Auch in den aktuellen Empfehlungen der „American Diabetes Association“ (ADA) bleibt
Metformin die empfohlene erste Wahl für Patienten mit Typ-2-Diabetes, deren Blutzucker
allein mit lebenstilmodifizierenden Maßnahmen nicht ausreichend zu kontrollieren ist
(Evidenzlevel A). Dabei sollte jedoch der Vitamin-B12-Spiegel – insbesondere bei Patienten mit Anämie oder peripherer Neuropathie – in
regelmäßigen Abständen kontrolliert werden (Evidenzlevel B), rät das Autorenteam um
Dr. James Chamberlain, Salt Lake City (Utah, USA). Denn bekanntermaßen kann die langfristige
Gabe von Metformin einen Vitamin-B12Mangel auslösen.
Beim Therapiestart hat sich nicht viel verändert
Beim Therapiestart hat sich nicht viel verändert
Als Einstieg in die Metformintherapie sind, sofern die Substanz nicht kontraindiziert
ist, niedrige Dosierungen (500 mg, 1–2-mal täglich) empfehlenswert. „Metformin ist
effektiv, sicher und vergleichsweise günstig und kann möglicherweise das Risiko kardiovaskulärer
Ereignisse oder Todesfälle senken“, so die Begründung. Bei Bedarf kann die Dosis auf
bis zu 2 g täglich auftitriert werden, bis die Nüchternglukose im Zielbereich liegt.
Ist damit nach 3 Monaten noch keine zufriedenstellende Einstellung erreicht, empfiehlt
die ADA ein weiteres Antidiabetikum aus der inzwischen breiten Palette zu verordnen
– angefangen von einem Sulfonylharnstoff über einen Dipeptidyl-Peptidase(DPP)-4-Inhibitor
bis hin zu einem Inhibitor des Natrium-Glukose-Cotransporters Typ 2 (SGLT 2; „sodium
glucose-linked transporter 2“) oder einem Glukagon-like-Peptide(GLP)-1-Rezeptoragonisten.
Auch Basalinsulin kann bei Patienten mit schweren Hyperglykämien eine Option sein.
Patienten, deren HbA1c-Wert zum Zeitpunkt der Diagnose bei mindestens 9 % liegt, eignen sich laut den ADA-Empfehlungen
für eine frühe Kombinationstherapie – selbst wenn noch keine Diabetessymptome vorliegen.
Besteht bereits Polyurie, Polydipsie oder ein (unbeabsichtiger) Gewichtsverlust und
liegen der HbA1c-Wert oder der Blutzucker bei mindestens 10 % bzw. 300 mg/dl, ist eine sofortige Insulintherapie,
auch in Kombination mit anderen Medikamenten, durchaus eine Option (Evidenzlevel E).
Kardiovaskulärer Nutzen neu aufgenommen
Kardiovaskulärer Nutzen neu aufgenommen
Aus den beiden kardiovaskulären Endpunktstudien EMPA-REG Outcome[
1
] und LEADER[
2
], leitet das Autorenteam eine klare Empfehlung für Empagliflozin und Liraglutid für
Patienten ab, die neben dem Diabetes bereits eine kardiovaskuläre Erkrankung aufweisen.
Beide Substanzen haben in den Studien das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und
kardiovaskulären Tod signifikant gesenkt. Ob allerdings Patienten mit einem nur mäßigen
Herz-Kreislauf-Risiko von einer solchen Behandlung profitieren können, ist derzeit
noch offen. Unklar ist auch, ob andere Wirkstoffe aus diesen beiden Substanzklassen
eine ähnliche Wirkung haben könnten.
DPP-4-Inhibitoren haben zwar ihre kardiovaskuläre Sicherheit, bislang aber keine Reduktion
des Risikos für schwere kardiovaskuläre Ereignisse belegen können, betonen die Autoren
des Konsensuspapiers.
Nicht unerwähnt bleiben zudem die letzten Warnungen durch die US-amerikanische Zulassungsbehörde
aus den letzten beiden Jahren: So können SGLT-2-Inhibitoren bei Patienten ohne signifikante
Hyperglykämie eine Ketoazidose verursachen. Für die DPP-4-Inhibitoren Alogliptin und
Saxagliptin wiederum gibt es Hinweise, dass sie das Herzinsuffizienzrisiko erhöhen
können.
Insulin bleibt selten außen vor
Insulin bleibt selten außen vor
Großen Raum in den ADA-Empfehlungennimmt die früher oder später häufig notwendig werdende
Insulintherapie ein. Aufgrund des progredienten Charakters der Erkrankung sollten
die Patienten frühzeitig auf diese Therapieoption vorbereitet werden. Initial könnten
zunächst 10 Einheiten oder 0,1–0,2 Einheiten pro kg Körpergewicht eines Basalinsulins
eingesetzt werden. Dann könnten die Patienten ihre Therapie selbst den individuellen
Zielen anpassen, indem sie die Dosis 1- oder 2-mal wöchentlich um 2–4 Einheiten oder
um 10–15 % erhöhen.
Auch an dieser Stelle fokussiert das Strategiepapier auf die Kosten, die in den USA
stärker als in Deutschland für viele Patienten direkt relevant sein können: „Auch
wenn neuere Insuline weniger Hypoglykämien verursachen, mag für manche Patienten ein
NPH-Insulin (NPH = „neutral protamine Hagedorn“) eine erschwingliche Option sein.“
Lässt sich über die Basalinsulintherapie keine adäquate Stoffwechseleinstellung erreichen,
stehen mit der Zugabe eines schnell wirksamen Insulins, eines GLP-1-Rezeptoragonisten
oder der Wechsel zu einem Mischinsulin morgens und abends gleichwertige Therapieoptionen
gegenüber (Evidenzlevel A), was dann in einem nächsten Schritt weiter eskaliert werden
kann.