Uhrzeigerstrategie hilft beim Drehen – Morbus Parkinson
Uhrzeigerstrategie hilft beim Drehen – Morbus Parkinson
Patienten mit Parkinson haben häufig Probleme damit, sich im Stand oder Gang umzudrehen.
Sie führen den Richtungswechsel sehr langsam mit vielen kleinen Schritten aus oder
frieren in der Drehbewegung ein (Freezing).
Ein Forscherteam aus Taiwan testete nun, ob das Umdrehen den Patienten leichter fällt,
wenn sie ihre Füße wie Uhrzeiger bewusst auf die Positionen drei, sechs, neun und
zwölf Uhr bzw. andersherum setzen. Für ihre Untersuchung verteilten sie 25 Probanden
zufällig auf eine Gruppe, die sich drehte wie immer. Eine andere Gruppe wendete die
Uhrzeigerstrategie an. Ob die neue Methode einen Effekt hat, überprüften die Wissenschaftler
mithilfe einer Videoanalyse beim Timed-Up-and-Go-Test. Dabei werteten sie insbesondere
den Richtungswechsel aus, der in der Mitte des Tests von den Patienten gefordert ist.
Nach einer kurzen Übungseinheit drehten die Patienten aus der Uhrengruppe im Test
schneller und mit weniger Freezing-Episoden als die Gruppe, die drehte wie immer.
Außerdem zeigten sie weniger Variabilität in der Schrittzeit und der Schrittasymmetrie.
Die Forscher schlussfolgern, dass die Uhrzeigerstrategie helfen kann, Gleichgewichtsverlust
und Stürzen beim Drehen vorzubeugen. Die Patienten sollten sich dabei jedoch voll
auf die Strategie fokussieren. Denn stellten die Therapeuten den Patienten während
des Drehens mit der Uhrzeigerstrategie zusätzlich eine Aufgabe (Dual Task), war der
Effekt gestört.
hoth
J Neurol Phys Ther 2016; 40: 249–256
„Sich tätowieren lassen“ ist eine komplexe Betätigung – Occupational Science
„Sich tätowieren lassen“ ist eine komplexe Betätigung – Occupational Science
Ergotherapieprofessorin Dr. Ann Wilcock entwickelte das Rahmenkonzept „Doing, Being,
Becoming, Belonging“. Es hilft Ergotherapeuten dabei, Betätigungen wie „sich tätowieren
lassen“ zu analysieren. Die Analyseergebnisse veröffentlichte Hannah Key, Ergotherapiestudentin
am Cambian Diston College, Großbritannien, gemeinsam mit ihrer Dozentin Claire Brewis.
Die Studentin führte eine qualitative Untersuchung durch, um ein ergotherapeutisches
Verständnis für die Betätigung „sich tätowieren lassen“ zu generieren. Potenzielle
Teilnehmer rekrutierte sie über ihren Freundeskreis und das E-Mail-System der Universität.
Als Einschlusskriterium sollten die Probanden mehr als ein Tattoo haben. Insgesamt
nahmen sechs Frauen und Männer zwischen 20 und 30 Jahren teil. Die Hauptmotivation
für ihre zwei bis 40 Tattoos war entweder eine persönliche Bedeutung des Motivs oder
die Ästhetik. Mit ihnen führte die Studentin semistrukturierte Interviews von durchschnittlich
25 Minuten Dauer durch. In ihren Fragen bezog sie sich einerseits auf die Motivation,
sich tätowieren zu lassen. Andererseits stellte sie Fragen zu den Emotionen während
des gesamten Prozesses von der Entscheidung für eine Tätowierung über die Auswahl
bis zum fertig gestochenen Motiv.
In ihrer Auswertung sortierte die Ergotherapiestudentin die Antworten der Befragten
acht Kategorien zu, die das Tätowieren beeinflussen. Das waren zum Beispiel „externe
Faktoren“ (Finanzierung), „positive Emotionen“ (Ästhetik), die „Verbindung zur eigenen
Identität“ (Bedeutung des Tattoos), „Verbindung zu anderen“ (Verstorbenen) sowie „soziale
Verbindung“ (andere Tätowierte).
Diese acht Kategorien analysierte Hannah Key anhand des Rahmenkonzepts von Wilcock:
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Doing (= tun): Wiederholtes Tätowieren führt zu Veränderungen. Tätowierte wählen Folge-Tattoos
zum Beispiel mit mehr Bedacht aus.
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Being (= sein): Der Prozess wird individuell erfahren. Positive Emotionen sind beispielsweise
Gefühle von Befriedigung und Macht über den eigenen Körper. Negative Gefühle werden
durch verletzende Feedbacks der Umwelt ausgelöst.
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Becoming (= werden): Tätowierte gestalten ihren Körper selbst und erleben dadurch Einzigartigkeit.
Ebenso stellen Tattoos ggf. ein Symbol für Veränderung dar.
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Belonging (= dazugehören): Tätowierungen halten Beziehungen aufrecht und schenken soziale Verbundenheit.
Die ergotherapeutische Analyse zeigt, dass es sich beim „Sich-tätowieren-Lassen“ um
eine komplexe und individuelle Betätigung handelt. Folgestudien sollten weitere Subkulturen
untersuchen, um die Ergebnisse auf größere Populationen zu übertragen und den Begriff
der Betätigung weiter ausbauen zu können.
lk
J Occup Sci 2016; doi: 10.1080/14427591.2016.1241186
Rahmenkonzept von Wilcock – Vier Dimensionen
Die Beziehung zwischen einer Betätigung und ihrem Endprodukt wird durch vier interagierende
Dimensionen bestimmt. Analysieren Ergotherapeuten eine Betätigung nach den Dimensionen,
erreichen sie ein tieferes Verständnis für die Betätigung.
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Doing (tun): aktives Engagement in einer Betätigung; Individuen erfahren dadurch das „Sein“
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Being (sein): formt die Betätigungsidentität; die Dimension spiegelt den Sinn der Betätigung
wider und die dazugehörigen Gefühle
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Becoming (werden): Die Kombination aus Doing und Being führt zu einem Prozess des Wachstums
und der Weiterentwicklung und damit zu einem zukünftigen Ich.
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Belonging (dazugehören): Betätigung schafft Verbindungen zu anderen Menschen, zu Orten und
Menschen.
J Occup Sci 2016; doi: 10.1080/14427591.2016.1241186
Reduzierte Impulsivität – Neurofeedback
Reduzierte Impulsivität – Neurofeedback
Neurofeedback reduziert impulsives Verhalten bei ADHS.
Abb.: D. Race/fotolia.com (nachgestellte Situation)
Theta-/Beta-Feedback reduziert impulsives Verhalten von Kindern mit ADHS. Die positiven
Effekte zeigen sich im Verhalten und auf neuropsychologischer Ebene. Zu diesem Ergebnis
kommen kognitive Neuropsychologen um Annet Bluschke an der Klinik und Poliklinik für
Kinder- und Jugendpsychotherapie Dresden.
Sie führten eine achtwöchige Studie durch, um zu untersuchen, welche neuronalen Mechanismen
Theta-/Beta-Neurofeedback beeinflusst. Ihr besonderes Interesse galt der Kernsymptomatik
Impulsivität. Für die Studie im Prä-/Post-Design untersuchten sie 19 Kinder zwischen
8 und 14 Jahren mit einem IQ von durchschnittlich 97. Alle erfüllten die Kriterien
für ADHS nach ICD-10. Neun von ihnen waren medikamentös eingestellt, Komorbiditäten
bestanden nicht. Die Wartekontrollgruppe mit vergleichbarer Charakteristik bestand
aus 17 Kindern.
Die Forscher führten eine Prä-Testung mittels Conners-3-Skala durch und testeten die
Reaktion der Kinder bezüglich ihrer Impulskontrolle. Dazu sahen die Kinder auf einem
Bildschirm entweder das Wort „Drück“ oder „Stopp“. Je nach Aufforderung mussten sie
mit dem Zeigefinger schnellstmöglich eine Taste drücken oder die Reaktion zurückhalten.
Dabei wurden richtiges Verhalten, benötigte Reaktionszeit und Gehirnaktivität im EEG
gemessen.
Anschließend erhielt die Experimentalgruppe zwei Mal wöchentlich für eine Stunde Neurofeedback.
Dabei wurden Gehirnwellen und aktivierte Gehirnareale per EEG aufgezeichnet. Während
die Kinder Aufgaben lösen sollten, zum Beispiel ein Auto steuern, sahen sie ihre Theta-/Beta-Aktivität
auf dem Bildschirm. Regulierten sie diese falsch, erschien ein trauriges Smiley. Zusätzlich
erhielten die Kinder Verhaltenstherapie, Aufmerksamkeitsstrategien, Hausaufgaben und
Token-Systeme.
Die Auswertung der Reaktionsaufgabe und der Conners-3-Skala zeigt, dass die Experimentalgruppe
ihre Impulsivität signifikant besser steuern konnte. Zudem traten konkrete Veränderungen
in der Gehirnaktivität auf: Die Hemmungsvorgänge im medial frontalen Kortex waren
gesteigert. Die Regulation von Theta-/Beta-Frequenzen gelang den Kindern besser. Aufgrund
unvollständiger Daten sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen. Ob Theta-/Beta-Neurofeedback
auch andere Facetten von ADHS verbessert, muss noch untersucht werden. Zudem bleibt
offen, wie lange die Effekte bestehen und ob Neurofeedback eine ähnliche Wirkung wie
Medikamente hat.
lk
Scientific Reports 2016; 6; 1-9
Assessment – Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten – 3
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standardisiertes klinisches Instrument zur Erfassung von Aufmerksamkeitsstörungen
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eignet sich zur Diagnostik bei Verdacht auf ADHS, Verlaufsuntersuchung, allgemeines
Screening für Verhaltensprobleme
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geeignet für Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren
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erfasst Verhalten, Symptome und Probleme in verschiedenen Bereichen (z. B. Lernprobleme,
Sozialverhalten)
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vier verschiedene Versionen (ADHS-Index, Langversion, Kurzversion und Global-Index)
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Für jede Version gibt es einen Lehrer-, Eltern- und Selbstbeurteilungsfragebogen.
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Bearbeitungsdauer: ca. 20 Minuten
Testzentrale. Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten – 3. Im Internet:
www.testzentrale.de/shop/conners-skalen-zu-aufmerksamkeit-und-verhalten-3-70014.html
Gehirnwellen – Einteilung
Gehirnwellen lassen sich mittels EEG messen:
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Delta: Schlafwellen
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Theta: Tagträumen, reduzierte Aufmerksamkeit, zu hoch bei Kindern mit ADHS
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Beta: konzentrierter Wachzustand, zu niedrig bei Kindern mit ADHS
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High-Beta: Ängste, Sorgen, Gedankenjagen
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SMR: sensomotorischer Rhythmus, motorische Ruhe kombiniert mit Wachheit
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Alpha: entspannter Wachzustand
Wiener Institut für Neurofeedback und Biofeedback. Neurofeedback Funktion. Im Internet:
www.winbfb.at/nf_funktion.htm