Schlüsselwörter Sporttherapie - Leistungsorientierung - motorischer Test - medizinische Rehabilitation
            - muskuloskeletale Krankheiten
Key words exercise therapy - performance orientation - motoric test - medical rehabilitation
            - musculoskeletal diseases
Einleitung 
            In der medizinischen Rehabilitation gehören sport- und bewegungstherapeutische Angebote
               zum umfangstärksten Leistungssegment [1 ]
               [2 ]. Die quantitative Bedeutung steht dabei in Diskrepanz zu der bisher eher geringen
               Konzeptualisierung dieses Therapiebereiches. So wird durch die Arbeitsgruppe Bewegungstherapie
               der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften die bewegungstherapeutische
               Praxis im rehabilitativen Setting als vornehmlich erfahrungsgeleitet und wenig strukturiert
               bewertet [3 ]. Vor diesem Hintergrund wurden innerhalb der letzten Jahre wichtige Impulse für
               eine evidenzbasierte Weiterentwicklung der Bewegungstherapie gesetzt [3 ]
               [4 ]
               [5 ]
               [6 ]
               [7 ] und verschiedene Forschungsprojekte initiiert [8 ]
               [9 ]
               [10 ]
               [11 ]
               [12 ]
               [13 ].
            Zu den von der Arbeitsgruppe geforderten, aber bisher kaum bearbeiteten Punkten gehört
               die „Entwicklung von praktisch nutzbaren Assessmentverfahren als Basis für die Entwicklung
               spezifischer bewegungstherapeutischer Therapiepfade bei Rehabilitanden mit unterschiedlichen
               Einschränkungen der funktionalen Gesundheit“ [3 ]. Für eine patientenorientierte Ausgestaltung der Bewegungstherapie (u. a. nach Art,
               Inhalt und Dosis) gilt die Berücksichtigung des individuellen Leistungsniveaus der
               Rehabilitanden[1 ] als essentiell [14 ]. Gerade für sporttherapeutische Interventionen, die nahezu ausschließlich im Gruppensetting
               realisiert werden [1 ], stellt die Vermeidung von physischer Über- oder Unterforderung eine besondere Herausforderung
               dar. Obwohl trainingsmethodische Optionen für das Gruppentraining zur Verfügung stehen
               (z. B. Fahrtspiel im Ausdauerbereich, Zirkeltraining im Kraftbereich), gefährdet ein
               ausgeprägtes Leistungsgefälle das Setzen eines optimalen Trainingsreizes für den Einzelnen.
            Mithilfe einer leistungsorientierten Diagnostik, wie sie in anderen Bereichen der
               medizinischen Rehabilitation zu finden ist (z. B. rehabilitationsrelevante Diagnostik
               bei Herzinsuffizienz [15 ], berufsbezogene Diagnostik in der MBOR[2 ] [16 ]), könnte die körperliche Belastbarkeit der Rehabilitanden mit muskuloskeletalen
               Krankheiten zu Rehabilitationsbeginn objektiviert, Kontraindikatoren für verschiedene
               Therapieangebote und Aktivitätsformen frühzeitig identifiziert und bewegungstherapeutische
               Gruppenangebote, insbesondere in größeren Kliniken, effizienter geplant und gesteuert
               werden. Bislang fehlt es allerdings an geeigneten, ökonomischen Entscheidungshilfen
               für eine leistungsorientierte Gruppenausgestaltung in der rehabilitativen Sport- und
               Bewegungstherapie. Zwar gibt es eine Vielzahl an motorischen Funktionstests [17 ] sowie das Konzept der motorischen Basisdiagnostik speziell für den rehabilitativen
               Bereich [14 ], jedoch ist deren Praxistauglichkeit aufgrund der organisatorischen Rahmenbedingungen
               eingeschränkt. Spezifische Funktionstests beziehen sich meist nur auf einzelne Komponenten
               der Leistungsfähigkeit, zudem fehlen in der Regel geeignete Interpretations- und Vergleichsmöglichkeiten
               für die rehabilitative Praxis. Bei der heterogenen Testbatterie der motorischen Basisdiagnostik
               liegt der primäre Fokus zunächst auf der Identifizierung von motorischen Auffälligkeiten
               (z. B. Rumpfaufrichten möglich/nicht möglich), über die sich stufenweise erst ein
               weiterer Diagnostikbedarf in speziellen Problembereichen ableiten lässt [18 ]. Die z.T. geringen Anforderungen der motorischen Basisdiagnostik lassen jedoch keine
               quantitative Beurteilung der Belastbarkeit zu, wodurch die Möglichkeit zur leistungsorientierten
               Gruppenbildung kaum gegeben ist.
            Sport- und bewegungstherapeutische Gruppenangebote bewegen sich daher häufig im Spannungsfeld
               zwischen variabler Belastbarkeit der Rehabilitanden, dem trainingswissenschaftlichen
               Anspruch einer optimalen Belastungsdosierung und den therapeutischen Möglichkeiten
               in der Praxis. Vor diesem Hintergrund wurde als studienbegleitendes Teilprojekt in
               der boRN[3 ]-Studie [19 ] eine gruppentaugliche Testbatterie für Rehabilitanden mit verschiedenen muskuloskeletalen
               Krankheiten entwickelt, deren methodischer Entwicklungsprozess im vorliegenden Beitrag
               detailliert beschrieben wird. Bewusst wurden verschiedene entzündliche und nicht-entzündliche
               muskuloskeletale Krankheiten eingeschlossen, weil die Diagnose keine ausreichenden
               Informationen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit bietet. Das wesentliche Ziel bestand
               in der Generierung einer funktionsorientierten Testbatterie, die sich diagnoseunabhängig
               anwenden lässt und Rehabilitanden entsprechend ihrer individuellen körperlichen Belastbarkeit
               und nicht nach bzw. nur innerhalb der rehabilitationsrelevanten Hauptdiagnose sondiert.
               Mittels dieser standardisierten Entscheidungshilfe sollten Rehabilitanden mit 3 unterschiedlichen
               Hauptdiagnosen entweder körperlich moderatem oder intensivem diagnoseunabhängigen
               Gruppentraining zugeordnet werden. Dies soll gemäß der Internationalen Klassifikation
               der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit geforderten funktionsorientierten
               Ausrichtung der medizinischen Rehabilitation Rechnung tragen und gleichzeitig den
               Rehabilitationskliniken eine effiziente Möglichkeit zur standardisierten, diagnoseübergreifenden
               Gruppenzusammenstellung ermöglichen.
            Im empirischen Teil dieses Beitrags wird die Gruppenzuordnung durch die Testbatterie
               mit der Gruppeneinteilung basierend auf der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung verglichen,
               um Hinweise für den potentiellen Mehrwert eines solchen motorischen Assessments zu
               generieren. Es wird somit ein Verfahren zur klinikinternen Entwicklung von sport-
               und bewegungstherapeutischen Entscheidungshilfen skizziert und dessen möglicher Mehrwert
               geprüft.
            Dadurch soll ein Beitrag zur praxisorientierten Weiterentwicklung von sport- und bewegungstherapeutischen
               Assessments im rehabilitativen Kontext geleistet werden.
         Material und Methoden 
            Datenquelle 
            
            Im Rahmen der sequenziell gestalteten boRN-Studie wurde die Testbatterie anhand der
               Teilnehmer der Kontrollgruppe (n=414, Rekrutierungszeitraum 05/2011–11/2011) und anschließend
               in einer kleineren Pilotierungsgruppe (n=33, Rekrutierungszeitraum 01/2012–02/2012)
               entwickelt und anschließend in der Interventionsphase (n=323, Rekrutierungszeitraum
               03/2012  –10/2012) zur Zuweisung der Studienteilnehmer zu einer von 2 leistungsgestuften
               Trainingsgruppen eingesetzt. Für alle an der Entwicklung und Erprobung der Testbatterie
               beteiligten Rehabilitanden galten folgende Einschlusskriterien: (I) männliche und
               weibliche Rehabilitanden im Alter zwischen 18 und 65 Jahren mit der Hauptdiagnose
               chronischer Rückenschmerz (RS; ICD-10: M51–M54), chronische Polyarthritiden (cP; ICD-10:
               M05–M07) oder Spondyloarthritiden (SpA; ICD-10: M45–M46); (II) keine Operation innerhalb
               der letzten 3 Monate; (III) für Sport- und Bewegungstherapie in der Gruppe (ärztliche
               Beurteilung) geeignet; (IV) Rehabilitationszugang: Heilverfahren der Deutschen Rentenversicherung
               (allgemeines Antragsverfahren; keine Anschlussrehabilitation). Die boRN-Studie (inkl.
               Testentwicklung) wurde durch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität
               Halle-Wittenberg positiv begutachtet und im Rehazentrum Bad Eilsen sowie der Celenus
               Teufelsbad Fachklinik Blankenburg durchgeführt.
            
            Entwicklungsprozess der Testbatterie 
            
            Die Entwicklung der Testbatterie erfolgte gestuft in Anlehnung an die testtheoretischen
               Grundlagen der motorischen Diagnostik [20 ]. Im Vordergrund standen die Praxistauglichkeit sowie die Nutzbarkeit der Testbatterie
               als Instrument der gruppenbasierten Zuweisung der Probanden zu einer von 2 Trainingsgruppen
               mit unterschiedlichem Belastungsniveau. In einem ersten Schritt wurden relevante Funktionstests
               mit Sporttherapeuten aus den beiden Kooperationskliniken sondiert und hinsichtlich
               ihrer Sinnhaftigkeit und Praktikabilität diskutiert. Die Kriterien der Testauswahl
               bezogen sich auf die Gruppentauglichkeit der Tests, deren krankheitsübergreifende
               Einsatzmöglichkeiten sowie deren Einfachheit und Nähe zum Klinikalltag. Weiterhin
               sollten sportmotorische Tests integriert werden, bei denen die Belastbarkeit der Probanden
               möglichst metrisch erfasst wird. Der Vorteil dieses Vorgehens bestand darin, dass
               die Belastbarkeit der Rehabilitanden in unterschiedlichen Abstufungen abgebildet werden
               konnte. Die Schritte zur Auswahl potentiell geeigneter Tests sind in [Tab. 1 ] dargestellt.
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 1  Entwicklungsschritte der Testbatterie.
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           Testinhalte während der Entwicklungsschritte
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Schritt 1 – Entwicklung
                         
                        
                        
                           Schritt 2 – Modifizierung
                         
                        
                        
                           Schritt 3 – Erprobung
                         
                         
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           
                              Funktionstests 
                              
                         
                        
                        
                           6-Minuten-Gehtest [21 ]
                              22 ]
                              
                         
                        
                        
                           6-Minuten-Gehtest23 ]
                              
                         
                        
                        
                           6-Minuten-Gehtest
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Therapeuten 
                              
                         
                        
                        
                           Auffälligkeit Gangbild
                         
                        
                        
                           Auffälligkeit Gangbild
                         
                        
                        
                           Auffälligkeit Gangbild
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Rehabilitanden 
                              
                         
                        
                        
                           Subjektive Beanspruchung je Test (Borg-Skala [24 ])
                         
                        
                        
                           Subjektive Beanspruchung je Test (Borg-Skala)
                         
                        
                        
                           Globalurteil zur eigenen körperlichen Leistungsfähigkeit (NRS: 0–10)
                         
                         
                      
               
             
            
            
            Insgesamt 414 Rehabilitanden der Kontrollgruppe absolvierten diese Testbatterie zu
               Beginn ihrer medizinischen Rehabilitation (Alter: M=48,8 [±8,3] Jahre; 47% Frauen;
               Diagnose: 64,7% RS; 24,2% cP; 11,1% SpA). Neben der Dokumentation der Testergebnisse
               bewerteten die verantwortlichen Testleiter unter Berücksichtigung der gesamten Testergebnisse
               sowie aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung die körperliche Belastbarkeit der einzelnen
               Rehabilitanden mit der dichotomen Einschätzung „intensiv belastbar“ vs. „moderat belastbar“.
            
            Anhand dieser Einschätzung wurde in einem zweiten Schritt mittels binär-logistischer
               Regressionsanalyse geprüft, wie gut die Belastbarkeit der Probanden (abhängige Variable:
               Testleiterurteil „moderat belastbar“=0 vs. „intensiv belastbar“=1) durch die einzelnen
               Testergebnisse und zusätzlich erhobene Parameter auf Rehabilitanden- und Therapeutenebene
               vorhergesagt werden konnte. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde die Testbatterie noch
               einmal leicht angepasst:
            
            
               
               
                  
                  Der niedrigschwellige, gleichgewichtsorientierte Tandemgang wurde aufgrund nahezu
                     fehlender Leistungsvarianz durch den anspruchsvolleren Stern-Test [23 ] ersetzt.
                   
               
               
                  
                  Aufgrund ebenfalls sehr deutlicher Deckeneffekte wurde die maximal erreichbare Wiederholungszahl
                     bei den Knie- und Rumpfbeugen von 25 auf 75 erhöht (statt 1 min nun 3 min Zeit; vorgegebene
                     Kadenz: mindestens 25 Wiederholungen/min).
                   
                
            
            Die überarbeitete Testbatterie wurde an der Pilotgruppe mit insgesamt 33 Rehabilitanden
               in den beiden Studienzentren getestet. Im abschließenden dritten Schritt wurde die
               Testbatterie aus ökonomischen Überlegungen heraus auf die aussagekräftigsten Tests
               reduziert. So wurde der Stern-Test aufgrund mangelnder Aussagekraft für die Vorhersage
               der körperlichen Belastbarkeit und zu hoher Komplexität nicht mehr eingesetzt. Weiterhin
               wurde die probandenseitige Einschätzung der Anstrengung bei jedem einzelnen Test auf
               eine globale Selbstbewertung der eigenen körperlichen Leistungsfähigkeit reduziert
               (Nummerische Rating-Skala 0=„gar nicht leistungsfähig“ bis 10=„voll leistungsfähig“).
               Die detaillierte Dokumentation der Problembereiche der Patienten hinsichtlich Druck-
               oder Bewegungsschmerz sowie Funktionseinschränkungen der Gelenke und der Wirbelsäule
               mittels Schmerzmännchen [25 ] wurde ebenfalls aufgegeben, da sich hier keinerlei Zusammenhänge zur körperlichen
               Belastbarkeit der Patienten zeigten.
            
            Für die 4 final ausgewählten Funktionstests wurde mittels Receiver-Operating-Characteristic
               (ROC) Analyse jeweils ein testspezifischer Cut-Off-Wert ermittelt. In die Analysen
               gingen das dichotome Testleiterurteil als Zustandsvariable und das jeweilige Ergebnis
               des Funktionstest als Testvariable ein. Der Cut-Off-Wert zur Unterteilung in moderat
               und intensiv belastbare Rehabilitanden wurde anhand des Verhältnisses von Sensitivität
               und Spezifität abgeleitet. Dabei galt als optimaler Schwellenwert jeweils der Testwert,
               bei dem Sensitivität und Spezifität gleichzeitig≥0,7 betrugen. Bei mehreren möglichen
               Werte-Kombinationen wurde der Testwert mit der höchsten Sensitivität gewählt. Die
               berechneten testspezifischen Cut-Off-Werte zur Unterteilung der Rehabilitanden in
               moderat und intensiv belastbare Trainingsgruppen sind in [Tab. 2 ] dargestellt. Bei allen Cut-Off-Werten nahm die ‚Area under the Curve‘ (AUC) einen
               Wert von>0,7 ein und spricht damit für eine akzeptable Modellgüte.
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 2  Ermittelte Cut-Off-Werte für die 4 finalen Tests.
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           Test
                         
                        
                        
                           Cut-Off
                         
                        
                        
                           Sensitivität
                         
                        
                        
                           Spezifität
                         
                        
                        
                           AUC
                         
                        
                        
                           95%-KI
                         
                        
                        
                           p
                         
                         
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           6-Minuten-Gehtest (Meter)
                         
                        
                        
                           560
                         
                        
                        
                           0,762
                         
                        
                        
                           0,719
                         
                        
                        
                           0,818
                         
                        
                        
                           0,779–0,857
                         
                        
                        
                           <0,001
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Kniebeugen (Anzahl)
                         
                        
                        
                           30
                         
                        
                        
                           0,917
                         
                        
                        
                           0,684
                         
                        
                        
                           0,794
                         
                        
                        
                           0,633–0,955
                         
                        
                        
                           0,007
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Rumpfbeugen (Anzahl)
                         
                        
                        
                           30
                         
                        
                        
                           0,750
                         
                        
                        
                           0,737
                         
                        
                        
                           0,789
                         
                        
                        
                           0,629–0,950
                         
                        
                        
                           0,007
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Biering-Sørensen-Test (Sekunden)
                         
                        
                        
                           60
                         
                        
                        
                           0,773
                         
                        
                        
                           0,787
                         
                        
                        
                           0,839
                         
                        
                        
                           0,798–0,880
                         
                        
                        
                           <0,001
                         
                         
                      
               
               
               AUC=Area under the curve; 95%-KI=95%-Konfidenzintervall, p=Signifikanzniveau
                
            
            
            
            
               Auswertungsschema der Testbatterie  Die finalen Inhalte der Testbatterie sind in [Tab. 3 ] beschrieben. Es lassen sich 4 dichotome Leistungsindizien ableiten, die zusammen
               als Entscheidungsgrundlage der Gruppenallokation für die Testleiter dienen. Liegt
               z. B. die zurückgelegte Strecke beim 6-Minuten-Gehtest über 560 m wird dies als intensive
               Leistungsindiz gewertet, ein Testergebnis unter 560 m entspricht einem moderaten Leistungsindiz.
               Überwiegend intensive Leistungsindizien („I“) gelten als Hinweis auf einen eher intensiv
               belastbaren Rehabilitanden, während überwiegend moderate Leistungsindizien („M“) eher
               für einen moderat belastbaren Probanden sprechen. Bei ausgeglichenem Verhältnis (z. B.
               2-mal „M“ und 2-mal „I“) können vorhandene Auffälligkeiten bei der Testdurchführung
               (wenn vorhanden=moderates Leistungsindiz) und die Rückmeldung des Rehabilitanden zur
               derzeitigen Leistungsfähigkeit herangezogen werden, um dessen individuelle Leistungskapazitäten/-reserven
               besser abschätzen zu können. Die endgültige Einstufung des Rehabilitanden obliegt
               dem Testleiter, der z. B. bei Ergebnissen nahe am Cut-Off-Wert oder bei nicht erhobenen
               Kontraindikatoren eine angemessene Allokationsentscheidung trifft.
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 3  Übersicht zur Zusammensetzung der finalen Testbatterie.
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           Komponenten
                         
                        
                        
                           Kurzbeschreibung
                         
                        
                        
                           Parameter
                         
                         
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           6-Minuten-Gehtest
                           
                            
                        
                        
                           Eine abgemessene Strecke wird (wiederholt) gehend zurückgelegt. Der Proband soll in
                              6 min so weit wie möglich gehen.
                         
                        
                        
                           Gehstrecke in Metern
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Kniebeuge
                           
                            
                        
                        
                           Der Teilnehmer macht möglichst viele Kniebeugen in 3 min. Die Oberschenkel befinden
                              sich dabei nahezu parallel zum Boden. Frequenz: mindestens 25 Wiederholungen/min (Metronom)
                         
                        
                        
                           Anzahl korrekter Wiederholungen bis Abbruch (max. 3 min)
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Rumpfaufrichten
                           
                            
                        
                        
                           Der Teilnehmer macht möglichst viele Rumpfbeugen in 3 min. Frequenz: mindestens 25
                              Wiederholungen/min (Metronom)
                         
                        
                        
                           Anzahl korrekter Wiederholungen bis Abbruch (max. 3 min)
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Biering-Sørensen-Test
                           
                            
                        
                        
                           Der Teilnehmer liegt mit der Hüfte auf einem Steppbrett auf und hält den Oberkörper
                              horizontal zum Boden (Beine fixiert).
                         
                        
                        
                           Zeit in Sekunden in der Zielposition bis zum Abbruch (max. 240 s)
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Auffälligkeiten im Gangbild
                         
                        
                        
                           Beurteilung des Gangbilds beim 6-Minuten-Gehtest hinsichtlich funktionsbezogener Auffälligkeiten
                              z. B. Trendelenburg-Zeichen, Duchenne-Hinken, häufige Pausen
                         
                        
                        
                           nicht vorhanden/vorhanden
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Probleme bei der Testdurchführung
                         
                        
                        
                           Beurteilung von Problemen z. B. beim Hinlegen oder Aufstehen von der Matte bei den
                              beiden letzten Tests
                         
                        
                        
                           nicht vorhanden/vorhanden
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Selbsteinschätzung der Probanden
                         
                        
                        
                           Wie schätzen Sie Ihre derzeitige körperliche Leistungsfähigkeit ein?
                         
                        
                        
                           0=„gar nichtleistungsfähig“ bis 10=„voll leistungsfähig“
                         
                         
                      
               
             
            
            
            
               Material und Durchführung  Für die Testbatterie hat sich während der Entwicklungsphase ein Testleiter-Probanden-Schlüssel
               von 1:10 als geeignet erwiesen. Im Rahmen der Studie wurden die Tests von Physio-
               und Sporttherapeuten angeleitet. Die Testbatterie kann inklusive der Erläuterung und
               Vorbereitung der Tests bei entsprechender Routine innerhalb von 60 min mit der Gruppe
               durchgeführt werden. Als Materialien werden Begrenzungsmarkierungen für die Gehstrecke,
               eine Stoppuhr, Gymnastikmatten und Steppbretter benötigt. Für die Vorgabe der Wiederholungsfrequenz
               empfiehlt sich ein Metronom bzw. ein elektronischer Signalgeber (z. B. Smartphone).
            
            Vorgehen zum Vergleich der Gruppenzuteilung aufgrund der Ergebnisse der Testbatterie
               und der ärztlichen Einschätzung 
            
            In der boRN-Studie wurden die beteiligten Klinikärzte bezüglich der Intention zur
               Bildung leistungsgestufter, krankheitsübergreifender, geschlossener Trainingsgruppen
               während der Interventionsphase sensibilisiert. Sie wurden gebeten, auf Basis ihrer
               Anamnese jeden Rehabilitanden als „moderat belastbar“ (MA ) oder „intensiv belastbar“ (IA ) zu bewerten und dies zu dokumentieren. Nach der ärztlichen Anamnese durchliefen
               alle Rehabilitanden die Testbatterie und wurden über den Zuweisungsalgorithmus ebenfalls
               als „moderat belastbar“ (MT ) oder „intensiv belastbar“ (IT ) eingestuft. Auf diese Weise konnte die ärztliche Einschätzung unabhängig vom Ergebnis
               der Testbatterie erhoben und mit diesem verglichen werden.
            
            Zur Identifizierung des möglichen Mehrwerts der testbasierten Gruppenbildung gegenüber
               der alleinigen ärztlichen Eingruppierung wurden alle Rehabilitanden am Rehabilitationsbeginn
               zum selbstwahrgenommenem Funktionsstatus schriftlich befragt. Zur Anwendung kamen
               der Fragebogen zur Erfassung des motorischen Funktionsstatus (FFB-Mot) [26 ], der Index zur Messung von Einschränkungen der Teilhabe (IMET) [27 ], ein Fragebogen zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF-12) [28 ] und Skalen zu Schmerzen, Erschöpfung und Morgensteifheit (Numerische Rating-Skalen:
               0–10). Alle Fragebogenparameter wurden getrennt nach ärztlicher und testbasierter
               Belastungseinstufung (MA  und IA  vs. MT  und IT ) zur Abschätzung der Konvergenzvalidität beider Verfahren gegenübergestellt. Die
               Mittelwertdifferenz zwischen den Gruppen der moderat und intensiv belastbaren Rehabilitanden
               wurde als Maß einer leistungsorientierten Gruppenzuweisung gewertet. Es kann angenommen
               werden, dass sich die Gruppen mit größeren Mittelwertunterschieden in den Funktionsparametern
               hinsichtlich der körperlichen Belastbarkeit deutlicher voneinander unterscheiden (moderate
               vs. intensive Gruppe). Für die Analyse wurden nur Datensätze der Interventionsgruppe
               berücksichtigt, bei denen alle benötigten Informationen (alle Fragebogenitems und
               die ärztliche Belastungseinschätzung) vollständig dokumentiert waren.
            
            Statistik 
            
            Die Ergebnisse wurden für die Gesamtstichprobe sowie die ärztliche und testbasierende
               Unterteilung in moderate bzw. intensive belastbare Rehabilitanden deskriptiv aufbereitet.
               Sofern nicht anders angegeben, werden Mittelwert (M) und Standardabweichung (SD) bzw.
               prozentuale Anteile dargestellt. Lineare Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen der
               4 final ausgewählten Tests wurden mittels Pearson-Korrelation (r) geprüft. Zur Kontrolle
               von testbezogenen Leistungsunterschieden zwischen den Diagnosegruppen wurde für jeden
               Test eine einfaktorielle Varianzanalyse mit Post-Hoc-Tests nach Scheffé durchgeführt.
               Aufgrund mehrfach durchgeführter Varianzanalysen wurden die Ergebnisse unter Berücksichtigung
               einer Alpha-Fehlerkorrektur nach Bonferroni interpretiert. Zur Prüfung der Übereinstimmung
               der ärztlichen Einschätzung und des Ergebnisses der Testbatterie wurde Cohens Kappa
               (ĸ) berechnet [29 ]. Dieser Koeffizient gewichtet das Verhältnis zwischen beobachteter und erwarteter
               Übereinstimmung zweier Beurteilungen. Bortz und Döring [30 ] geben einen Minimalwert von ĸ=0,60 als „Grenzwert“ an, der für eine gute Beurteiler-Übereinstimmung
               spricht. Zur Überprüfung der Mittelwertunterschiede bei intervallskalierten Ergebnissen
               wurde der t-Test genutzt, wobei ein Signifikanzniveau von p<0,05 als statistisch signifikant
               interpretiert wurde. Zur jeweiligen Mittelwertdifferenz wird ergänzend das 95%-Konfidenzintervall
               berichtet. Als parameterunabhängiger Indikator der Mittelwertunterschiede wurde die
               Effektstärke (d) [31 ] unter Verwendung gepoolter Standardabweichungen für unterschiedliche Gruppengrößen
               berechnet. Alle Analysen wurden mit der Statistiksoftware SPSS 23.0 durchgeführt.
            Ergebnisse 
            Stichprobencharakteristik in der Erprobungsphase und Leistungsspanne in den Einzeltests 
            
            Die Betrachtung einzelner Testergebnisse von den 323 Probanden (Alter: M=49,3 [±8,2]
               Jahre; 45% Frauen; Diagnose: 65,3% RS; 23,1% cP; 11,6% SpA), die im Rahmen der Interventionsphase
               die Testbatterie absolvierten, bestätigt eine große Leistungsheterogenität im untersuchten
               Kollektiv, wobei keine signifikanten diagnosebezogene Leistungsunterschiede zu beobachten
               waren ([Tab. 4 ]). Für die 4 Tests wurden geringe bis mittlere Korrelationen untereinander beobachtet
               (r=0,28 bis r=0,43; p<0,01).
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 4  Diagnoseabhängige Ergebnisse in den einzelnen Tests der Testbatterie (n=323 Probanden
                        in der Erprobungsphase).
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           Test
                         
                        
                        
                           Gesamt
                         
                        
                        
                           Diagnosegruppe
                         
                        
                        
                           Post-Hoc-Tests nach Scheffé
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           RS
                         
                        
                        
                           cP
                         
                        
                        
                           SpA
                         
                         
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           6-Minuten-Gehtest (Meter), M (SD)
                         
                        
                        
                           
                              543 (77) 
                              
                         
                        
                        
                           540 (79)
                         
                        
                        
                           546 (77)
                         
                        
                        
                           560 (68)
                         
                        
                        
                           n.s.
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Kniebeugen (Anzahl), M (SD)
                         
                        
                        
                           
                              48 (24) 
                              
                         
                        
                        
                           47 (23)
                         
                        
                        
                           46 (24)
                         
                        
                        
                           57 (23)
                         
                        
                        
                           n.s.
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Rumpfbeugen (Anzahl), M (SD)
                         
                        
                        
                           
                              36 (21) 
                              
                         
                        
                        
                           38 (21)
                         
                        
                        
                           33 (17)
                         
                        
                        
                           38 (26)
                         
                        
                        
                           n.s.
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Biering-Sørensen-Test (Sekunden), M (SD)
                         
                        
                        
                           
                              75 (50) 
                              
                         
                        
                        
                           71 (44)
                         
                        
                        
                           82 (57)
                         
                        
                        
                           86 (62)
                         
                        
                        
                           n.s.
                         
                         
                      
               
               
               M… Mittelwert; SD… Standardabweichung; RS=chronischer Rückenschmerz; cP=chronische
                  Polyarthritiden; SpA=Spondyloarthritiden; n.s.=nicht signifikant
                
            
            
            
            Gegenüberstellung von ärztlicher und testbasierter Belastungseinschätzung 
            
            Für den Vergleich der ärztlichen und testbasierten Belastungseinschätzung lagen insgesamt
               163 Datensätze vor, bei denen die ärztliche Belastungseinschätzung und die relevanten
               Fragebogenitems vollständig dokumentiert wurden. Diese Analysestichprobe bestand zur
               Hälfte aus Frauen (49%) mit einem durchschnittlichen Alter von 48,9 (±8,6) Jahren
               und einer ähnlichen Verteilung der Hauptdiagnosen wie in der Entwicklungsphase (59,5%
               RS, 25,8% cP und 14,7% SpA). Auch in dieser Substichprobe lässt sich die Leistungsvarianz
               anhand der einzelnen Tests der Testbatterie verdeutlichen (siehe [Tab. 5 ]). Bei wiederholten Varianzanalysen mit der kleineren Substichprobe ergaben sich
               wiederum keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der diagnosebezogenen Leistungsvarianz.
               Für die vier Tests wurden ebenfalls geringe bis mittlere Korrelationen untereinander
               beobachtet (r=0,21 bis r=0,41; p<0,01). Von den Probanden wiesen 13,5% Auffälligkeiten
               im Gangbild auf, bei 12,3% wurden Probleme bei der Testdurchführung dokumentiert.
               Die subjektive Leistungsfähigkeit der Rehabilitanden lag mit 5,2 (±1,4) im mittleren
               Bereich.
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 5  Leistungsspanne in den Einzeltests (n=163 Probanden der Erprobungsphase).
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           Test
                         
                        
                        
                           Perzentile
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           5%
                         
                        
                        
                           10%
                         
                        
                        
                           25%
                         
                        
                        
                           50%
                         
                        
                        
                           75%
                         
                        
                        
                           90%
                         
                        
                        
                           95%
                         
                        
                        
                           Min
                         
                        
                        
                           Max
                         
                         
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           6-Minuten-Gehtest (Meter)
                         
                        
                        
                           400
                         
                        
                        
                           483
                         
                        
                        
                           517
                         
                        
                        
                           557
                         
                        
                        
                           600
                         
                        
                        
                           632
                         
                        
                        
                           671
                         
                        
                        
                           300
                         
                        
                        
                           694
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Kniebeugen (Anzahl)
                         
                        
                        
                           12
                         
                        
                        
                           20
                         
                        
                        
                           32
                         
                        
                        
                           50
                         
                        
                        
                           75
                         
                        
                        
                           76
                         
                        
                        
                           79
                         
                        
                        
                           0
                         
                        
                        
                           89
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Rumpfbeugen (Anzahl)
                         
                        
                        
                           9
                         
                        
                        
                           16
                         
                        
                        
                           24
                         
                        
                        
                           31
                         
                        
                        
                           50
                         
                        
                        
                           75
                         
                        
                        
                           76
                         
                        
                        
                           4
                         
                        
                        
                           96
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Biering-Sørensen-Test (Sekunden)
                         
                        
                        
                           7
                         
                        
                        
                           14
                         
                        
                        
                           40
                         
                        
                        
                           71
                         
                        
                        
                           104
                         
                        
                        
                           134
                         
                        
                        
                           180
                         
                        
                        
                           0
                         
                        
                        
                           240
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Subjektive Belastbarkeit (0-10)
                         
                        
                        
                           3
                         
                        
                        
                           3
                         
                        
                        
                           4
                         
                        
                        
                           5
                         
                        
                        
                           6
                         
                        
                        
                           7
                         
                        
                        
                           7
                         
                        
                        
                           1
                         
                        
                        
                           10
                         
                         
                      
               
               
               Bedeutung der Perzentile: X % der Stichprobe haben einen Wert von Y oder geringerer
                  erreicht; Min=Minimum; Max=Maximum
                
            
            
            
            Von den 163 Rehabilitanden wurden auf Basis der ärztlichen Begutachtung 83 Rehabilitanden
               als moderat belastbar und 80 Rehabilitanden als intensiv belastbar eingestuft ([Tab. 6 ]). Die Testleiter stuften aufgrund der Testbatterie 65 Rehabilitanden als moderat
               und 98 Rehabilitanden als intensiv belastbar ein. Insgesamt wurden 101 von 163 Rehabilitanden
               durch beide Einschätzungsverfahren der gleichen Leistungsgruppe (n=43 moderat, n=58
               intensiv) zugeordnet. Bei mehr als jedem dritten Fall gab es eine gegensätzliche Einschätzung.
               Cohens Kappa als Maß der Übereinstimmung beider Verfahren betrug ĸ=0,24 (95% KI: [0,10;
               0,40]).
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 6  Ärztliche und testbasierte Eingruppierung der 163 Probanden nach moderater und intensiver
                        Belastbarkeit (Erprobungsphase).
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           Eingruppierung mittels Testbatterie
                         
                        
                        
                           Gesamt
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           moderat belastbar
                         
                        
                        
                           intensiv belastbar
                         
                        
                         
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           
                              Ärztliche Eingruppierung 
                              
                         
                        
                        
                           moderat belastbar
                         
                        
                        
                           43 (26%)
                         
                        
                        
                           40 (25%)
                         
                        
                        
                           
                              83 (51%) 
                              
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           intensiv belastbar
                         
                        
                        
                           22 (14%)
                         
                        
                        
                           58 (35%)
                         
                        
                        
                           
                              80 (49%) 
                              
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           Gesamt
                         
                        
                        
                           
                              65 (40%) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              98 (60%) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              163 (100%) 
                              
                         
                         
                      
               
               
               In den Zellen ist die jeweilige Anzahl der Rehabilitanden abgebildet; alle dargestellten
                  Anteile (%) beziehen sich auf die Gesamtstichprobe von 163 Rehabilitanden
                
            
            
            
            Hinsichtlich Alter, Geschlecht und Hauptdiagnose zeigten sich zwischen ärztlicher
               und testbezogener Eingruppierung vergleichbare Charakteristiken ([Tab. 7 ]). Bei beiden Varianten waren die als moderat klassifizierten Rehabilitanden durchschnittlich
               etwas älter; die Diagnosen waren etwa gleich verteilt. Dagegen fanden sich bei den
               Werten des FFB-Mot größere Mittelwertdifferenzen und Effektstärken durch die Testallokation
               im Vergleich zur Allokation durch den Arzt. Deutlich wurde dies an den Effektstärken,
               die nach ärztlicher Zuteilung im Bereich von 0,23 bis 0,34 lagen und bei der testbezogenen
               Zuteilung zwischen 0,43 und 0,81 variierten. Vergleichbare Ergebnisse zeigten sich
               beim IMET und beim SF-12, wobei der Unterschied der Mittelwertdifferenzen beim SF-12
               am geringsten ausfiel. Für die Ergebnisse der beschwerdebezogenen Merkmale Schmerzen,
               Erschöpfung und Morgensteifheit fielen die Ergebnisse weniger deutlich aus. Während
               bei der ärztlichen Zuteilung eine leichte Tendenz zu stärker belasteten Probanden
               in der moderaten Gruppe auftrat, zeigten sich bei den moderat und intensiv belastbaren
               Probanden auf Basis der testbezogenen Zuteilung keine Unterschiede hinsichtlich ihrer
               Schmerzen, Erschöpfung und/oder Steifheit.
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 7  Gegenüberstellung von Rehabilitanden mit moderater und intensiver körperlicher Belastbarkeit
                        nach der ärztlichen Eingruppierung und der Eingruppierung auf Basis der Testbatterie
                        (Erprobungsphase).
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           Gesamt
                         
                        
                        
                           Ärztliche Einschätzung
                         
                        
                        
                           Testbasierte Einschätzung
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           moderat
                         
                        
                        
                           intensiv
                         
                        
                        
                           MD [95%-KI]
                         
                        
                        
                           d
                         
                        
                        
                           moderat
                         
                        
                        
                           intensiv
                         
                        
                        
                           MD [95%-KI]
                         
                        
                        
                           d
                         
                         
                      
                  
                     
                     
                        
                        
                           
                              Rehabilitanden, N 
                              
                         
                        
                        
                           
                              163 
                              
                         
                        
                        
                           83
                         
                        
                        
                           80
                         
                        
                        
                           65
                         
                        
                        
                           98
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Alter in Jahren, M (SD) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              48,9 (8,6) 
                              
                         
                        
                        
                           50,8 (8,2)
                         
                        
                        
                           46,7 (8,5)
                         
                        
                        
                           −4,1 [−6,7; − 1,5]
                         
                        
                        
                           −0,49
                         
                        
                        
                           50,2 (8,6)
                         
                        
                        
                           47,8 (8,4)
                         
                        
                        
                           −2,4 [ − 5,1; 0,3]
                         
                        
                        
                           0,28
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Frauen, %  
                         
                        
                        
                           
                              49,1 
                              
                         
                        
                        
                           53,0
                         
                        
                        
                           45,0
                         
                        
                        
                           52,3
                         
                        
                        
                           46,9
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Hauptdiagnose, % 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              cP 
                              
                         
                        
                        
                           
                              25,8 
                              
                         
                        
                        
                           25,3
                         
                        
                        
                           26,3
                         
                        
                        
                           27,7
                         
                        
                        
                           24,5
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              SpA 
                              
                         
                        
                        
                           
                              14,7 
                              
                         
                        
                        
                           10,8
                         
                        
                        
                           18,8
                         
                        
                        
                           12,3
                         
                        
                        
                           16,3
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              RS 
                              
                         
                        
                        
                           
                              59,5 
                              
                         
                        
                        
                           63,9
                         
                        
                        
                           55,0
                         
                        
                        
                           60,0
                         
                        
                        
                           59,2
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Motorischer Funktionsstatus, M (SD) 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              FFB-Mot Kraft (5–25) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              13,1 (4,7) 
                              
                         
                        
                        
                           12,3 (4,5)
                         
                        
                        
                           13,9 (4,9)
                         
                        
                        
                           1,6 [0,1; 3,5]
                         
                        
                        
                           0,34
                         
                        
                        
                           11,7 (4,8)
                         
                        
                        
                           14,0 (4,5)
                         
                        
                        
                           2,2 [0,8; 3,7]
                         
                        
                        
                           0,50
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              FFB-Mot Ausdauer (5–25) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              11,6 (4,4) 
                              
                         
                        
                        
                           11,0 (3,9)
                         
                        
                        
                           12,2 (4,8)
                         
                        
                        
                           1,2 [−0,1; 2,6]
                         
                        
                        
                           0,28
                         
                        
                        
                           9,6 (3,4)
                         
                        
                        
                           12,9 (4,5)
                         
                        
                        
                           3,4 [2,1; 4,7]
                         
                        
                        
                           0,81
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              FFB-Mot Beweglichkeit (5–25) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              14,8 (4,8) 
                              
                         
                        
                        
                           14,3 (4,6)
                         
                        
                        
                           15,4 (5,0)
                         
                        
                        
                           1,1 [−0,3; 2,6]
                         
                        
                        
                           0,23
                         
                        
                        
                           13,6 (4,7)
                         
                        
                        
                           15,6 (4,7)
                         
                        
                        
                           2,0 [0,6; 3,5]
                         
                        
                        
                           0,43
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              FFB-Mot Koordination (5–25) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              15,2 (4,9) 
                              
                         
                        
                        
                           14,5 (4,7)
                         
                        
                        
                           15,8 (5,0)
                         
                        
                        
                           1,3 [−0,2; 2,8]
                         
                        
                        
                           0,27
                         
                        
                        
                           13,2 (4,5)
                         
                        
                        
                           16,5 (4,7)
                         
                        
                        
                           3,3 [1,8; 4,7]
                         
                        
                        
                           0,71
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              FFB-Mot Gesamtscore (25–100) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              54,7 (14,6) 
                              
                         
                        
                        
                           52,6 (13,7)
                         
                        
                        
                           57,3 (15,2)
                         
                        
                        
                           5,3 [0,8; 9,7]
                         
                        
                        
                           0,33
                         
                        
                        
                           48,1 (14,3)
                         
                        
                        
                           59,0 (13,1)
                         
                        
                        
                           10,9 [6,6; 15,2]
                         
                        
                        
                           0,80
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Teilhabeeinschränkungen, M (SD) 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Gesamtscore (IMET: 0–90) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              34,0 (17,6) 
                              
                         
                        
                        
                           34,5 (17,7)
                         
                        
                        
                           32,3 (17,3)
                         
                        
                        
                           −2,2 [−7,6; 3,2]
                         
                        
                        
                            0,13
                         
                        
                        
                           38,3 (18,2)
                         
                        
                        
                           30,2 (16,2)
                         
                        
                        
                           −8,1 [−13,5; − 2,7]
                         
                        
                        
                           0,48
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Gesundheitsbezogene Lebensqualität, M (SD) 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              SF-12 körperliche Summenskala (0–100) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              35,7 (7,5) 
                              
                         
                        
                        
                           34,8 (6,8)
                         
                        
                        
                           36,5 (8,1)
                         
                        
                        
                           1,7 [−0,6; 4,0]
                         
                        
                        
                           0,23
                         
                        
                        
                           34,3 (8,2)
                         
                        
                        
                           36,6 (6,9)
                         
                        
                        
                           2,2[−0,1; 4,6]
                         
                        
                        
                           0,31
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Beschwerden, M (SD) 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              NRS Schmerzen (0–0) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              5,7 (1,8) 
                              
                         
                        
                        
                           5,9 (1,8)
                         
                        
                        
                           5,5 (1,8)
                         
                        
                        
                           −0,5 [−1,0; 0,1]
                         
                        
                        
                            0,22
                         
                        
                        
                           5,7 (1,8)
                         
                        
                        
                           5,7 (1,8)
                         
                        
                        
                           0,0 [−0,6; 0,5]
                         
                        
                        
                           0,00
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              NRS Erschöpfung/Müdigkeit (0–10) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              6,1 (1,9) 
                              
                         
                        
                        
                           6,2 (1,8)
                         
                        
                        
                           6,1 (1,9)
                         
                        
                        
                           −0,1 [−0,7; 0,5]
                         
                        
                        
                            0,05
                         
                        
                        
                           6,1 (1,8)
                         
                        
                        
                           6,1 (1,9)
                         
                        
                        
                           0,1 [−0,5; 0,7]
                         
                        
                        
                           0,00
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              NRS Morgensteifheit (0–10) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              5,3 (2,3) 
                              
                         
                        
                        
                           5,4 (2,3)
                         
                        
                        
                           5,1 (2,3)
                         
                        
                        
                           −0,4 [−1,1; 0,3]
                         
                        
                        
                            0,13
                         
                        
                        
                           5,1 (2,4)
                         
                        
                        
                           5,3 (2,2)
                         
                        
                        
                           0,2 [−0,5; 1,0]
                         
                        
                        
                           0,09
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Ergebnisse der Belastungstests, M (SD) 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              6-Minuten-Gehtest (Meter) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              551 (75) 
                              
                         
                        
                        
                           532 (79)
                         
                        
                        
                           572 (65)
                         
                        
                        
                           40,3 [17,8; 62,8]
                         
                        
                        
                           0,55
                         
                        
                        
                           515 (79)
                         
                        
                        
                           576 (61)
                         
                        
                        
                           61,2 [39,3; 83,1]
                         
                        
                        
                           0,89
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Kniebeuge (Anzahl) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              51 (23) 
                              
                         
                        
                        
                           47 (24)
                         
                        
                        
                           55 (21)
                         
                        
                        
                           8,0 [1,1; 15,0]
                         
                        
                        
                           0,35
                         
                        
                        
                           35 (18)
                         
                        
                        
                           61 (19)
                         
                        
                        
                           26,9 [21,0; 32,7]
                         
                        
                        
                           1,40
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Rumpfaufrichten (Anzahl) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              38 (21) 
                              
                         
                        
                        
                           36 (21)
                         
                        
                        
                           40 (21)
                         
                        
                        
                           4,2 [−2,3; 10,7]
                         
                        
                        
                           0,19
                         
                        
                        
                           27 (16)
                         
                        
                        
                           45 (21)
                         
                        
                        
                           17,8 [12,1; 23,4]
                         
                        
                        
                           0,94
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Biering-Sørensen-Test (Sekunden) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              77 (52) 
                              
                         
                        
                        
                           71 (56)
                         
                        
                        
                           83 (46)
                         
                        
                        
                           12,5 [−3,5; 28,5]
                         
                        
                        
                           0,23
                         
                        
                        
                           45 (34)
                         
                        
                        
                           98 (51)
                         
                        
                        
                           52,3 [39,1; 65,5]
                         
                        
                        
                           1,18
                         
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Bewertung des Testleiters, % 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Auffälligkeiten im Gangbild 
                              
                         
                        
                        
                           
                              13,7 
                              
                         
                        
                        
                           13,3
                         
                        
                        
                           14,1
                         
                        
                        
                           26,5
                         
                        
                        
                           5,2
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Probleme der Testdurchführung 
                              
                         
                        
                        
                           
                              12,7 
                              
                         
                        
                        
                           21,5
                         
                        
                        
                           3,8
                         
                        
                        
                           27,9
                         
                        
                        
                           3,1
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Selbsteinschätzung des Rehabilitanden, M (SD) 
                              
                         
                        
                         
                     
                     
                        
                        
                           
                              Aktuelle Leistungsfähigkeit (0–10) 
                              
                         
                        
                        
                           
                              5,2 (1,4) 
                              
                         
                        
                        
                           4,9 (1,5)
                         
                        
                        
                           5,5 (1,4)
                         
                        
                        
                           0,6 [0,1; 1,0]
                         
                        
                        
                           0,41
                         
                        
                        
                           4,3 (1,3)
                         
                        
                        
                           5,8 (1,3)
                         
                        
                        
                           1,4 [0,1; 1,0]
                         
                        
                        
                           1,15
                         
                         
                      
               
               
               MD [95%-KI]… Mittelwertdifferenz zwischen intensiver und moderater Gruppe mit 95%-Konfidenzintervall;
                  d… Effektstärke der Mittelwertdifferenz; M… Mittelwert; SD… Standardabweichung
                
            
            
            
            Bei Gegenüberstellung der Ergebnisse der 4 motorischen Einzeltests zeigen sich bei
               der testbasierten Unterteilung deutlich größere Mittelwertdifferenzen zwischen den
               als moderat und intensiv belastbar eingeschätzten Rehabilitanden als im Vergleich
               zur ärztlichen Unterteilung.
            Diskussion 
            Das vorgestellte Projekt hatte zum Ziel, eine funktionsbezogene Testbatterie als Entscheidungshilfe
               für eine leistungsorientierte Gruppenallokation in der rehabilitativen Bewegungstherapie
               zu entwickeln und zu testen sowie deren potentiellen Mehrwert gegenüber dem Standardverfahren
               zu ermitteln. Die Herausforderung bestand vor allem in der Erprobung eines ressourcenschonenden
               Verfahrens nahe an der therapeutischen Praxis, das möglichst einfach für verschiedene
               Kliniken und Rehabilitandengruppen im Indikationsgebiet der muskuloskeletalen Krankheiten
               adaptierbar ist.
            In der Evaluierungsphase offenbarte sich in den wenigen eingesetzten Tests eine breite
               Leistungsspanne der untersuchten Rehabilitanden und unterstrich damit die Sinnhaftigkeit
               einer Leistungsbeurteilung bereits zu Reha-Beginn. Die an der boRN-Studie beteiligten
               Therapeuten waren von Anfang an in die Testentwicklung involviert und brachten ihre
               praktischen Erfahrungen u. a. über Vorschläge zum Einsatz bestimmter Testverfahren
               ein. In der Stichprobe waren sowohl stark in ihrer körperlichen Belastbarkeit eingeschränkte
               Rehabilitanden als auch Rehabilitanden mit hohem Leistungsniveau vertreten. Dabei
               waren objektive Merkmale allein, wie z. B. Alter, Geschlecht und Diagnose, wenig aussagekräftig
               bezüglich der tatsächlichen körperlichen Belastbarkeit der Rehabilitanden.
            Während das Arzturteil und die Ergebnisse der Testbatterie vergleichbare moderate
               und intensive Gruppen hinsichtlich der Alters-, Geschlechts- und Diagnoseverteilung
               hervorbrachten, zeigten sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Ergebnisse der
               Einzeltests und der funktionsbezogenen Merkmale im Fragebogen. Die Differenzen der
               nach den Ergebnissen der Testbatterie gebildeten Gruppen fielen erwartungsgemäß durchweg
               größer aus als die Differenzen der Gruppen aufgrund des Urteils der Ärzte, die die
               Testergebnisse nicht kannten. Die geringen Gruppendifferenzen bei der ärztlichen Unterteilung
               verdeutlichen die leistungsbezogene Vermischung der beiden anvisierten Leistungsgruppen.
               Dies könnte aber auch dafür sprechen, dass sich auf Basis der ärztlichen Anamnese
               und Aufnahmeuntersuchung allein die körperliche Belastbarkeit der Rehabilitanden nicht
               optimal bewerten lässt. Es ist denkbar, dass bei fehlenden objektiven Befunden und
               Kriterien zur körperlichen Belastbarkeit eine eher defizitorientierte Darstellung
               der Rehabilitanden die ärztliche Einschätzung in der Aufnahmesituation beeinflussen
               könnte, auch wenn die Begutachtung zum (erwerbsbezogenen) Leistungsvermögen erst bei
               Entlassung aus der medizinischen Rehabilitation ansteht. Bei der Durchführung der
               Testbatterie kann zudem ein gewisser Wettbewerbsfaktor eine Rolle gespielt haben,
               wodurch sich die Rehabilitanden im direkten Peervergleich ggf. eher auf ihre Stärken
               als auf ihre Schwächen (und Beschwerden) konzentrierten. Dennoch zeigten sich gerade
               in den Subskalen des FFB-Mot nach testbezogener Zuteilung größere Mittelwertdifferenzen
               als bei der ärztlichen Zuteilung. Da es sich beim FFB-Mot um einen Selbsteinschätzungsbogen
               zu verschiedenen körperlichen Aktivitäten und alltagsbezogenen Funktionen handelt,
               spiegelt sein Wert die funktionelle Selbsteinschätzung der Patienten wider. Das Ergebnis
               könnte daher auch dahingehend interpretiert werden, dass die verschiedenen Facetten
               der körperlichen Belastbarkeit im Rahmen der ärztlichen Anamnese und Untersuchung
               – möglicherweise aus Zeitgründen – nicht so detailliert thematisiert werden konnten,
               wie sie im Fragebogen erhoben wurden.
            Das gewählte Vorgehen zur Entwicklung der Testbatterie hat sich als geeignet und machbar
               erwiesen. Es empfiehlt sich vor allem für die klinikspezifische Entwicklung von Bewertungshilfen
               der körperlichen Belastbarkeit der Rehabilitanden. Eine Cut-Off-Bestimmung für ein
               Testverfahren anhand der klinikeigenen Klientel kann die Bildung ausgewogener Leistungsgruppen
               in den bewegungstherapeutischen Angeboten begünstigen und somit eine ökonomische Therapieplanung
               ermöglichen. Darin ist der Vorteil gegenüber der Verwendung testspezifischer Normwerte
               zu sehen. Der Vorteil der Verwendung solcher Normwerte liegt dagegen in der Vergleichbarkeit
               von Rehabilitanden auch über die eigenen Klinikgrenzen hinweg, z. B. in einem größeren
               Klinikverbund oder für einen bestimmten Kostenträger. Aber auch ohne Verwendung eines
               Cut-Off-Wertes für die Gruppenallokation kann eine Testbatterie wichtige Informationen
               für Therapieentscheidungen liefern.
            Zur Diskussion steht die klinische Relevanz einer leistungsorientierten Ausgestaltung
               der Sport- und Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation. Trainingswissenschaftlich
               betrachtet sind innerhalb eines 3-wöchigen Rehabilitationsaufenthaltes keine ausgeprägten
               Leistungssprünge zu erwarten, die allein auf konditionellen Adaptationsprozessen beruhen.
               Ebenfalls ist die konditionelle Funktionsverbesserung in der Sport- und Bewegungstherapie
               neben dem Aufbau von Bewegungskompetenz, der Förderung von Bewältigungsprozessen und
               einer Anbahnung eines aktiven Lebensstils nur eines von mehreren Teilzielen. Aber
               gerade der knappe Zeitrahmen der medizinischen Rehabilitation und der hohe Umfang
               bewegungstherapeutischer Angebote im Vergleich zu anderen Therapieformen spricht für
               eine frühzeitige, ökonomische Diagnostik und eine patientenorientierte Zuweisungssteuerung
               bewegungstherapeutischer Angebote, um in der vorhandenen Zeitspanne ein optimales
               Therapieergebnis zu erreichen.
            Die Ergebnisse der Evaluierung verdeutlichen, dass sich durch die Testbatterie im
               Vergleich zur ärztlichen Anamnese die Aufteilung von Rehabilitanden in 2 Leistungsgruppen
               verbessern ließ. Darüber hinaus könnte eine Wiederholung der Testbatterie am Rehabilitationsende
               im Rahmen der Qualitätssicherung zur objektivierten Messung des Rehabilitationserfolges
               auf funktionaler Ebene eingesetzt werden. Nicht zu unterschätzen für den positiven
               Anschub einer Lebensstiländerung (z. B. hin zu mehr körperlicher Aktivität) sind die
               motivationalen Aspekte einer objektiven Leistungsmessung. Wer feststellt, dass er
               durch sein Handeln etwas bewirken kann, entwickelt eine höhere handlungs- und ergebnisbezogene
               Selbstwirksamkeit und damit eine wichtige motivationale Voraussetzung zu fortgesetzter
               eigenständiger Sport- und Bewegungsaktivität [32 ]
               [33 ].
            Der Mehrwert einer krankheitsübergreifenden, leistungsorientierten Gruppentestung
               im Rahmen der medizinischen Rehabilitation liegt somit
            
               
               
                  
                  in der einfachen objektiven Messung der körperlichen Belastbarkeit zu klinikinternen
                     und/oder externen Vergleichszwecken im Rahmen der Qualitätssicherung,
                   
               
               
                  
                  in der Optimierung der Zuweisung von Rehabilitanden mit verschiedenen Hauptdiagnosen
                     zu bewegungstherapeutischen Angeboten mit einheitlichem Leistungsanspruch,
                   
               
               
                  
                  in der Motivierung der Rehabilitanden durch die Rückmeldung messbarer Erfolge und
                   
               
               
                  
                  in einer stärker funktionsorientierten Ausrichtung der medizinischen Rehabilitation
                     gemäß ICF [34 ]
                     [35 ].
                   
                
            Limitationen 
            
            Die Entwicklung und Erprobung der hier beschriebenen Testbatterie erfolgte an Rehabilitanden
               mit entzündlichen und nicht-entzündlichen muskuloskeletalen Erkrankungen im Heilverfahren
               unter Trägerschaft der Deutschen Rentenversicherung. Damit waren Rehabilitanden in
               der Anschlussrehabilitation oder im Rentenalter per se von der Studie ausgeschlossen.
               Inwiefern eine bzgl. der Hauptdiagnose krankheitsübergreifende Testbatterie auch auf
               ältere und damit häufiger auch multimorbide Patienten anwendbar wäre und welche Limitierungen
               und Chancen ein solches Verfahren hätte, muss die zukünftige Forschung beantworten.
            
            Weiterhin liegt der Fokus der Testbatterie auf kraftausdauerorientierten Tests, da
               im Rahmen der boRN-Studie eine Intervention mit Schwerpunkt im Kraftausdauertraining
               durchgeführt wurde. Zwar fließt mit dem 6-Minuten-Gehtest auch eine Ausdauerkomponente
               in die Gesamtbewertung ein, erfährt aber gemäß dem Auswertungsschema nur eine geringe
               Gewichtung. Die Allokationsfunktion für sporttherapeutische Interventionen mit einem
               anderen inhaltlichen Schwerpunkt ist somit nicht unmittelbar gegeben.
            
            Die Aussagekraft von Cut-Off-Werten eines Funktionstests für die Gruppenzuteilung
               ist eng an klinikspezifische Rehabilitandenkollektive gebunden, welche im Idealfall
               über die Zeit hinweg eine vergleichbare Spanne der körperlichen Leistungsfähigkeit
               aufweisen. Bei starken Leistungsschwankungen, die sich möglicherweise durch eine sehr
               heterogene Klinikbelegung ergeben, sind Cut-Off-Werte unter Umständen weniger hilfreich,
               da die Rehabilitanden dann z. B. überwiegend einer Leistungsgruppe zugeteilt werden.
               Bei einer dichotomen Beurteilung der Leistungsfähigkeit muss zudem berücksichtigt
               werden, dass Leistungsunterschiede sich durch die Testung zwar reduzieren lassen,
               aber auch innerhalb der moderaten und intensiven Gruppen eine gewisse Leistungsheterogenität
               zu erwarten ist. Eine solche Testbatterie sollte daher als Entscheidungshilfe mit
               zusätzlichem Informationsgewinn zur Optimierung des therapeutischen Prozesses verstanden
               und eingesetzt werden. Der praxisbezogene Mehrwert deutet sich durch die hier berichtete
               Evaluierung zwar an, es fehlt jedoch an einem kontrollierten Studiendesign zur Überprüfung
               dieser Annahme, das neben den Subtests der Testbatterie und der Selbsteinschätzung
               der Rehabilitanden auch weitere objektive Verfahren der Leistungsbestimmung berücksichtigt
               (z. B. Spiroergometrie, Belastungs-EKG, apparative isokinetische Kraftmessung), da
               sonst die Gefahr eines Ringschlusses besteht.
            
            Vor der Entwicklung eines diagnostischen Verfahrens zur Abschätzung der körperlichen
               Belastbarkeit der Probanden und dessen flächendeckendem Einsatz sollten Testaufwand
               und tatsächlicher Mehrwert einer solchen Testung daher abgewogen werden. Auch wenn
               der Einsatz objektiver diagnostischer Maße im Rahmen der Sport- und Bewegungstherapie
               grundsätzlich zu fördern und zu befürworten ist [3 ], hängt der Nutzen dieses Vorgehens auch von Strukturparametern, wie z. B. von der
               Klinikgröße und dem Patientenaufkommen, sowie von den organisatorischen Möglichkeiten
               der Durchführung leistungsgestufter Trainingsgruppen ab.
            Schlussfolgerung 
            Zusammenfassend liefert die Studie praxisrelevante Erkenntnisse für die sport- und
               bewegungstherapeutische Weiterentwicklung. So zeigte sich im gesamten Entwicklungsprozess
               bei den untersuchten Rehabilitanden in den eingesetzten Testverfahren eine breite
               Leistungsspanne bzgl. Kraft und Ausdauer. Alter, Geschlecht oder Diagnose allein erwiesen
               sich dabei als wenig aussagekräftige Indizien für die Beurteilung der körperlichen
               Belastbarkeit. Bei der Einschätzung zur Belastbarkeit der Rehabilitanden in der Erprobungsphase
               deckten sich das Arzturteil und die Ergebnisse der Testbatterie nur teilweise. Die
               verschiedenen Gruppen mit moderater bzw. intensiver Belastbarkeit zeigten unterschiedlich
               große Differenzen hinsichtlich der geprüften funktionsbezogenen Parameter. Die erprobte
               Testbatterie konnte die Unterteilung in moderat und intensiv belastbare Rehabilitanden
               gegenüber dem Standardverfahren (Arzturteil) auf Grundlage der generierten Daten scheinbar
               verbessern. Somit ist die Unterteilung der Rehabilitanden in 2 Trainingsgruppen mit
               unterschiedlichem Leistungsanspruch hier offenbar besser gelungen als durch die Unterteilung
               basierend auf den Informationen, die sich im Rahmen der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung
               generieren lassen. Insofern könnte eine leistungsorientierte Testung einen Mehrwert
               zur Einschätzung der funktionsbezogenen Belastbarkeit der Rehabilitanden bieten und
               als ergänzendes Instrument für sport- und bewegungstherapeutische Therapieentscheidungen
               hilfreich sein.
            Insgesamt hat sich das beschriebene Vorgehen für die klinikspezifische Entwicklung
               einer Entscheidungshilfe der körperlichen Belastbarkeit der Rehabilitanden bei einem
               im Zeitverlauf ähnlichen Rehabilitandenkollektiv innerhalb der Klinik als geeignet
               erwiesen. Die Orientierung an klinikinternen vs. (extern) normierten Testwerten hängt
               vom jeweiligen Einsatzziel ab. Zwar sollte der generelle Aufwand der Entwicklung und
               Implementierung einer objektivierenden Diagnostik für den Bereich der Sport- und Bewegungstherapie
               nicht unterschätzt werden. Durch den hohen Anteil dieser Therapien an der Gesamttherapiezeit
               und deren damit verbundenen Stellenwert scheint der Aufwand jedoch gerechtfertigt.