Grunduntersuchung des Fohlens
Auch wenn die Ursache für das Symptom „Kolik“ mit hoher Wahrscheinlichkeit im Bereich
des Abdomens zu finden ist, führt kein Weg an einer sorgfältigen segmentalen Untersuchung
vorbei [2].
Diese gründliche Untersuchung „von Kopf bis Fuß“ ist unter anderem aus dem Grund unumgänglich, dass neugeborene Patienten angeborene Missbildungen aufweisen können. Wird ein Fohlen mit einer akuten Koliksymptomatik in eine Klinik
überwiesen und dort bei der Aufnahmeuntersuchung außer der eventuell zu therapierenden
Kolikursache beispielsweise eine hochgradige Gaumenspalte festgestellt, wird diese
zuvor noch nicht gestellte Diagnose in aller Regel zur Euthanasie des Fohlens führen.
Solche und ähnliche Szenarien sind in hohem Maße ärgerlich für die Besitzer und durch
eine vollständige Erstuntersuchung vermeidbar.
Außerdem bedingen sich beim Fohlen zahlreiche Krankheitszustände gegenseitig. So sollte
beispielsweise die Diagnose „Mekoniumobstipation“ nicht dazu führen, nur diese zu
therapieren und andere Erkrankungen außer Acht zu lassen: Unzureichender Mekoniumabsatz
ist häufig durch eine mangelhafte Kolostrumversorgung verursacht.
Bei allen Fohlen mit einer Mekoniumobstipation – auch wenn diese konservativ therapierbar
ist – sollte der IgG-Gehalt des Blutes untersucht werden, um eine Hypogammaglobulinämie
und eine damit bevorstehende Sepsis frühzeitig festzustellen.
Einige Kolikursachen können bereits durch die klinische Grunduntersuchung festgestellt
werden, beispielsweise:
Außerdem kann der Füllungszustand des Abdomens wichtige Hinweise in Bezug auf die
Genese liefern.
Weiterführende Untersuchungen
Steht die Diagnose nach Abschluss der Grunduntersuchung noch aus, sind weiterführende
Untersuchungen nötig. Unter diesen nimmt die Sonografie einen besonderen Stellenwert
ein ([Tab. 1]). Außerdem kommen Labordiagnostik (Blut, Kot, Urin), weitere bildgebende Verfahren
und die Abdominozentese infrage.
Tab. 1 Häufige Ursachen für das Auftreten einer Koliksymptomatik bei neugeborenen Fohlen
(Auswahl).
Kolikursache
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Diagnostik durch
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Mekoniumobstipation
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digitale rektale Untersuchung, Sonografie
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Uroperitoneum
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Palpation, Sonografie (Abdominozentese/ Labordiagnostik)
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(bevorstehende) Enteritis bzw. Enterotoxämie
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Auskultation, Kotuntersuchung, Elektrolyte, Säure-Basen-Status (Sonografie)
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Ileus/Obstruktionen
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Sonografie, (Probe-)Laparotomie
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Proktitis
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Anamnese, Adspektion, Ausschluss anderer Ursachen
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Motilitätsstörungen (eher selten, aber häufig bei prämaturen Fohlen)
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Auskultation, Sonografie: Kolik v. a. postprandial
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Magenulzera – Fohlen in den ersten Lebenstagen sind eher selten betroffen, danach
sind Ulzerationen aber eine häufige Kolikursache
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Vorbericht, klinische Hinweise (Bruxismus/ Salivation), okkultes Blut im Kot, Gastroskopie
|
Sonografie
Die sonografische Untersuchung des Fohlens lässt sich auch im Heimatbestand ohne großen
Aufwand durchführen. Abhängig von Temperament und Größe des Fohlens kann die Untersuchung
am stehenden oder liegenden Patienten erfolgen.
Die Untersuchung am stehenden Patienten bietet den Vorteil, dass flüssigkeitsgefüllte
Darmsegmente sowie intraperitoneale Flüssigkeit nach ventral absinken und so leichter
auffindbar sind [3]. Unabhängig von der Lagerung des Fohlens sollten mindestens 2 Hilfspersonen zur
Verfügung stehen. Bei Untersuchungen mit nur 1 Hilfsperson kann alternativ auch eine
Sedation erfolgen. Dafür bietet sich beispielsweise die langsame intravenöse Verabreichung
von Diazepam in einer Dosierung von 0,1 mg/kg Körpergewicht an.
Eine 5 MHz-Rektalsonde, wie sie in aller Regel für die gynäkologische Untersuchung von Stuten eingesetzt
wird, ist in vielen Fällen ausreichend. Der Einsatz von 7,5 – 10 MHz-Schallköpfen (Linear- oder Konvexscanner) führt allerdings zu qualitativ hochwertigeren Bildern,
die leichter auswertbar sind [4].
Eine Rasur ist bei den meisten Fohlen nicht nötig, kann aber bei Tieren mit dichtem
Fell die Detailerkennbarkeit verbessern. Soll das Fell verbleiben, ist das großzügige
Aufbringen von Alkohol angebracht, was je nach Untersuchungsdauer regelmäßig zu wiederholen ist.
Bei der sonografischen Untersuchung sollte jeder Untersucher sein eigenes Schema entwickeln,
um das gesamte Abdomen beurteilen zu können.
Während das Erkennen von freier Flüssigkeit recht einfach ist, braucht es für die
Erhebung anderer Befunde, wie beispielsweise Veränderungen der Darmmotilität, weitaus
mehr Erfahrung. Ein gesunder Dünndarm kontrahiert sich pro Minute durchschnittlich 2- bis 2,5-mal zirkulär, sodass dieser Wert zur Objektivierung herangezogen werden kann. Zusätzlich sollte
die Darmwanddicke ausgemessen werden: Unabhängig vom Darmsegment sollte sie nicht mehr als 3 mm betragen, andernfalls ist von entzündlichen oder ödematösen Veränderungen auszugehen
[3].
Übersicht über einzelne Kolikursachen
Mekoniumobstipation
Fohlen mit Mekoniumobstipation werden – je nach Schwere des Falles – meist an ihrem
ersten, aber so gut wie immer innerhalb der ersten 3 Lebenstage vorgestellt. Häufig tritt die Erkrankung bei lebensschwachen Fohlen oder Tieren mit schlechtem Saugreflex auf, weil in diesen Fällen die laxierende Wirkung des Kolostrums fehlt. Außerdem
kann die Erkrankung durch eine kongenitale Enge des knöchernen Beckens bedingt sein;
von dieser Form sind häufig Vollblut-Hengstfohlen betroffen. Das Becken solcher Tiere
kann so eng sein, dass selbst eine digitale rektale Untersuchung mit reichlich Gleitgel
misslingt und somit auch größere Mekoniumballen nicht durchtreten können.
Ist bei der digitalen rektalen Untersuchung kein Mekonium zu erreichen, schließt das
ein Darmpechverhalten nicht zwangsläufig aus.
Gerade bei großrahmigen Fohlen gelangt der untersuchende Finger nicht an das kraniale
Ende des Beckens, sodass dieser „Negativ-Befund“ in jedem Fall durch die Sonografie
zu ergänzen ist. Das Gleiche gilt auch für das Absetzen von Milchkot in geringen Mengen.
Liegen nur noch 2 oder 3 größere Mekoniumballen direkt kranial des Beckens, können
kleine Portionen von Milchkot durch starkes Pressen am Darmpech vorbeigeschoben werden.
Das sonografische Bild ist eindeutig: Kranial und/oder dorsal der Blase lassen sich die hyperechogenen Mekoniumballen
im Colon descendens zweifelsfrei darstellen. Besteht die Möglichkeit, ein abdominales
Röntgenbild anzufertigen (latero-lateral), so lassen sich die Mekoniumballen und eine
eventuell davorliegende Aufgasung ebenfalls gut darstellen.
Uroperitoneum
Bei einem Uroperitoneum ist meist die Harnblase rupturiert, in selteneren Fällen liegen
eine innere Urachusfistel, eine Hemmungsmissbildung der Blase oder eine Missbildung
beziehungsweise Verletzung der Ureteren vor. Letztere kann beispielsweise durch eine
weit dorsal gelegene Rippenfraktur hervorgerufen werden.
Je nach Größe des Defekts werden die Fohlen nach 2 – 10 Tagen vorgestellt. Häufig ist Trinkschwäche das erste Symptom. Ist die Läsion sehr klein, kann anfangs noch Harn im Strahl abgesetzt
werden. In weiter fortgeschrittenen Fällen ist das aufgetriebene Abdomen deutlich
erkennbar.
Die Sonografie gibt schnell Aufschluss darüber, ob sich anechogene freie Flüssigkeit im Abdomen
befindet ([Abb. 3 a] und [b]). Bei Blasenrupturen erscheint die Harnblasenwand relativ dickwandig und die Rupturstelle
kann in vielen Fällen dargestellt werden.
Abb. 3 a Fohlen mit Uroperitoneum. Es sind große Mengen anechogene Flüssigkeit (schwarz) zu
erkennen. Die dicken Pfeile kennzeichnen die beiden Nabelarterien. Zentral (gestrichelter
Pfeil) ist der Übergang vom Urachus zum kranialen Harnblasenpol erkennbar. b Fohlen ohne Uroperitoneum, bei dem die gleichen Strukturen wie in [Abb. 3 a] dargestellt werden können: Die beiden Nabelarterien (dicke Pfeile) flankieren den
Übergang vom Urachus zum kranialen Harnblasenpol. Wenn pathologische Mengen freier
Flüssigkeit fehlen, liegen die Nabelstrukturen der Bauchwand direkt an. (© Klinik
für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere, Justus-Liebig-Universität
Gießen)
Bei labordiagnostischen Untersuchungen fallen betroffene Fohlen durch eine Hyperkaliämie in Verbindung mit einer Hyponatriämie
und einer Hypochlorämie auf.
In Zweifelsfällen kann eine Abdominozentese erfolgen, die unter Ultraschallkontrolle am liegenden Fohlen knapp kranial und lateral
des Nabels durchzuführen ist. Lässt sich die gewonnene Flüssigkeit makroskopisch und
geruchlich nicht eindeutig als Harn identifizieren, hilft eine vergleichende Kreatinin-Bestimmung: Dieses große Molekül reichert sich in der Peritonealhöhle im Vergleich
zum Serum etwa um das Doppelte an, da es nicht resorbiert werden kann.
Da es sich beim Uroperitoneum um einen medizinischen Notfall handelt, der chirurgisch versorgt werden muss, gilt es, den Zeitraum bis zur Operation
so kurz wie möglich zu halten. Vor allem die Elektrolytverschiebungen (Hyperkaliämie,
Hyponatriämie, Hypochlorämie) stellen eine Bedrohung für den Patienten dar [5]. Bei einer bestehenden Hyperkaliämie ist es ratsam, präoperativ mit 0,9%iger Kochsalzlösung
(Richtwert: 20 ml/kg Körpergewicht als Bolus) zu infundieren, weil es ansonsten zu
lebensbedrohlichen Komplikationen (Herzstillstand) bei der Narkoseeinleitung kommen
kann ([Tab. 2]).
Tab. 2 Kalium- und Natriumwerte von einem Quarter-Horse-Fohlen, das am 7. Lebenstag mit
der Diagnose Uroperitoneum vorgestellt wurde.
Parameter
|
vor Infusion
|
nach Infusion von 1 Liter NaCl 0,9%
|
Referenzwerte
|
Kalium (mmol/l)
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6,5
|
3,9
|
3,5 – 5,5
|
Natrium (mmol/l)
|
109
|
126
|
134 – 143
|
Ileus
Liegt ein Darmverschluss vor, stellt sich das klinisch als akut einsetzende, schnell fortschreitende Kolik dar. In der Folge kommt es zur Dehydrierung, Azidose und Endotoxämie.
Sonografisch lässt sich bei einem Dünndarmileus der atonische, flüssigkeitsgefüllte und hochgradig
dilatierte Dünndarm darstellen. In fortgeschrittenen Fällen besteht bereits ein Ödem
der Darmwand und es findet sich Transsudat in der Bauchhöhle. Bei Dünndarminvaginationen
finden sich im sonografischen Querschnitt des betroffenen Darmabschnitts ineinander
geschichtete, ödematöse Darmanteile, die an den Anschnitt einer Zwiebel erinnern ([Abb. 4]). Der Darmabschnitt vor der Stenose ist dilatiert und flüssigkeitsgefüllt.
Abb. 4 Sonografischer Querschnitt durch eine Invagination des Dünndarms. Die ineinander
geschichteten, ödematös verdickten Darmwände sind deutlich zu erkennen.(© Klinik für
Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere, Justus-Liebig-Universität
Gießen)
Die meisten betroffenen Patienten zeigen keine Reaktion auf die Verabreichung von
schwachen Analgetika, wie beispielsweise Metamizol, und das Allgemeinbefinden verschlechtert sich schnell.
Solange ein mechanischer oder paralytischer Ileus nicht sicher ausgeschlossen werden
kann, ist der Einsatz von Butylscopolamin nach Möglichkeit zu vermeiden [6]. Der Einsatz von stärker wirksamen Schmerzmitteln als Metamizol ist für diese Indikation
ebenfalls infrage zu stellen, da eine Operation – sofern sie für den Halter des Fohlens
infrage kommt – nicht durch Verschleierung der Symptome hinausgezögert werden sollte.
Enteritis/Enterotoxämie
Hat ein Fohlen Diarrhoe, ist eine begleitende Koliksymptomatik nicht ungewöhnlich.
Es kommt allerdings auch vor, dass Fohlen bereits am 1. oder 2. Lebenstag eine bisweilen hochgradige Koliksymptomatik zeigen und außer unterschiedlich dilatierten Dünndarmschlingen in der Sonografie
keine klinischen Veränderungen nachweisbar sind. Solche Fohlen entwickeln häufig in
den nachfolgenden 12 Stunden eine starke Diarrhoe, die trotz intensivmedizinischer
Maßnahmen schwer zu beherrschen ist.
Aufgrund dieser Tatsache ist es ratsam, bei Verdacht auf eine beginnende Enteritis
mehrere Kotproben zu asservieren, und direkt anschließend eine breit wirksame intravenöse
Antibiotika-Behandlung einzuleiten.
Betroffene Fohlen sind in einer Klinik am besten aufgehoben, auch wenn kein unmittelbares
chirurgisches Eingreifen nötig ist. Die Kombination aus Elektrolytverschiebungen,
Azidose, Dehydratation und Hypoproteinämie führt dazu, dass eine Infusionstherapie während der Phase der fulminanten Diarrhoe nur flankiert von regelmäßigen labordiagnostischen Kontrollen sinnvoll ist.
Auf den Einsatz von Butylscopolamin sollte auch bei diesen Patienten verzichtet werden,
da Motorik und Tonus der Darmmuskulatur durch die Erkrankung bereits herabgesetzt
sind. Parasympatholytika können zwar zu einer weiteren Herabsetzung des Tonus führen,
dadurch werden allerdings auch die rhythmischen segmentalen Kontraktionen, die propulsive
Motorik und die retrograde Peristaltik im Kolon gehemmt. Das bereits bestehende Durchfallgeschehen
kann dadurch zusätzlich verstärkt werden [6].
Proktitis
Diese schmerzhafte Entzündung der Rektumschleimhaut, häufig unter Einbeziehung des
Analkegels, erscheint nach den bisher aufgelisteten medizinischen Notfällen etwas
deplatziert. Dennoch sollte die Erkrankung Erwähnung finden, da sie häufig bei Fohlen
auftritt, bei denen eine Mekoniumobstipation durch mehrfache Spülungen von rektal
therapiert wurde oder aber als Begleiterscheinung bei Fohlen mit hochgradiger Diarrhoe.
Vor allem die deutliche Schwellung des Anus, der auch Spannungsrisse aufweisen kann, ist leicht zu erkennen. Der Kotabsatz ist
dadurch sehr schmerzhaft, weshalb die Fohlen Tenesmus und auch leichte Koliksymptome zeigen und häufig mit dem Schweif schlagen, und zwar auch dann noch, wenn die Primärerkrankung
bereits erfolgreich therapiert ist. Da eine Proktitis im Extremfall zum Rektumprolaps
führen kann, sollte eine Salbenbehandlung eingeleitet werden. Nach Ausbleiben weiterer Manipulationen oder Sistieren der Diarrhoe
klingen die Symptome in aller Regel innerhalb eines kurzen Zeitraums wieder ab.
Atresien (ani/coli/recti)
Atresien entstehen durch Störungen der embryonalen Entwicklung und treten als angeborene
Missbildungen in Erscheinung. Unter diesen ist nur die Atresia ani bei der Erstuntersuchung
offensichtlich. Häufiger kommt allerdings die Atresia coli vor ([Abb. 5]). Bei Kaltblütern und Overo-Paint wird ein autosomal-rezessiver Erbgang vermutet.
Neben dem Fehlen des betroffenen Darmabschnittes liegen häufig auch Missbildungen
der angrenzenden Darmabschnitte vor, wie beispielsweise neurologische Dysfunktionen
oder eine fehlende Tunica muscularis, sodass die Prognose auch bei erfolgreicher Anastomosierung
vorsichtig ist. Dennoch wird immer wieder von Einzelfällen berichtet, bei denen eine
Operation, wie beispielsweise eine End-zu-Seit-Anastomosierung, zum Erfolg führte
[7].
Abb. 5 Atresia coli. Die beiden blind endenden Darmabschnitte weisen einen erheblichen Unterschied
im Durchmesser auf.(© Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß-
und Kleintiere, Justus-Liebig-Universität Gießen)
Abb. 6 Aufsicht auf eine traumatisch bedingte Leberruptur. Das Fohlen wurde mit deutlicher
Anämie, Hämoperitoneum und stetig zunehmender Koliksymptomatik vorgestellt.(© Klinik
für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere, Justus-Liebig-Universität
Gießen)
Das Lethal-white-foal-Syndrom (Overo-lethal-white-Syndrom = OLWS/LWO oder Aganglionose des Ileokolons) ist eine
letale Mutation bei Paint und Quarter Horses mit autosomal-rezessivem Erbgang. Daher kommen alle Pferde, die Paint-Blutlinien
führen, unabhängig von ihrer tatsächlichen Färbung, als Anlageträger infrage. Seit
ein Gentest existiert, ist die Erkrankung selten geworden. Betroffene weiß geborene
Fohlen setzen kein Mekonium ab, die Kolikanzeichen beginnen innerhalb von 12 Stunden post natum und führen rasch zum Tode.
Tab. 3 Seltenere Ursachen für das Auftreten einer Koliksymptomatik bei neugeborenen Fohlen
(Auswahl).
Kolikursache
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Diagnostik durch
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inkarzerierte Hernien
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Palpation, Sonografie, ggf. Probelaparotomie
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Atresia ani/coli/recti
|
vorberichtlich fehlender Mekoniumabsatz, Adspektion (nur Atresia ani), ggf. Sondierung,
Sonografie, Röntgen, Probelaparotomie
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Traumata innerer Organe (z. B. Leber- oder Milzriss, Arterienruptur)
|
klinisches Bild und Labordiagnostik (Anämie), Sonografie, Abdominozentese, Laparotomie
|
Ileokolon-Aganglionose (Lethal-White-foal)
|
Vorbericht und entsprechende klinische Erscheinungen bei weißen Paint-Fohlen
|
Megavesica/Haemovesica
|
Sonografie
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Peritonitis oder Adhäsionen
|
Vorbericht (meist nach Enteritis oder diagnostischen/chirurgischen Eingriffen, aber
auch septisch), Sonografie, Abdominozentese
|
diätetisch: Überfütterung/Fütterungsfehler
|
postprandiales Auftreten, Überprüfung des Fütterungsmanagements bei mutterloser Aufzucht
|
Hernien
Es ist differenzialdiagnostisch zu bedenken, dass Hernien nicht nur an offensichtlichen
Lokalisationen wie der Leiste oder am Nabel auftreten können, sondern auch angeborene oder durch Trauma erworbene Zwerchfellhernien bei Fohlen vorkommen können [8]. Allen Hernien ist gemeinsam, dass sie erst bei Inkarzeration zu Kolikerscheinungen
führen. Ein chirurgisches Eingreifen ist in diesen Fällen unumgänglich, wobei der
Therapieerfolg vom Allgemeinzustand des Fohlens und der Dauer des Krankheitsgeschehens
bis zur Operation abhängt. Häufig ist eine Resektion des inkarzerierten Darmabschnitts
nötig.
Traumata innerer Organe
Trat vorberichtlich ein Trauma – am häufigsten ausgelöst durch die Mutterstute – auf
und kommt es im weiteren Verlauf zur Kolik, ist immer an eine Verletzung innerer Organe
zu denken. Rupturen von Leber oder Milz können genauso wie die Verletzung größerer
Gefäße zu einem Hämoperitoneum führen, das sich sonografisch gut nachweisen lässt. Im Gegensatz zum Uroperitoneum
ist die freie Flüssigkeit nicht anechogen, sondern hypoechogen mit zahlreichen feinen, korpuskulären Reflexen; im weiteren Verlauf oder auch an anderen Stellen des Abdomens kann sich die Blutansammlung
durch fortschreitende Organisation auch inhomogen echogen mit reflexreichen Partikeln
darstellen [3].
Je nach Lokalisation und Ausmaß des Defekts kann solchen Fohlen geholfen werden, wenn
die Blutung lokalisiert und zum Stillstand gebracht werden kann. Häufig sind die entstandenen
Schäden aber so groß oder so zahlreich, dass eine Euthanasie unumgänglich ist ([Abb. 5]).
Haemovesica
Diese seltene postpartale Komplikation führt zu Koliksymptomatik und Tenesmus auf Harn. Sonografisch lässt sich innerhalb der Harnblase ein echogenes Gebilde nachweisen.
Dieses Koagel entsteht wahrscheinlich durch eine Einblutung über den Urachus und wurde in früheren Einzelfallberichten erfolgreich chirurgisch entfernt [9], aber auch eine konservative Therapie scheint möglich zu sein [10].
Fazit
Aufgrund der vielfältigen Ursachen, die eine Kolik beim neugeborenen Fohlen auslösen
können, sind Erfahrung und ein vernünftiges Maß an weiterführenden Untersuchungen
notwendig, um die richtige Diagnose zu stellen.
Zudem besteht die dringende Notwendigkeit, jedes erkrankte Fohlen nicht nur im Hinblick
auf die akute Koliksymptomatik zu behandeln und zu therapieren. Nur so können mögliche
Folgekomplikationen wie beispielsweise Magenulzera, Peritonitis oder Sepsis geringgehalten
werden.