Z Gastroenterol 2016; 54(11): 1210
DOI: 10.1055/s-0042-119770
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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A. Stallmach
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Publication Date:
08 November 2016 (online)

Die Behandlung maligner Erkrankungen, aber auch der chronisch entzündlichen Systemerkrankungen mit gezielt wirkenden biotechnologisch hergestellten Proteinen, den sogenannten Biologika, hat in den beiden letzten Jahrzehnten die Behandlungsmöglichkeiten in der Inneren Medizin und anderen Gebieten wie z. B. der Dermatologie oder Neurologie revolutioniert. Dabei greifen die Biologika gezielt in die Pathogenese onkologischer und inflammatorischer Erkrankungen ein und führen zu deutlich verbesserten therapeutischen Ergebnissen einschließlich erhöhter Lebensqualität und Arbeitsproduktivität im Vergleich zur konventionellen Therapie. Mit diesen Ergebnissen sind aber auch die Behandlungskosten durch den Einsatz der Biologika angestiegen; diese spielen weltweit für die Kostenträger im Gesundheitssystem eine große Rolle, da der Umsatz dieser Biologika in den letzten Jahren kontinuierlich durch eine breitere Nutzung und weitere Indikationen zugenommen hat. So waren im Jahr 2000 unter den zehn weltweit kostenträchtigsten Medikamenten nur zwei Biologika vertreten. Der aktuelle Barmer GEK Arzneimittelreport 2016 weist aus, dass im Jahr 2015 unter den zehn kostenträchtigsten Medikamenten schon fünf Biologika gelistet waren, wobei Adalimumab die Liste anführt. Vor diesem Hintergrund ist die Verfügbarkeit von Biosimilars für unser Gesundheitssystem von großer Bedeutung. Dabei stellen die Biosimilars keine pharmakologische Weiterentwicklung eines bereits vorhandenen Wirkstoffs dar, sie sollen vielmehr durch einen entsprechenden Herstellungsprozess in physikalischen Qualitäten, Sicherheit und Effektivität mit dem zugelassenen Original Biologikum identisch bzw. hinreichend vergleichbar sein. Von der flächendeckenden Einführung der Biosimilars versprechen sich die gesetzlichen Krankenversicherungen eine relevante Erniedrigung der patientenbezogenen Therapiekosten („Hauptsache billiger“). Unabhängig davon erscheinen die potentiell mit der Einführung der Biosimilars verbundenen Probleme (Wirkung, Langzeit-Nebenwirkungen, etc.) für viele Kollegen noch unzureichend adressiert. Ob ein Patient ein Biosimilar erhält, hängt auch davon ab, wo er wohnt. Denn die Biosimilarquoten differieren je nach Kassenärztlicher Vereinigung deutlich. Während die Ärztinnen und Ärzte in Bremen in 54,2 % der Fälle Biosimilars verordnen, sind es im Saarland nur 27,4 %. Betrachtet man einzelne Präparate, unterscheiden sich die Verschreibungsquoten sogar um das bis zu 19-Fache. Mecklenburg-Vorpommern weist gar eine „Null-Quote“ für ein Biosimilar aus. Vor diesem Hintergrund soll das Schwerpunktheft über die medizinischen Aspekte bzgl. Entwicklung, Zulassung und Extrapolation sowie die klinischen Daten zur Effektivität und Sicherheit bei onkologischen und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen informieren. Aber auch medikolegale und ethische Aspekte sind in die Diskussion aufzunehmen. Alle Autoren sind national und international hoch angesehen und reflektieren kompetent den aktuellen Sachstand zu Biosimilars. Ihnen sei ganz besonders gedankt und dem Leser hoffentlich viele praxisrelevante Informationen gewünscht.