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DOI: 10.1055/s-0043-104421
Photorezeptortransplantation in die degenerative Netzhaut
Photoreceptor Transplantation into the Degenerative RetinaKorrespondenzadresse
Publication History
eingereicht 21 December 2016
akzeptiert 17 February 2017
Publication Date:
29 March 2017 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Entwicklung einer Photorezeptorersatztherapie: erste Schritte
- Transplantation von jungen Photorezeptoren
- Anreicherung von Spenderphotorezeptoren
- Transplantation in Mausmodelle retinaler Degeneration
- Generierung von Photorezeptoren aus stammzellabgeleiteten Netzhautorganoiden
- Zytoplasmatischer Materialtransfer vs. strukturelle Integration
- Ausblick
- Literatur
Zusammenfassung
Sehbeeinträchtigungen und Erblindung aufgrund des Verlusts von Photorezeptoren stellen einen der Hauptgründe für Behinderungen in industrialisierten Gesellschaften dar. Während Stäbchenphotorezeptoren Seheindrücke unter schwachen Lichtverhältnissen vermitteln, liefern Zapfenphotorezeptoren fokussierte visuelle Eindrücke bei Tageslicht und erlauben die Wahrnehmung von Farben. Verschiedene therapeutische Strategien, zu denen auch zellbasierte Interventionen zählen, werden derzeit zur Behandlung eines Sehverlusts entwickelt. Während der letzten Dekade konnten große Fortschritte im Ersatz von Photorezeptoren in vorklinischen Tiermodellen erzielt werden. Dies beinhaltete die Klärung notwendiger Voraussetzungen, wie dem optimalen ontogenetischen Stadium für transplantierbare Photorezeptoren, zellspezifische Anreicherungsmethoden und robuste Transplantationstechniken. Außerdem konnten erste Studien Hinweise auf funktionale Verbesserungen nach Photorezeptortransplantation in Mausmodelle mit retinaler Dysfunktion liefern. Des Weiteren erlauben bedeutende Fortschritte in der Zellkulturtechnik die Generierung von photorezeptorenthaltenden retinalen Organoiden, die aus pluripotenten Stammzellen gewonnen werden und eine theoretisch unbegrenzte Quelle zur Produktion von Photorezeptortransplantaten darstellen. Interessanterweise könnte der kürzlich beschriebene Transfer von zytoplasmatischem Material zwischen Spender- und Empfängerphotorezeptoren eine weitere Behandlungsoption für Ansätze zur Zelltransplantation darstellen. In dieser Übersicht fokussieren wir uns auf die wichtigsten Entwicklungen innerhalb des Feldes der Photorezeptortransplantation, wobei wir Fortschritte, Herausforderungen und Hürden zur Entwicklung von Photorezeptortransplantationen hin zu klinischen Anwendungen diskutieren.
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Abstract
Vision impairment and blindness due to photoreceptor loss represents one of the major causes for disability in industrialized societies. Whereas rod photoreceptors allow vision under dim light conditions, cone photoreceptors provide high-acuity vision in daylight conditions and color detection. Several therapeutic strategies are currently developed to repair vision loss, including cell-based interventions. Within the last decade, major progress regarding the replacement of photoreceptors by transplantation has been made in pre-clinical animal models. This includes defining the necessary conditions, like the optimal ontogenetic stage of transplantable donor photoreceptors, cell-specific enrichment procedures and robust transplantation technologies. Moreover, first studies provided evidence for functional improvements by photoreceptor transplantation in mouse models of retinal dysfunction. Furthermore, advances in cell culture technology were made by introducing methods to generate photoreceptor-containing retinal organoids, derived from pluripotent stem cells, that provide theoretically unlimited sources for the production of photoreceptor transplants. Interestingly, the recently identified transfer of cytoplasmic material between donor and host photoreceptors might represent an additional treatment option for cell transplantation approaches. Within this review, we focus on the main developments within the photoreceptor transplantation field and discuss important achievements, challenges and hurdles to develop photoreceptor transplantation towards clinical applications.
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Einleitung
Die Netzhaut des Auges erlaubt die Detektion von Licht und vermittelt damit die Fähigkeit, die uns umgebende Welt visuell wahrzunehmen. Die lichtsensitiven Zellen der Netzhaut – Stäbchen- und Zapfenphotorezeptoren – sind die erste Station der visuellen Wahrnehmung und essenziell für den Sehprozess. Sie vermitteln die Umwandlung der physikalischen Lichtsignale in veränderte Membranpotenziale, welche die Ausschüttung des Neurotransmitters Glutamat an der Synapse regulieren. Verschiedene Erkrankungen, wie Retinitis pigmentosa (RP), Leberʼsche kongenitale Amaurose (LCA) und die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) resultieren in der funktionellen Beeinträchtigung und dem Verlust von Photorezeptoren und führen schlussendlich zu Blindheit. Sie stellen eine nicht zu unterschätzende Belastung sowohl für Patienten und deren Angehörige als auch für das Gesundheitssystem dar. Allein für die AMD wurde eine Prävalenz von 11,9 % AMD-Betroffener in einer deutschen Kohorte (Alter 35–74 Jahre) ermittelt, wobei innerhalb dieser Gruppe 0,2 % mit dem Spätstadium der AMD diagnostiziert wurden [1]. Bei über 75-Jährigen wächst danach der Anteil von Betroffenen mit fortgeschrittener AMD signifikant auf mehr als 5 % an [2]. Mit weiter steigender Bevölkerungszahl und Lebenserwartung sind zudem immer mehr Menschen dem Risiko ausgesetzt, an einer netzhautbedingten Sehbehinderung bis hin zur Erblindung zu erkranken [3]. Diese Perspektiven haben zur Entwicklung verschiedener therapeutischer Strategien geführt, wie z. B. der Neuroprotektion [4], Gentherapie [5], Antikörpertherapie [6], optogenetischen Ansätzen [7], retinalen Prothesen [8] sowie zellbasierten Therapien.
Einige dieser Behandlungsansätze zielen darauf ab, verbliebene Photorezeptoren zu erhalten und zu reparieren und müssen somit in frühen Krankheitsstadien angewendet werden (z. B. Gentherapie, Neuroprotektion). Therapeutische Ansätze in späten Krankheitsstadien, in denen ein Großteil aller Photorezeptoren bereits verloren ist, müssen hingegen neue lichtsensitive Hilfsmittel in die Netzhaut einbringen, um die Sehfähigkeit wiederherzustellen. Kandidaten für einen solchen Ansatz sind z. B. die Transplantation von Photorezeptoren ([Abb. 1]), das Einbringen eines lichtsensitiven Chips oder eine Veränderung anderer Nervenzellen der Netzhaut durch optogenetische Werkzeuge, sodass diese auf Licht reagieren können. Diese müssen zur Signalweiterleitung auf die nach einer Photorezeptordegeneration noch verbliebenen retinalen Zellschichten zurückgreifen. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei die innere nukleäre Schicht. Diese enthält neben Amakrinzellen und Müller-Zellen insbesondere die den Photorezeptoren direkt synaptisch nachgeschalteten Bipolar- und Horizontalzellen ([Abb. 1]). Interessanterweise bleibt diese Zellschicht auch lange nach einer Photorezeptordegeneration weiter intakt, auch wenn es zu einem Rückzug dendritischer Fortsätze sowie einer Remodellierung des verbleibenden Netzhautgewebes kommt [9], [10]. Tatsächlich haben künstliche lichtsensitive Sensoren, d. h. retinale Prothesen, welche in die Netzhaut transplantiert werden und die Neuronen der inneren nukleären Schicht mit elektrischen Signalen stimulieren, in ersten klinischen Anwendungen zur Wiederherstellung einer generellen visuellen Wahrnehmungsfähigkeit bei betroffenen Patienten geführt [11]. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die für die Signalweiterleitung essenziellen sekundären Neuronen in der inneren nukleären Schicht weiter intakt bleiben und sie dadurch auch für Zellersatzstrategien zugänglich sein könnten. Mehrere Gründe unterstreichen diesen vielversprechenden Ansatz: 1. Das Auge ist zum einen relativ gut operativ zugänglich und modifizierbar und zum anderen ist durch seine separierte Lage, im Vergleich zu anderen Organen, das Risiko etwaiger systemischer Nebenwirkungen nach Eingriffen geringer. 2. Photorezeptoren befinden sich angrenzend zu einer Epithelschicht – dem retinalen Pigmentepithel (RPE). Der Kontakt zwischen dem RPE und den Außensegmenten der Photorezeptoren ist relativ lose, was eine Injektion von Spenderzellen in den sog. subretinalen Spalt begünstigt, da diese weniger traumatisch als Transplantationen in einen festen Gewebeverbund ist. Bei noch vorhandenen endogenen Photorezeptoren kann es hier zu Schädigungen kommen, die aber bei starken Degenerationsstadien, in denen der Großteil aller Photorezeptoren bereits abgestorben ist, nur eine geringe Rolle spielen. 3. Das Auge repräsentiert ein partiell immunprivilegiertes Organ, das in geringerem Maße zu Abstoßungsreaktionen von Fremdmaterial neigt [12], [13]. Darüber hinaus müssten transplantierte Photorezeptoren ihre Axone auf der einen Seite und endogene Horizontalzellen und Bipolarzellen ihre Dendriten auf der anderen Seite nur wenige Mikrometer weit projizieren, um synaptische Verbindungen aufzubauen. Einen wichtigen Durchbruch für Zellersatzstrategien stellt außerdem die Differenzierung von induzierten und embryonalen pluripotenten Stammzellen zu sog. retinalen Organoiden dar, aus denen theoretisch unbegrenzt Spenderphotorezeptoren gewonnen werden können [14], [15]. In Kombination mit Fortschritten der Geneditierung, wie z. B. der CRISPR-/Cas9-Technologie, stellen insbesondere induzierte pluripotente Stammzellen (iPSZ) neue Möglichkeiten einer individualisierten Medizin dar, bei der patienteneigene somatische Zellen reprogrammiert, gentechnisch korrigiert und nach Differenzierung als Spenderzellen verwendet werden ([Abb. 2]), was mögliche Abstoßungsreaktionen vermindern, wenn nicht gar vollständig verhindern könnte. Die Charakterisierung dieser potenziellen Spenderzellen und ihres regenerativen Potenzials nach Transplantation wie auch die weitere Optimierung der notwendigen Zellkultursysteme sind Gegenstand aktueller Untersuchungen.
In diesem Übersichtsartikel fassen wir Ergebnisse der wichtigsten Studien zur Photorezeptortransplantation der letzten Jahre und neuer Entwicklungen in diesem Forschungsfeld zusammen. Dabei werden die Migration und Integration von Spenderzellen in die äußere nukleäre Schicht als wichtiger Hinweis einer erfolgreichen Transplantation beschrieben. Diese bislang allgemein angenommene Hypothese, die auf der Detektion von fluoreszierenden Reporterproteinen innerhalb der Empfängernetzhaut beruhte, wurde kürzlich durch mehrere Studien infrage gestellt. Demnach liegt dieser Beobachtung nicht die strukturelle Integration der transplantierten Zellen zugrunde, sondern der Transfer von zytoplasmatischem Material, somit auch fluoreszierender Reporterproteine, von Spender- zu Empfängerphotorezeptoren ([Abb. 3]) [16], [17], [18]. Wir werden aufgrund der historischen Perspektive in der Beschreibung früherer Arbeiten weiterhin von „Integration“ bzw. generell von erfolgreicher Transplantation sprechen, wenn reporterpositive Zellen innerhalb der Empfängernetzhaut aufgezeigt wurden. Eine detaillierte Beschreibung des Transfers von zytoplasmatischem Material erfolgt dann im Abschnitt „Zytoplasmatischer Materialtransfer vs. strukturelle Integration“.
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Entwicklung einer Photorezeptorersatztherapie: erste Schritte
Erste vorklinische Studien zur Photorezeptortransplantation wurden bereits in den 80ern und frühen 90ern des letzten Jahrhunderts durch Del Cerro, Silvermann sowie Hughes und Gouras in Mäusen und Ratten durchgeführt. Hierfür wurden primäre Netzhäute von Versuchstieren dissoziiert und in Empfängeraugen transplantiert. Trotz technischer Limitationen zu dieser Zeit wurden bereits Schlüsselideen, wie die Markierung der Spenderzellen [19], [20], [21], [22], [23] oder deren Anreicherung (mittels Mikroaggregaten), [24] ausgearbeitet. Zur Markierung von Spenderphotorezeptoren wurde zum einen 3 H-Thymidin und später dann auch ein transgener Marker, d. h. Betagalaktosidase (LacZ), genutzt. Das Potenzial eines Photorezeptorersatzes wurde bereits in diesen initialen Studien durch histologische Untersuchungen deutlich, wobei maßgebliche morphologische wie auch ultrastrukturelle Analysen durchgeführt wurden. Es wurde außerdem zum einen das Überleben der Transplantate in Wildtypempfängern sowie Mausmodellen retinaler Degeneration bis zum 9. Monat gezeigt und zum anderen die Ausbildung primitiver Photorezeptoraußensegmente und Synapsen beschrieben, wobei weiterführende Untersuchungen zur Expression von Genen oder der Funktion der Spenderzellen noch nicht gezeigt wurden [20], [21], [22], [24], [25].
Basierend auf diesen initialen Experimenten zielten einige Studien darauf ab, verlorene Photorezeptoren durch expandierte retinale Vorläuferzellen, primäre Retinazellen oder Photorezeptor-„Sheets“ zu ersetzen [26], [27], [28], [29]. Allerdings konnte dabei selten ein vollständiges Ausdifferenzieren der Spenderzellen in reife Photorezeptoren mit komplett ausgebildeten Außensegmenten beobachtet und nur limitierte Funktionsverbesserungen mittels Pupillometrie gezeigt werden, was für die Notwendigkeit weiterer Verbesserungen dieser Ansätze spricht [30]. Interessanterweise wurde die Verwendung von in vitro expandierten retinalen Vorläufer-/Stammzellen für den Photorezeptorersatz in anderen Studien infrage gestellt, da nur ein limitiertes Differenzierungspotenzial dieser Zellen zu Photorezeptoren aufgezeigt werden konnte [31], [32], [33], [34].
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Transplantation von jungen Photorezeptoren
Ein bedeutender Durchbruch bei der Photorezeptortransplantation wurde erzielt, als MacLaren und Kollegen [35] gefolgt von Bartsch et al. [36] das optimale Alter für Spenderphotorezeptoren identifizierten, welches in einer höheren Überlebens- und Integrationsrate der Spenderzellen in die Empfängerretina resultierte. Dabei wurden auch zum ersten Mal Spenderphotorezeptoren der stäbchenspezifischen Reporterlinie NRL-GFP [35] verwendet, was die Anreicherung und das Lokalisieren der Zellen im Empfänger erheblich vereinfachte. Diese Studien zeigten, dass junge postmitotische Photorezeptoren, isoliert zum Höhepunkt der Stäbchengenese (d. h. in der Maus am postnatalen Tag [P] 4–6), die höchste Integrationseffizienz in Wildtyp- und degenerierende Retinae aufweisen. Retinale Zellen, die hingegen zu früheren oder späteren ontogenetischen Zeitpunkten isoliert wurden (d. h. von Embryonaltag 11,5 bis adult), zeigten eine signifikant niedrigere Integrationsrate. Nach der Transplantation waren die Zellkörper von GFP+-Zellen korrekt in der äußeren nukleären Schicht des Empfängers lokalisiert und besaßen präsynaptische Endigungen und Außensegmente, die denen adulter Stäbchenphotorezeptoren entsprachen [35], [36]. Mittels Pupillometrie und extrazellulären Feldpotenzialmessungen konnten dabei auch erste Hinweise auf eine tatsächliche funktionale Verbesserung nach Transplantation gesammelt werden [35]. Darüber hinaus generierten diese Spenderzellen die charakteristischen Photorezeptorsynapsenverbindungen zu den Dendriten von Horizontalzellen und Bipolarzellen [37] und formten Außensegmente mit korrekt angeordneten, gestapelten Diskmembranen, was durch korrelative Lichtelektronenmikroskopie visualisiert werden konnte [38]. Zudem konnten außensegmentähnliche Strukturen auch beobachtet werden, wenn primäre Photorezeptoren in den subretinalen Spalt eines Degenerationsmausmodells für autosomal-dominante RP im Endstadium (P347S Maus) [39] und somit einem praktisch vollständigen Photorezeptorverlust transplantiert wurden [38].
Auch adulte Photorezeptoren zeigten das Potenzial zur Integration, allerdings mit signifikant geringerer Integrationsrate als junge Photorezeptoren [40]. Dies könnte auf eine schlechtere Überlebensrate von adulten Photorezeptoren nach mechanischer und enzymatischer Dissoziation des Netzhautgewebes zurückzuführen sein, da dies zum Verlust der Außensegmente und axonalen Ausläufer und damit auch zu einem beschleunigten Zelltod führen könnte [41].
Um das Überleben von Spenderphotorezeptoren zu verbessern, wurde in einer ersten Studie ein antiapoptotischer Faktor, das „X-linked inhibitor of apoptosis protein“ (XIAP), in den Spenderzellen zusätzlich exprimiert [42], wodurch es in Langzeitexperimenten (bis zu 8 Monate nach Transplantation) zu einem signifikant verbesserten Überleben der Spenderstäbchen kam. Trotz des verbesserten Überlebens variierten die Integrationsraten in Abhängigkeit vom Alter des Empfängers: Ältere Empfänger waren zugänglicher für Zellintegrationen verglichen mit jüngeren Vergleichsgruppen, was auf einen Einfluss des Empfängermilieus für den Erfolg einer Transplantation hinweist.
Dagegen beobachteten Barber und Kollegen [43], dass die Integrationseffizienz von Spenderstäbchen mit steigendem Alter leicht abnahm. Allerdings ist ein direkter Vergleich der Resultate dieser Studien aufgrund von Unterschieden in der Methodik schwierig. Das bedeutet, dass die Abhängigkeit des Überlebens und der Integration von Spenderphotorezeptoren vom Alter des Empfängers noch nicht exakt evaluiert ist und dass das Wissen hinsichtlich der potenziellen Mechanismen, welche die Migration von Photorezeptoren in die äußere nukleäre Schicht bestimmen, noch weiter untersucht werden muss.
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Anreicherung von Spenderphotorezeptoren
In den ersten Studien, in denen vollständige Netzhäute dissoziiert und zur Transplantation verwendet wurden, war die beschriebene Anzahl an integrierten Spenderphotorezeptoren gering (ca. 2000–3000 Zellen) [35], [36]. Zur Herstellung homogenerer Suspensionen und Vermeidung kontaminierender Zellen wurden Spenderzellen aus Suspensionen ganzer Retinae durch „fluorescence activated cell sorting“ (FACS) oder „magnetic-activated cell sorting“ (MACS) angereichert ([Abb. 2]). Durch Verwendung transgener Mäuse mit einer stäbchenspezifischen Expression von GFP konnte der Anteil an Spenderphotorezeptoren in der Injektionssuspension auf über 95 % durch FACS angereichert werden, was zu einer signifikant erhöhten Anzahl integrierter Photorezeptoren nach Transplantation führte [35], [37], [43], [44], [45].
Alternativ wurden Verfahren entwickelt, Stäbchenphotorezeptoren mittels Zelloberflächenmarkern anzureichern, da man dadurch die Notwendigkeit fluoreszierender Spenderzellen umgeht. Eine Sortierung basierend auf Oberflächenmarkern hat den Vorteil einer leichteren Etablierung in der klinischen Anwendung, da Methoden wie das MACS bereits unter Reinraumbedingungen etabliert wurden. Unter anderem wurde CD73 (ecto-5'-nucleotidase) als ein Marker für Stäbchenphotorezeptoren identifiziert und entweder allein [46] oder in Kombination mit CD24 [44] für die Anreicherung vor der Transplantation genutzt, was zu einem signifikanten Anstieg der Zahl integrierter Stäbchen in die adulte Mausretina im Vergleich zu nicht angereicherten Zellfraktionen führte. Eine ähnliche Herangehensweise wurde mit aus embryonalen Mausstammzellen gewonnenen Stäbchen (siehe unten) angewandt, wobei eine Kombination von Antikörpern identifiziert wurde (CD73+/CD133+/CD24+/CD47+/CD15−, „photoreceptor precursor panel [PPr]“ genannt), die spezifisch transplantationskompetente Stäbchen markieren. PPr-positive Stäbchen waren danach in der Lage, in einem höheren Maß, verglichen mit nicht angereicherten oder PPr-negativen Zellfraktionen, zu integrieren [47]. Weitere spezifische Zelloberflächenmarker, wie z. B. Cacna2d4, Kcnv2 und Cnga1, wurden identifiziert, die potenziell dazu genutzt werden könnten, um Stäbchenphotorezeptoren anzureichern, wobei das Fehlen zuverlässiger Antikörper ihre Verwendung bisher einschränkt [48], [49]. Bislang wurden noch keine spezifischen Oberflächenmarker oder Markerkombinationen für die Sortierung und Anreicherung von Zapfen veröffentlicht.
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Transplantation in Mausmodelle retinaler Degeneration
Ein Großteil der Studien zur Photorezeptortransplantation wurde an Mausmodellen retinaler Degeneration durchgeführt. Durch das Vorhandensein spezifischer Modelle, die entweder Stäbchen- oder Zapfendegeneration oder beides aufweisen, können Zellersatztherapien unter verschiedenen degenerativen Bedingungen der Netzhaut untersucht und entwickelt werden.
Transplantation in Stäbchendegenerationsmodelle
Da in den mit Abstand meisten Transplantationsstudien Mausmodelle Verwendung fanden, liegen die meisten Daten zur Photorezeptortransplantation derzeit für Stäbchen vor. Die Maus als nachtaktives Lebewesen enthält in der Netzhaut zum überwiegenden Teil Stäbchen (97 %) und nur 3 % Zapfen [50]. Somit konnten ausreichende Mengen an Spenderzellen aus der Netzhaut von Reportermäusen, insbesondere der stäbchenspezifischen Reporterlinie NRL-GFP [51], isoliert und für Transplantationsstudien in Mausmodellen mit Stäbchendegeneration genutzt werden [37], [43].
Pearson et al. nutzten für ihre Transplantationsstudien eine „knock-out“-Maus, in der das Gen für die „guanine nucleotide-binding protein G subunit alpha-1“ ausgeschaltet wurde (Gnat1−/−-Maus) [37]. Da dieses Protein spezifisch in ausgereiften Stäbchen exprimiert wird, führt dessen Fehlen zu einer beeinträchtigten Stäbchenfunktion und in deren Folge zu Nachtblindheit. Hier zeigten die Spenderzellen ein Überleben für mehrere Wochen, entwickelten die Morphologie reifer Photorezeptoren und exprimierten essenzielle Proteine der Lichttransduktionskaskade [37]. Durch eine Verbesserung der Injektionsmethode, bei der Spenderzellen an zwei unterschiedliche Stellen des subretinalen Spaltes in einer Transplantationsrunde eingebracht wurden, konnte die Anzahl von GFP+-Zellen innerhalb der äußeren nukleären Schicht des Empfängers auf mehr als 20 000 erhöht werden. Tatsächlich konnten die Autoren nachweisen, dass Gnat1−/−-Empfängertiere mit erhöhter Anzahl an GFP+-Zellen eine Funktionsverbesserung der visuellen Wahrnehmung aufwiesen. Dabei wurden die Funktionsverbesserungen mithilfe von Einzelzellelektrophysiologie, optokinetischem Tracking, funktionaler kortikaler Bildgebung und einem „water-maze“-Test auf zellulärer, retinaler, kortikaler und der Verhaltensebene validiert [37]. Trotz allem konnten keine Verbesserungen des Visus der transplantierten Gnat1−/−-Mäuse mittels Ganzfeld-ERG nachgewiesen werden. Dies wurde von den Autoren aber damit erklärt, dass das Ganzfeld-ERG einen Durchschnittswert über die gesamte Netzhaut hinweg ermittelt und die Anzahl funktional verbundener Spenderphotorezeptoren in der Empfängerretina noch zu gering und lokal begrenzt sei. Durch ein elegantes Experiment, bei dem Gnat1 mittels eines gentherapeutischen Ansatzes über adenoassoziierte Viren (AAV) in die Photorezeptoren von Gnat1−/−-Mäusen transfiziert wurde, konnten die Autoren zeigen, dass eine Funktionsverbesserung, die durch Ganzfeld-ERG messbar ist, mindestens 150 000 funktionale Stäbchen erfordert [37].
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Transplantation in Zapfendegenerationsmodelle
Im Gegensatz zur nachtaktiven Maus ist das menschliche Sehen in deutlich stärkerem Maße von Zapfen abhängig, die Tageslicht- und Farbsehen vermitteln und durch ihre Konzentration in der Makula eine hohe Sehschärfe ermöglichen. Durch die geringe Zahl an Zapfen in der Mausretina liegen bislang nur wenige Studien zur Transplantation von Zapfen vor.
Lakowski et al. nutzten zur Transplantation von Zapfen eine generelle, also sowohl Stäbchen als auch Zapfen markierende Photorezeptorreportermaus (cone-rod-homeobox-[Crx]-GFP-Maus) [52]. Da Zapfen sich während der Entwicklung früher differenzieren als Stäbchen, können Photorezeptorsuspensionen mit erhöhtem Zapfenanteil am Embryonaltag 15,5 isoliert und zur Transplantation genutzt werden. Tatsächlich konnten in dieser Studie GFP+-Zellen mit Expression spezifischer Zapfenmarker in der Netzhaut von Empfängermäusen nachgewiesen werden [52].
Um das Problem der geringen Verfügbarkeit von Zapfen zu umgehen, hat unsere Arbeitsgruppe die Nrl−/−-Maus als Photorezeptorquelle für Transplantationen etabliert. Durch die Defizienz des stäbchendeterminierenden Transkriptionsfaktors Nrl werden in Netzhäuten von Nrl−/−-Mäusen ausschließlich Zapfen bzw. zapfenähnliche Photorezeptoren statt Stäbchen gebildet [53]. Durch die Kreuzung der Nrl−/−- mit GFP-Reportermäusen [54] konnten genügend Photorezeptoren, die Tageslichtaktivität zeigen, isoliert und zur Transplantation in das Zapfendegenerationsmodell CPFL1 („cone photoreceptor function loss 1“) [55], [56] genutzt werden [57]. Hier zeigten die zapfenähnlichen Spenderphotorezeptoren eine reife Photorezeptormorphologie, einschließlich der Bildung von Außensegmenten und der Expression von zapfenspezifischen Markern. Insbesondere konnte durch die Verwendung von Mikro-Elektroden-Assays (MEA), welche elektrophysiologisch die Aktivität hunderter retinaler Ganglienzellen simultan ermitteln, eine Wiederherstellung von photorezeptorvermittelter Wahrnehmung von Lichtreizen mit Tageslichtintensität nachgewiesen werden [57]. Diese Ergebnisse lassen zum einen auf die Funktionalität transplantierter zapfenähnlicher Photorezeptoren für Tageslichtstimuli schließen und zum anderen eine korrekte Verbindung von Spenderzellen zum retinalen neuronalen Netzwerk des Empfängers vermuten.
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Transplantation in Degenerationsmodelle mit vollständigem Photorezeptorverlust
In den meisten Studien zur Transplantation von Stäbchen- und Zapfenphotorezeptoren wurden Mausmodelle genutzt, in denen noch eine signifikante Anzahl von endogenen Photorezeptoren vorhanden war, und es wurde vermutet, dass diese Umgebung die Spenderzellintegration und Polarisation begünstigt. Diese Interpretation ist hinsichtlich der Beobachtung des Transfers von zytoplasmatischem Material zwischen Spender- und Empfängerphotorezeptoren fraglich (siehe unten). Zudem dürften eher Patienten mit terminaler Degeneration und somit einem kompletten Verlust der Photorezeptoren die ersten Probanden in künftigen klinischen Studien darstellen ([Abb. 1]).
Erste Studien zur Transplantation von Photorezeptoren in Mausmodelle mit starker Degeneration und somit vollständigem Verlust der Photorezeptoren zeigten, dass Spenderzellen im subretinalen Spalt für mehrere Wochen überleben und Zellaggregate in direkter Nachbarschaft zu endogenen Bipolar- und Horizontalzellen bildeten, ohne in das Empfängergewebe strukturell zu integrieren [38], [58]. Die Spenderphotorezeptoren wiesen zwar nicht die gestreckte Morphologie mit apikal-basaler Orientierung auf, zeigten aber ansonsten typische Zeichen einer Photorezeptorreifung, wie z. B. die Expression von Markern der Phototransduktionskaskade und die Bildung von Außensegmenten. Auf eine Funktionalität der transplantierten Photorezeptoren deuten zum einen die lichtabhängige Translokation von Transducin [38] als auch die Ergebnisse mehrerer funktionaler Tests, wie der Light-Dark-Box, Pupillometrie und „laser speckle cortical imaging“ hin [58]. In welchem Maße die transplantierten Photorezeptoren korrekte synaptische Verbindungen zu endogenen Bipolarzellen aufbauen, muss noch in weiteren Studien untersucht werden. Die von den Spenderzellen geformten Aggregate im subretinalen Raum zeigten nicht die typische Polarisation oder Organisation einer äußeren nukleären Schicht, d. h. apikale Außensegmente in Kontakt mit RPE-Zellen und basale Axonenden in der äußeren plexiformen Schicht des Empfängers. Detaillierte Untersuchungen zeigten aber, dass die Außensegmente der Spenderstäbchen in rd1-Empfängermäusen präferenziell in Richtung des Empfänger-RPEs orientiert waren, was wiederum eine teilweise korrekte Polarisierung nahelegt [58].
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Generierung von Photorezeptoren aus stammzellabgeleiteten Netzhautorganoiden
Für eine mögliche klinische Anwendung müssen Zellquellen etabliert werden, die eine ausreichende Anzahl von Spenderphotorezeptoren bereitstellen können. In der Maus zeigten junge Photorezeptoren, isoliert am postnatalen Tag 4/5, den besten Transplantationserfolg (siehe oben), was in der humanen Entwicklung mit einem Stadium im 2. Trimester der Schwangerschaft korrespondiert. Insofern wäre eine Nutzung von primären Photorezeptoren für eine Photorezeptorersatztherapie mit einer Vielzahl ethischer und logistischer Probleme verbunden.
In den letzten Jahren wurden verschiedene Protokolle zur Generierung von Photorezeptoren aus pluripotenten Stammzellen (PSZ) entwickelt. Insbesondere der Wechsel von 2D- zu 3D-Kultursystemen, bei denen sog. Netzhautorganoide in vitro differenziert werden, haben entscheidend dazu beigetragen, dass neben Maus- nun auch menschliche Photorezeptoren in großer Anzahl für Transplantationsexperimente zur Verfügung stehen ([Abb. 2]) [14], [15], [59], [60].
Erste Studien, in denen Stäbchen aus embryonalen Stammzellen (ESZ) der Maus gewonnen und in Wildtyp-Mäuse als auch Netzhautdegenerationsmodelle transplantiert wurden, zeigten ein vergleichbares Überlebens- und Differenzierungspotenzial wie transplantierte primäre Photorezeptoren. Die Spenderzellen entwickelten eine typische Morphologie vergleichbar mit derjenigen von reifen Photorezeptoren und exprimierten essenzielle Proteine der Phototransduktionskaskade [61], [62], [63], [64]. Allerdings liegen derzeit noch keine eindeutigen Daten zur Funktionalität und somit dem Potenzial von stammzellabgeleiteten Photorezeptoren zur Verbesserung der visuellen Verarbeitung vor.
Des Weiteren wurden bislang nur wenige Studien zur Transplantation von humanen (h) ESZ-/iPSZ-abgeleiteten Photorezeptoren veröffentlicht [65], [66], insbesondere im Hinblick auf aus Netzhautorganoiden isolierten Photorezeptoren. Mit der Generierung von photorezeptorspezifischen humanen ESZ-Reporterlinien [48], der Optimierung von Protokollen für die Herstellung retinaler Organoide aus hiPSZ/hESZ [59], [67] und in Anbetracht der großen Zahl an Arbeitsgruppen, die momentan an diesem Thema arbeiten, ist von der Veröffentlichung mehrerer Publikationen zu dieser Thematik in der näheren Zukunft auszugehen. Besondere Herausforderungen stellen dabei sowohl die langen Zeiträume für die Generierung von humanen Zapfen (min. 60–80 Tage) oder Stäbchen (min. 120–200 Tage) als auch die noch hohe Variabilität im Differenzierungsprozess dar. Dadurch bedingt sind ebenfalls ein deutlich höherer Aufwand für Experimental- und Analysedesign sowie hohe Zellkulturkosten im Vergleich zum Maussystem.
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Zytoplasmatischer Materialtransfer vs. strukturelle Integration
Im Feld der Photorezeptortransplantation wurde bislang davon ausgegangen, dass Spenderphotorezeptoren bei noch vorhandener äußerer nukleärer Schicht strukturell in das Netzhautgewebe des Empfängers migrieren und integrieren. Diese Hypothese wurde kürzlich von drei unabhängigen Studien infrage gestellt [16], [17], [18]. Diese zeigten, dass stattdessen die Spenderphotorezeptoren nach Transplantation im subretinalen Spalt verbleiben und zytoplasmatisches Material mit Empfängerphotorezeptoren austauschen ([Abb. 3]). Es handelt sich bei diesem Vorgang aber nicht um eine vollständige Fusion von Spender- und Empfängerzelle, da es zu keiner Translokation des Zellkerns kommt, d. h. es entstehen keine zweikernigen Perikarya, wie sie nach Transplantation von Knochenmarkvorläuferzellen mit verschiedenen Zellen des Empfängers beobachtet wurde [68]. Stattdessen werden als potenzieller Transfermechanismus Zell-Zell-Kanäle, vesikulärer Transport oder die direkte Abgabe und Aufnahme von Molekülen vermutet.
Der beobachtete Transfer von zytoplasmatischem Material erfordert eine Neubewertung bisheriger Studien zur Photorezeptortransplantation. Insbesondere müssen das Migrationspotenzial und die Neuformation von Synapsen durch Spenderphotorezeptoren reanalysiert werden. Des Weiteren könnten Mausmodelle mit komplettem Verlust der Photorezeptoren als Standardmodelle für Photorezeptorersatztherapien Verwendung finden, da ein Transfer von zytoplasmatischem Material zwischen Spenderphotorezeptoren und den hier direkt angrenzenden endogenen Bipolar- oder Horizontalzellen bislang nicht beobachtet wurde [38], [58].
Die Möglichkeit eines Transfers von zytoplasmatischem Material zwischen Spender- und Empfängerphotorezeptoren könnte auch zur Entwicklung neuer Therapieoptionen für degenerative Erkrankungen der Netzhaut beitragen. Die funktionalen Verbesserungen, die nach Transplantation von Stäbchen in Mausmodelle mit dysfunktionalen Stäbchen [37] bzw. Transplantation von zapfenähnlichen Photorezeptoren in Zapfendegenerationsmodelle [57] beobachtet wurden, könnten auf diesen Mechanismus zurückgeführt werden. Neben eines Zellersatzes könnten Photorezeptortransplantationen somit auch in Form einer „Zellunterstützungstherapie“ eingesetzt werden, bei der Spenderzellen „gesunde“ Komponenten zu kranken Empfängerphotorezeptoren transferieren, um so eine funktionale Reparatur herbeizuführen.
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Ausblick
Zelltransplantationen in die Netzhaut stellen eine vielversprechende Strategie zur Behandlung von retinalen Degenerationserkrankungen dar. Innerhalb der letzten Dekade wurden hier signifikante Fortschritte in vorklinischen Studien erzielt. Derzeit stellen junge Photorezeptoren die vielversprechendste Spenderzellpopulation zur Transplantation dar, da weder Stamm-/Vorläuferzellen noch reife Photorezeptoren ähnliche Ergebnisse hinsichtlich des Überlebens und der Differenzierung in funktionale Photorezeptoren innerhalb der Empfängernetzhaut von Mausmodellen zeigten. Des Weiteren erlauben Methoden zur Anreicherung von Spenderphotorezeptoren mittels Fluoreszenzreportern oder Oberflächenmarkern einen verbesserten Transplantationsausgang. Insbesondere die Nutzung von Oberflächenmarkern zur Anreicherung von Stäbchen durch MACS stellt eine wichtige Voraussetzung für eine zukünftige klinische Anwendung dar, da diese Technologie unter Reinraumbedingungen genutzt werden kann, wie dies bereits für andere Zellarten etabliert wurde [69]. Als nächster Schritt müssen nun Oberflächenmarker entwickelt werden, die spezifisch die Anreicherung von Zapfen erlauben, um den jeweils benötigten Photorezeptortyp in hoher Konzentration bereitstellen zu können.
Einen wichtigen Durchbruch stellen Technologien zur Differenzierung retinaler Organoide aus pluripotenten Stammzellen dar. Diese erlauben die Produktion ausreichender Mengen an Photorezeptoren in der Zellkulturschale, die für Transplantationsexperimente zur Verfügung stehen. Diese Techniken müssen nun weiter in Richtung einer robusten Transplantatproduktion unter Reinraumbedingungen entwickelt werden, um Spenderphotorezeptoren zur klinischen Anwendung generieren zu können [70]. Insbesondere die Verwendung von iPSZ-abgeleiteten Photorezeptoren eröffnet neue Wege für den Zellersatz und die individualisierte Medizin. Prinzipiell können patientenspezifische iPSZ-Linien generiert und zur Produktion von Spenderphotorezeptoren genutzt werden. Bei einem vorliegenden und bekannten genetischen Defekt könnten diese Zellen durch eine Ex-vivo-Gentherapie, z. B. durch „Gene Editing“ mittels CRISPR/Cas9, behandelt und danach zur Transplantation genutzt werden, was die Gefahr einer Immunantwort und damit einer Abstoßung des Transplantats deutlich verringert. Auch wenn es sich beim Auge um ein sog. immunprivilegiertes Organ handelt, könnte ein passender Haplotyp von entscheidender Bedeutung für das Überleben von Spenderphotorezeptoren sein, worauf Studien, in denen immunologisch passende und unpassende iPSZ-abgeleitete RPE-Zellen in Affenmodelle retinaler Degeneration transplantiert wurden, hinweisen [71]. Allerdings stehen einer individualisierten Anwendung von iPSZ-Linien derzeit noch hohe Kosten und lange Vorlaufzeiten zur Herstellung eines Transplantats entgegen. Einen anderen Ansatz stellt der Aufbau von iPSZ-Banken dar, in denen Zelllinien mit unterschiedlichen Haplotypen generiert und eingelagert werden. Abhängig von der Heterogenität der Bevölkerung eines Landes könnte mit einigen Hundert iPSZ-Linien ein Großteil der Patienten immunologisch „abgebildet“ werden [72], [73] und somit getestete Spenderzellquellen direkt zur Verfügung stehen. Standardisierte und rigorose Qualitätskontrollen stellen bei der Produktion von iPSZ-Linien und davon abgeleiteten Spenderzellen/-geweben eine entscheidende Voraussetzung zur sicheren klinischen Anwendung dar, da in ersten größeren Vergleichsstudien Mutationen und genetische Veränderungen in einigen iPSZ-Linien beschrieben wurden [74].
Das ultimative Ziel einer Photorezeptortransplantation ist die Wiederherstellung visueller Funktionen. Neben dem Nachweis einer verbesserten Funktionalität auf zellulärer und retinaler Ebene durch elektrophysiologische oder reflexbedingte Messmethoden müssen in weiteren Studien vermehrt Untersuchungen durchgeführt werden, welche die Wiederherstellung höherer visueller Informationsverarbeitung nachweisen. Hierfür sind insbesondere visusabhängige Verhaltenstests erforderlich, wie z. B. das von der Sehfähigkeit abhängige Morris-Wasserlabyrinth [37] oder der „Shuttle-Avoidence-Test“ [75]. Die Effektivität einer Photorezeptorersatztherapie wird hier insbesondere von der Menge an Spenderzellen abhängen, die korrekte und funktionale synaptische Verbindungen mit endogenen Nervenzellen aufbauen.
In späten Stadien von Netzhautdegenerationskrankheiten, bei denen bereits ein Großteil bzw. alle Photorezeptoren verloren sind, würde ein kompletter Photorezeptorersatz zum Tragen kommen, um Lichtsensitivität wiederzuerlangen. Interessanterweise könnten einige der funktionalen Verbesserungen, die nach Photorezeptortransplantation in Mausmodellen mit noch verbleibenden Photorezeptoren beobachtet wurden, über einen anderen Mechanismus erklärt werden: der Transfer von zytoplasmatischem Material von Spender- zu Empfängerphotorezeptoren statt struktureller Migration und Integration der transplantierten Zellen, was eine Neuinterpretation einiger früherer Studien zur Photorezeptortransplantation erfordert. Andererseits stellt die unerwartete Beobachtung eines Zell-Zell-Austauschs von Biomaterialien, durch den möglicherweise dysfunktionale Photorezeptoren unterstützt werden können, einen neuen Ansatz zur Behandlung retinaler Degenerationserkrankungen dar. Daraus ergeben sich für die Photorezeptortransplantation zwei mögliche Therapieansätze: Zellunterstützung und Zellersatz. Bei einem Vorhandensein von signifikanten Mengen an endogenen, aber dysfunktionalen Photorezeptoren könnten Spenderzellen einen direkten Einfluss auf die Funktion und das Überleben von endogenen Photorezeptoren haben. In wieweit dieser Ansatz zu einer möglichen therapeutischen Anwendung entwickelt werden kann, ist derzeit noch unklar, da dabei noch viele offene Fragen vorliegen. Insbesondere ist noch nicht bekannt, durch welchen Mechanismus zytoplasmatisches Material zwischen Spender- und Empfängerphotorezeptoren ausgetauscht wird, wie effektiv diese Unterstützung ist und ob sie moduliert und somit erhöht werden kann.
Die Klärung der o. g. Punkte stellt eine wichtige Voraussetzung für die Translation der Photorezeptortransplantation hin zu ersten klinischen Studien dar. Hierbei werden die Erfahrungen, die bei der Entwicklung von hESZ- bzw. hiPSZ-abgeleiteten RPE-Transplantaten in der klinischen Anwendung gewonnen wurden, von großer Hilfe sein. Die Ergebnisse dieser ersten Phase-I/II-Studien deuten darauf hin, dass die Transplantation von aus pluripotenten Stammzellen abgeleiteten RPE-Spenderzellen ins Auge keine signifikanten Nebenwirkungen hervorruft und sicher ist [76]. Die Transplantation von stammzellabgeleiteten Photorezeptoren stellt somit ein hochdynamisches Forschungsfeld dar, in dem in den letzten Jahren signifikante Fortschritte, insbesondere in Mausmodellen retinaler Degeneration, erzielt werden konnten. Diese zeigen zum einen das hohe Potenzial wie auch die noch zu überwindenden Hindernisse, um einen Photorezeptorersatz erfolgreich hin zur klinischen Anwendung zu entwickeln.
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Interessenkonflikt
Nein.
Danksagung
Diese Arbeit wurde unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) FZT 111: Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD) – Cluster of Excellence (M. A.), DFG-AD375/3–1 (M. A.) und die ProRetina Stiftung (M. A.).
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