Aktivitäten wie Trampolinspringen können dazu beitragen, dass Kinder mit Autismus
und einer geistigen Behinderung Gruppenaktivitäten in der Schule besser meistern.
Abb.: ruslanshug/fotolia.com (nachgestellte Situation)
Sensorisch basierte Aktivitäten im Klassenzimmer hilfreich – Autismus
Sensorisch basierte Aktivitäten im Klassenzimmer hilfreich – Autismus
Kinder mit Autismus und intellektuellen Einschränkungen können von einem sensorisch
basierten Aktivitätsprotokoll im Klassenzimmer profitieren und ihre Performanz in
der Schule steigern. Dies fanden die Ergotherapeutinnen Caroline Mills, Christine
Chapparo und Joanne Hinitt im Rahmen einer Pilotstudie an der University of Sydney,
Australien, heraus.
Sie erhoben im Rahmen eines Single-System-Designs acht Monate lang Daten von vier
Schülern im Alter von 5;7 bis 7;10 Jahren mit den Diagnosen Autismus und geistige
Behinderung. Die Lehrerin verwies die Jungen wegen Schwierigkeiten im Arbeitsverhalten
durch Aufstehen während des Unterrichts, motorische Unruhe oder taktile Reizsuche
an die Schul-Ergotherapeutin. Diese bestätigte anhand von Informationen aus dem Elternfragebogen
Short Sensory Profile (SSP) und Beobachtung der Kinder bei der Aufgabenausführung
im Klassenzimmer, dass sensorische Ursachen für die Schwierigkeiten vorlagen. Daraufhin
stellte sie ein sensorisch basiertes Aktivitätsprotokoll für jeden Schüler zusammen,
das die Lehrerin im Klassenzimmer durchführte. Darunter waren einfach auszuführende
zehnminütige Aktivitäten wie vor einer sitzenden Aktivität Trampolin springen oder
auf einem Therapieball hüpfen. Ziel des Protokolls war die Veränderung einer definierten
Situation, zum Beispiel die Beendigung einer Aufgabe oder die Teilnahme an einer Gruppenaktivität.
Ziel des Aktivitätsprotokolls ist die Veränderung einer Situation.
Um beurteilen zu können, ob die sensorisch basierten Aktivitäten einen positiven Einfluss
auf das Arbeitsverhalten hatten, wurden die Jungen zu Beginn und im Verlauf der Studie
mehrmals beim Ausführen einer bestimmten Unterrichtsaktivität wie Schneiden oder Kleben
gefilmt. Eine geblindete Ergotherapeutin bewertete die Aufgabenausführung in randomisierter
Reihenfolge anhand der Aktivitätsanalyse PRPP (Perceive, Recall, Plan, Perform). Die
Auswertung ergab, dass drei der vier Teilnehmer ihre Leistung signifikant verbessern
konnten. Die größten Verbesserungen zeigten sich bei den Kindern, die laut SSP die
stärksten sensorischen Probleme aufwiesen.
Gezielte sensorisch basierte Aktivitäten im Klassenzimmer können also durchaus effektiv
sein, um die Performanz geistig behinderter autistischer Kinder in der Schule zu unterstützen.
Um die Ergebnisse zu untermauern, sind jedoch weitere Studien mit rigoroserem Design,
größerer Teilnehmerzahl und über einen längeren Zeitraum hinweg nötig.
evfi
Br J Occup Ther 2016; 79: 530–539
Mit der Fähigkeitenskala Alltagsfähigkeiten zuverlässig ermitteln – Barthel-Index-basierte Zusatzskalen
Mit der Fähigkeitenskala Alltagsfähigkeiten zuverlässig ermitteln – Barthel-Index-basierte Zusatzskalen
Den Alltag besser bewältigen – dieses Ziel verfolgen viele Klienten nach einem Schlaganfall.
Die Barthel-Index-basierten Zusatzskalen (BI-SS) bieten die Möglichkeit, Fähigkeiten
und Schwierigkeiten in Bezug auf ADL-Tätigkeiten einzuschätzen. Dabei besitzen die
Fähigkeits- und Schwierigkeitsskalen jeweils eine angemessene Test-Retest-Reliabilität.
Allerdings scheint nur die Fähigkeitsskala Veränderungen zu ermitteln, die eine klinische
Bedeutung besitzen. Zu diesem Ergebnis kam ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin
Ya-Chen Lee von der National Taiwan University in China.
Die Forscher bezogen sechs ambulante und eine stationäre Einrichtung der Schlaganfall-Rehabilitation
in ihre Forschung ein. Mithilfe von 84 Klienten untersuchten sie die Test-Retest-Reliabilität
der Skalen, während 57 Klienten an ihrer Studie zur Veränderungssensitivität teilnahmen.
Laut Ergebnissen zeigt die Fähigkeitsskala des BI-SS exzellente Übereinstimmungswerte,
während die Test-Retest-Übereinstimmung bei der Schwierigkeitsskala im mittleren Bereich
liegt. Auch belegen die Forscher für beide Skalen eine große bis moderate interne
Veränderungssensitivität. Das heißt, beide Skalen sind bei Menschen nach Schlaganfall
grundsätzlich dazu in der Lage, aufgetretene Veränderungen zu ermitteln. Allerdings
scheinen nur die Veränderungen auf der Fähigkeitsskala klinisch bedeutsam zu sein.
Denn sie gehen nachweislich mit einer veränderten Alltagsperformanz einher, wie sie
der Barthel Index ermittelt. Anders sieht es bei der Schwierigkeitsskala aus: Hier
korrespondieren die ermittelten Veränderungen nur schwach mit den Veränderungen auf
dem Barthel-Index und liegen im nicht signifikanten Bereich. Das heißt: Nehmen die
Klienten Veränderungen bei ihren Schwierigkeiten wahr, muss dies keinen Einfluss auf
ihre tatsächliche Alltagsperformanz haben.
Aus Sicht der Forscher bietet sich die Fähigkeitsskala in Praxis und Forschung an,
um Alltagsfähigkeiten von Klienten nach Schlaganfall zuverlässig zu ermitteln und
klinisch bedeutsame Veränderungen festzustellen. Auch die Schwierigkeitsskala scheint
zu zuverlässigen Ergebnissen zu kommen. Ihren praktischen Nutzen bewerten die Forschern
dennoch als fraglich. Denn sie ermittelt offenbar Veränderungen, welche die Alltagsperformanz
der Klienten kaum beeinflussen.
fk
Eur J Phys Rehabil Med 2017; doi: 10.23736/S1973-9087.17.04454-9
Vergleichbare Behandlungseffekte – Therapie versus Wii
Vergleichbare Behandlungseffekte – Therapie versus Wii
Abb.: DDRockstar/fotolia.com (nachgestellte Situation
Bei rheumatoider Arthritis erzielt ein Heimübungsprogramm mit der Spielekonsole Wii
vergleichbare Effekte wie therapeutische Standardübungen. Dieses Ergebnis ermittelten
Wissenschaftler um den Studienkoordinator Jan Zernicke an der Klinik für Rheumatologie
und Klinische Immunologie in Berlin.
In einer Pilotstudie evaluierten die Forscher, ob ein animiertes Heimübungsprogramm
mit der Wii für Menschen mit rheumatoider Arthritis umsetzbar und effektiv ist. Diese
Vergleichsstudie führten sie mit 30 Patienten (25 Frauen, 5 Männer) mit fortgeschrittener
rheumatoider Arthritis und geringer Krankheitsaktivität durch. Das Durchschnittsalter
lag bei 56 Jahren, die bisherige Krankheitsdauer bei circa 13 Jahren. Alle Teilnehmer
waren medikamentös eingestellt.
15 Patienten starteten für 12 Wochen mit einem klassischen therapeutischen Heimübungsprogramm,
die andere Hälfte mit der Spielekonsole. Nach 12 Wochen wechselten sie das Behandlungskonzept,
sodass gemäß einem Cross-over-Design beide Gruppen beide Interventionen nacheinander
erhielten. Alle Patienten sollten wöchentlich dreimal für etwa 30 Minuten üben. Die
Wii-Gruppe startete mit einer Einführung in die Spielekonsole, die Fitnesssoftware
„Wii fit plus“ und das zugehörige Balance-Board. Therapeuten stellten geeignete Übungen
aus Yoga, Muskelkraft, Balance und Aerobic zusammen. Für die Patienten der Therapiegruppe
erstellten die Therapeuten ein individuelles Programm mit 10 bis 12 Übungen zu Muskelkraft,
Koordination, Gelenkbeweglichkeit und Entspannung.
Die Erhebung qualitativer (Interviews) und quantitativer Daten (Funktionstests) erfolgte
zu Beginn, nach 12 Wochen und am Ende der Studie. In den Interviews nannten die Teilnehmer
als Vorteile der Wii mehr Spaß und eine erhöhte Motivation. Nachteile seien zum Beispiel
ein zu hoher Schwierigkeitsgrad. Zudem limitierten Vorfuß-Einschränkungen die Performanz
auf dem Balance-Board. Vorteil des Heimübungsprogramms sei die personalisierte Übungsauswahl,
negativ die reduzierte Motivation der Patienten. Die Funktionstests ergaben Verbesserungen
in beiden Gruppen ohne signifikante Unterschiede: Die Gesamtmuskelkraft verbessere
sich um 12 Prozent, die Gehleistung um 5 Prozent.
Dies zeigt, dass ein Training mit der Wii-Spielekonsole umsetzbar und erfolgreich
sein kann. Es hat das Potenzial, alternativ oder zusätzlich die Gelenkfunktionen zu
erhalten und die Fitness kosteneffektiv zu verbessern.
lk
BMC Musculoskeletal Disorders 2016; doi: 10.1186/s12891-016-1208-3
TAB. Funktionelle Therapieziele mittels Wii-Aktivitäten erreichen
Therapieziel
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Beispielhafte Wii-Aktivität
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OT Now 2010; 12: 11–14
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Wii-habilitation …
… bezeichnet den Einsatz der Spielekonsole Wii in der medizinischen Rehabilitation.
Aus den folgenden Gründen wird die Wii weltweit als Therapiemedium geschätzt:
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Der Einsatz der Spielekonsole bewirkt eine erhöhte Compliance und Motivation, da die
Anstrengung mit etwas verbunden wird, das dem Patienten Spaß macht.
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Die Wii verfügt über unterschiedliche Spiele-Softwares und ermöglicht das Training
verschiedenster Funktionen wie Gleichgewicht, Konzentration, Koordination, Kraft oder
Ausdauer.
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Das Therapiemedium ist kostengünstig,
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Patienten können es auch alleine zu Hause benutzen,
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es zeigt unmittelbar und visuell den Therapiefortschritt an und
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das Schwierigkeitslevel kann an die Patienten angepasst werden.
OT Now 2010; 12: 11–14