Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(07): 719-720
DOI: 10.1055/s-0043-109659
GebFra Magazin
Aktuell referiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Therapie des Schwangerschaftshochdrucks: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Shields LE. et al.
Early standardized treatment of critical blood pressure elevations is associated with a reduction in eclampsia and severe maternal morbidity.

Am J Obstet Gynecol 2017;
216: 415.e1-415.e5
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Friederike Klein, München


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Publication Date:
17 July 2017 (online)

 

Shields LE et al. Early standardized treatment of critical blood pressure elevations is associated with a reduction in eclampsia and severe maternal morbidity. Am J Obstet Gynecol 2017; 216: 415.e1 – 415.e5

US-amerikanische Leitlinien geben klare Empfehlungen für die Akuttherapie des anhaltend kritisch erhöhten Blutdrucks bei Schwangeren. Wenn sie befolgt werden, wirkt sich das tatsächlich günstig auf die mütterliche Morbidität aus, wie eine aktuelle Studie von Laurence E. Shields und Kollegen aus verschiedenen Mutter-Kind-Zentren in Kalifornien zeigt. Aber ohne Kontrolle ist die Compliance zu den Leitlinienempfehlungen nicht ausreichend.


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Das Ziel der prospektiven Studie zur Qualitätsverbesserung war festzustellen, ob ein standardisierter Behandlungsansatz bei kritisch erhöhtem Blutdruck in der Schwangerschaft (ein anhaltender systolischer Blutdruck von ≥ 160 mmHg und/oder diastolisch von ≥ 110 mmHg) die mütterliche Morbidität senken kann. 23 Krankenhäuser der Regel- und Maximalversorgung in Kalifornien nahmen an dem Projekt teil. Die Kernempfehlung zur Therapie bei kritisch erhöhtem Blutdruck bestand aus

  • einer intravenösen Blutdruckmedikation,

  • der Gabe von Magnesiumsulfat zur Prophylaxe von Krampfanfällen sowie

  • einer zeitnahen postpartalen Kontrolluntersuchung.

Wurde 1 dieser 3 Empfehlungen nicht umgesetzt, galt das Vorgehen in diesem Fall insgesamt als nicht compliant.

Zwischen Januar und Juni 2015 erhoben die Autoren die Basisdaten. Anschließend wurden die Krankenhäuser informiert, dass von Juli 2015 bis Juni 2016 ein Monitoring der Compliance mit den Empfehlungen erfolgen wird.

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Die Gestationshypertonie zählt zu den häufigsten Schwangerschaftskomplikationen und kann sowohl für die Mutter als auch für den Fetus tödlich sein.(Symbolbild; Quelle: Fotolia/Alexander Maier)

Ergebnisse

Insgesamt kamen in den teilnehmenden Kliniken über die 18 Studienmonate hinweg 69 449 Kinder zur Welt. Bei 2034 Schwangerschaften trat ein kritisch erhöhter Blutdruck, eine Präeklampsie oder eine überlagerte Präeklampsie mit schweren Zeichen auf. Bei 1520 Schwangeren lag ausschließlich ein anhaltend erhöhter kritischer Blutdruck vor. In der Basiserhebung war die Compliance mit den Therapieempfehlungen für diesen Fall mit 50,5% schlecht, stieg aber bis zu den letzten beiden Studienmonaten bis auf über 90% an (p < 0,001). Im Einzelnen nahm die Compliance mit der intravenösen Blutdruckmedikation von 56,9% auf zuletzt 90,2% zu (p < 0,01) und die der adäquaten Magnesiumsulfatgabe von 85,4% auf zuletzt 96,2% der Fälle (p < 0,01). Die steigende Compliance ging einher mit einer Reduktion der Eklampsieinzidenz von 1,15 (± 0,15) auf 0,62 (± 0,09) pro 1000 Geburten (p = 0,02). Auch eine schwere mütterliche Morbidität reduzierte sich signifikant von 2,4% (± 0,10%) auf 2,0% (± 0,15%; p < 0,01).

Fazit

Die Autoren betonen, dass eine gute Compliance mit den Leitlinienempfehlungen durch ein Monitoring relativ rasch erreicht werden kann. Die empfohlene frühe Intervention bei anhaltend kritisch hohem Blutdruck in der Schwangerschaft kann dann die Eklampsierate und die maternale Morbidität relevant verringern. Die Größenordnung der Reduktion der Eklampsieinzidenz lässt einen additiven oder synergistischen Effekt der intravenösen antihypertensiven Medikation plus der Magnesiumsulfatgabe vermuten.


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Friederike Klein, München



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Die Gestationshypertonie zählt zu den häufigsten Schwangerschaftskomplikationen und kann sowohl für die Mutter als auch für den Fetus tödlich sein.(Symbolbild; Quelle: Fotolia/Alexander Maier)