intensiv 2017; 25(04): 190-197
DOI: 10.1055/s-0043-109687
Intensivpflege
Intensivtagebuch
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Valentin Hähnel
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Valentin Hähnel

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06 July 2017 (online)

 

Zusammenfassung

Psychotherapeutische Komponente in der Intensivtherapie Bietet ein Intensivtagebuch die Möglichkeit zur Aufarbeitung einer nicht gelebten Zeit? Dieser Frage ist Valentin Hähnel nachgegangen und hat dazu nicht nur die Effekte eines Intensivtagebuchs auf die betroffenen Patienten untersucht. Auch die Bedeutung für Pflegende und Angehörige ist bemerkenswert – und das noch weit nach der Entlassung des Patienten aus der Klinik.


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Wie erlebt ein sedierter, beatmeter Patient einen Händedruck? Ein Intensivtagebuch hilft, diffusen Gefühlen später konkrete Situationen zuzuordnen. (Paavo Blåfield)

„Universitätsklinikum der Stadt Genf sammelt Tagebücher.“ Diese mögliche Überschrift einer Zeitung hätte mich zuerst stutzen lassen. Wofür benötigt ein Krankenhaus Tagebücher? Im genannten Klinikum wurden zu Studienzwecken zwischen 2003 und 2005 mehr als 60 Tagebücher gesammelt. Diese Tagebücher enthalten von Angehörigen und Pflegenden gemeinsam verfasste Erzählungen [1] und berichten von beatmeten, sedierten Patienten und ihrem Krankheitsgeschehen auf der Intensivstation. Damit untersuchten die Wissenschaftlerinnen Roulin, Hurst und Spirig den Einfluss von Tagebucheinträgen auf die sich nach der Entlassung anschließende psychische Genesung des Patienten. Laut Nydahl „[ist] nach einem Jahr durchschnittlich jeder vierte bis fünfte Intensivpatient von Depressionen, Angst oder einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) betroffen“. Diesen Patienten fällt es schwer, wahnhafte Erlebnisse aus ihrem Intensivaufenthalt zu verarbeiten. Das Ausbleiben von Erinnerungen lässt sie außerdem den Ernst ihrer Lage unterschätzen oder nicht wahrnehmen. [2]

Auch Angehörige sind von diesen psychopathologischen Veränderungen betroffen: „Zwei bis sechs Monate nach der Entlassung des Patienten zeigen viele Angehörige eine PTBS, Angststörungen und Depressionen.“ [3] Aus diesem Grund werden Angehörige ermutigt, Einträge im Intensivtagebuch zu hinterlassen. Ein solches Tagebuch kann den oben genannten Spätfolgen entgegenwirken, indem es den direkt Betroffenen hilft, die unter künstlicher Beatmung und Sedierung verlebte Zeit zu rekonstruieren. Angehörigen kann das Gefühl der Hilflosigkeit genommen und ein Gefühl der Teilhabe an der Behandlung gegeben werden. Bisher fand das Intensivtagebuch seine Anwendung vermehrt in skandinavischen Ländern und in Großbritannien. Doch auch 43 Intensivstationen in Deutschland haben diese Art der psychotherapeutischen Nachsorge implementiert. [4]

Mittels des Literaturüberblicks „Das Intensivtagebuch als Instrument der Verarbeitung des Intensivaufenthalts für Betroffene“ von Kemmether konnten grundlegende Studien identifiziert werden. Daraus wurden Studien ausgewählt, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Kemmether unterteilt in Publikationen, die „vor allem die Gestaltung und Verbreitung der Intensivtagebücher“ beschreiben, und in Veröffentlichungen, die den „Effekt des Intensivtagebuchs auf Patienten und deren Angehörige“ [5] beschreiben. Der folgende Artikel zum Thema Intensivtagebuch soll vorangegangene Studien und Artikel unterstützen, die psychische Genesung auf Intensivstationen in Krankenhaus und Gesellschaft weiter ins Blickfeld zu rücken. Die heutigen Möglichkeiten der Medizin erlauben uns bewundernswerte Prognosen nach kritischen Diagnosen. Jedoch meidet man gelegentlich, so mein Gefühl, den offenen Umgang mit der geistigen und seelischen Belastung eines Krankenhausaufenthalts. Zwar sind die biologischen Merkmale des Lebens bei sedierten und beatmeten Patienten erfüllt, jedoch können diese nicht aktiv am Leben teilnehmen. Daher orientieren sich die weiteren Ausführungen an folgender Fragestellung: Bietet ein Intensivtagebuch die Möglichkeit zur Aufarbeitung einer nicht gelebten Zeit? Die theoretische Grundlage des Intensivtagebuchs liefert das Modell der Salutogenese nach Antonovsky.

Psychopathologische Veränderungen nach einem Intensivaufenthalt

Wahrheit und Wirklichkeit unter Intensivtherapie

Das veränderte Erleben von Patienten auf Intensivstationen gibt erste Hinweise auf traumatische Ereignisse: Die Betroffenen berichten später von Albträume mit Todesfantasien, erlebten sich selbst an anderen Orten und durchlebten dabei Angst- und Panikzustände. Sie spürten sich in ein tiefes schwarzes Loch fallen oder träumten, sie seien in einem Flugzeug und würden entführt. [6]

Vergleicht man diese Wahrnehmungen mit dem alltäglichen, realen Ablauf auf einer Intensivstation, so kann man nur erahnen, welche Situationen den sedierten, beatmeten Patienten zu seiner Annahme verleitet haben. Das rhythmische Zischen: die Beatmungsmaschine – oder doch hoch oben über den Wolken fliegen? Die Befestigung eines Bands am Hals: die Tracheostomapflege – oder doch ein Würgegriff? Die Erinnerungen entsprechen nicht der Wahrheit, sind jedoch Bestandteil der Wirklichkeit des Patienten. Über diese Empfindungen erinnert sich ein Patient an seinen Aufenthalt auf der Intensivstation.

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Persönliche Gegenstände bieten Orienterung, wenn der Patient aufwacht. (Paavo Blåfield)

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PTBS als mögliche psychische Folgeerkrankung

Ein Merkmal einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ist, dass „der Betroffene … die Katastrophe in seinen Erinnerungen immer wieder [erlebt] (Flashbacks).” [7] Diese Art der Belastungsstörung unterscheidet sich von der akuten Belastungsstörung, in der ein Mensch innerhalb weniger Minuten auf ein traumatisches Ereignis reagiert. [7] Die Symptome können sich hingegen ähneln: Angst, Albträume, Depressionen, Verzweiflung, Überaktivität und innerer Rückzug sind sowohl bei akuten als auch bei posttraumatischen Belastungsstörungen möglich. Der Reaktionseintritt posttraumatischer Belastungsstörungen erfolgt „verzögert Wochen bis Monate nach der Extremsituation“. [7] Da die Erinnerungen teils unvorhersehbar, teils durch Umgebungsreize ausgelöst plötzlich auftreten, fürchten sich Menschen mit PTBS „vor allem, was die Erinnerung wach halten könnte“. [7]

Erinnerungslücken oder die verzerrt wahrgenommene Wirklichkeit während einer Intensivbehandlung begünstigen das Entstehen von Ängsten und Depressionen bis hin zur oben genannten PTBS. Die Wissenschaftler Needham et al. fassen 2012 diese psychopathologischen Veränderungen unter dem Begriff „Post Intensive Care Syndrom“ [8] zusammen.


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Das Intensivtagebuch in Prävention und Kuration

Das Intensivtagebuch kann auf zwei Ebenen wirksam werden: Präventiv kann ein Intensivtagebuch das Entstehen eines Post Intensive Care Syndroms verhindern. Der Patient hat die Möglichkeit, Erinnerungslücken, soweit es das Tagebuch zulässt, auszufüllen oder sein Erlebtes mit den Aufzeichnungen aus dem Tagebuch abzugleichen. Auf diese Weise kann Verständnis für das Erlebte entwickelt und das Vertrauen in die medizinische und pflegerische Behandlung retro- und prospektiv wiedererlangt werden. Der Patient erkennt darüber hinaus die Ernsthaftigkeit seiner Erkrankung und erlangt gegebenenfalls das Gefühl zurück, nicht nur Spielball äußerer Einflüsse gewesen zu sein. Das Intensivtagebuch kann somit die psychische Stabilität des Patienten stärken.

In einer Studie aus dem Jahr 2010 konnte die Inzidenz einer PTBS durch Anwendung eines Intensivtagebuchs von 13,1 % in der Kontrollgruppe auf 5 % in der Interventionsgruppe gesenkt werden. [9] Untersucht wurden in der Interventionsgruppe 162 Patienten und in der Kontrollgruppe 160 Patienten. In beiden Gruppen beschrieben knapp die Hälfte der Patienten ihren Intensivaufenthalt als traumatisch. Daraus kann abgeleitet werden, dass das Intensivtagebuch auch Patienten mit erhöhtem Risiko vor einer PTBS bewahren konnte. In einer Studie wurde darauf geachtet, dass keine grundlegenden Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen bestanden: Alter, Dauer des Aufenthalts, Dauer der Beatmung und der APACHE-Score (ein Verfahren zur Ermittlung der Überlebenswahrscheinlichkeit von Patienten auf Intensivstationen) waren ähnlich. Patienten, die bereits an einer chronischen PTBS litten, wurden aus der Studie herausgenommen.

Kurativ kann ein Intensivtagebuch zur Therapie einer bereits aufgetretenen PTBS beitragen. „[In der Stabilisierungsphase] wird [den Patienten] dabei geholfen, ihre innere, zwischenmenschliche und äußere Sicherheit wiederzuerlangen.“ [10] In dieser Phase gilt es daher, ein Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Therapeut aufzubauen. Da Betroffene Zeugnisse ihres Traumas fürchten, würde eine zu frühe Konfrontation mit dem Intensivtagebuch die Therapie jedoch vorerst behindern. In der nächsten Phase werden dem Patienten Strategien zum Umgang mit sogenannten Flashbacks (Nachhallerinnerungen) an die Hand gegeben. „Die Traumabearbeitung erfolgt durch ein strukturiertes, dosiertes und kontrolliertes Wiedererleben zentraler Aspekte des Traumas.“ [10] Hierbei könnte ein Intensivtagebuch hilfreich sein. Durch das „Wiedererleben kommt es zur Integration dieser [traumatischen] Erfahrungen in die Gesamtpersönlichkeit“. [10]


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Das Follow-up zur psychotherapeutischen Nachbetreuung

Posttraumatische Belastungsstörungen vergehen meist nach einiger Zeit. Insbesondere bei psychotherapeutischer Unterstützung ist eine Heilung wahrscheinlich. [7] Einem sogenannten Follow-up-Programm kommt daher eine hohe Bedeutung zu. Das Follow-up-Programm kann in unterschiedlichem Ausmaß durchgeführt werden: Manche Intensivstationen bieten ein koordiniertes Nachbetreuungssystem für Patienten und Angehörige, in dessen Rahmen ehemalige Patienten auch die Intensivstation besuchen sollen. Denn: Dem Patienten das für ihn geführte Intensivtagebuch ohne Unterstützung und Begleitung zu überlassen, entspricht nicht dem wissenschaftlichen Stand zu Frühinterventionen bei traumatischen Ereignissen. [11]


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Das Intensivtagebuch als Methode der Gesundheitsförderung

Einhergehend mit der präventiven und kurativen Wirkung kann das Intensivtagebuch einen besonderen Beitrag zur Gesundheitsförderung leisten. Dies kann auf der Grundlage des Modells der Salutogenese nach Antonovsky verdeutlicht werden.

Aaron Antonovsky (1923–1994) entwickelte in den 1970er-Jahren das Konzept der Salutogenese. Sein Interesse wurde durch seine Arbeit mit ehemals in Konzentrationslagern inhaftierten Frauen geweckt. Dabei fiel ihm auf, dass viele der Frauen trotz traumatischer Erlebnisse seelisch in guter Verfassung waren. Antonovsky stellte sich daher die Frage: „Was erhält Menschen gesund?“ [7] Das Konzept der Salutogenese gibt darauf eine Antwort.

Laut Antonovsky ist jeder Mensch während seines Lebens von Gefährdungen für seine Gesundheit umgeben. Zur Veranschaulichung nutzt er dazu die Metapher des „reißenden Flusses“. [12] Er nimmt in der Salutogenese an, dass Gefährdungen während eines Lebens normal sind. Statt Menschen aus dem reißenden Fluss retten zu müssen, solle man sich aber besser „darüber Gedanken machen, wie sie da hineingeraten sind und warum sie nicht besser schwimmen können“. [12]

In seinem Konzept geht Antonovsky von drei Faktoren aus, die sich auf das Vermögen eines Menschen, im reißenden Fluss schwimmen oder Stress bewältigen zu können, auswirken:

Generalisierte Widerstandsressourcen beschreiben die Dinge, die den Menschen befähigen, sich „gegen das zu wehren, was die Gesundheit bedroht“: [7]

  • ein funktionierendes Gesundheitssystem zur Gesundheitsvorsorge,

  • finanzielle Mittel, um sich ausgewogen ernähren, sich passend kleiden,

  • Freunde und Familie als Sozialgefüge und

  • Wissen um gesundheitsförderndes Verhalten.

Als Gegenspieler der Widerstandsressourcen beschreibt Antonovsky Stressoren „als externe und interne Faktoren, die zu einer Störung des gesundheitlichen Gleichgewichts (der Homöostase) führen“. [7]

Stressoren können sein:

  • finanzielle Not,

  • Einsamkeit,

  • traumatische Ereignisse, u.v.m.

Die Erkenntnis über das Zusammenwirken von Stressoren und Widerstandsressourcen brachte Antonovsky zur Formulierung des Gesundheits-Krankheits-Kontinuums. Demnach ist ein Mensch nie vollständig gesund, aber auch nie vollständig krank. Die Übergänge zwischen Gesundheit und Krankheit sind fließend. Die Erhaltung der Homöostase ist das angestrebte Ziel.

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Das Intensivtagebuch deckt es auf: Eine Infusion hat ein Gefühl von Kälte und Einsamkeit hervorgerufen. (Paavo Blåfield)

Neben den Widerstandsressourcen und den Stressoren nimmt ein weiterer Faktor Einfluss auf die Stressbewältigung: das Kohärenzgefühl. Probleme bewältigen kann, wer Vertrauen in sich und seine Umgebung hat. Dieses Vertrauen begründet sich in der „Grundhaltung, die Welt als zusammenhängend und sinnvoll zu erleben“. [7]

Antonovsky formuliert dabei drei Komponenten: Das Gefühl der Verstehbarkeit entsteht, wenn Reize zu einer verständlichen Information verarbeitet und abgespeichert werden können. Stressoren konnten eingeordnet und verarbeitet werden.

„Zu dem Gefühl der Handhabbarkeit … trägt die Überzeugung eines Menschen bei, dass Schwierigkeiten lösbar sind.“ [7] Dieses Vertrauen in sich selbst entsteht, wenn „man wahrnimmt, dass man geeignete Ressourcen zur Verfügung hat, um den Anforderungen zu begegnen“. [12] Nicht die Verfügbarkeit, sondern der Glaube an die Verfügbarkeit zählt.

Das Gefühl der Sinnhaftigkeit entsteht durch das „Ausmaß, in dem man das Leben als sinnvoll empfindet: Dass wenigstens einige der vom Leben gestellten Probleme und Anforderungen es wert sind, dass man Energie in sie investiert, dass man sich für sie einsetzt und sich ihnen verpflichtet, dass sie eher willkommene Herausforderungen sind als Lasten, die man gern los wäre“. [12]

Kohärenzgefühl unter Intensivtherapie

Patienten auf Intensivstationen erleben trotz ihrer Sedierung die ihnen zukommende Pflege und Behandlung, den Kontakt zu anderen Menschen, und verarbeiten die Reize ihrer Umwelt. Dennoch sind sie auf dem Weg der Genesung von anderen abhängig, was ein Gefühl der Hilflosigkeit bewirken kann. Nach Antonovsky wäre der Patient damit behindert, das Gefühl der Handhabbarkeit zu erlangen.

Darüber hinaus erleben Intensivpatienten die Realität anders. Bleibt man beim bereits genannten Beispiel, so kann das rhythmische Arbeiten der Beatmungsmaschine als Fluggerät interpretiert werden, das obendrein noch der Entführung der eigenen Person dient.

Daran leidet das Gefühl der Verstehbarkeit, da die äußeren Reize zu keiner sinnvollen, gegebenenfalls beruhigenden Information verarbeitet werden können.

Insgesamt kann das Kohärenzgefühl durch einen Intensivaufenthalt also Schaden nehmen und das dabei erfahrene Missverhältnis aus Stressoren, Widerstandsressourcen und Kohärenzgefühl wird zu Distress (sich negativ auf den Körper und den Geist auswirkender Stress) anstatt zu Eustress (antriebssteigernder, positiver Stress).

Aus dem Konzept der Salutogenese können sich für den Krankenhausalltag für den Umgang mit Patienten folgende Handlungslinien ableiten lassen:

  • Patientenautonomie respektieren,

  • Widerstandskraft unterstützen,

  • Verständnis für das Geschehen im Krankenhaus fördern,

  • Verständnis für körperliche Prozesse und Störungen fördern,

  • Selbstvertrauen und Eigenständigkeit unterstützen,

  • unnötige Abhängigkeiten vermeiden,

  • individuelle Lebenssituation berücksichtigen,

  • soziale Unterstützung fördern,

  • Selbstheilungspotenziale berücksichtigen und fördern,

  • Selbstaufmerksamkeit erhöhen. [7]

Ein Intensivtagebuch kann meiner Ansicht nach mehrere dieser Handlungslinien erfüllen: Der Verfasser eines Tagebucheintrags adressiert seine Worte direkt an den vor ihm liegenden Patienten und ist gezwungen, sich in seine mögliche Gefühls- und Gedankenwelt hineinzuversetzen. Beim Lesen der Einträge nach Erwachen aus dem künstlichen Koma (oder schon unter Sedierung) spürt der Patient, dass mit ihm, und nicht über ihn gesprochen wurde. Seine Autonomie wird gestärkt und der Patient erfährt soziale Unterstützung. In einem Tagebucheintrag findet der Patient Anhaltspunkte, die sein traumatisches Erleben erklären können. Dadurch wird nachträglich sein Verständnis für das Geschehen gestärkt.

Große Erinnerungslücken können Patienten unter Umständen daran hindern, die Ernsthaftigkeit ihres Krankheitsverlaufs wahrzunehmen. [1] Durch das Lesen des Tagebuchs können also auch die Selbstaufmerksamkeit und das Hören auf den eigenen Körper gefördert werden.

Auf die leitende Frage, ob ein Intensivtagebuch die Möglichkeit zur Aufarbeitung einer nicht gelebten Zeit bietet, kann bereits an dieser Stelle geantwortet werden: Ja, ein Intensivtagebuch bietet diese Möglichkeit, da es das Kohärenzgefühl nachträglich stärkt, Widerstandsressourcen nutzt und somit ein Verständnis für die nicht erlebte Zeit entwickelt werden kann.


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Aufbau und Inhalt eines Intensivtagebuchs

In der zu Beginn genannten Genfer Studie von Roulin et al. wurden acht aus über 60 Tagebüchern genauer betrachtet. Diese acht Tagebücher wurden für Patienten geschrieben, die während ihres Aufenthalts für einige Zeit beatmet und sediert waren. Alle acht Patienten wurden lebend von der Intensivstation entlassen. Diese Tagebücher können daher als exemplarisch angesehen werden. Dabei enthielt ein Tagebuch zwischen einem und 66 Einträgen. Gemittelt wurden 20 Einträge pro Tagebuch geschrieben ([ Tab. 1 ]).

Tab. 1

Prozentuale Verteilung der Einträge auf ihre Verfasser (mit Daten aus: Roulin et. al 2007 [1]).

Angehörige

56 %

Pflegepersonal

45 %

Physiotherapeuten

6 %

Krankenpflegehelfer

1,8 %

Ärzte

1,2 %

Die Rolle von Familie und Freunden

Die Wissenschaftlerinnen Roulin, Hurst und Spirig beschreiben die Einführung eines Intensivtagebuchs in ihrer Studie „Diaries Written for ICU Patients“ wie folgt: Die zuständige Pflegekraft veranlasst das Führen eines Intensivtagebuchs, wenn ein längerer Aufenthalt auf der Intensivstation zu erwarten ist. Angehörige werden über das Intensivtagebuch aufgeklärt und erhalten Informationen, wie sie bei der Durchführung mitwirken können. [1]

Gemäß dem Konzept der Salutogenese unterstützt soziale Einbindung als Widerstandsressource den Patienten darin, die Homöostase auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum zu erhalten. Um ihm dies nach seinem Aufenthalt auf Intensivstation zu erleichtern, werden Angehörige ermutigt, Einträge im Tagebuch vorzunehmen: „Die Tagebücher erhielten die Kontinuität im Leben des Patienten.“ [1]

Angehörige können dabei zum Beispiel von Familienfeiern, von gemeinsamen Hobbys oder deren Besuch auf der Intensivstation erzählen. Dabei sollte der Patient direkt angesprochen werden, da das Tagebuch die Konversation ersetzt und später so natürlich wie möglich erzählen soll: „Lieber Franz, nach der Konfirmation von Anna am letzten Sonntag saßen wir gestern Abend noch lange zusammen und haben den Tag Revue passieren lassen. Oft haben wir dabei an dich gedacht und uns überlegt, welche amüsante Rede Du Dir wohl für diesen Anlass ausgedacht hättest. Das machst Du immer toll! Schade, dass Du nicht dabei sein konntest. Du fehlst uns. Dorothee und Jasper bekommen übrigens ein Kind! Das haben wir gestern auch erfahren, die Freude war natürlich groß. Wir freuen uns, Dich zur Taufe wieder in unserer Runde zu sehen. Das Pflegepersonal und die Ärzte sagen, Du machst gute Fortschritte! Gute Besserung, Dein Bruder Max.“

Neben den Erzählungen aus dem Alltag machen Angehörige sich und dem Patienten Mut und wünschen sich eine schnelle gute Besserung.


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Einträge des Intensivpersonals

Peter Nydahl, Pflegewissenschaftler und Verfasser der Internetpräsenz www.intensivtagebuch.de, schlägt vor, zu Beginn eines Tagebuchs den Stationsalltag zu beschreiben. Dabei können eine Erklärung über den Zweck des Tagebuchs, eventuell Fotos des Stationspersonals und der Patientenumgebung, der tägliche Ablauf auf Station u. Ä. zugefügt werden. Damit können das Gefühl der Verstehbarkeit und somit das Kohärenzgefühl des Patienten nach Erwachen aus dem künstlichen Koma gestärkt werden. Der erste Eintrag eines Tagebuchs kann zum Beispiel den Grund für die Aufnahme auf die Intensivstation und die begleitenden Erstmaßnahmen nennen: „Am 23. Februar haben wir Sie auf der Notaufnahme mit der Diagnose Herzinfarkt aufgenommen. Das heißt, dass Ihr Herz nicht die nötige Kraft hatte, um alle ihre Organe versorgen zu können.“ [1]

Die späteren Beiträge können vom Verhalten und von Reaktionen des Patienten auf die Therapie berichten. Hierbei hat das Personal die Möglichkeit, Stressoren zu erklären und auf diesem Weg das Gefühl der Verstehbarkeit zu fördern. Passende Beispiele hierzu sind die gegebenenfalls nötige Fixierung eines Patienten oder auch die Mobilisation: „Nachdem wir ein Tragetuch unter Ihrem Rücken ausgebreitet haben, werden wir Sie mit einem Lifter in die Höhe heben. Dort werden Sie einige Minuten schweben, sodass wir Ihr Bett gegen einen Stuhl tauschen können.“ [1]

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Besuchende Angehörige können durch Einträge ins Intensivtagebuch dazu beitragen, Erinnerungslücken zu schließen und Erlebtes richtig einzuordnen. (Paavo Blåfield)

Unter den Einträgen in den untersuchten Tagebüchern fanden sich einige, die die Emotionen des betreuenden Personals widerspiegelten: Hoffnung auf baldige Genesung, Freude über ein Lächeln oder die fortschreitende Besserung sind Teil der Einträge. Laut Roulin, Hurst und Spirig fanden sich keine negativen Gefühle seitens des Personals in den untersuchten Tagebüchern. Das betreuende Personal zeigte hingegen Empathie in misslichen Lagen, wie zum Beispiel bei der Pflege bei Stuhl- und Harninkontinenz: „Es muss Sie sehr angestrengt haben und ich habe das Gefühl, dass ich Sie sehr gestört habe. Sie müssen wissen: Wir sehen das oft im Krankenhaus.“ [1]


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Wiederherstellung des Zeitgefühls

Um später ein Gefühl für die vergangene Zeit vermitteln zu können, sollte jeder Beitrag mit Datum und Uhrzeit versehen werden. Eigene Erlebnisse des Patienten können somit an Zeitpunkte geknüpft werden. Der Name oder die Unterschrift des Verfassers personalisieren den Eintrag. Für Patienten, die lang- oder kurzfristig die Kontrolle über ihr Leben abgeben mussten, kann es hilfreich sein, zu wissen, wer zu Besuch war oder wer pflegerisch und ärztlich tätig war. Außerdem fügt beispielsweise das Kaiser-Franz-Josef Spital in Wien eine Audio-CD mit den typischen Geräuschen einer Intensivstation zu. [13]


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Zeitpunkt der Übergabe und Nachbetreuung

Nach der Übergabe des Tagebuchs an den Patienten kann ein sogenanntes Follow-up stattfinden. Das Follow-up ist die psychotherapeutische Nachsorge für Intensivpatienten. Es bedient sich besonders der Einträge aus dem Tagebuch und soll dem Patienten helfen, die vergangenen Tage bis Wochen in die eigene Lebensgeschichte zu integrieren. Wie bereits beschrieben, können somit psychopathologische Veränderungen nach einem Intensivaufenthalt vermieden oder therapiert werden. Die Wissenschaftler Aitken et al. beschreiben in ihrer im Jahr 2013 veröffentlichten Studie, dass derzeit kein Konsens über den optimalen Zeitpunkt der Tagebuchübergabe an den Patienten bestehe.

In einer Studie über die Handhabung mit dem Tagebuch auf Intensivstationen in Schweden berichten Engström, Grip und Hamrén, dass der Moment, an dem die Teilnehmer beschlossen, ihr Tagebuch zu lesen, stark variierte: „Manche lasen es noch im Krankenhaus, andere viele Monate nach Entlassung.“ [14] Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl (neun Teilnehmer) besitzt die Studie aber keine hohe Aussagekraft. Man könnte untersuchen, ob sich die Liegedauer oder das Krankheitsbild auf die Dauer bis zum Zeitpunkt des ersten Lesens auswirkt.

Knowles und Tarrier untersuchen in einer Studie Angst und Depression am Tag der Tagebuchübergabe an den Patienten, etwa einen Monat nach Entlassung und nochmals drei Monate nach Entlassung. Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnte ein Rückgang beider Symptome beobachtet werden. [15]

Ist der optimale Zeitpunkt für die Übergabe also ein Monat nach Entlassung? Möglicherweise kann der Betroffene selbst bestimmen, wann er sein Tagebuch abholen möchte. In einem Nachsorgetreffen (Follow-up) zu einem festgesetzten Termin könnte ein Psychotherapeut entweder über die Erfahrungen und Empfindungen beim Lesen sprechen oder aber den Patienten zum Lesen motivieren. Somit kann sich ein Überblick verschafft werden über die psychische Verfassung des ehemaligen Intensivpatienten.


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Rechtliches rund um das Intensivtagebuch

Artikel 1 bis 2 des Grundgesetzes über Persönlichkeitsrechte erschweren die Verwendung von Fotos des sedierten Patienten. Diese dürfen erst nach dessen Einwilligung aufgenommen werden. Auf deutschen Intensivstationen behilft man sich daher mit Fotos aus der unmittelbaren Patientenumgebung, sprich: Zimmerdecke, rechtes und linkes Blickfeld, ein leeres Bett u. Ä.

Rechtlich unklar ist auch die Tatsache, dass in dem jedem Besucher zugänglichen Tagebuch sensible Einträge zur Person des Patienten gemacht werden. Peter Nydahl empfiehlt daher: „Beachten Sie dabei, nicht zu privat oder intim zu schreiben, denn es kann sehr gut sein, dass andere Personen das lesen, was Sie geschrieben haben, z. B. andere Besucher oder Mitarbeiter, die selbst etwas reinschreiben. Sollten Sie dennoch das Bedürfnis haben, etwas zu schreiben, was Ihnen aber gleichzeitig peinlich sein könnte, wenn andere es lesen, dann schreiben Sie lieber zu Hause in ein zweites Tagebuch.“ [16]


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Rezeption und Erfahrung mit dem Intensivtagebuch

Erfahrungen von Patienten

Ein Tagebuch soll den Patienten darin unterstützen, die unter Sedierung verbrachte Zeit zu rekonstruieren und Erinnerungen miteinander zu verknüpfen. In einer Studie von Engström et al. werden u. a. folgende Patientenerfahrungen beschrieben: „Es war gut geschrieben. Zum Beispiel tut es gut zu lesen, dass ich ein bestimmtes Fernsehprogramm geschaut habe. Dadurch kamen Erinnerungen an einzelne Tage hoch.“ [14]

Außerdem: „Zu Beginn war es von großer Bedeutung; ich weiß nicht, wie ich sonst hätte sicher sein können, dass das, was passiert war, der Realität entsprach.“ [14]

Das Lesen ihres Tagebuchs wird als stark emotionale Erfahrung beschrieben: „Beim Lesen des Tagebuchs machte ich alles noch einmal durch. Es fühlte sich an, als wäre ich in diese schwierige Zeit zurückgeworfen worden.“ [14]

Außerdem realisieren Patienten die Ernsthaftigkeit der letzten Tage und Wochen: „Du merkst, wie knapp es wirklich ist. So gering ist der Grat zwischen Leben und Tod.“ [14]

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Wie ernst ihre Situation war, verstehen Patienten oft erst, wenn sie das Intensivtagebuch lesen. (Paavo Blåfield)

Das eigene, sich selbst unbekannte Verhalten unter Intensivtherapie kann aber auch Scham auslösen: „Auf der anderen Seite äußern Patienten, dass es ihnen peinlich sei, von ihrem schwierigen Verhalten und ihrer Verwirrung zu hören.” [17]


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Auswirkungen des Tagebuchs auf Angehörige

Ein Intensivtagebuch bietet nicht nur die Möglichkeit zur Beschreibung von Behandlungsmaßnahmen, sondern kann für Angehörige auch eine Form sein, sich zu kümmern und aktiv zu werden. Angehörige sehen die Beiträge des Pflegepersonals und merken, dass man sich um den Betroffenen bemüht, ihn pflegt und das Personal ihren Angehörigen nicht aufgegeben hat. [1]

Über ein Tagebuch können Angehörige Teil der Behandlung werden, Abläufe auf Station besser nachvollziehen und ihr Bedürfnis nach Unterstützung für den Patienten individuell befriedigen.

Ein Intensivtagebuch kann von Angehörigen jedoch auch als lästige Pflicht verstanden werden. Die Wissenschaftler Bergbom et al. beschreiben das Konfliktpotenzial, das mit einem Intensivtagebuch einhergeht, „da im Tagebuch meist detailliert dargestellt wird, wer den Patienten wann bzw. wie oft besucht hat“. [18]

Gegebenenfalls berichten Patienten dem Pflegepersonal auch Gefühle und Erinnerungen, die der Familie bisher verwehrt blieben: „Ein Ehegatte könnte sich ausgeschlossen fühlen, wenn Pflegepersonal und Patientin, u. U. bedingt durch den schlechten Gesundheitszustand, Geheimnisse teilen müssen.“ [19]

Die seelische Gesundung hängt, wie bereits beschrieben, stark von der sozialen Einbindung ab. Ein Tagebuch kann es Angehörigen erleichtern, ihr Bedürfnis nach Nähe zum Patienten zu stillen. Beim Verfassen der Einträge kann innerlich ein Gespräch mit dem bewusstlosen Patienten geführt werden; durch das Vorstellen einer möglichen Antwort seines Gegenübers kann man sich in den Patienten hineinversetzen.


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Erfahrungen von Pflegekräften

Generell machte das Pflegepersonal positive Erfahrungen mit dem Intensivtagebuch: Sie erhielten positive Rückmeldungen von Angehörigen und konnten durch das Intensivtagebuch Missverständnissen vorbeugen. [19] Die Einträge der Angehörigen bewegten die Pflegenden und bildeten ein Gegengewicht zum technisierten Alltag auf Intensivstationen, dies fördert die Empathie von Pflegenden, macht sie dadurch aber auch verletzlicher und fordert zur Reflexion auf. [20] Außerdem kann ein Eintrag in hoffnungslosen Situationen schwerfallen, wenn Pflegende selbst wenig Hoffnung für die Situation der Betroffenen sehen. [20] Das Pflegepersonal hat durch die Einträge der Angehörigen direkten Einblick in das familiäre Umfeld des Patienten, was eine Sozialanamnese erleichtert. Jedoch lernt man die Familie in einer Zeit kennen, die von Emotionen, Intimität und Verletzlichkeit gekennzeichnet ist. Die Tagebucheinträge der Angehörigen zu lesen kann einer Pflegekraft unangenehm sein. [20] Fotografien des Patienten stehen Pflegekräfte in Studien von Egerod eher ablehnend gegenüber. Manche Pflegekräfte äußern, dass ein Tagebuch zusätzlicher Aufwand zur Dokumentation bedeutet und dadurch Abstriche bei der offiziellen Dokumentation gemacht würden. [20] Laut Nydahl et al. dauert ein Ersteintrag in ein Intensivtagebuch etwa 9 Minuten, jeder weitere Eintrag 5,5 Minuten. [16] Zu bemerken ist, dass das Pflegepersonal selbst in der Regel keine Intensivtherapie am eigenen Körper erlebt hat. Die innere Verfassung eines Patienten kann also nur anhand von Beschreibungen ehemaliger Intensivpatienten vermutet werden. Dies treffend zu Papier zu bringen, erfordert viel Empathie, die in mancher Situation unter hohem Zeit- und Arbeitsdruck gegebenenfalls schwer abrufbar ist.

Fazit

Im Rahmen meiner Facharbeit hatte ich die besondere Möglichkeit, mich mit einer ehemaligen Intensivpatientin zu unterhalten. Sie betonte, dass es ein kaum zu beschreibendes Gefühl sei, nach einigen Wochen zu einem anderen Datum aus dem künstlichen Koma zu erwachen und beispielsweise politische Ereignisse nachträglich zu erfahren. Ein Intensivtagebuch zeigt sich als eine Möglichkeit zur Aufarbeitung einer nicht gelebten Zeit – sowohl in der Prävention als auch in der Therapie des Post Intensive Care Syndroms kann das Tagebuch als wirksames Instrument fungieren: Dem Patienten wird die Rekonstruktion der vergangenen Zeit und die Verknüpfung von Erlebnissen miteinander ermöglicht. Dies stärkt sein Kohärenzgefühl und verhilft ihm zur Homöostase auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum. In den Einträgen von Verwandten und Freunden sehe ich besonderes Potenzial zur Stärkung der psychischen Verfassung, da zu ihnen eine besondere Bindung besteht. Über die Tagebucheinträge können diese Bindungen während des Aufenthalts ausgelebt werden und Angehörige erhalten das Gefühl der aktiven Teilhabe am Gesundungsprozess. Darüber hinaus lernen die Angehörigen die Abläufe und Prozesse auf der Station besser kennen und fühlen sich freier im Umgang mit dem Patienten. Zusätzlich zu den Tagebucheinträgen unterstützen die Erzählungen von Verwandten und Freunden die Rekonstruktion der vergangenen Zeit. Die Einbettung des Patienten in ein gutes soziales Gefüge erleichtert ihm das Zurückkehren in die aktuelle Zeit und den Alltag besonders.

Ich könnte mir vorstellen, dass eine psychotherapeutische Betreuung bereits während des Aufenthalts auf der Intensivstation sinnvoll ist, um den Patienten bei der Verarbeitung der Flut der Fragen und Eindrücke kurz nach Erwachen aus dem künstlichen Koma zu unterstützen.

Durch die Beschäftigung mit dem Modell der Salutogenese ist mir erneut seine Bedeutung für den Umgang mit Patienten bewusst geworden. Ein guter Patientenumgang stärkt die Widerstandsressourcen, fördert das Kohärenzgefühl und mindert die Stressoren. In der Implementierung eines Intensivtagebuchs sehe ich das Modell der Salutogenese verwirklicht. Wenn ich einmal die Möglichkeit haben sollte, würde ich die Einführung eines solchen Tagebuchs auf meiner Intensivstation befürworten. Für meine Verwandten, Freunde und auch für mich würde ich mir das Anlegen eines Intensivtagebuchs wünschen.


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Valentin Hähnel

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Gesundheits- und Krankenpfleger, derzeit im Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule Brandenburg.

  • Literatur

  • 1 Roulin MJ, Hurst S, Spirig R. Diaries Written for ICU Patients. Qual Health Res 2007; 17 (07) 893-901
  • 2 Jones C, Griffiths RD, Humphris G. et al. Memory, delusions, and the development of acute posttraumatic stress disorder-related symptoms after intensive care. Crit Care Med 2001; 29 (03) 573-80
  • 3 Davidson JE, Jones C, Bienvenu OJ. Family response to critical illness: Postintensive care syndrome-family. Critical Care Medicine 2012; 40 (02) 618-24
  • 4 Nydahl P, Knück D, Egerod I. Extent and application of ICU diaries in Germany in 2014. Nurs Crit Care 2015; 20 (03) 155-62
  • 5 Kemmether K. Das Intensivtagebuch als Instrument der Verarbeitung des Intensivaufenthalts für Betroffene. Ein systematischer Literaturüberblick. Norderstedt: GRIN Verlag. 2012
  • 6 Strahan E, McCormick J, Uprichard E. et al. Immediate follow-up after ICU discharge: establishment of a service and initial experiences. Nurs Crit Care 2003; 8 (02) 49-55
  • 7 Menche N. Pflege Heute. 5. Aufl.. Langen: Elsevier Urban & Fischer; 2011
  • 8 Needham DM, Davidson J, Cohen H. Improving long-term outcomes after discharge from intensive care unit: Report from a stakeholders’ conference. Crit Care Med 2012; 40 (02) 502-9
  • 9 Jones C, Bäckmann C, Capuzzo M. et al. Intensive care diaries reduce new onset post traumatic stress disorder following critical illness: a randomised, controlled trial. Crit Care 2010; 14 (05) R168
  • 10 Karl G. Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, PTSD). Online unter www.traumatherapie.org/docs/index.html#ptbs letzter Zugriff 12.07.2016
  • 11 Aitken LM, Rattray J, Hull A. et al. The use of diaries in psychological recovery from intensive care. Crit Care 2013; 17 (06) 253
  • 12 Antonovsky A. Salutogenese – zur Entmystifizierung der Gesundheit. 1. Aufl.. Tübingen: dgvt-Verlag; 1997
  • 13 Krumpel A, Lermann S, Tremmel S. et al. Meine Zeit auf Intensivstation. Intensivtagebuch. Online unter www.intensivtagebuch.de/Intensivtagebuch/Vorlagen_files/Wien-ITB-ANIBST-Gesamt.pdf letzter Zugriff 17.10.2016
  • 14 Engström A, Grip K, Hamrén M. Experiences of intensive care unit diaries: “touching a tender wound”. Nurs Crit Care 2009; 14 (02) 61-7
  • 15 Knowles R, Tarrier N. Evaluation of the effect of prospective patient diaries on emotional well-being in intensive care unit survivors: a randomized controlled trial. Crit Care Med 2009; 37 (01) 184-91
  • 16 Nydahl P. Angehörige. Ein Tagebuch schreiben. Online unter www.intensivtagebuch.de/Intensivtagebuch/Angehorige.html letzter Zugriff 17.07.2016
  • 17 Hupcey J, Zimmermann H. The need to know: Experiences of critically ill patients. Am J Crit Care 2000; 9 (03) 192-8
  • 18 Bergbom I, Svenson C, Berggren E. et al. Patients’ and relatives’ opinions and feelings about diaries kept by nurses in an intensive care unit: Pilot study. Intensive Crit Care Nurs 1999; 15 (04) 185-91
  • 19 Egerod I, Schwartz-Nielsen K, Hansen GM. et al. The extent and application of patient diaries in Danish ICUs in 2006. Nurs Crit Care 2007; 12 (03) 159-67
  • 20 Perrier A, Revah-Levy A, Bruel C. et al. Phenomenological analysis of the healthcare worker perceptions of intensive care unit diaries. Critical Care 2013; 17 (01) R13

Korrespondenzadresse

Valentin Hähnel

  • Literatur

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  • 2 Jones C, Griffiths RD, Humphris G. et al. Memory, delusions, and the development of acute posttraumatic stress disorder-related symptoms after intensive care. Crit Care Med 2001; 29 (03) 573-80
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  • 4 Nydahl P, Knück D, Egerod I. Extent and application of ICU diaries in Germany in 2014. Nurs Crit Care 2015; 20 (03) 155-62
  • 5 Kemmether K. Das Intensivtagebuch als Instrument der Verarbeitung des Intensivaufenthalts für Betroffene. Ein systematischer Literaturüberblick. Norderstedt: GRIN Verlag. 2012
  • 6 Strahan E, McCormick J, Uprichard E. et al. Immediate follow-up after ICU discharge: establishment of a service and initial experiences. Nurs Crit Care 2003; 8 (02) 49-55
  • 7 Menche N. Pflege Heute. 5. Aufl.. Langen: Elsevier Urban & Fischer; 2011
  • 8 Needham DM, Davidson J, Cohen H. Improving long-term outcomes after discharge from intensive care unit: Report from a stakeholders’ conference. Crit Care Med 2012; 40 (02) 502-9
  • 9 Jones C, Bäckmann C, Capuzzo M. et al. Intensive care diaries reduce new onset post traumatic stress disorder following critical illness: a randomised, controlled trial. Crit Care 2010; 14 (05) R168
  • 10 Karl G. Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS, PTSD). Online unter www.traumatherapie.org/docs/index.html#ptbs letzter Zugriff 12.07.2016
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  • 12 Antonovsky A. Salutogenese – zur Entmystifizierung der Gesundheit. 1. Aufl.. Tübingen: dgvt-Verlag; 1997
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  • 20 Perrier A, Revah-Levy A, Bruel C. et al. Phenomenological analysis of the healthcare worker perceptions of intensive care unit diaries. Critical Care 2013; 17 (01) R13

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Wie erlebt ein sedierter, beatmeter Patient einen Händedruck? Ein Intensivtagebuch hilft, diffusen Gefühlen später konkrete Situationen zuzuordnen. (Paavo Blåfield)
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Persönliche Gegenstände bieten Orienterung, wenn der Patient aufwacht. (Paavo Blåfield)
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Das Intensivtagebuch deckt es auf: Eine Infusion hat ein Gefühl von Kälte und Einsamkeit hervorgerufen. (Paavo Blåfield)
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Besuchende Angehörige können durch Einträge ins Intensivtagebuch dazu beitragen, Erinnerungslücken zu schließen und Erlebtes richtig einzuordnen. (Paavo Blåfield)
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Wie ernst ihre Situation war, verstehen Patienten oft erst, wenn sie das Intensivtagebuch lesen. (Paavo Blåfield)