Anamnese
Patientin 1: Bei der 55-jährigen Patientin wurde im April 2015 die Diagnose eines
Granuloma pyogenicum gestellt und der Tumor am Zeigefinger links mittels Laserablation
am 17. 04. 2015 und nach Auftreten eines Rezidivs am 26. 05. 2015 operativ entfernt.
Ein erneutes Rezidiv wurde am 08. 07. 2015 durch eine vollständige Exzision behandelt.
Danach trat am Endglied des 2. Fingers eine stark schmerzhafte Entzündung auf, sodass
eine nochmaligen Exzision bei dem im August nachweisbaren, inzwischen 3. Rezidiv seitens
der Patientin abgelehnt wurde. Nach Diskussion der weiteren therapeutischen Möglichkeiten
entschieden wir uns zur Einleitung einer Lokaltherapie mit Imiquimod 5 % (Aldara® 5 %-Creme).
Patientin 2: Bei der 75-jährigen Patientin trat im Sommer 2015 am Daumenendglied links
ein rötlicher, gering erhabener Knoten auf, der bei Berührung leicht blutete. Nach
der Exzision des Tumors am 12. 10. 2015 trat innerhalb von 6 Wochen ein Rezidiv auf.
Der Patientin wurde wegen des breitbasig auf der Fingerspitze aufsitzenden Tumors
alternativ zur nochmaligen Exzision eine Lokaltherapie mit Imiquimod 5 % angeboten.
Hautbefund
Patientin 1: Die Patientin stellte sich mit einer 10 × 6 mm messenden, rötlichen,
weichen, leicht erhabenen Neubildung am Endglied des 2. Strahls der linken Hand vor.
Begleiterkrankungen bestanden nicht.
Patientin 2: Bei der Vorstellung fand sich ein 5 × 5 × 4 mm messender, erythematöser,
leicht vulnerabler Knoten an der distalen Phalanx des linken Daumens. Zusätzlich bestanden
bei der Patientin ein Diabetes mellitus (Typ 2, insulinplichtig), eine arterielle
Hypertonie und eine Nierenfunktionsstörung.
Histologie
Bei beiden Patientinnen waren Exzisionen der Neubildungen erfolgt. Es fanden sich
bei der histologischen Untersuchung lobulär angeordnete Proliferationen kapillärer
Gefäße und bindegewebiger Septen mit florider Entzündungsreaktion und aufgelagerten,
granulozytär durchsetzten Fibrinniederschlägen, vereinbar mit einem Granuloma teleangiectaticum
([Abb. 1]).
Abb. 1 Histologie des Granuloma pyogenicum, HE × 10.
Therapie und Verlauf
Patientin 1: Am 03. 08. 2015 wurde bei Patientin 1 eine Lokaltherapie mit Imiquimod
5 % begonnen. Insgesamt 4 Wochen wurde die Creme 5-mal wöchentlich angewendet. Darunter
zeigte sich eine rasche Rückbildung des Knotens bei leichter oberflächlicher Krustenbildung.
Die Therapie wurde für weitere 3 Wochen 3-mal wöchentlich fortgeführt. Bei einer Kontrolluntersuchung
nach 8 Wochen zeigte sich eine 2 mm messende, flache, hautfarbene Narbe ([Abb. 2]). Bei einer Nachbeobachtungszeit von 14 Monaten fand sich kein Hinweis auf ein Rezidiv.
Abb. 2 Therapieverlauf bei Pat. 1: a vor Beginn der Lokaltherapie, b nach 3 Wochen Behandlung, c nach 8 Wochen.
Patientin 2: Ab dem 11. 12. 2015 wendete die zweite Patientin 5-mal pro Woche Imiquimod
5 % lokal auf dem Tumor an. Nach 2 Wochen hatte sich die Erosion an der Oberfläche
zurückgebildet, nach weiteren 2 Wochen war der Tumor deutlich flacher, nur von einer
kleinen Kruste bedeckt. Die Frequenz der Anwendung wurde auf 3-mal wöchentlich reduziert.
Nach einer insgesamt neunwöchigen Behandlung war eine 3 mm messende, flache, hautfarbene
Narbe sichtbar ([Abb. 3]). Die Nachbeobachtungszeit beträgt aktuell 12 Monate ohne Anhalt für ein Lokalrezidiv.
Abb. 3 Therapieverlauf bei Pat. 2: a vor Beginn der Lokaltherapie, b nach 4 Wochen Behandlung, c nach 9 Wochen.
Diskussion
Das Granuloma pyogenicum ist ein benigner, exophytischer Tumor der Haut oder Schleimhaut,
der durch rasche Wachstumstendenz und Blutungsneigung charakterisiert ist. Er kann
in jedem Lebensalter, bevorzugt aber in Kindheit und Gravidität, auftreten.
Im klinischen Alltag sind vor allem die Bezeichnungen Granuloma pyogenicum oder eruptives
Angiom verbreitet, die histologisch korrekte Bezeichnung Lobuläres kapilläres Hämangiom
leitet sich aus dem typischen feingeweblichen Bild ab. Es finden sich dabei lobulär
angeordnete Gefäßproliferationen, umgeben von einer entzündlichen Begleitreaktion
aus neutrophilen Granulozyten und Lymphozyten.
Die Pathogenese des erworbenen Tumors ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird
die Induktion durch eine Verletzung, eine Gewebehypoxie nach Trauma oder auch durch
hormonelle Stimuli vermutet [1].
Das therapeutische Armentarium umfasst eine Vielzahl operativer und konservativer
Therapieverfahren. Zu den operativen Methoden zählen die Exzision, die Shave-Exzision
mit nachfolgender Elektrokauterisation oder Lasertherapie, die Kryotherapie oder ablative
Laserverfahren. Die operativen Interventionen erfordern meist eine Lokalanästhesie
und können Narben oder Pigmentunregelmäßigkeiten verursachen. Im Gegensatz dazu wurden
Behandlungserfolge auch durch Steroidinjektionen, intraläsionale Bleomycinapplikation
oder Externaanwendung, z. B. mit Imiquimod 5 % oder neuerdings auch mit dem Betarezeptorenblocker
Timolol beschrieben [2]
[3]
[4].
Im Regelfall erfolgt die Entfernung kleiner Tumoren in unserer Einrichtung durch Excochleation
und nachfolgende Laserkoagulation des zentralen zuführenden Gefäßes (IDAS-Laser, Wellenlänge
532 nm). Die Behandlung erreicht eine rasche Symptomkontrolle und gute Abheilungsraten,
erfordert allerdings eine Lokalanästhesie und kann kleine Närbchen hinterlassen. In
mechanisch stark beanspruchten oder kosmetisch sensiblen Lokalisationen wie Fingerbeere,
Periungualregion, Nasenspitze oder bei bereits stattgehabten Rezidiven sollten dem
Patienten auch lokale Therapieverfahren angeboten werden.
Bei den beiden vorgestellten Patientinnen handelt es sich um Rezidivtumoren bei bereits
erfolgter, z. T. mehrfacher operativer Therapie. Nach ausführlicher Aufklärung entschieden
wir uns zur Einleitung einer Lokaltherapie mit Imiquimod 5 %. Die Creme wurde 5-mal
wöchentlich direkt auf dem Tumor angewendet. In der Literatur sind unterschiedliche
Applikationsfrequenzen von täglich bis 2-mal pro Woche in Abhängigkeit vom klinischen
Ansprechen dokumentiert. Als Nebenwirkungen sind entzündliche Reaktionen, Erytheme
oder Schuppung beschrieben, die bei unseren beiden Patientinnen nur als diskretes
Erythem und Krustenbildung auftraten. Empfohlen wird in der Literatur ein vorsichtiger
Behandlungsbeginn und Steigerung der Applikationsfrequenz bei ausbleibender Befundbesserung
und guter klinischer Verträglichkeit. Erste sichtbare Effekte der Behandlung sind
in Abhängigkeit von der Größe des Tumors nach 2 bis 14 Tagen zu erwarten.
Die Zulassung für Imiquimod 5 % wurde für die Behandlung von Condylomata acuminata,
aktinischen Keratosen und oberflächlichen Basalzellkarzinomen erteilt. Ergänzend dazu
liegen eine Vielzahl von Anwendungsberichten, z. B. bei Lentigo maligna, Balanitis
plasmacellularis, Kaposi-Sarkom oder Cheilitis actinica vor [5]. Allerdings handelt es sich bei diesen Indikationen, genau wie bei der Behandlung
des Granuloma pyogenicum, um einen Off-Label-Use. Die zu erwartenden Nebenwirkungen
sollten deshalb im Vorfeld mit den Patienten genau besprochen und die Aufklärung dokumentiert
werden.
Topisches Imiquimod ist ein potenter antiviral und antitumoral wirkender Immunmodulator
(„immune response modifier“). Wahrscheinlich sind die Effekte durch die Fähigkeit
zur Induktion multipler Zytokine bedingt. Durch Stimulation von Toll-like-Rezeptoren
wird sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem aktiviert. Zusätzlich
wirkt Imiquimod als Inhibitor der Angiogenese, was die Effektivität bei der Behandlung
des Granuloma pyogenicum erklären könnte. Der genaue Wirkmechanismus ist bisher noch
nicht vollständig bekannt. Es wird postuliert, dass Imiquimod die Angiogenese durch
insgesamt 4 verschiedene Mechanismen beeinflusst: durch die direkte Induktion von
Angiogenese-Inhibitoren (Interferon, Interleukin 10, Interleukin 12), durch die lokale
Hochregulation von endogenen Angiogenese-Inhibitoren (tissue inhibitor of matrix metalloproteinases
TIMP, Thrombospondin 1), durch die lokale Herabregulation von Angiogenesefaktoren
(ß-fibroblast growth factor, matrix metalloproteinase-9) und durch die Förderung der
direkten Apoptose von Endothelzellen [5]
[6].
Die Behandlung erfolgte bei uns bisher ausschließlich bei erwachsenen Patienten. In
der Literatur wird jedoch auch über sehr gute Ergebnisse und gute Verträglichkeit
bei der Behandlung von Kindern berichtet [7]
[8].
Zusammenfassend sollte bei der Behandlung eines Granuloma pyogenicum in kosmetisch
schwierigen Lokalisationen, bei Ablehnung der operativen Therapie durch Eltern bzw.
Patienten oder bei rezidivierenden Tumoren an eine Lokaltherapie mit Imiquimod 5 %
gedacht werden. Die Behandlung unserer Patienten gestaltete sich einfach, sehr effektiv
und ohne relevante Nebenwirkungen und ist bei geringem Salbenverbrauch auch als kostengünstig
anzusehen.