Die Antwort unseres Experten
Grundsätzlich umfasst die vergütungspflichtige Arbeitszeit die Zeit, in der der Arbeitnehmer
seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber vertragsgemäß zur Verfügung zu stellen hat. Dauer
und Lage der Arbeitszeit bestimmt der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktions- bzw.
Weisungsrechts, genau wie die vom Arbeitnehmer zu erledigenden Aufgaben und die Art
und Weise ihrer Ausführung.
Im Fall der Leserin übte der Arbeitgeber sein Direktionsrecht zunächst aus, indem
er ihr die einzelnen Patienten und somit Arbeitsorte sowie die einzuhaltenden Termine
zugewiesen hat. Der Arbeitgeber kann und muss zudem auch die Lage und Dauer der Ruhepausen
vorgeben. Möglich sind jedoch auch Vereinbarungen, wonach der Arbeitnehmer je nach
Arbeitsanfall die Lage der Ruhepausen selbst bestimmt. Während einer solchen Pause
ist die Arbeitszeit unterbrochen. Der Arbeitnehmer muss in dieser Zeit weder Arbeit
leisten noch sich für Arbeit bereithalten. Erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer
spätestens zu Beginn der Pause weiß, wie lange sie dauert, ab wann er sich also wieder
zur Arbeit bereithalten muss. Da der Arbeitnehmer in der Pause keine Arbeitsleistung
erbringen muss, hat er für diese Zeit auch keinen Vergütungsanspruch. Fraglich ist
nun, ob auch Wegezeiten als Arbeitszeit zu berücksichtigen und zu bezahlen sind.
Grundsätzlich wird auf dem Weg zur Arbeit keine Arbeitsleistung erbracht. Allerdings
muss der Arbeitgeber nicht nur die eigentliche vertragliche Tätigkeit vergüten, sondern
auch jede andere von ihm im Rahmen des Arbeitsverhältnisses verlangte Tätigkeit, die
mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt.
Dazu gehören auch die Wegezeiten zwischen den angeordneten Arbeitsorten, sofern diese
im Laufe des Arbeitstags anfallen. Es können in bestimmten Fällen sogar der Weg von
der Wohnung zum ersten Arbeitsort und vom letzten Arbeitsort zur Wohnung als Arbeitszeit
anzusehen sein. Auch wenn der Arbeitnehmer also im Bus sitzt, um von einem Arbeitsort
zum anderen zu gelangen, handelt es sich nicht um eine Pause. Wartezeiten zwischen
zwei Bussen können hingegen je nach Länge als Pause anzusehen sein.
Wie sind nun diese Wegezeiten zu vergüten? Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten für
Wegezeiten eine andere Vergütungshöhe vereinbaren als für Behandlungszeiten – was
allerdings mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Gibt es keine gesonderte
Vereinbarung, schuldet der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung auch für die Wegezeiten
zwischen den Einsatzorten.
Karsten Bossow