Einleitung Die Scapula alata ist ein seltenes Krankheitsbild, wobei aus äthiopathologischer
Sicht neurologische, infektiöse, knöcherne und muskuläre Ursachen vorliegen können.
Neben einer dumpfen Schmerzsymptomatik in der Schulterregion spielt auch der kosmetische
Aspekt einer abstehenden Scapula eine Rolle.
Methode Wir berichten über einen 36-jährigen Patienten mit progredienten Schulterschmerzen
und zunehmenden Abstehen der Scapula unter Belastung, Kraftverlust und Missempfindungen
im linken Arm.
Ergebnisse Klinisch zeigte sich eine leichte Atrophie des M. latissimus dorsi, beim Liegestütz
gegen die Wand fand sich ein zunehmendes Winging der Scapula. Des Weiteren war der
Bicepssehnenreflex abgeschwächt und es bestanden Dysästhesien im C6 Dermatom. Laborchemisch
zeigten sich keine erhöhten Entzündungswerte, das Vorliegen einer Borreliose konnte
ausgeschlossen werden. Im konventionellen Röntgen der HWS und Schulter konnten Pathologien
ausgeschlossen werden. In der durchgeführten Elektrophysiologie konnte ein C6 Wurzelsyndrom
mit Paresen im M. latissimus dorsi, des M. biceps brachii sowie der Mm. rhomboidei
nachgewiesen werden. In der daraufhin durchgeführten kontrastmittelunterstützten MRT
der HWS zeigte sich eine zervikale Syringomyelie im Halsmark auf Höhe des 6. HWK mit
einer Längsausdehnung von 2 cm. Ein Prolaps, eine spinale Stenose oder ein Tumorgeschehen
konnten ausgeschlossen werden. Therapeutisch erfolgte eine physiotherapeutische Behandlung
mit Muskelkräftigung, -dehnung und -detonisierung. Zusätzlich wurde eine Bedarfsmedikation
mit NSAR verordnet. Hierunter fand sich im Verlauf eine Besserung der Schmerzen bei
persistierendem Winging.
Diskussion Die Scapula alata ist eine äußerst seltene Pathologie des Schulterblatts, welche
die Biomechanik des Schultergelenkes sowie die funktionelle Aktivität der oberen Extremität
kompromittiert. Im vorliegenden Fall konnte als Ursache eine zervikale Syrinx nachgewiesen
werden, welche zu den Paresen in den Versorgungsgebieten des N. dorsalis scapulae
und des N. thoracicus longus führte. Eine kurative Therapie ist nicht möglich, bei
zunehmender Klinik sollte eine Größenprogression der Syrinx im MRT beurteilt werden.
Eine Drainage oder Operation der Syrinx ist komplikationsreich und mit häufigen Rezidiven
behaftet, die Indikation sollte streng gestellt werden.
Keywords Muskelatrophie, Scapula alata, Schulterschmerz, zervikale Syringomyelie
Korrespondenzadresse Sebastian Radmer, Zentrum für Bewegungsheilkunde, Facharztpraxis für Orthopädie,
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