
|
Tennis
|
|
|
|
|
|
|
|
10,9
|
43,0
|
28,1
|
43,0
|
60,6
|
14,0
|
|
65,7
|
|
28,8
|
|
5,1
|
|
Fußball
|
|
5,0
|
|
10,0
|
|
86,0
|
Skifahren
|
|
|
|
|
|
|
|
43,8
|
|
39,6
|
|
16,1
|
|
|
|
33,0
|
|
48,0
|
|
19,0
|
|
3,7
|
|
10,1
|
|
85,9
|
|
Für Schulterendoprothesen bleiben die ausgesprochenen Empfehlungen bisher sehr allgemeiner
Natur. Magnussen et al. haben 2011 eine Umfrage unter Experten der American Shoulder
and Elbow Surgeons (ASES) und der European Society for Surgery of the Shoulder and
Elbow (SECEC) durchgeführt an der 47 amerikanische und 52 europäische Kollegen teilnahmen
[76]. Hier wurde mehrheitlich die Ausübung von Low-impact-Sportarten wie Walking, Fahrradfahren
und Tanzen bei allen Prothesentypen nach 5 – 7 Monaten empfohlen. Low-impact-Sportarten,
die den Einsatz der Arme erfordern, wie Golf und Schwimmen wurden zwar nach Hemiarthroplastik
und anatomischer TEP empfohlen, bei inverser TEP jedoch nur sehr restriktiv unter
der Voraussetzung vorangehender Erfahrung. High-impact-Sportarten wie Tennis, Skifahren
und Fußball wurden für Hemiprothesen und anatomische TEPs mit der Einschränkung sportlicher
Erfahrung empfohlen, jedoch für inverse Prothesen abgelehnt. Es zeigte sich allgemein
eine deutlich zunehmende Restriktivität der Empfehlungen von der Hemiarthroplastik
über die anatomische TEP zur inversen Endoprothese [76]. Eine 2012 von Golant et al. publizierte Umfrage unter ASES Mitgliedern bestätigte
den Eindruck, dass in den Augen der Operateure tendenziell ein Glenoidersatz (anatomisch
oder invers) sowie Kontaktsportarten Hinderungsgründe gegenüber Wiederaufnahme sportlicher
Aktivität post-OP darstellen sollten, sodass für Hemiprothesen die liberalsten Empfehlungen
ausgesprochen werden [77].
Es wird deutlich, dass die existierenden Expertenempfehlungen mehr auf subjektiver
Einschätzung des Risikos als auf objektiver Beobachtung des tatsächlichen Risikos
und der faktischen Sportfähigkeit beruhen. Es fehlen aktuell evidenzbasierte Leitlinien,
die für den sportlich ambitionierten Patienten eine fundierte Stütze bei der Wiederaufnahme
sportlicher Aktivität nach endoprothetischer Versorgung darstellen könten.