Diabetes aktuell 2016; 14(08): 385-394
DOI: 10.1055/s-0042-122319
Schwerpunkt
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Benachteiligt das AMNOG systematisch Medikamente in der Indikation ‚Diabetes mellitus‘?

Häufigere Marktrücknahmen als in anderen IndikationenDoes the AMNOG process discriminate against new drugs in the field of ‚diabetes mellitus‘ systematically? – Opt-out more often than in other indications
Thomas Hammerschmidt
1   Fakultät für Angewandte Gesundheits- und Sozialwissenschaften, Hochschule Rosenheim
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Publication Date:
04 January 2017 (online)

Seit 2011 müssen Hersteller neuer Medikamente infolge des AMNOG deren Zusatznutzen gegenüber einer sogenannten „zweckmäßigen Vergleichstherapie“ nachweisen. Mit derzeit 17 Nutzenbewertungen ist der Diabetes mellitus die Indikation, in der bislang die meisten Medikamente beurteilt wurden. Allerdings fallen die Nutzenbewertungen für Antidiabetika wesentlich schlechter aus als in anderen Indikationen. Meist erhalten sie entweder keinen Zusatznutzen oder nur einen geringen Zusatznutzen in einer Teilpopulation. Wegen dieser schlechten Bewertungen und der geringpreisigen generischen zweckmäßigen Vergleichstherapie nehmen Hersteller seit der Einführung des AMNOG Antidiabetika häufiger vom Markt als Medikamente in anderen Indikationen. Die Auswahl an Antidiabetika ist demzufolge in Deutschland deutlich eingeschränkt, und pharmazeutische Unternehmen erwarten in Zukunft eine verspätete Markteinführung in Deutschland. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, müssen Hersteller mehr Daten zu langfristigen Outcomes der Arzneimitteltherapie generieren und diese in den Prozess einbringen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der AMNOG-Prozess entsprechend angepasst wird.

Since 2011, pharmaceutical companies have to proof the added benefit of new drugs in relation to an „appropriate comparator therapy“ (ACT) defined by the Federal Joint Committee (Gemeinsamer Bundesausschuss, G-BA). In diabetes mellitus 17 drugs have been assessed so far, which makes Diabetes mellitus the single indication with most benefit assessments. The added benefit of antidiabetics is smaller than those on other indications. Most antidiabetics have no proven benefit or only a minor benefit for parts of the patient population. As a consequence of the benefit assessment and the low-priced, generic ACT, antidiabetics have been taken from the market by manufacturers (so-called opt-out) more often than in other indications. This results in drug switches for the patients. Manufacturers expect delayed launches of new antidiabetics in the future. In order to cope with this situation, manufacturers need to generate more outcomes data. Furthermore, the AMNOG process should be refined to give manufacturers the possibility to do so while starting to market the drug.