Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(03): 209
DOI: 10.1055/s-0043-125229
GebFra Magazin
Aktuell referiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erhöhen moderne hormonelle Kontrazeptiva das Brustkrebsrisiko?

Mørch LS. et al.
Contemporary hormonal contraception and the risk of breast cancer.

N Engl J Med 2017;
377: 2228-2239
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Dr. Claudia Bauer-Kemény, Heidelberg


Publication History

Publication Date:
21 March 2018 (online)

 

Circa 140 Millionen Frauen weltweit nutzen hormonelle Empfängnisverhütung. Dass Östrogene Einfluss auf die Entwicklung von Brustkrebs haben, ist bereits hinreichend bekannt. Inzwischen kommen auch Bedenken hinsichtlich der Rolle von Progestinen für diese Erkrankung auf. Damit wären auch die hormonfreisetzenden intrauterinen Systeme, Verhütungspflaster, Vaginalringe, Progestinimplantate oder Depotinjektionen als kritisch zu sehen.


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Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, ist bei Frauen, die aktuell oder bis vor Kurzem moderne hormonelle Kontrazeptiva nutzen oder genutzt haben, geringfügig größer als bei Frauen, die niemals hormonell verhütet haben. Zu diesem Ergebnis kommen die Wissenschaftler um Øjvind Lidegaard von der Universität Kopenhagen in einer landesweiten prospektiven Kohortenstudie in Dänemark. Für diese Studie, die von der Novo Nordisk Foundation gesponsert wurde, wurden die Daten mehrerer landesweiter Register anhand der persönlichen Identifikationsnummer im zivilen Registriersystem Dänemarks fusioniert. Die Daten aller Frauen, die zwischen Januar 1995 und Dezember 2012 zwischen 15 und 49 Jahre alt waren, wurden nachverfolgt. Von der Studie ausgeschlossen wurden Frauen, die

  • an Krebs erkrankt waren (außer nicht melanozytärer Hautkrebs),

  • unter venösen Thromboembolien litten oder

  • wegen Infertilität behandelt wurden.

Insgesamt wurden somit 1 797 932 Frauen in die Auswertung der Studie einbezogen.

Ergebnisse

Im gesamten Beobachtungszeitraum (1995 – 2012) sind bei einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 10,9 ± 5,8 Jahren insgesamt 11 517 Fälle von Brustkrebs im Gesamtkollektiv aufgetreten. Verglichen mit den Frauen, die niemals hormonelle Kontrazeptiva benutzt haben, war das relative Risiko für Frauen, die aktuell oder in jüngerer Vergangenheit derartige Präparate nutzten, 1,20 und mit einem p = 0,002 statistisch signifikant. Das relative Risiko stieg mit der Dauer der Nutzung von 1,09 (Nutzung < 1 Jahr) auf 1,38 (Nutzung > 10 Jahre) an. Auch nach Beendigung der hormonellen Empfängnisverhütung blieb das Brustkrebsrisiko bei den Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva ≥ 5 Jahre genutzt hatten, im Vergleich zu Niemalsnutzern mindestens 5 Jahre lang erhöht. Auch bei der Anwendung von ausschließlich progestinhaltigen intrauterinen Systemen lag das relative Risiko bei 1,21. Über alle Altersgruppen hinweg trat bei 7690 Frauen, die irgendeine Art der hormonellen Empfängnisverhütung nutzten oder bis vor Kurzem genutzt hatten, 1 zusätzlicher Fall von Brustkrebs pro Jahr auf.

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Hormonelle Empfängnisverhütung gibt es in den verschiedensten Formen. Dass nicht nur die Pille, sondern auch Ring, Spritze und Co. (geringe) Risiken mit sich bringen, zeigte eine Kohortenstudie aus Dänemark.(Symbolbild; Quelle: Scorpius)
Fazit

Die Daten dieser Studie zeigen, dass Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva nutzen oder bis vor Kurzem nutzten, ein höheres Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken, als Frauen, die diese niemals genutzt haben. Dies gilt für alle Varianten der Kontrazeption. Dabei steigt zwar dieses Risiko mit zunehmender Dauer der Nutzung an, jedoch ist der absolute Anstieg des Risikos gering.


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Dr. Claudia Bauer-Kemény, Heidelberg



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Hormonelle Empfängnisverhütung gibt es in den verschiedensten Formen. Dass nicht nur die Pille, sondern auch Ring, Spritze und Co. (geringe) Risiken mit sich bringen, zeigte eine Kohortenstudie aus Dänemark.(Symbolbild; Quelle: Scorpius)