B. Fragen und Antworten
1 Definition
1.1 Was ist eine Kolonisation? Was ist eine Infektion?
Im Rahmen des EuroCareCF-Projektes wurde eine Definition der chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion vorgenommen und die Gruppe der Pseudomonas aeruginosa-freien Patienten definiert [4]. Dazu wurden die in der Literatur vorhandenen Definitionen zusammengestellt und
eine Empfehlung abgeleitet. Die Definition in dieser Leitlinie wird an die Definition
der EuroCareCF-Gruppe angelehnt. Alle Definitionen hängen von der Häufigkeit und Art
der Probennahme ab.
Laut der Definition von EuroCareCF gelten CF-Patienten als Pseudomonas aeruginosa-frei, wenn seit der Diagnose ‚Mukoviszidose‘ jährlich mindestens 6 Sputumproben oder
8 tiefe Rachenabstriche analysiert worden sind, in der kulturabhängigen Diagnostik
niemals Pseudomonas aeruginosa nachgewiesen wurde und der Titer der Pseudomonas-Antikörper immer unter dem Grenzwert
lag (Grenzwert hängt vom verwendeten Testsystem ab).
Laut der Definition von EuroCareCF liegt eine chronische Atemwegsinfektion mit Pseudomonas aeruginosa bei einem Patienten mit Mukoviszidose vor, wenn in den letzten 12 Monaten mindestens
6 Sputumproben oder 8 tiefe Rachenabstriche analysiert worden sind und in mindestens
der Hälfte der untersuchten Proben in der kulturabhängigen Diagnostik Pseudomonas aeruginosa nachgewiesen wurde. Ansonsten spricht man von einem intermittierenden Nachweis (weniger
als mind. die Hälfte der Proben positiv).
Es ist schwierig, zwischen Erstkolonisation und Infektion mit Pseudomonas aeruginosa zu unterscheiden. Eine Erstkolonisation kann klinisch stumm verlaufen. Bei Infektionszeichen
kann klinisch nicht zwischen Pseudomonas aeruginosa und anderen Erregern als Hauptursache unterschieden werden. Es gibt auch keine typischen
Infektkomplikationen, die auf Pseudomonas aeruginosa hinweisen.
Eine Differenzierung zwischen Erstkolonisation und Infektion durch serologischen Nachweis
ist nicht möglich.
1.2 Wann liegt eine chronische Infektion mit Pseudomonas aeruginosa vor?
Eine chronische Kolonisation der unteren Atemwege mit Pseudomonas aeruginosa liegt vor, wenn über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr in der Hälfte oder mehr
der untersuchten Proben Pseudomonas aeruginosa in der kulturabhängigen Diagnostik nachgewiesen werden konnte [4]
[5]. Pro Jahr sollen mindestens 6 Proben (Sputum, induziertes Sputum, tiefer Rachenabstrich,
BAL) gleichmäßig über das Jahr verteilt (mind. einmal jedes Quartal) gewonnen werden.
Nur wenn bei positivem Pseudomonas aeruginosa-Antikörpertiter und aufgrund der Ergebnisse der mikrobiologischen Diagnostik aus
den letzten Jahren bereits bekannt ist, dass der CF-Patient in seinen Atemwegen chronisch
mit Pseudomonas aeruginosa infiziert ist, reicht eine Mindestzahl von 4 bakteriologischen Analysen pro Jahr
aus.
1.3 Wie ist davon eine intermittierende Infektion abzugrenzen?
Man spricht von einer intermittierenden Kolonisation oder Infektion, wenn mittels
kulturabhängiger Diagnostik in weniger als der Hälfte der mindestens 6 binnen eines
Jahres asservierten Proben (Sputum, induziertes Sputum, tiefer Rachenabstrich, BAL)
Pseudomonas aeruginosa nachgewiesen werden konnte. Der intermittierende Nachweis in Proben aus den tiefen
Atemwegen kann auf der rezidivierenden Re-Kolonisation mit demselben Klon aus den
oberen Atemwegen [6], fluktuierender Persistenz geringer Keimzahlen ober- und unterhalb der Nachweisgrenze
oder Re-Kolonisation mit einem anderen Klon beruhen. Die Nachweisgrenze von Pseudomonas aeruginosa liegt bei der kulturabhängigen Diagnostik bei ca. 50 KBE pro mL Sputum oder BAL und
ist in der Sensitivität den kulturunabhängigen PCR-gestützten Verfahren nicht unterlegen
[7]
[1].
1.4 Wie ist ein Pseudomonas aeruginosa-negativer Patient definiert?
Ein Patient gilt als Pseudomonas aeruginosa-frei, wenn
-
pro Jahr in verschiedenen Monaten mindestens 6 Proben (Sputum, induziertes Sputum,
tiefer Rachenabstrich, BAL) für die bakteriologische Analyse gewonnen wurden und bisher
noch kein kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa dokumentiert wurde
oder
-
der letzte kulturelle Nachweis von Pseudomonas aeruginosa mindestens ein Jahr zurückliegt, seit dem letzten Nachweis mindestens 6 Rachenabstriche,
Sputen oder BAL-Proben Pseudomonas aeruginosa-negativ waren und der Patient seronegativ für Pseudomonas aeruginosa-Antikörper ist [5].
Eine Aussage über den Kolonisationsstatus kann unter einer Pseudomonas-wirksamen anti-infektiven
Suppressionstherapie nur getroffen werden, wenn ein kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa gelingt. Ein fehlender kultureller Nachweis während einer anti-infektiven Therapie
gegen Pseudomonas darf nicht als erfolgreicher Eradikationsversuch oder fehlende Kolonisation
gewertet werden.
1.5 Ab wann kann man von einem Ende der chronischen Infektion mit Pseudomonas aeruginosa sprechen?
Entsprechend der Definition von Lee et al. [5] kann man von einem Ende der chronischen Infektion mit Pseudomonas aeruginosa sprechen, wenn der letzte kulturelle Nachweis von Pseudomonas aeruginosa mindestens ein Jahr zurückliegt, seit dem letzten Nachweis mindestens 6 Rachenabstriche,
Sputen oder BAL-Proben Pseudomonas aeruginosa-negativ waren und der Patient seronegativ für Pseudomonas aeruginosa-Antikörper ist (Antikörpertiter negativ).
1.6 Welchen Stellenwert hat der Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in den oberen Atemwegen?
Der Stellenwert des Nachweises von Pseudomonas aeruginosa in den oberen Atemwegen für den Kolonisationsstatus der unteren Atemwege ist zurzeit
noch nicht geklärt. Bekannt ist, dass die Nasennebenhöhlen eine Nische für die Besiedlung
mit Pseudomonas aeruginosa bei der Mukoviszidose darstellen [10], bei chronischer Kolonisation in der Regel dieselben klonalen Komplexe in den oberen
und unteren Atemwegen nachgewiesen werden [6] und sich die polymikrobiellen Lebensgemeinschaften in Nase und unteren Atemwegen
signifikant voneinander unterscheiden.
Erregernachweis in den oberen Atemwegen und Nasennebenhöhlen: Zur nicht invasiven
Erfassung der Keimbesiedlung in den oberen Atemwegen eignet sich die nasale Lavage
z. B. mit zweimal 10 ml isotoner Kochsalzlösung in jede Nasenseite [6]. Es kann statt einer nasalen Lavage auch ein tiefer Nasenabstrich erfolgen (Urethral-Abstrich-Tupfer)
und mit einem Nasenvernebler kann ab dem 2. Lebensjahr Material aus den oberen Atemwegen
lavagiert werden. Bzgl. der Untersuchungsfrequenz von Proben aus den oberen Atemwegen
gibt es aktuell keine Empfehlungen.
2 Stellenwert der Pseudomonas-Antikörper
2.1 Welche Evidenz existiert, dass die Bestimmung der Pseudomonas-Antikörper den Infektionsstatus
des CF-Patienten widerspiegelt?
Pseudomonas aeruginosa ist ein Umweltkeim und bei Exposition werden sowohl gesunde Probanden als auch CF-Patienten
Antikörper gegen Pseudomonas aeruginosa bilden. Vor diesem Hintergrund wird der Befund plausibel, dass eine positive Antikörperbestimmung
keinen positiven prädiktiven Wert für den künftigen kulturellen Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in respiratorischen Sekreten von CF-Patienten besitzt [11] und dass die Höhe des basalen Antikörpertiters nicht mit dem Eradikationserfolg
einer künftigen pseudomonaswirksamen Ersttherapie assoziiert ist [12]. Pseudomonas-Antikörper und Infektionsstatus lassen sich nur im Kontext mit dem
gewählten Zielantigen und dem Ergebnis der bakteriologischen Diagnostik interpretieren.
2.2. Welche Antikörper können bestimmt werden?
Antikörpertiter lassen sich für standardisierte Zelllysate, Zellwandantigene oder
sezernierte Proteine bestimmen. Konstitutiv hoch immunogene Zellwandantigene wie das
O-Antigen des Lipopolysaccharids werden schon im Frühstadium der Kolonisation nachgewiesen,
während sich eine Immunantwort auf sezernierte Virulenzeffektoren erst bei höherer
Keimbelastung nachweisen lässt. Der Antikörpertiter gegen diese sezernierten Proteine
(z. B. Elastase, alkalische Protease, Exotoxin A) ist während der chronischen Kolonisation
nicht proportional zur Keimzahl, da infolge von Mutationen und Übergang in den sessilen
Lebensstil die Pseudomonas aeruginosa-Bakterien die Sekretion von Typ-II- und/oder Typ-III-Virulenzeffektoren vermindern
oder sogar ganz einstellen [13].
2.3 Sensitivität und Spezifität der Verfahren zur Bestimmung von Pseudomonas-Antikörpern
In Longitudinal- und Querschnittstudien sind Antikörpertiter gegen Zelllysate, Zellwandantigene
oder sezernierte Proteine im Serum von Mukoviszidose-Patienten untersucht worden (umfassender
Literaturüberblick in [14]). Als Techniken wurden ELISA, Immunelektrophorese, Radioimmunoassay oder Western-Immunblot
eingesetzt. In 6 von 29 publizierten Studien wurde ein kommerziell erhältlicher ELISA-Test
auf die sezernierten Virulenzeffektoren Elastase, alkalische Protease und Exotoxin
A genutzt.
Je nach Test und untersuchter Patientenkohorte schwankt die in der Literatur beschriebene
Sensitivität zwischen 45 – 93 % (Median: 80 %) und die Spezifität zwischen 40 – 98 %
(Median 81 %).
2.4 Wie sind die Antikörpertiter (in Abhängigkeit von Untersuchungsmaterial, Zielantigenen
und Methodik) zu interpretieren?
Zum Zeitpunkt des kulturellen Erstnachweises von Pseudomonas aeruginosa ist eine positive Antikörperbestimmung gegen Exotoxin A und alkalische Protease signifikant
mit einem höheren Risiko der Re-Kolonisation mit Pseudomonas aeruginosa nach Frühtherapie assoziiert [15]
[16]. Andererseits besitzt Antikörpernegativität gegen Elastase, alkalische Protease
und Exotoxin A ein Jahr nach Eradikationstherapie einen positiven und negativen prädiktiven
Wert von 75 % bzw. 82 % für den Langzeiterfolg der Eradikationstherapie [17].
Antikörpertiter gegen konstitutiv exprimierte Zellwandantigene oder gegen Zelllysate
spiegeln die Keimlast wider und können daher bei chronischer Pseudomonas-Infektion
zur Beurteilung von pulmonalen Exazerbationen und zur Erfolgskontrolle pseudomonaswirksamer
Suppressionstherapien herangezogen werden [14]
[18]
[2].
2.5 Wie häufig sollten Pseudomonas-Antikörper bestimmt werden (in Abhängigkeit vom
aktuellen Besiedlungsstatus)?
Es wird empfohlen, die Antikörpertiter gegen sezernierte Pseudomonas aeruginosa-Proteine zum Zeitpunkt des kulturellen Erstnachweises und ein Jahr nach Eradikationstherapie
zu bestimmen.
Wenn der Langzeitverlauf der chronischen Kolonisation mit Pseudomonas aeruginosa anhand von Antikörpertitern dokumentiert werden soll, sollten Antikörpertiter gegen
obligat exprimierte Antigene bestimmt werden [14]
[18]. Antikörperbestimmungen gegen sezernierte Virulenzeffektoren, Exopolysaccharide,
LPS, Flagellen und Pili sind während der chronischen Infektion nicht aussagekräftig,
da Pseudomonas aeruginosa die Produktion dieser Antigene in der CF-Lunge stark moduliert oder sogar einstellt
[13].
Zum Zeitpunkt des kulturellen Erstnachweises und ein Jahr nach Eradikationstherapie
sollen Antikörpertiter gegen sezernierte Pseudomonas aeruginosa Proteine (z. B. alkalische Protease, ExoA) bestimmt werden.
Empfehlungsgrad: A
Zur Verlaufskontrolle der chronischen Pseudomonas-Infektion in der CF-Lunge eignet
sich die Antikörperbestimmung gegen standardisierte Zelllysate oder konstitutiv exprimierte
Zellwandantigene.
2.6 Ab welchem Zeitpunkt kann man auf die Bestimmung der Pseudomonas-Antikörper verzichten?
Antikörpertiter gegen hoch immunogene Antigene (Virulenzeffektoren, Exopolysaccharide,
LPS, Flagellen oder Pili) sollten zum Zeitpunkt des kulturellen Erstnachweises und
ein Jahr nach Eradikationstherapie bestimmt werden. Die Antikörper-Testung dieser
hoch immunogenen Antigene ist im Zustand der chronischen Pseudomonas-Infektion (Definition
s. Frage 1.2) nicht mehr indiziert, da Pseudomonas aeruginosa die Produktion dieser Antigene in der CF-Lunge moduliert oder sogar ganz einstellt
[13]. Zur Verlaufskontrolle der chronischen Infektion eignet sich die Antikörperbestimmung
gegen standardisierte Zelllysate oder konstitutiv exprimierte Zellwandantigene (s. o.).
2.7 Wie ist das Vorgehen bei positivem Antikörpernachweis, aber fehlendem mikrobiologischem
Nachweis?
Eine positive Antikörper-Bestimmung bei fehlendem mikrobiologischen Nachweis besitzt
keinen positiven prädiktiven Wert für den künftigen kulturellen Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in respiratorischen Sekreten von CF-Patienten [11]. Das weitere Vorgehen orientiert sich an den Ergebnissen der nachfolgenden mikrobiologischen
Untersuchungen von Proben aus Atemwegssekreten.
Seit Veröffentlichung des Moduls 1 dieser S3-Leitlinie [3] hat sich die Evidenzlage zum Stellenwert der Pseudomonas-Antikörper geändert. Für
diese Frage kann deshalb das Modul 1 nicht als Quellleitlinie verwendet werden, die
Empfehlungen basieren stattdessen auf der für das Modul 2 durchgeführten Literaturrecherche.
3 Mikrobiologische Diagnostik
3.1 Wie oft soll eine Diagnostik aus respiratorischem Material durchgeführt werden?
Liegt eine chronische Infektion vor (≥ 50 % Pseudomonas aeruginosa-positiver Proben bei mindestens 6 Probenahmen pro Jahr bzw. nach erfolgloser Eradikationstherapie,
siehe S3-Leitlinie Lungenerkrankung bei Mukoviszidose – Modul 1: Diagnostik und Therapie
beim ersten Nachweis von Pseudomonas aeruginosa
[3], sollte die Untersuchung respiratorischer Proben (Sputum, induziertes Sputum, tiefer
Rachenabstrich, BAL) routinemäßig mindestens viermal im Jahr anlässlich von Routineambulanzterminen
durchgeführt werden sowie bei klinischer Verschlechterung oder Exazerbation.
Wurde die Diagnose einer chronischen Infektion gestellt, soll eine Diagnostik aus
Rachenabstrich, Sputum, ggf. BAL mindestens viermal pro Jahr erfolgen.
Empfehlungsgrad: A
3.1.1 Soll die Häufigkeit der Diagnostik altersabhängig modifiziert werden?
Die derzeitige Studienlage erlaubt keine evidenzbasierte Empfehlung zur altersabhängigen
Untersuchungsfrequenz. Das in der Leitlinie zur Pseudomonas aeruginosa-Erstinfektion [3] angegebene Intervall sollte zur Abgrenzung der chronischen Infektion angewendet
werden.
Bei vorbekannter chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion sollten mikrobiologische Untersuchungen respiratorischer Proben routinemäßig
mindestens viermal im Jahr durchgeführt werden; präferentiell bei Routineambulanzterminen
und möglichst regelmäßig über das Jahr verteilt.
Empfehlungsgrad: B
3.1.2 Ist die invasive Diagnostik der nicht invasiven Diagnostik überlegen?[3]
Es gibt keinen Hinweis darauf, dass invasiv gewonnene Materialien in ihrer Aussagekraft
nicht invasiv gewonnenen Proben überlegen sind.
[19]
[20]
[21]
3.1.3 Soll die Häufigkeit der Diagnostik in Abhängigkeit vom Resistenzmuster modifiziert
werden?
Der Nachweis multiresistenter Pseudomonas aeruginosa-Stämme bzw. anderer multiresistenter Atemwegserreger mit besonderer epidemiologischer
Relevanz bei CF erfordert keine engmaschigere Probennahme. Bei klinischer Verschlechterung
hingegen sollte umgehend eine erneute Probe untersucht werden.
Empfehlungsgrad: B
[22]
3.2 Können Proben von Atemwegssekreten von den Patienten oder bei Kindern von den
Eltern zuhause entnommen und verschickt werden?
Die korrekte Probenentnahme und der korrekte Probentransport beeinflussen maßgeblich
das Ergebnis der mikrobiologischen Diagnostik. Grundsätzlich ist auf kurze Lagerungs-
und Transportzeiten (optimal weniger als 2 Stunden) zu achten und von einem zeitintensiven
Transport bzw. Versand mikrobiologischer Proben von zuhause, wo immer möglich, abzusehen
(siehe auch Leitlinie Pseudomonas aeruginosa-Erstinfektion [3]).
Ein (Post-)Versand der Probe von zuhause innerhalb von 24 Std. (über Nacht) ist prinzipiell
möglich. Es ist immer auf einen schnellstmöglichen Versand zu achten. Die häusliche
Probenentnahme sollte nur nach gründlicher Unterweisung der Eltern bzw. des Patienten
selbst durch das Ambulanzpersonal v. a. hinsichtlich geeigneter Entnahmetechnik, Probenbeschriftung
und Verpackung erfolgen. Geeignete Untersuchungsmaterialien sind Sputum, induziertes
Sputum und ausnahmsweise auch ein tiefer Rachenabstrich. Mögliche qualitative Einschränkungen
infolge des Postversandes, insbesondere hinsichtlich des Nachweises empfindlicherer
Atemwegserreger (z. B. Haemophilus influenzae), sind bei der Beurteilung des mikrobiologischen Befundes unbedingt zu berücksichtigen.
Daher ist es auf dem Anforderungsschein zu vermerken, ob es sich um frisches oder
um ein postalisch versendetes Material handelt.
Die Proben von Atemwegssekreten können von Patienten oder bei Kindern von den Eltern
zuhause entnommen und sollten verschickt werden unter Berücksichtigung der Einhaltung
kurzer Lagerungs- und Transportzeiten und unter Verwendung geeigneter mikrobiologischer
Transportmedien.
Empfehlungsgrad: B
[23]
[24]
3.3 Was ist das geeignete Material für eine mikrobiologische Diagnostik?
Zur Abklärung einer Besiedlung oder Infektion der unteren Atemwege ist Sputum ein
geeignetes Material, da einfach durch spontane Expektoration zu gewinnen und somit
für den Patienten wenig belastend. Bei nicht spontan oder nach Induktion expektorierenden
CF-Patienten wird i. d. R. ein tiefer Rachenabstrich verwendet. Eine mögliche Kontamination
durch oropharyngeale Flora ist materialunabhängig zu beachten.
Zur Erfassung der Kolonisation der oberen Atemwege kann eine diagnostische nasale
Lavage oder ein tiefer Nasenabstrich erfolgen. Zur Erfassung der Kolonisation der
unteren Atemwege sollten bei expektorierenden Patienten und bei Exazerbation primär
Sputum untersucht werden.
Andere Materialen sollten insbesondere bei klinischer Verschlechterung des Patienten
untersucht werden. Hierzu gehören induziertes Sputum und Materialien die ggf. instrumentell
aus verschiedenen Abschnitten der Lunge gewonnen werden (Tracheal- und Bronchialsekret,
BAL).
Empfehlungsgrad: B
[6]
[20]
[21]
3.4 Welche Voraussetzungen muss ein mikrobiologisches Labor erfüllen, um entsprechende
Proben zu untersuchen?
Das Labor muss grundsätzliche Qualitätsstandards erfüllen (MiQ24). Bei speziellen
Fragestellungen empfiehlt sich im Einzelfall die Kontaktaufnahme zum zuständigen Referenzlabor
bzw. Konsiliarlabor.
Liste der Ansprechpartner: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/NRZ/nrz_node.html
Gerade die CF-Diagnostik weicht in vielen Punkten von der Routinebakteriologie ab.
Daher sollte die Untersuchung von CF-Proben nur durch in der CF-Diagnostik erfahrene
Laboratorien erfolgen. Dies erscheint bei der regelmäßigen Versorgung von wenigstens
50 Patienten gegeben.
Empfehlungsgrad: B
4 Aufbereitung der Atemwegssekrete im mikrobiologischen Labor
4.1 Wie sollen Proben aus Atemwegsmaterialien im mikrobiologischen Labor aufbereitet
und die Erregerdifferenzierung durchgeführt werden?
Die Verarbeitung von Proben aus Atemwegssekreten, Selektivmedien, Spezialkultur-verfahren
sowie die Methoden zur Erregeridentifizierung im Rahmen der mikrobiologischen Stufendiagnostik
bei CF sind detailliert in den mikrobiologisch-infektiologischen Qualitätsstandards
„Atemwegsinfektionen bei Mukoviszidose“ beschrieben [25]. Zielsetzung ist der kulturelle Nachweis aller CF-Leitkeime. Zur mikrobiologischen
Diagnostik eignen sich Sputum, induziertes Sputum, tiefer Rachenabstrich sowie die
BAL; zum Stellenwert von nasaler Lavage bzw. Nasenabstrich s. Frage 11). CF-Sputum
mit hoher Viskosität sollte vor der Verarbeitung verflüssigt bzw. homogenisiert werden,
z. B. durch die Vorbehandlung mit Dithiothreitol (DTT).
BAL und Sputum sollten mindestens semiquantitativ angelegt werden. Abstriche werden
semiquantitativ mittels 3-Ösenausstrich verarbeitet. Der kulturelle Nachweis von Pseudomonas aeruginosa aus tiefen Rachenabstrichen im Vergleich zu Bronchialsekret erreicht etwa einen positiven
Vorhersagewert von 83 % und einen negativen von 70 %.
Es gibt keine eindeutige Empfehlung zur regelhaften Mikroskopie von CF-Sputen bzw.
tiefen Rachenabstrichen. Zur Beurteilung der Sputumqualität (Erregernachweis, -menge
und -morphologie) kann eine mikroskopische Beurteilung sinnvoll sein (v. a. bei jungen
Patienten spricht der Nachweis von Plattenepithelzellen für eine Kontamination mit
oropharyngealer Flora). Allgemein liegt bei CF-Patienten die Übereinstimmung von positiver
Mikroskopie und Kultur für Pseudomonas aeruginosa bei 91 % bis 98 %.
Eine BAL ist grundsätzlich auch mikroskopisch zu beurteilen.
Die Basiskultur zur Kultivierung bakterieller Atemwegserreger beinhaltet hochwertige
Universalmedien wie Blut- und Kochblutagar. Sie erlauben i. d. R. das Wachstum aller
CF-Leitkeime einschließlich auxotropher Mutanten und Small-Colony-Varianten (SCV)
von Pseudomonas aeruginosa. Als Selektivmedien für Pseudomonas aeruginosa und anderer Nonfermenter kommen Laktose-Indikator-Agar (z. B. McConkey-Agar), Cetrimid-Agar,
Trypton-Soja-Agar und Pseudomonas-Isolation-Agar in Frage. Zu beachten ist, dass bei
Selektivmedien die Nachweisgrenze für Pseudomonas aeruginosa im Vergleich zu Universalmedien in der Regel geringfügig eingeschränkt ist. McConkey-Agar
hat den Nachteil, dass der typische Pseudomonas aeruginosa-Morphotyp (Pigmentierung, metallischer Glanz) und die Unterscheidung morphologischer
Pseudomonas-Varianten weniger gut beurteilbar ist.
Angaben zu den medienabhängigen Inkubationszeiten und Bebrütungstemperaturen sind
den mikrobiologisch-infektiologischen Qualitätsstandards zu entnehmen [25].
Die Erregeridentifizierung erfolgt mit mikrobiologischen Standardmethoden und sollte
bei CF immer bis auf Speziesebene erfolgen. Die verlässlichsten Ergebnisse insbesondere
in Bezug auf untypische Pseudomonas aeruginosa-Morphotypen erzielt die MALDI-TOF-Technologie („Matrix-assisted Laser Desorption/
Ionization Time Of Flight“), die heute als Methode der Wahl anzusehen ist [26]
[27]
[28]. Auch die Differenzierung auf der Basis biochemischer Leitreaktionen ist weiterhin
geeignet. Zweifelhafte Ergebnisse sind jedoch durch alternative Verfahren wie die
Gensequenzierung (z. B. 16S rDNA) zu verifizieren.
Die mikrobiologische Aufarbeitung von CF-Proben sowie die kulturellen Nachweismethoden
sollen, wie in der MiQ24 „Atemwegsinfektionen bei Mukoviszidose“ beschrieben, durchgeführt
werden. Der kulturelle Erregernachweis bei CF stützt sich neben den Basisnährmedien
(Blut-, Kochblutagar) v. a. auf Selektivmedien, die den Nachweis spezieller Erregergruppen
verbessern (z. B. für Pseudomonas aeruginosa, B. cepacia-Komplex in jedem Alter obligat). Die Erregeridentifizierung soll bis auf Speziesebene
erfolgen, über klassische mikrobiologische Verfahren (Oxidase, Biochemie etc.) und
mithilfe hoch-spezifischer molekularer Verfahren (MALDI-TOF, PCR, Sequenzierung).
Empfehlungsgrad: A
[29]
4.2 Soll eine quantitative oder semiquantitative Analyse der Erreger durchgeführt
werden? Ist dabei die Materialart zu berücksichtigen?
Eine semiquantitative Analyse erscheint ausreichend. Die daraus zu ziehende Konsequenz
ist ihrerseits wiederum abhängig vom aktuellen klinischen Bild. Dies gilt für alle
Materialien.
Empfehlungsgrad: B
4.3 Wie können Pseudomonas aeruginosa gegenüber anderen Nonfermentern abgegrenzt werden?
Eine Abgrenzung von Pseudomonas aeruginosa (insbesondere untypischer Varianten) gegenüber den Spezies des Burkholderia cepacia-Komplex, Stenotrophomonas maltophilia und anderen Nonfermentern ist mittels biochemischer Kriterien nicht in allen Fällen
sicher möglich. Die 3 erstgenannten Erreger sollten immer bis auf Speziesebene identifiziert
werden, was den Einsatz geeigneter molekulardiagnostischer Verfahren erfordern kann
(z. B. MALDI-TOF, Gensequenzierung, 16S rDNA bzw. recA-PCR/-Gensequenzierung.
Erreger, die mit molekularbiologischen Methoden lediglich als Burkholderia cepacia Komplex (BCK)-Spezies identifiziert wurden, sollten durch das Konsiliarlabor für Mukoviszidose-Bakteriologie
bestätigt werden. Die eindeutige Speziesbestimmung dient der weiteren Risikoabschätzung.
Stenotrophomonas maltophilia lässt sich demgegenüber durch seine eindeutigen biochemischen Reaktionen meist leicht
von Pseudomonas aeruginosa abgrenzen. Die sichere Identifizierung Oxidase-positiver Nonfermenter (z. B. Achromobacter spp.) sowie metabolisch inaktiver Nonfermenter und ihre Abgrenzung gegenüber untypischen
Pseudomonas aeruginosa-Varianten ist oft nur mit aufwändigen biochemischen Nachweismethoden wie kommerziellen
„Bunten Reihen“ (Api-System), biochemischen Zusatzreaktionen oder automatisierten
Verfahren (VITEK 2, Phoenix oder Walk-away) möglich. Aufgrund der ständig aktualisierten
Datenbanken der mechanisierten Geräte, liefern diese bei der Identifizierung von Nonfermentern
i. d. R. verlässliche Ergebnisse. Als Methode der Wahl ist heute die Identifizierung
mittels MALDI-TOF-Analyse anzusehen [26]
[27]
[28]. Alternativ bzw. zur Bestätigung kann in zweifelhaften Fällen eine Speziesidentifizierung
auch durch ein anderes molekulares Verfahren (Sequenzierung der 16S rDNA, speziesspezifische
PCR oder Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) erfolgen.
Die Identifizierung auf Speziesebene hat zudem epidemiologische Bedeutung, da nur
bei gesicherter Spezieszuordnung Trends in der Häufigkeit einzelner Erregergruppen
erkennbar werden.
Die Abgrenzung von Pseudomonas aeruginosa gegenüber Stenotrophomonas maltophilia ist unproblematisch. Zur sicheren Abgrenzung von Pseudomonas aeruginosa (einschließlich untypischer Varianten), Achromobacter xylosoxidans und Burkholderia spp. untereinander und gegenüber anderen Nonfermentern ist häufig der Einsatz molekulardiagnostischer
Verfahren (16S rDNA-, recA-Gensequenzierung, MALDI-TOF etc.) notwendig und u. U. die Bestätigung durch das Konsiliarlabor
sinnvoll. Zur Speziesdifferenzierung innerhalb des BCK sollen bevorzugt die recA-Gensequenzierung
bzw. die MALDI-TOF-Technologie zum Einsatz kommen. Die Identifizierung von Pseudomonas aeruginosa und anderen Nonfermentern gelingt mit den verfügbaren mechanisierten Geräten bis
auf wenige Ausnahmen zuverlässig und besser als mit herkömmlichen biochemischen „Bunten
Reihen“. In unklaren Fällen soll die Identifizierung mit molekularbiologischen Methoden
bzw. MALDI-TOF erfolgen.
Empfehlungsgrad: A
4.4 Sollen mukoide und nicht mukoide Formen sowie Small Colony Variants (SCVs) im
Befund ausgewiesen werden?
Im Rahmen der chronischen Infektion und als Ausdruck einer Adaptation an das besondere
Milieu der CF-Lunge können im Erkrankungsverlauf verschiedenste phänotypische Varianten
von Pseudomonas aeruginosa auftreten (z. B. mukoide und small colony Wachstumsformen). Eine Kolonisation der
Atemwege erfolgt meist mit nicht mukoiden Pseudomonas aeruginosa-Stämmen, die i. d. R. leichter mit Antibiotika eradiziert werden können als mukoide
Stämme. Auch bei einer frühen Infektion mit mukoiden Phänotypen können die Bakterien
im Einzelfall noch eliminiert werden; ein Versuch ist immer anzustreben. Neueren Daten
zur Folge und anders als ursprünglich angenommen, ist das Auftreten mukoider Stämme
nicht mit einer schlechteren Prognose, jedoch mit einem chronischen Infektionsstadium
und häufigeren Exazerbationen assoziiert [30]. Small Colony Variants (SCVs) sind neben der kleinen Koloniegröße u. a. durch autoaggregative
Eigenschaften und eine ausgeprägte Fähigkeit Biofilme zu bilden gekennzeichnet und
mit der Persistenz von Pseudomonas aeruginosa in der CF-Lunge assoziiert. Im mikrobiologischen Befund sollte Pseudomonas aeruginosa daher regelhaft, getrennt nach nicht mukoid, mukoid und SCV einschließlich der erstellten
Empfindlichkeitsprofile aufgeführt werden.
Mukoide Stämme und SCVs sind typische Pseudomonas aeruginosa-Wachstumsformen des chronischen Infektionsstadiums.
Im mikrobiologischen Befund soll bei Pseudomonas aeruginosa stets nach nicht mukoid und mukoid differenziert werden. Ebenso sollen SCVs grundsätzlich
als solche ausgewiesen werden.
Empfehlungsgrad: A
4.5 Gibt die Molekulartypisierung von Isolaten eine Mehrinformation zur Beantwortung
der Frage von intermittierender oder chronischer Besiedlung?
Eine Molekulartypisierung ist prinzipiell dazu geeignet, eine chronische Infektion
mit einem einzelnen Klon von chronischen Infektionen mit Erregerwechsel zu unterscheiden.
Dies kann allein bei phänotypischer Charakterisierung von Kulturisolaten nicht sicher
unterschieden werden. Die klinische Relevanz dieser Unterscheidung ist jedoch unklar.
Die Molekulartypisierung von Pseudomonas aeruginosa-Isolaten ist darüber hinaus personal- und kostenintensiv und derzeit noch keine Standardmethode
im mikrobiologischen Routinelabor. Bei besonderen Fragestellungen, z. B. Verdacht
auf ein Ausbruchsgeschehen, spezifischer Verdacht auf eine Patient-zu-Patient-Übertragung
und/oder Hinweisen auf eine spezifische Infektionsquelle z. B. im Patientenumfeld,
kann eine Molekulartypisierung zur Aufklärung des epidemiologischen Zusammenhangs
jedoch sinnvoll sein [9]
[20]
[31]
[32].
Eine Molekulartypisierung kann bei besonderen Fragestellungen (z. B. Verdacht auf
eine Patient-zu-Patient-Übertragung) durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: 0
5 Stellenwert der Resistenztestung
5.1 Wann ist eine Resistenztestung bei Patienten mit chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion notwendig zur Auswahl von Antibiotika?
5.1.1 Systemische Gabe (intravenöse Gabe, orale Gabe)
Die Verarbeitung von Proben aus den Atemwegen Mukoviszidose-Betroffener ist in mikrobiologischen
Qualitätsstandards festgelegt [25]. Die Resistenztestung erfolgt i. d. R. nach den Empfehlungen von EUCAST (European
Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) und/oder CLSI (Clinical Laboratory
and Standards Institute).
Bei der Resistenztestung werden Antibiotika-Wirkspiegel zugrunde gelegt, die üblicherweise
auch bei systemischer Gabe im Blut bzw. im Gewebe erreicht werden. Daher erscheint
eine Resistenztestung bei der Therapie der chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion sinnvoll. Eine reproduzierbare und exakte Empfindlichkeitsprüfung von Pseudomonas aeruginosa aus Atemwegssekreten Mukoviszidose-Betroffener ist jedoch eine besondere Herausforderung
an das mikrobiologische Labor. Problematisch erscheinen zum einen die unterschiedlichen
Empfindlichkeiten innerhalb phänotypisch unterschiedlicher, aber auch phänotypisch
identischer Kolonien aus demselben Sputum, und damit das Problem der Testung repräsentativer
Isolate aus einer variablen Population von Pseudomonas aeruginosa, dessen Dichte 108 Kolonie-bildende Einheiten (KBE) pro ml Sputum übersteigen kann [33]. Zum anderen ist die Reproduzierbarkeit der Resistenztestung (wiederholte Testung
desselben Morphotyps im gleichen oder in verschiedenen mikrobiologischen Laboren)
nur unzureichend. Unter In-vitro-Bedingungen können außerdem die in vivo vorliegenden komplexen Verhältnisse (z. B. visköses Lungensekret, Wachstum im Biofilm,
mikroaerophiles oder anaerobes Milieu) nicht ausreichend abgebildet werden. Deshalb
werden zurzeit neue Verfahren entwickelt, die diese Bedingungen besser abbilden sollen
(siehe Frage 5.3.). In einer Studie von Hurley et al. 2012 zeigte sich, dass eine
Therapie der chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion mit Antibiotika, die anhand der Ergebnisse der Resistenztestung ausgewählt
wurden, kein besseres klinisches Ergebnis ergab im Vergleich zur Therapie mit zufällig
ausgewählten Antibiotika. Gleiches wurde für die klassische Resistenztestung (Agar-
bzw. Disk-Diffusion) [34], die Biofilm-Testung [35] und die Synergie-Testung mehrerer Antibiotika [36] nachgewiesen.
Aufgrund dessen wurde bei der Europäischen Konsensus Konferenz 2012 die Resistenztestung
von Pseudomonas aeruginosa für die Therapie von Exazerbationen aufgrund der fehlenden Effektivität infrage gestellt
[37]. Laut der Europäischen Konsensus Konferenz ist eine Resistenztestung jedoch notwendig,
um erstens resistente und multiresistente Pseudomonas aeruginosa-Isolate zu identifizieren und zu überwachen, z. B. mittels molekularer Typisierung,
um zweitens neu aufgetretene Pseudomonas aeruginosa-Isolate bei individuellen Patienten zu testen und drittens bei Änderung der Antibiotikatherapie
infolge eines Nichtansprechens der eingesetzten Antibiotika. Darüber hinaus muss eine
Antibiotikatherapie nicht notwendigerweise entsprechend der Empfindlichkeitstestung
umgestellt werden, z. B. wenn die Therapie mit einem resistent getesteten Antibiotikum
klinisch Erfolg zeigt [38].
5.1.2 Resistenztestung bei Exazerbationen
Die Rate von Exazerbationen bei CF steht in klarer Beziehung zur Verschlechterung
der Lungenfunktion und damit zur Prognose. Bisher gelang es jedoch nicht, zu zeigen,
dass durch eine entsprechend der Resistenztestung gesteuerte antibiotische Behandlung
die Prognose der Erkrankung verbessert wird. Die Kenntnis der Ergebnisse einer Resistenztestung
zur Steuerung der antibiotischen Therapie verbessert auch bei akuten Exazerbationen
den akuten Therapieerfolg nicht [37]. Eine Resistenztestung bei Exazerbationen wird daher nicht empfohlen, da die bisherigen
Daten keinen Benefit durch die Einbeziehung der Ergebnisse der Resistenztestung zeigen.
5.1.3 Resistenztestung bei verschiedenen Schweregraden der Erkrankung
Mit zunehmender Schwere der Erkrankung nehmen die Zahl der nachweisbaren Erreger und
deren Resistenzrate zu. Es wurden keine Studien gefunden, die die Resultate einer
nach Resistenztestung gesteuerten Therapie in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung
untersuchen.
Zur Steuerung der antibiotischen Therapie soll beim Patienten mit chronischer Pseudomonas-Infektion
die Resistenztestung nicht herangezogen werden.
Empfehlungsgrad: A
5.1.4 Inhalative Gabe
Bei der Inhalation von Antibiotika werden in gut ventilierten Lungenabschnitten sehr
hohe Wirkspiegel im Sputum erreicht. In schlechter ventilierten Lungenabschnitten
sind die Spiegel geringer. Für inhalativ applizierte Antibiotika sind derzeit weder
bei EUCAST noch bei CLSI Grenzwerte zur In-vitro-Empfindlichkeitsprüfung etabliert.
Lediglich das spanische Komitee für Antibiotikatestung empfiehlt für die Inhalation
von Tobramycin Grenzwerte von ≤ 64 µg/ml als empfindlich und ≥ 128 µg/ml als resistent
[39]. Es konnte nicht gezeigt werden, dass die Nutzung dieser Werte mit einem besseren
klinischen Ergebnis assoziiert war. Die Lungenfunktion verbesserte sich unter inhalativem
Tobramycin bei allen Patienten, auch bei denen, bei denen Pseudomonas aeruginosa-Isolate mit einer MIC > 128 µg/ml nachweisbar waren [39].
Eine orientierende Bestimmung kann mit dem Einsatz von Teststreifen mit erhöhten Antibiotikakonzentrationen,
wenn diese kommerziell erhältlich sind, zur Gradientendiffusion durchgeführt werden.
Es gibt derzeit keine international akzeptierten und die Behandlungsergebnisse beeinflussenden
Grenzwerte für die Resistenztestung inhalativer Antibiotika bei einer chronischen
Pseudomonas aeruginosa-Infektion der Atemwege.
Zur Steuerung der inhalativen Antibiotikatherapie bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion soll die Resistenztestung nicht herangezogen werden.
Empfehlungsgrad: A
5.2 Wie häufig ist eine Resistenzbestimmung für die Einteilung der Multiresistenz
(3- und 4-MRGN) der Pseudomonas aeruginosa-Infektion sinnvoll?
Die Einteilung der Multiresistenz (3-/4-MRGN) von Pseudomonas aeruginosa ist im Rahmen der routinemäßig vierteljährlichen Kontrollen der CF-Patienten [40] entsprechend dem Schema der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
(KRINKO) beim Robert Koch Institut (RKI) durchzuführen. Die KRINKO empfiehlt in den
Hygienemaßnahmen bei Infektion oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen
Stäbchen die Etablierung gezielter Screeningprogramme für Risikopatienten, zu denen
auch Mukoviszidose-Patienten gehören. Es werden Wiederaufnahmescreenings in Bereichen
oder Einrichtungen mit regelmäßigen oder häufigen Wiederaufnahmen der Patienten empfohlen
[41]. Diese nicht nur auf Pseudomonas aeruginosa ausgerichteten Empfehlungen zur Durchführung eines MRGN-Screenings sind klinikintern
in Absprache mit der Krankenhaushygiene durchzuführen.
Die Resistenztestung zur Bestimmung von 3- und 4-MRGN Pseudomonas aeruginosa soll klinikintern in Absprache mit der Krankenhaushygiene üblicherweise im Rahmen
der vierteljährlich erhobenen mikrobiologischen Befunde aus den beim Ambulanzbesuch
gewonnenen Atemwegsmaterialien (tiefer Rachenabstrich, Sputum) erfolgen.
Empfehlungsgrad: A
5.3 Welche Testverfahren sollen für die Resistenztestung angewandt werden?
5.3.1 Konventionelle Testung
Mikrodilution Die Mikrodilution wird international als Referenzmethode zur Resistenztestung von
Pseudomonas aeruginosa-Isolaten anerkannt. Die Methode beruht auf einer aufwändig, nicht voll automatisiert
durchzuführenden Mikrodilution. Es wurde keine Literatur gefunden, die belegt, dass
die Steuerung der Antibiotikatherapie durch die Ergebnisse der Mikrodilution einen
Einfluss auf den Behandlungserfolg hat.
Automatisierte Systeme Für die Routineresistenztestung werden in mikrobiologischen Laboratorien in der Regel
verschiedene automatisierte Systeme eingesetzt. Bei der chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion werden zumeist Erreger nachgewiesen, die sich über Jahre an die Situation
in der Lunge angepasst haben. Isolate bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion weisen oftmals einen veränderten Phänotyp, wie z. B. mukoides Wachstum
oder kleine Kolonievarianten (Small Colony Variants, SCV) auf, was mit veränderten
Wachstumseigenschaften verbunden ist und die verlässliche Testung in automatisierten
Systemen gegenüber anderen Methoden zusätzlich erschwert. So wiesen in der Arbeit
von Burns et al. die automatisierten Systeme eine extrem hohe Fehlerrate im Vergleich
zur Referenzmethode (Mikrodilution) auf [42]. Besser scheinen die Ergebnisse der Resistenztestung für halb automatisierte Systeme
übereinzustimmen, da keine wachstumsabhängige Messmethode, sondern eine Endpunktbestimmung
der Resistenztestung nach Übernachtkultur der Erreger zugrunde liegt [43].
Agardiffusion Die Agardiffusion wird, wie auch die MHK-Bestimmung mittels Mikrodilution, gegenwärtig
für Routineuntersuchungen der Resistenztestung als Standardverfahren auch für Isolate
bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion angesehen. Eine gute Übereinstimmung der Resistenztestung chronischer Pseudomonas aeruginosa-Isolate mittels Agardiffusion wurde von Burns et al. als gut übereinstimmend mit
der Agardilutionsmethode als Referenzmethode für nahezu 600 CF-Isolate gezeigt [44]. Eine aktuellere Arbeit, die 71 CF-Isolate mittels Agardiffusion mit der Agardilution
vergleicht, kommt zu völlig anderen Ergebnissen [45]. Die Autoren zeigen auf, dass bei der Testung mehrerer Antibiotika stark unterschiedliche
Ergebnisse der Agardiffusion im Vergleich zur Agardilution auftraten.
E-test Der E-test oder auch Gradientenantibiotikatestung stellt ein Verfahren dar, welches
aus einer Kombination von Agardiffusion und Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration
(MHK) besteht. Burns et al. zeigten in ihrer Analyse von 600 CF-Isolaten eine gute
Übereinstimmung der Resistenztestung mittels E-test zur Referenzmethode mittels Mikrodilution
[44]. Im Unterschied dazu stehen die Ergebnisse von Bradbury et al., die aufzeigten,
dass im Vergleich von E-test und Mikrodilution stark unterschiedliche Ergebnisse ermittelt
wurden [45].
Eine Resistenztestung chronischer Pseudomonas aeruginosa-Isolate soll nicht mittels automatisierter Systeme durchgeführt werden. Agardiffusion
oder E-test und für besondere Fragestellungen die Mikrodilution sind geeignete Verfahren
und sollen qualitätsgesichert durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: A
5.3.2 Synergietestung
Die Synergietestung untersucht die In-vitro-Wirksamkeit von Kombinationen aus 2 oder
3 Antibiotika. Oftmals kann eine mikrobiologische Wirksamkeit nachgewiesen werden,
selbst wenn die Einzelsubstanzen in der herkömmlichen Resistenztestung einen geringen
oder gar keinen Effekt haben.
Eine solche Kombinationstestung kann mit verschiedenen Verfahren durchgeführt werden
(Checkerboard-Verfahren, Mikrodilution, kombinierte E-test-Streifen, Agardiffusion).
Für die Auswahl einer antibiotischen Therapie sind einerseits die In-vitro-MHK-Bestimmung
der Einzelsubstanzen und von Kombinationen bedeutsam [46], andererseits ist der klinische Nutzen dieses Vorgehens in vivo nachzuweisen. In
einer prospektiven, randomisierten, doppelblinden, kontrollierten Studie an 132 Patienten
mit multiresistentem Pseudomonas aeruginosa wurde untersucht, ob bei einer akuten Exazerbation die Auswahl von Antibiotikakombinationen
anhand der Ergebnisse des Synergietests einen klinischen Nutzen ergab (Zeit bis zur
nächsten Exazerbation). Die Studie ergab ein besseres Ergebnis für die Kontrollgruppe,
die Unterschiede waren aber nicht signifikant [37]
[47]. Es besteht somit keine Evidenz für einen klinischen Nutzen einer Synergietestung
im Vergleich zur konventionellen Testung.
Eine Synergietestung zur Steuerung einer antibiotischen Therapie bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion soll nicht herangezogen werden.
Empfehlungsgrad: A
5.3.3 Biofilmtestung
Herkömmliche Verfahren zur Resistenztestung werden bei Mukoviszidose-Patienten mit
chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion zunehmend als nicht mehr relevant genug angesehen. Bisher werden einzelne
oder wenige Isolate bei aerobem und planktonischem Wachstum angezüchtet und feste
Grenzwerte für die Resistenztestung genutzt. Bei Mukoviszidose-Patienten mit chronischer
Pseudomonas aeruginosa-Infektion wächst der Erreger zum Teil in Biofilmen unter mikroaerophilen oder gar
anaeroben Bedingungen in einem zähen Schleim.
Eine Möglichkeit, die in vivo bestehenden Bedingungen in vitro besser abzubilden,
könnte die Biofilmtestung darstellen. Es gibt verschiedene Methoden der Biofilmtestung,
wie z. B. Mikrotiter-Platten basierte Assays, das Calgary-System und das Flow-Cell-System.
Neue pharmakodynamische Parameter, wie die minimale Biofilm-Hemmkonzentration, die
minimale Biofilm-Eradikations-Konzentration, die Biofilm-Bakterizidie-Konzentration
und die Biofilm-Präventions-Konzentration kennzeichnen die Aktivität der verschiedenen
Antibiotika unter Biofilm-Bedingungen. Die mit dieser Methode durchgeführten Resistenztestungen
identifizieren meist andere wirksame Antibiotika im Vergleich zur konventionellen
Testung [48]. Eine andere Studie untersuchte die klinische Wirksamkeit der Testung von Antibiotikaresistenzen
unter Biofilmbedingungen. Das primäre Zielkriterium war die Verminderung der Dichte
von Pseudomonas aeruginosa im Sputum nach einer antibiotischen Therapie, die durch Biofilm- oder konventionelle
Testung gesteuert wurde. Es konnte kein Unterschied in der klinischen Effektivität
der antibiotischen Behandlung zwischen beiden Gruppen festgestellt werden [35]
[49].
Die Methode ist für die Routine derzeit noch zu aufwändig. Eine Standardisierung des
Verfahrens, der einzelnen Parameter und Antibiotikagrenzwerte steht noch aus.
Eine Biofilmtestung zur Steuerung einer antibiotischen Therapie bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion soll nicht herangezogen werden.
Empfehlungsgrad: A
5.3.4 Testung in artifiziellem Sputum-Medium
Eine weitere Möglichkeit, die in vivo bestehenden Bedingungen in vitro besser abzubilden,
besteht in der Resistenztestung in artifiziellem Sputum-Medium (ASM).
Das ASM ist ein Kulturmedium, welches die typischen Bestandteile des Mukoviszidose-Sputums
enthält (inklusive Aminosäuren, Mucin und freier DNA). Pseudomonas aeruginosa wächst in ASM in ähnlicher Form wie in der CF-Lunge inklusive der Bildung von Biofilmen.
Wurde die Resistenztestung von Pseudomonas aeruginosa unter mikroaerophilen Bedingungen durchgeführt, so zeigte sich z. B. eine erheblich
höhere Resistenzrate gegenüber Tobramycin im Vergleich zum aeroben Wachstum [50].
Das ASM wird bisher vorrangig für wissenschaftliche Fragestellungen genutzt. Die Evaluation
und Standardisierung für die klinische und mikrobiologische Anwendung und die nachzuweisende
Beeinflussung des klinischen Verlaufs durch diese Methode der Resistenztestung stehen
noch aus.
Die Nutzung von artifiziellem Sputum-Medium in der Resistenztestung zur Steuerung
einer antibiotischen Therapie bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion soll nicht herangezogen werden.
Empfehlungsgrad: A
5.4 Wie viele Pseudomonas-Isolate sollen für die Resistenztestung ausgewählt werden?
Während der Adaptation von Pseudomonas aeruginosa an das Atemwegsmilieu bei Mukoviszidose weisen die Erreger nicht nur zahlreiche phänotypische,
sondern auch zahlreiche genetische Veränderungen (Genmutationen) auf. So treten unter
anderem auch Mutationen und damit Defekte in DNA-Reparatursystemen auf, die dazu führen,
dass die Erreger eine besonders hohe Mutationsfrequenz aufweisen und daher als Mutator-Stämme
bezeichnet werden. Solche Mutator-Stämme können bei der Resistenztestung im mikrobiologischen
Labor mittels Agardiffusion oder Gradientendiffusion (E-test) dadurch auffallen, dass
sich in einem klar abgrenzbaren Hemmhof eines Antibiotikums zahlreiche resistente
Subpopulationen (Satellitenkolonien) befinden [51]. Das Auftreten von Mutator-Stämmen kann dazu führen, dass während einer antibiotischen
Therapie besonders schnell resistente Erregervarianten selektioniert werden, was ein
weiterer Grund für den Misserfolg einer antibiotischen Therapie sein kann.
Während der chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion der Atemwege der Mukoviszidose-Patienten kommt es außerdem zur Diversifizierung
von Pseudomonas aeruginosa als Adaptationsmechanismus an das besondere Milieu der Atemwege, wo Pseudomonas aeruginosa sich gegen die Wirtsabwehr, Antibiotikatherapien und koinfizierende Erreger zur Wehr
setzen muss. Daher können sich in Sputen von Mukoviszidose-Patienten unterschiedliche
Pseudomonas aeruginosa-Morphotypen befinden, die unter Umständen sehr unterschiedliche Resistenzen aufweisen
können. Auch können ein und derselbe Morphotyp unterschiedliche Resistotypen aufweisen
[25]. In einer Studie von Mowat et al. [52] wurden kürzlich über einen Zeitraum von einem Jahr aus den Sputen von 10 Patienten,
die chronisch mit dem „Liverpool epidemic strain“ infiziert waren, willkürlich 40
Kolonien ausgewählt und in Bezug auf phänotypische Unterschiede während stabiler Phasen
und Exazerbationen untersucht. Unter anderem wurde auch das Resistenzverhalten untersucht.
Bei 1720 Isolaten wurden 398 verschiedene Haplotypen gefunden. In den Sputen einzelner
Patienten zeigte sich ein schneller Wechsel verschiedener Haplotypen. Um eine dezidierte
Resistenztestung aller dominierenden Pseudomonas aeruginosa-Isolate zu erhalten, müssten idealerweise aus den Sputen eine hohe Anzahl an Isolaten
zur Resistenztestung ausgewählt werden. Dieses ist jedoch unter Routinebedingungen
nicht möglich. Auch gibt es noch keine Studien, die zeigen, dass ein Zusammenhang
zwischen der sehr intensiven Resistenztestung und einer besseren Voraussage der klinischen
Wirksamkeit einer Antibiotikatherapie besteht. Außerdem bleibt unklar, wie im klinischen
Alltag mit unterschiedlichen Resistenzmustern aus dem Sputum desselben Patienten umgegangen
werden soll.
Es soll eine Resistenztestung dominanter phänotypisch unterschiedlicher Varianten
(mehr als ein Isolat) durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: A
5.5 Welche Antibiotika sollen getestet werden?
Die standardisierte Durchführung und Bewertung der Methoden zur Empfindlichkeitsprüfung
anhand von Grenzwerten („breakpoints“) sollte in Deutschland und Österreich nach EUCAST
(http://www.eucast.org/) und/oder CLSI (www.clsi.org) erfolgen. Beide Institutionen machen Vorschläge, welche Antibiotika für spezielle
Erreger ausgetestet werden sollen.
Die nachfolgenden Empfehlungen zur Testung von Pseudomonas aeruginosa orientieren sich an der MiQ24 [25], an EUCAST sowie an CLSI (siehe Punkt 1). Hinsichtlich der Einteilung von Pseudomonas aeruginosa als MRGN sind die KRINKO-Empfehlungen [53] zu berücksichtigen (siehe Punkt 2).
Die folgenden Antibiotika sollen für die In-vitro-Resistenztestung für Pseudomonas aeruginosa getestet werden.
Piperacillin, Ceftazidim, Cefepim, Imipenem, Meropenem, Tobramycin, Ciprofloxacin,
Colistin
Empfehlungsgrad: A
Darüber hinaus können getestet werden:
Piperacillin-Tazobactam, Gentamicin, Amikacin, Aztreonam, Fosfomycin und Levofloxacin
Empfehlungsgrad: 0
6 Suppressionstherapie allgemein
6.1 Was versteht man unter Suppressions- und was unter Exazerbationstherapie?
Das Ziel der Suppressionstherapie ist die Zurückdrängung der chronischen Infektion,
um strukturelle Schäden am Bronchialsystem und Lungenparenchym zu verhindern bzw.
hinauszuzögern.
Die Suppressionstherapie wird durchgeführt, wenn eine chronische Besiedlung vorliegt.
Die Suppressionstherapie erfolgt:
-
oral (z. B. mit Chinolonen), s. Frage 8
-
i. v. (meist als Kombination zweier Substanzen, meist über 14 Tage), s. Frage 9
-
inhalativ (meist dauerhaft, oder als monatlich wechselndes On-off-Schema oder mit
monatlich wechselnden Wirkstoffen), s. Frage 7
-
und/oder in Kombination inhalativer mit oralen und/oder intravenösen Antibiotika
Die Exazerbationstherapie wird anlassbezogen bei pulmonaler Verschlechterung z. B.
im Rahmen von Atemwegsinfektionen durchgeführt. Der Therapiebeginn erfolgt kurzfristig
nach Indikationsstellung unabhängig davon, wann die letzte Antibiotikagabe erfolgt
ist.
Eine Exazerbationstherapie wird in der Regel mit intravenösen oder oralen Antibiotika
durchgeführt, meist parallel zur ganzjährigen oder intermittierenden inhalativen Antibiotikatherapie.
6.2 Was ist die Rationale einer Suppressionstherapie?
Die chronische Besiedelung bzw. Infektion der unteren Atemwege mit Pseudomonas aeruginosa führt zu einer progressiven Verschlechterung der Lungenfunktion. Pulmonale Exazerbationen
führen zu dauerhaften Verlusten bei der Lungenfunktion.
Denkbare Zieldefinitionen der Suppressionstherapie sind:
-
Verlangsamung der langfristigen pulmonalen Verschlechterung (s. Frage 7.2) und Frage
8.2
-
Reduktion der Bakterienlast; dies wird bei Patienten mit Exazerbation besonders in
der ersten Therapiewoche und bei Patienten mit guter Lungenfunktion erreicht [54].
Bez. der Bakterienlast bestehen offene Fragen:
-
Es gibt keine klaren Erkenntnisse, wie die Bakterienlast mit dem Verlauf der Lungenfunktion
korreliert.
-
Es wurde keine Literatur gefunden zur Frage, wie lange die Reduktion der Bakterienlast
nach einem Zyklus einer Suppressionstherapie anhält.
-
Es gibt Hinweise, dass die Bakterienlast vor einer pulmonalen Exazerbation nicht ansteigt
[55].
-
Das Mikrobiom der Lunge ist über längere Zeit stabil und zeigt durch eine Antibiose
kaum Veränderungen [56].
Die Suppressionstherapie soll durchgeführt werden mit dem Ziel, den klinischen Zustand
des Patienten und den weiteren Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen.
Empfehlungsgrad: A
6.3 Ist die Suppressionstherapie überhaupt wirksam?
Die Suppressionstherapie ist wirksam. Dies ist in älteren Studien gut belegt. Neuere
Untersuchungen mit der Frage nach der grundsätzlichen Wirksamkeit wurden nicht gefunden.
Dies mag daran liegen, dass aus ethischen Gründen keine Vergleichsgruppe ohne Therapie
gebildet werden kann. Im Berichtszeitraum 2004–14 wurden viele Studien veröffentlicht,
die unterschiedliche Therapieregimes bez. der klinischen Wirksamkeit vergleichen (s.
Fragen 7 – 9).
Es gibt sehr wenige wissenschaftlich valide Untersuchungen zum Thema elektive vs.
symptombezogene i. v. Therapie. In einer Cochrane-Analyse [57] werden 2 ältere Studien zu diesem Thema ausgewertet.
Es ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede in der Lungenfunktion nach einem Jahr
bzw. 3 Jahren und kein Unterschied im Ernährungszustand. Bei dem dreimonatigen Regime
wurden 40 % der Therapien wegen akuter Exazerbationen durchgeführt. Bei der Akuttherapie-Gruppe
erhielten die Patienten im Schnitt 3 i. v. Therapien pro Jahr. Es gab keine Hinweise
auf eine vermehrte Resistenzentwicklung in der elektiven Gruppe.
Die unterschiedlichen Verlaufsformen der CF (PI vs. PS, „milde“ Verlaufsform, Genetik)
sind bez. Wirksamkeit einer Suppressionstherapie nicht untersucht, und dies ist bei
den wenigen Studien auch nicht berücksichtigt. Um solche Fragen zu klären, sind große
Patientenkollektive notwendig, was in der Praxis schwer umzusetzen ist [58].
Auch zu anderen wichtigen Faktoren (erhöhtes IgG) bei der Indikationsstellung kann
keine Aussage getroffen werden.
Die klinische Wirksamkeit der Suppressionstherapie ist bewiesen, aber die Wirksamkeit
der einzelnen Modalitäten (s. 6.1) ist mit unterschiedlicher Evidenz belegt.
Bei Patienten mit chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion in den unteren Atemwegen besteht die Indikation für eine Suppressionstherapie.
7 Inhalative Antibiotika zur Suppressionstherapie
7.1 Welche Indikation gibt es für die inhalative Suppressionstherapie?
Die chronische Atemwegsinfektion durch Pseudomonas aeruginosa hat eine zentrale Bedeutung für den weiteren klinischen Verlauf der CF-Lungenmanifestation.
Die klinischen Studien zur Effektivität der Suppressionstherapie der Pseudomonas aeruginosa-Infektion mittels inhalativer Antibiotika variieren zum Teil erheblich hinsichtlich
der zugrundeliegenden Definitionen. Daher sollte eine einheitliche Definition der
chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion angewendet werden, die den in Frage 1 dieser Leitlinie genannten Kriterien
folgt.
Bei Patienten mit chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion soll eine inhalative Suppressionstherapie durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: A
7.2 Welche Evidenz gibt es für die inhalative Suppressionstherapie in Bezug auf Klinik,
Verbesserung der Lebensqualität und Mortalität?
Die inhalative Suppressionstherapie hat sich als effektiv in Bezug auf die Verbesserung
einer Reihe klinischer Symptome erwiesen, z. B. die Abnahme von Sputummenge und -purulenz
im Einklang mit der Reduktion der Bakteriendichte im Sputum [59]
[60]
[61]
[62]
[63]
[64]
[65]
[66]
[67]
[68]
[69], Gewichtszunahme [59]
[64], Reduktion der Fehltage in der Schule/am Arbeitsplatz [59] und Reduktion des (parenteralen, gegen Pseudomonas aeruginosa gerichteten) Antibiotikaverbrauchs [59]
[65].
Dahingegen konnten erst einige neuere Arbeiten Evidenz für die Verbesserung der Lebensqualität
durch den Einsatz geeigneter Fragebögen, z. B. CFQ-R, und die Patientenzufriedenheit
mit der Therapie generieren [61]
[63]
[64]
[65]
[66]
[69].
Da die inhalative Suppressionstherapie in klinischen Studien regelmäßig zu einer Verbesserung
der Lungenfunktion [59]
[60]
[61]
[62]
[63]
[65]
[66]
[69]
[70]
[71] bzw. einer Verlangsamung des Lungenfunktionsverlustes und zu einer Abnahme der Exazerbationsfrequenz
bzw. zur Verlängerung der Zeit bis zur nächsten Exazerbation führt [65], kann ein positiver Effekt auf die Mortalität angenommen werden. Schlussendlich
fehlt die direkte Evidenz für die Verringerung der Mortalität aus ausreichend großen
randomisierten und kontrollierten klinischen Studien, die Patienten über einen langen
Zeitraum beobachten.
Ein 2011 erschienener systematischer Cochrane-Review zur Effektivität inhalativer
Antibiotika in der Langzeitanwendung der CF-Lungenmanifestation kam zu dem Schluss,
dass inhalative Antibiotika wahrscheinlich zu einer Verbesserung der Lungenfunktion
und einer Reduktion der Exazerbationsrate führen und dass es hier für Tobramycin die
zu diesem Zeitpunkt beste Evidenz gab [72]. Eine gepoolte Analyse im Sinne einer Meta-Analyse der vergleichsweise wenigen geeigneten
Studien war allerdings aufgrund der Heterogenität und mangelnden Qualität der einbezogenen
randomisierten klinischen Studien mit einer überwiegend geringen Anzahl an Studienteilnehmern
nicht möglich. Die meisten Studien beschränkten sich auf eine Dauer von bis zu 6 Monaten
inhalativer antibiotischer Therapie, sodass eine Aussage hinsichtlich der Effektivität
in der Langzeitanwendung erschwert war und keine Evidenz für ein verbessertes Gesamtüberleben
gefunden werden konnte. Eine 2012 erschiene Arbeit, der die Daten von mehr als 12.000
Patienten des US-amerikanischen Patientenregisters der Cystic Fibrosis Foundation
(CFF) zugrunde lagen, konnte schließlich eine signifikante Reduktion der Mortalität
für die Inhalation von Tobramycin belegen [73]. Des Weiteren konnten keine klinischen Studien von ausreichender Qualität identifiziert
werden, die den Einsatz von Colistin stützen. Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften
und der eingeschränkten Vergleichbarkeit der zur Verfügung stehenden Wirkstoffe und
Präparate sollte die Auswahl des geeigneten inhalativen Antibiotikums unter Berücksichtigung
patientenseitiger Faktoren erfolgen.
Die inhalative Suppressionstherapie hat sich als effektiv in Bezug auf die Verbesserung
klinischer Symptome und der Lebensqualität erwiesen. Darüber hinaus führt die inhalative
Suppressionstherapie zu einer Verbesserung der Lungenfunktion bzw. einer Verlangsamung
des Lungenfunktionsverlustes und zu einer Abnahme der Exazerbations-frequenz bzw.
zur Verlängerung der Zeit bis zur nächsten Exazerbation. Die Langzeitanwendung zeigt
einen positiven Effekt auf die Reduktion der Mortalität.
7.3 Welche inhalativen Antibiotika stehen für welche Altersgruppen zur Verfügung und
welche Dosierungen sollten appliziert werden?
Zur inhalativen Suppressionstherapie der chronischen Atemwegsinfektion mit Pseudomonas aeruginosa stehen folgende Wirkstoffgruppen zur Verfügung: Aztreonamlysin, Colistimethat-Natrium
und Tobramycin [59]
[71]
[74].
Vor kurzem wurde zusätzlich das Fluorochinolon Levofloxacin als weitere Substanzklasse
von der europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen [75]. In naher Zukunft wird die Zulassung des Aminoglykosids Amikacin als Inhalationslösung
in liposomaler Formulierung (LAI) für die chronische Infektion durch Pseudomonas aeruginosa bei CF erwartet [66]
[76]. Weitere Substanzen werden zurzeit für die Anwendung als inhalatives Antibiotikum
entwickelt [77].
[Tab. 1] zeigt die in Deutschland zur Verfügung stehenden inhalativen Antibiotika und die
entsprechenden Dosierungen.
Tab. 1
Welche inhalativen Antibiotika stehen für welche Altersgruppen zur Verfügung und welche
Dosierungen sollten appliziert werden?
Wirkstoff
|
Präparat
|
Hersteller
|
Applikationsform (und ggf. -volumen)
|
Einzeldosis
|
Applikationsintervall und -zyklus
|
Vernebler/Inhalator
|
Altersgruppe
|
Tobramycin
|
Vantobra
|
PARI
|
Verneblerlösung (Amp. á 1,7 ml)
|
170 mg
|
2 × tgl. (alle 12 h), 28 d on/off
|
Tolero/eFlow rapid
|
ab 6 Jahre
|
TOBI
|
Novartis
|
Verneblerlösung (Amp. á 5 ml)
|
300 mg
|
2 × tgl. (alle 12 h), 28 d on/off
|
Pari LC Plus eFlow rapid[1]
|
ab 6 Jahre
|
TOBI Podhaler
|
Novartis
|
Hartkapseln mit Pulver (1 Hartkps. á 28 mg)
|
112 mg
|
2 × tgl. (alle 12 h), 28 d on/off
|
Podhaler Inhalator T-326
|
ab 6 Jahre
|
Gernebcin 40 mg/1 ml
|
InfectoPharm
|
Inhalationslösung (Amp. á 1 ml)
|
40 mg
|
2 × tgl., kontinuierlich
|
z. B. Pari LC Sprint
|
alle Altersgruppen, empfohlen für Kinder < 10 Jahre
|
Gernebcin 80 mg/2 ml
|
InfectoPharm
|
Inhalationslösung (Amp. á 2 ml)
|
80 mg
|
2 × tgl., kontinuierlich
|
z. B. Pari LC Sprint
|
alle Altersgruppen, empfohlen ab 10 Jahre
|
Gernebcin 160 mg/2 ml
|
InfectoPharm
|
Inhalationslösung (Amp. á 2 ml)
|
160 mg
|
2 × tgl., kontinuierlich
|
z. B. Pari LC Sprint
|
alle Altersgruppen, empfohlen ab 10 Jahre
|
Bramitob
|
Chiesi
|
Verneblerlösung (Amp. á 4 ml)
|
300 mg
|
2 × tgl. (alle 12 h), 28 d on/off
|
Pari LC Plus/Pari TurboBoy o. Pari LC Sprint/ PARI TurboBoy SX
|
ab 6 Jahre
|
Colistimethat-Natrium
|
ColiFin 1 Mio I.E.
|
Pari
|
Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Verneblerlösung (+ 3 ml NaCl 0,9 %)
|
80 mg (1 Mio I.E.)
|
≥ 2 Jahre: 1 – 2 Mio IE 2(–3) × tgl. (max. 6 Mio IE/Tag), kontinuierlich
< 2 Jahre: 0,5 – 1 Mio IE 2 × tgl. (max. 2 Mio IE/Tag), kontinuierlich
|
≥ 2 Jahre: eFlow rapid
< 2 Jahre: Pari LC Sprint Baby empfohlen
|
alle Altersgruppen
|
ColiFin 2 Mio I.E.
|
Pari
|
Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Verneblerlösung (+ 4 ml NaCl 0,9 %)
|
160 mg (2 Mio I.E.)
|
≥ 2 Jahre: 1 – 2 Mio IE 2(–3) × tgl. (max. 6 Mio IE/Tag)
< 2 Jahre: 0,5 – 1 Mio IE 2 × tgl. (max. 2 Mio IE/Tag), kontinuierlich
|
≥ 2 Jahre: eFlow rapid
< 2 Jahre: Pari LC Sprint Baby empfohlen
|
alle Altersgruppen
|
Colistin CF
|
Forest
|
Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Verneblerlösung (+ 3 ml NaCl 0,9 %)
|
80 mg (1 Mio I.E.)
|
≥ 2 Jahre: 1 – 2 Mio IE 2(–3) × tgl. (max. 6 Mio IE/Tag), kontinuierlich
< 2 Jahre: 0,5 – 1 Mio IE 2 × tgl. (max. 2 Mio IE/Tag), kontinuierlich
|
Pari LC Plus, Pari LC Star, eFlow rapid
|
alle Altersgruppen
|
Colistineb
|
|
Pulver zur Herstellung einer Verneblerlösung (+ 3 ml NaCl 0,9 %)
|
80 mg (1 Mio I.E.)
|
≥ 2 Jahre: 1 – 2 Mio IE 2(–3) × tgl. (max. 6 Mio IE/Tag), kontinuierlich
< 2 Jahre: 0,5 – 1 Mio IE 2 × tgl. (max. 2 Mio IE/Tag), kontinuierlich
|
Pari LC Plus, Pari LC Star, eFlow rapid
|
alle Altersgruppen
|
Colistineb
|
|
Pulver zur Herstellung einer Verneblerlösung (+ 4 ml NaCl 0,9 %)
|
160 mg (2 Mio I.E.)
|
≥ 2 Jahre: 1 – 2 Mio IE 2(–3) × tgl. (max. 6 Mio IE/Tag), kontinuierlich
< 2 Jahre: 0,5 – 1 Mio IE 2 × tgl. (max. 2 Mio IE/Tag), kontinuierlich
|
Pari LC Plus, Pari LC Star, eFlow rapid
|
alle Altersgruppen
|
Colobreathe
|
Forest
|
Hartkapseln mit Pulver (1 Hartkps. á 125 mg)
|
125 mg (1,66 Mio IE)
|
1–0–1 (alle 12 h), kontinuierlich
|
Turbospin-Pulverinhalator
|
ab 6 Jahre
|
Promixin
|
Zambon
|
Pulver zur Herstellung einer Verneblerlösung (+ 1 – 3 ml Aqua injectabile o. Aqua
injectabile/NaCl 0,9 %)
|
80 mg (1 Mio I.E.)
|
≥ 2 Jahre: 1 – 2 Mio IE 2(–3) × tgl. (max. 6 Mio IE/Tag), kontinuierlich
< 2 Jahre: 0,5 – 1 Mio IE 2 × tgl. (max. 2 Mio IE/Tag), kontinuierlich
|
I-neb AAD-System, Pari LC Plus
|
alle Altersgruppen
|
Aztreonam
|
Cayston
|
Gilead
|
Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Verneblerlösung
|
75 mg
|
3 × tgl. (Mindestabstand 4 Stunden), 28 d on/off
|
Altera/eFlow rapid
|
ab 6 Jahre
|
Levofloxacin
|
Quinsair
|
Raptor
|
Verneblerlösung (Amp. á 2,4 ml)
|
240 mg
|
2 × tgl. (alle 12 h), 28 d on/off
|
Zirela/eFlow rapid
|
ab 18 Jahre
|
1 Als Alternative zur in der Fachinformation genannten Verneblung mithilfe eines Pari
LC Plus Verneblers kann die Verneblung mithilfe eines eFlow rapid erwogen werden [78 – 80].
7.4 Mit welchen Inhalationsgeräten sollten die inhalativen Antibiotika appliziert
werden?
s. [Tab. 2]
Tab. 2
Mit welchen Inhalationsgeräten sollten die inhalativen Antibiotika appliziert werden?
Wirkstoff
|
Markenname
|
Dosis
|
Inhalationsgerät
|
Tobramycin
|
Tobi (Novartis)
Bramitob (Chiesi)
|
300 mg/5 ml
300 mg/4 ml
|
Pari LC Plus (LC Sprint)
|
Pari eFlow rapid
|
Gernebcin (InfectoPharm)
|
80 mg/2 ml
|
Pari LC Plus
eFlow rapid
|
Tobi Podhaler
|
112 mg
|
T-326
|
Colistimethate Sodium
|
Colistin
|
1 Mio/2 Mio
|
Pari LC Plus
|
ColiFin
|
1 Mio/2 Mio
|
Pari eFlow rapid
|
Colobreathe
|
125 mg
|
Turbospin
|
Aztreonam lysate
|
Cayston
|
75 mg
|
Altera (eflow)
|
Düsenvernebler und vibrierende Membranvernebler Die Zulassungsstudien für die Tobramycin-Inhalationslösung (TIS; Tobi, Bramitob) wurden
mit dem Pari LC Plus durchgeführt. Dies ist das offiziell zugelassene Vernebler-Device,
welches aber durch den LC Sprint Vernebler abgelöst worden ist. Für andere Düsen-Verneblersysteme
liegen keine spezifischen Daten vor.
Die In-vitro-Performance von in Deutschland erhältlichen Düsenverneblern ist sehr
heterogen und ist für den Pari LC Sprint (mit oder ohne roten Einsatz) den anderen
Geräten deutlich überlegen. Tobramycin sollte nur mit dem Pari LC Plus oder LC Sprint
Vernebler verwendet werden und mit keinen anderen Düsenverneblern.
Zur Inhalation von Aztreonam lysate (Cayston) ist nur die Medikament-Device-Kombination
mit dem eFlow (Altera) zugelassen [65].
Die Inhalation von Colistin ist in Großbritannien mit dem Pari LC Plus sowie dem I-neb
Vernebler zugelassen. Es sind jedoch für inhalativ verabreichtes Colistin keine Phase-3-Registrierungsstudien
durchgeführt worden.
ColiFin (1Mio, 2 Mio I.E.) steht ebenfalls als Medikament-Device-Kombination mit dem
eFlow zur Verfügung.
Die Verwendung eines eFlow rapid zur Inhalation von TIS (Tobi 300 mg/5 ml und Bramitob
300 mg/4 ml) ist im Vergleich zur Inhalation mit dem LC Plus Vernebler deutlich schneller
[78]
[79]
[80]. Die Sputum-Konzentrationen, die Nebenwirkungsrate, wie auch die systemische Exposition
sind dabei vergleichbar [78]
[80]. Hingegen ist bei CF-Patienten die totale Lungendeposition von TIS bei der Inhalation
mit dem eFlow rapid im Vergleich mit dem LC Plus Vernebler vermindert [79].
Trockenpulver Es stehen zwei Trockenpulver-Formulierungen zur Verfügung. Tobramycin (Tobi Podhaler)
wird in einer Dosis von 112 mg mittels des T-326 Inhalers inhaliert. Colistimethate
Sodium (Colobreathe) wird in einer Dosis von 125 mg mittels des Turbospin Device appliziert.
Tobramycin Trockenpulver (TIP, Tobi Podhaler) wurde mit TIS (Tobi 300 mg/5 ml) verglichen.
Die klinischen Effekte auf FEV1 und Pseudomonas-Dichte im Sputum wie auch die Serumkonzentrationen waren vergleichbar.
TIP wurde gut toleriert und insgesamt waren die Nebenwirkungen ähnlich häufig. Allerdings
war Husten häufiger in der TIP-Gruppe und es gab mehr Studienabbrüche. Die Inhalationszeit
war aber deutlich geringer und die Patientenzufriedenheit höher [69]
[81], sodass von einer verbesserten Therapieadhärenz auszugehen ist und dadurch infolge
von einer verminderten Exazerbationsrate.
Colistimethate Sodium Trockenpulver (Colobreathe) wurde in einer randomisierten, offenen
Studie mit TIS (Tobi 300 mg/5 ml) verglichen. Colobreathe war dabei bez. des primären
Endpunkts FEV1 nicht inferior und wurde gut toleriert und von den Patienten als einfach empfunden.
Die Rate an Nebenwirkungen war vergleichbar [61].
Die inhalativen Antibiotika sollen mit den dafür zugelassenen Inhalationsgeräten verwendet
werden.
Empfehlungsgrad: A
Im Einzelfall kann der Einsatz anderer Inhalationssysteme für die Feuchtinhalation
erwogen werden.
Empfehlungsgrad: 0
7.5 Wann sollte eine Feuchtinhalation, wann eine Trockenpulverinhalation erfolgen?
Es gibt grundsätzlich 2 Applikationsformen für die inhalativen Antibiotika zur Suppressionstherapie
von Pseudomonas aeruginosa. Dies sind einerseits die Inhalationslösungen und andererseits Trockenpulver.
Die Lungendeposition hängt stark von der Inhalationstechnik des Patienten ab. Deshalb
können aufgrund der notwendigen koordinativen Fertigkeiten, welche notwendig sind,
um einen genügend hohen inspiratorischen Fluss zu erreichen, Trockenpulverinhalatoren
erst ab dem Schulalter eingesetzt werden. Aus denselben Gründen ist die Trockeninhalation
bei kognitiv eingeschränkten Patienten nicht geeignet.
Die Trockenpulverinhalation eignet sich aus folgenden Gründen besonders für CF-Patienten
auf Reisen: Die Einzeldosen sind hygienisch in Blister verpackt, es werden für die
Inhalation weder Strom noch Batterien benötigt, die Medikamente müssen nicht gekühlt
sein und die Inhalationsgeräte müssen nicht sterilisiert werden.
Patienten der Trockenpulvergruppe (TIP) zeigten in der EAGER-Studie signifikant mehr
Husten im Vergleich zur Gruppe mit Tobramycin-Inhalationslösung (TIS) (25,3 % vs.
4,3 %) und eine höhere Studienabbruchrate (26,9 % vs. 18,2 %), wahrscheinlich aufgrund
dieser Nebenwirkungen [69]. Colistin-Trockenpulver (CDPI) wurde nur gegen TIS untersucht [61]. Auch hier zeigte sich eine erhöhte Rate von Husten (75,4 % vs. 43,5 % und Rachenirritation
(45,5 % vs. 28,0 %). Bei verstärktem Husten unter der Trockenpulverinhalation sollte
als erstes die Inhalationstechnik überprüft werden, da eine zu schnelle Inhalation
zu vermehrter inerter Impaktion im Nasenrachenraum führt und konsekutiv zu Husten.
In der EAGER-Studie zeigte sich ein vom Alter der Patienten abhängiger Effekt auf
das FEV1. Die stärkste Verbesserung war in der Altersgruppe der 6- bis 13-Jährigen zu verzeichnen,
während gerade der Effekt des TIP bei Patienten im Alter > 20 Jahren marginal war.
In den Altersgruppen der 6- bis 20-Jährigen war der Effekt des TIP demjenigen des
TIS sogar überlegen. Daraus kann abgeleitet werden, dass der Effekt des Trockenpulvers
bei Patienten mit reduzierter Lungenfunktion schlechter ist. Für das CDPI wurde keine
solche Subgruppenanalyse publiziert.
Bez. einer inhalationsbedingten Atemwegsobstruktion, definiert als akuter relativer
Abfall des FEV1 von ≥ 20 %, zeigte sich kein Unterschied zwischen TIS und TIB (5,2 % vs. 5,3 %) und
Dyspnoe als Nebenwirkung war in beiden Studien nicht häufiger in der Trockenpulvergruppe.
Für das TIP, wie auch das CDPI, wurde die Inhalation als einfach und bequem beurteilt
und die globale Zufriedenheit war höher in der Trockenpulvergruppe.
Die Auswahl des Inhalationssystems soll sich neben den Vorgaben der Zulassung an patientenbezogenen
Faktoren orientieren.
Eine Überprüfung der Inhalationstechnik soll mindestens einmal jährlich erfolgen.
Empfehlungsgrad: A
7.6 Welcher antibiotische Zyklus sollte gewählt werden (on/off oder dauerhaft)?
Eine antibiotische Inhalationstherapie kann on/off oder dauerhaft angewendet werden.
Hierfür stehen verschiedene Antibiotika zur Verfügung (s. [Tab. 1]).
Bei einer nicht ausreichenden antibiotischen Wirkung der inhalativen Monotherapie
(klinische Verschlechterung, Abnahme der Lungenfunktion) soll mit dem Ziel einer verstärkten
Pseudomonas aeruginosa-Suppression eine Intensivierung der Inhalationstherapie erwogen werden. Hierfür können
(wie auch bei der intravenösen Therapie bekannt ist) inhalative Kombinationstherapien
eingesetzt werden. Ebenso kann eine alternierende Therapie mit 2 oder auch mehreren
inhalativen Antibiotika vorgenommen werden (z. B. 4 Wochen Präparat A, gefolgt von
4 Wochen Präparat B oder Präparat C, danach wieder mit einem der in den letzten 4
Wochen nicht inhalierten Präparaten, usw.).
Für die Anzahl der Antibiotika, die infolge inhaliert werden sollten, gibt es keine
Evidenz. Inwieweit eine inhalative Kombinationstherapie einer Resistenzbildung vorbeugt,
ist bis dato nicht geklärt. Somit wird diese Entscheidung nach Ermessen des behandelnden
Arztes getroffen. Die unter [Tab. 1] aufgeführten Anwendungsregeln sind einzuhalten.
Zu Beginn einer antibiotischen Inhalationstherapie bei chronischer Pseudomonas-Infektion
sollen abhängig von der Zulassung die einzelnen Präparate on/off oder dauerhaft angewendet
werden.
Bei klinischer Verschlechterung soll eine Intensivierung der Inhalationstherapie erwogen
werden.
Empfehlungsgrad: A
7.7 Wann sollten inhalative Antibiotika mit oralen Antibiotika kombiniert werden?
Siehe hierzu auch Frage 8.3.
Bei Infektexazerbation sollten zur Verstärkung der Wirksamkeit inhalative Antibiotika
mit oralen pseudomonaswirksamen Antibiotika kombiniert werden.
Empfehlungsgrad: B
7.8 Wann sollten inhalative Antibiotika mit einer antibiotischen i. v. Therapie kombiniert
werden?
Für den Nutzen einer Kombinationstherapie, bestehend aus inhalativer und intravenöser
antibiotischer Therapie, gibt es bislang keine Evidenz. Zudem könnte die Kombinationstherapie
unerwünschte Wirkungen verstärken.
Siehe hierzu auch Frage 9.8.
Eine Kombinationstherapie aus i. v. Therapie und inhalativer Therapie soll nicht durchgeführt
werden.
Empfehlungsgrad: A
7.9 Sollten Nebenwirkungen gemonitort werden? Wenn ja, welches Monitoring und wie
häufig?
Serumspiegel sind generell tief und zeigen eine relevante Variabilität. Sie unterscheiden
sich nicht wesentlich bez. der verschiedenen Inhalationsmethoden. Ein routinemäßiges
Monitoring der Spiegel ist nicht indiziert. Bei gleichzeitiger hochdosierter inhalativer
und systemischer Aminoglykosidtherapie kann eine genauere Überwachung der Spiegel
notwendig werden.
Audiometrie Eine routinemäßige Kontrolle ist nicht notwendig. Bei Patienten mit gehäuften systemischen
Aminoglykosidtherapien sollten audiometrische Kontrollen mindestens einmal jährlich
durchgeführt werden, z. B. im Rahmen des Check-Ups.
Nierenparameter Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion ist die jährliche Kontrolle der Nierenretentionswerte
ausreichend.
Broncho-Obstruktion Bei der Einführung eines neuen inhalativ verabreichten Antibiotikums ist es sinnvoll,
nach erstmaliger Inhalation die Entwicklung einer Broncho-Obstruktion zu überwachen
(Lungenfunktion, Auskultation der Lunge).
Neben den in der Fachinformation beschriebenen Maßnahmen kann symptomorientiert ein
individuelles Monitoring erfolgen.
Empfehlungsgrad: 0
Die erste Anwendung eines neu verabreichten inhalativen Antibiotikums soll zur Prüfung
der Verträglichkeit und zur Schulung unter fachlich qualifizierter Aufsicht erfolgen.
Empfehlungsgrad: A
7.10 Wie sollte weitertherapiert werden, wenn Unverträglichkeiten auftreten?
Broncho-Obstruktion Bei Tobramycin-Inhalationslösung ist die Broncho-Obstruktion eine relativ häufige
Nebenwirkung. Die Inhalation von schnell wirksamen Betamimetika kann einen protektiven
Effekt haben. Bramitob scheint etwas weniger obstruktive Symptome zu verursachen.
Eine Umstellung auf Colistin oder Cayston kann versucht werden.
Husten Husten ist eine häufige Nebenwirkung von Trockenpulver-Inhalationen und war in den
Vergleichsstudien von Colobreathe wie auch Tobi Podhaler häufiger als bei TIS. Bei
der Vergleichsstudie TIP vs. TIS gab es mehr Studienabbrecher in der TIP-Gruppe. Möglicher-weise
wegen vermehrter Hustensymptome, dies war aber nicht direkt aus den Studiendaten ableitbar.
Die Inhalationstechnik spielt dabei eine relevante Rolle. Bei zu schneller Inspiration
kommt es zu vermehrter Impaktion von Pulver im Rachenraum und konsekutiv zu Husten.
Deshalb sollen Trockenpulver mit einer tiefen aber langsamen Inspiration inhaliert
werden. Bei persistierendem Husten erfolgt die Umstellung auf eine Inhalationslösung.
Allergie Bei V. a. eine Allergie sollte die Inhalation sistiert werden und eine entsprechende
Allergieabklärung erfolgen.
Bei klinisch relevanten Nebenwirkungen, auch nach vorheriger Inhalation eines Bronchodilators,
soll auf ein anderes Präparat umgestellt werden.
Empfehlungsgrad: A
7.11 Wie soll die antimikrobielle Aerosoltherapie mit anderen Inhalativa und Physiotherapie
koordiniert werden?
Um eine bestmögliche Verteilung in den Lungen und eine optimale Wirkung der antimikrobiellen
Aerosoltherapie zur erreichen, sollten vor der Antibiotikainhalation physiotherapeutische
Maßnahmen zur Bronchodilatation und Mukolyse durchgeführt werden.
Bei einer inhalativen Antibiotikatherapie soll folgende Reihenfolge beachtet werden:
-
kurzwirksame Bronchodilatatoren,
-
Mukolyse,
-
Physiotherapie,
-
ggf. langwirksame Bronchodilatatoren (ggf. in Kombination mit Kortikosteroiden),
-
Inhalation mit Antibiotika
Empfehlungsgrad: A
7.12 Was sollte bei einer Schwangerschaft beachtet werden?
Bislang liegen keine dokumentierten Erfahrungen mit einer Anwendung von inhalativen
Antibiotika an Schwangeren vor. Es können nur Übertragungen aus den Erfahrungen mit
dem intravenösen Einsatz vorgenommen werden.
Tobramycin inhalativ ist während der Schwangerschaft wahrscheinlich sicher, da von
einer geringen Absorption durch die Lungen ausgegangen werden kann. Wenn ein Tobramycin-haltiges
Antibiotikum inhalativ während der Schwangerschaft eingesetzt wird oder die Patientin
während der Behandlung schwanger wird, sollte sie über die potenzielle Gefahr für
den Fötus informiert werden. In der Fachinformation wird darauf hingewiesen, dass
im 1. Trimester eine Nephrotoxizität für den Fötus und im 2./3. Trimester ein Schaden
am N. vestibulocochlearis beim Fötus mit einer Tobramycin-Inhalation assoziiert werden
kann. Ein Risiko bei der Geburt besteht nicht. Niedrig dosiertes Tobramycin inhalativ
kann bei Bestimmung der Spiegel während der Schwangerschaft angewandt werden.
Im Falle von Colistin-haltigen Antibiotika, die inhalativ angewendet werden, darf
laut der Fachinformation aufgrund der möglichen Resorption (Colistin passiert die
Plazenta) und des dadurch vorhandenen Risikos nephro- bzw. neurotoxischer Reaktionen
beim Ungeborenen, die Anwendung von inhalativem Colistin während der Schwangerschaft
nur bei zwingender Indikation erfolgen.
Laut der Fachinformation darf die Aztreonamlysin-Inhalation während der Schwangerschaft
nicht angewendet werden, es sei denn, dass eine Behandlung mit Aztreonam aufgrund
des klinischen Zustandes der Frau erforderlich ist [82].
Eine inhalative Antibiotikatherapie während der Schwangerschaft soll nur in Ausnahmefällen
angewendet werden.
Empfehlungsgrad: A
7.12.1 Was sollte in der Stillzeit beachtet werden?
Systemisches Tobramycin tritt in die Muttermilch über. Es ist nicht bekannt, ob die
Verabreichung von Tobramycin-haltigen Inhalationen Serumkonzentrationen bewirken,
die hoch genug sind, um Tobramycin in der Muttermilch nachzuweisen. Wegen des Ototoxizitäts-
und Nephrotoxizitätspotenzials von Tobramycin bei Kindern sollte eine Entscheidung
getroffen werden, ob das Stillen zu beenden oder die Antibiotika-Inhalation abzubrechen
ist.
Colistin geht in die Muttermilch über. Falls die Mutter während der Stillzeit mit
Colistin-haltigen Inhalationen behandelt werden muss, soll die Milch während dieser
Zeit verworfen werden. Beim gestillten Säugling ist die Möglichkeit einer Beeinflussung
der physiologischen Darmflora mit Durchfall oder Sprosspilz-Besiedelung zu beachten.
Auch an die Möglichkeit einer Sensibilisierung sollte gedacht werden.
Nach Anwendung von Aztreonam zur Injektion wird Aztreonam in sehr geringen Konzentrationen
in die Muttermilch ausgeschieden. Nach Inhalation von Aztreonamlysin entspricht die
systemische Aztreonam-Konzentration ungefähr 1 % der Konzentration nach einer Standarddosis
von Aztreonam zur Injektion. Deshalb, und aufgrund der geringen oralen Resorption,
ist die Aztreonam-Exposition bei gestillten Säuglingen, deren Mütter mit Aztreonamlysin
behandelt werden, wahrscheinlich äußerst gering.
Aztreonamlysin kann während der Stillzeit angewendet werden.
Tobramycin und Colistin soll während der Stillzeit nicht inhalativ angewendet werden.
Aztreonamlysin-Inhalation ist während der Stillzeit zugelassen.
Empfehlungsgrad: A
8 Orale Antibiotika als Suppressionstherapie
8.1 Welche oralen Antibiotika stehen zur oralen Antibiotikatherapie von Pseudomonas aeruginosa zur Verfügung?
Ciprofloxacin und Levofloxacin sind orale Antibiotika mit Wirksamkeit gegenüber Pseudomonas aeruginosa. Sie haben eine hohe orale Bioverfügbarkeit. Ciprofloxacin und Levofloxacin sind
in 2 Einzeldosen zu verabreichen.
Das Nebenwirkungsprofil und die Kontraindikationen sind vergleichbar.
8.2 Ist eine orale Antibiotikatherapie wirksam?
Bei erwachsenen Patienten ist eine orale Monotherapie über 2 – 3 Wochen wirksam. Sie
ist gleich wirksam wie eine intravenöse Kombinationstherapie [83].
Für Kinder und Jugendliche wurden für die orale Monotherapie keine Studien identifiziert.
8.3 Welche Indikationen gibt es für eine orale Antibiotikatherapie (in Abgrenzung
zur intravenösen)?
Je nach Schwere der Exazerbation kann entweder eine orale Antibiotikatherapie als
Monotherapie, kombiniert mit inhalativer Antibiotikatherapie oder kombiniert mit einer
intravenösen Antibiotikagabe durchgeführt werden.
8.4 Wie lange sollte die orale Antibiotikatherapie angewandt werden?
Chinolone sollten in der Regel nicht als Langzeittherapie angewandt werden, da eine
hohe Resistenzlage beobachtet wird [Übersicht in [84]].
8.5 Welche Dosierung sollte erfolgen?
Ciprofloxacin:
Levofloxacin:
8.6 Welche Kontraindikationen bestehen für eine orale Antibiotikatherapie?
Siehe bitte Fachinformation.
8.7 Wie sollte weiter therapiert werden, wenn Unverträglichkeiten auftreten?
Bei Unverträglichkeiten soll auf intravenöse Antibiotika umgestellt werden.
Empfehlungsgrad: A
8.8 Was ist bei der Kombination einer oralen Antibiotikatherapie mit einer inhalativen
Antibiotikatherapie zu beachten?
Chinolone können mit allen nicht aus der Gruppe der Chinolone stammenden inhalativen
Antibiotika kombiniert werden.
Empfehlungsgrad: 0
Dabei sollte, wegen der hohen Bioverfügbarkeit der Chinolone, die orale Gabe bevorzugt
werden.
Empfehlungsgrad: B
8.9 Was ist bei der Kombination einer oralen Antibiotikatherapie mit einer intravenösen
Antibiotikatherapie zu beachten?
Chinolone können mit allen nicht aus der Gruppe der Chinolone stammenden intravenös
zu verabreichenden Antibiotika kombiniert werden.
Empfehlungsgrad: 0
Dabei sollte, wegen der hohen Bioverfügbarkeit der Chinolone, die orale Gabe bevorzugt
werden.
Empfehlungsgrad: B
8.10 Was sollte während einer Schwangerschaft und Stillzeit beachtet werden?
Chinolone sind während einer Schwangerschaft und in der Stillzeit kontraindiziert
(siehe bitte Fachinformation).
8.11 Welche Bedeutung hat die Resistenz auf die Wahl der Therapie?
Diese Frage wird im Rahmen der Frage 5 beantwortet.
9 Intravenöse Antibiotikatherapie als Suppressionstherapie
9.1 Wann sollte eine i. v. Antibiotikatherapie durchgeführt werden?
Eine i. v. Therapie als Suppressionstherapie ist nicht anlassbezogen, sondern geplant
oder routinemäßig (s. Frage 6) und dient der Reduktion der Bakterienlast sowie der
Verzögerung der pulmonalen Verschlechterung mit dem Ziel, die Lungenfunktion zu erhalten.
Es gibt keine klare Empfehlung wann – zu welchem Zeitpunkt und in welcher Frequenz
– eine i. v. Therapie durchgeführt werden soll, meist erfolgt dies bei Zunahme der
Symptome. Alternativ werden Therapien in regulären Intervallen durchgeführt (3 – 4
monatlich). Es gibt keine Evidenz, welches Therapieregime zur i. v. Suppressionstherapie
überlegen ist.
Die intravenöse Suppressionstherapie reduziert die Rate der Episoden mit pulmonalen
Exazerbationen [85].
Wann und wie häufig eine i. v. Suppressionstherapie bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion durchgeführt werden sollte, ist vom Schweregrad der Erkrankung und der
Zunahme der Symptome abhängig. Eine Therapie in regelmäßigen Intervallen ist der symptomorientierten
Therapie nicht überlegen.
Empfehlungsgrad: A
[38]
[40]
[86]
9.2 Wie sollte eine i. v. Antibiotikatherapie durchgeführt werden?
9.2.1 Welche Antibiotika und in welcher Dosierung sollten diese eingesetzt werden?
Variable Antibiotika kommen zum Einsatz (s. [Tab. 3]).
Tab. 3
Europäische Dosis-Empfehlungen (für Colistimethat-Natrium Empfehlungen der FDA/UK-Trust,
für Piperacillin-Tazobactam Empfehlungen FDA/CFF).
Antibiotika
|
Dosis
|
Maximaldosis
|
β-Lactam-Antibiotika
|
Aztreonam
|
150 mg/kg/Tag; 6-stdl.
|
8 g/Tag
|
Cephalosporine
|
Ceftazidim
|
150 – 250 mg/kg/Tag; 6 – 8-stdl.
|
12 g/Tag
|
Cefepim
|
100 – 150 mg/kg/Tag; 6 – 8-stdl.
|
6 g/Tag
|
Carbapeneme
|
Imipenem
|
50 – 100 mg/kg/Tag; 6-stdl.
(schnelle Resistenzentwicklung)
|
4 g/Tag
|
Meropenem
|
60 – 120 mg/kg/Tag; 8-stdl.
|
6 g/Tag
|
Penicilline
|
Piperacillin-Tazobactam
|
240 – 400 mg/kg/Tag; 4-stdl.
(Nebenwirkungen in hoher Dosis)
|
12 – 16 g/Tag (Piperacillin-Komponente)
|
Ticarcillin-Clavulanat
|
500 – 750 mg/kg/Tag; 6-stdl.
|
30 g/Tag (Ticarcillin-Komponente)
|
Aminoglykoside
|
Amikacin
|
30 mg/kg/Tag; Einzeldosis
|
Spitzenspiegel 80 – 120 mg/l
Talspiegel < 1 mg/l
|
Tobramycin
|
10 mg/kg/Tag; Einzeldosis
|
Spitzenspiegel 20 – 40 mg/l
Talspiegel < 1 mg/l
|
Gentamicin
|
nicht für Routinegebrauch empfohlen
|
|
Fluorchinolone
|
Ciprofloxacin (oral)
|
30 mg/kg/Tag; 12-stdl.
|
1,5 – 2,25 g/Tag
|
Ciprofloxacin (i. v.)
|
30 mg/kg/Tag; 8-stdl.
|
1,2 g/Tag
|
Levofloxacin
|
unzureichende Evidenz
|
|
andere
|
Colistimethat-Natrium
|
2,5 – 5 mg/kg/Tag
75 000 IU/kg/Tag
|
480 mg/Tag
6 Mio IU/Tag
|
Welche Antibiotika intravenös zum Einsatz kommen, hängt von vielen Faktoren ab, z. B.
von Antibiotika-Unverträglichkeiten, Ansprechen und Nichtansprechen von vorhergehenden
Antibiotikatherapien, anderen Organbeteiligungen sowie Ko-Kolonisation. Die Resistenztestung
ist aufgrund des fehlenden direkten Einflusses auf den Erfolg der Therapie bei der
Auswahl meist wenig hilfreich [34]. Am häufigsten wird eine Kombination aus Beta-Lactam-Antibiotika und Aminoglykosiden
verwendet.
Die Antibiotikadosis bei chronischer Suppressionstherapie entspricht der bei pulmonaler
Exazerbation und soll bei CF deutlich höher angesetzt werden als bei Non-CF-Patienten.
Die Wirkung von Beta-Lactam-Antibiotika ist zeitabhängig, weshalb die Gabe dreimal
täglich erfolgen soll. Der Effekt bei Aminoglykosiden ist Peak-abhängig. Die einmalige
tägliche Verabreichung von Aminoglykosiden ist gleich effektiv aber weniger toxisch
als bei dreimal tgl. Gabe [86]. Bei elektiver i. v. Therapie mit Tobramycin, einmal vs. dreimal tgl. zeigte sich
kein signifikanter Unterschied in der Wirkung [87].
Es gibt keine Empfehlung welches Antibiotikum für die i. v. Therapie zu bevorzugen
ist.
Antibiotika sollen in der für Mukoviszidose empfohlenen Dosis unter Berücksichtigung
der möglichen Nebenwirkungen verabreicht werden. Kinder sollen Tobramycin zur Vermeidung
des Risikos einer höheren Nephrotoxizität als Einmalgabe täglich erhalten.
Empfehlungsgrad: A
9.2.2 Sollte eine i. v. Antibiotikatherapie als Kombinationstherapie erfolgen?
Die i. v. Therapie bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion wird üblicherweise als Kombinationstherapie durchgeführt. Es gibt keine
Evidenz, dass eine Monotherapie äquivalent zu einer Kombinationstherapie ist [88]. Eine Cochrane-Metaanalyse [89] verglich 43 Studien (Monotherapien vs. Kombinationstherapien) und kam aufgrund unterschiedlicher
methodischer Qualität, Patientenzahlen pro Studie und Einschluss auch von historischen
Publikationen vor 1988, zu keinem eindeutigen Ergebnis bei ungenügender Evidenz. In
den Nachuntersuchungen nach 2 – 8 Wochen fand sich ein nicht signifikanter Trend zu
mehr Resistenzbildungen bei Monotherapie im Vergleich zur Kombinationstherapie.
Argumente für eine Kombinationstherapie waren ein breiteres Wirksamkeitsspektrum,
mögliche synergistische Wirkung und Reduktion von resistenten Organismen, dem stehen
die Einfachheit der Monotherapie, die geringere Toxizität und der Wegfall der Spiegelbestimmungen
gegenüber.
Es gibt ungenügende Evidenz, um eine Monotherapie als äquivalente Therapie zur Kombinationstherapie
zu empfehlen.
Empfehlungsgrad: A
9.2.3 Welche Antibiotikakombinationen sind sinnvoll?
Kombinationstherapien sind sinnvoll wenn 2 Antibiotika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen
kombiniert werden. Meist wird eine Kombination aus Betalactam-Antibiotika und Aminoglykosiden
verwendet (Ceftazidim plus Tobramycin). Eine effektive Alternative zu Ceftazidim ist
z. B. Meropenem [90].
Studien, die einen klinisch signifikanten Vorteil für eine spezielle Kombination belegen,
liegen nicht vor, ebenso kein Konsensus zu Kombination eines spezifischen Aminoglykosids
in Kombination mit Betalactam-Antibiotika. Gentamycin wird nicht empfohlen.
Empfohlene Kombinationen:
-
Ceftazidim/Tobramycin
-
Meropenem/Tobramycin
-
Ceftazidim/Amikacin
-
Meropenem/Amikacin
Weitere verwendete Betalactam-Antibiotika: Piperacillin-Tazobactam, Cefepim, Doripenem,
Imipenem (Fosfomycin in Ausnahmefällen).
Bei der Kombinationstherapie sollten 2 Antibiotika mit unterschiedlichem Wirkmechanismus
verwendet werden. Die am häufigsten verwendete Kombination ist Amikacin/Tobramycin
und Betalactam-Antibiotika.
Empfehlungsgrad: A
9.2.4 Wie sollten die einzelnen Antibiotika verabreicht werden?
Bitte um Beachtung der Fachinformation.
Betalactam-Antibiotika wie Aztreonam, Cefepim, und Ceftazidim können kontinuierlich
verabreicht werden, Fallberichte mit kontinuierlicher Infusion mit Meropenem und Piperacillin/Tazobactam
sind bekannt.
Bei Ceftazidim zeigten sich in einer randomisierten klinischen Studie keine signifikanten
Unterschiede bei Dosierungen dreimal täglich über 30 Minuten vs. kontinuierlich über
24 Stunden in Kombination mit einmal täglich Tobramycin [87]. Bei Patienten mit resistenten Pseudomonas aeruginosa war der Effekt von Ceftazidim auf die FEV1 signifikant besser bei kontinuierlicher Infusion als bei intermittierender Gabe [91].
Unter i. v. Therapie mit Aminoglykosiden sollten Serumspiegelbestimmungen erfolgen,
um mögliche nephro- und ototoxische Nebenwirkungen zu minimieren [86]
[88]. Tal- und Spitzenspiegel (s. [Tab. 4] oben und Frage 4). Ob eine Bestimmung des Tal- oder Spitzenspiegels erfolgen sollte,
ist nicht festgelegt.
Tab. 4
Wie sollten die einzelnen Antibiotika intravenös verabreicht werden?
Medikament
|
Lösungsmittel
|
Verdünnung
|
Haltbarkeit
|
Infusionsdauer
|
Azactam 2 g = Primbactam 2 g
Aztreonam[1]
|
100 ml Aqua dest
|
gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
|
24 Std bei Raumtemperatur
|
mind. 30 min
|
Biklin 250 mg
Amikacin
|
2 ml fertige Lösung
|
gewünschte Menge auf 40 ml NaCl 0,9 % verdünnen
|
24 Std bei 2 – 8 °C
|
30 min
|
Ciprobay 200 mg
Ciprobay 400 mg
Ciprofloxacin
|
100 ml fertige Lösung
200 ml fertige Lösung
|
gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
|
immer frisch zubereiten
|
mind. 30 min
mind. 60 min
|
Colistin 1 Mega
|
Lösungsmittel liegt der Packung bei
|
gewünschte Menge auf 50 ml NaCl 0,9 % verdünnen
|
immer frisch zubereiten
!!!Lichtschutz!!!
|
30 min
|
Fortum 2 g
Ceftazidim
|
50 ml Aqua dest
|
|
24 Std im Kühlschrank
|
mind. 30 min
|
InfectoFos 3 g
InfectoFos 5 g
Fosfomycin
|
100 ml Aqua dest
100 ml Aqua dest
|
gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
|
12 Std im Kühlschrank
lichtgeschützt wenn Laufzeit > 2 Std
|
mind. 60 min
|
Maxipime 2 g Cefepim
Cefrom[1] 1 g Cefpirom
|
50 ml Aqua dest
100 ml Aqua dest
|
gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
|
24 Std im Kühlschrank !!!Lichtschutz!!!
24 Std im Kühlschrank !!!Lichtschutz!!!
|
mind. 30 min
30 min
|
Meronem 1000 mg
Meropenem
|
50 ml Aqua dest
|
gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
|
24 Std im Kühlschrank
|
mind. 30 min
|
Refobacin 80 mg
|
2 ml fertige Lösung
|
gewünschte Menge auf 40 ml NaCl 0,9 % verdünnen
|
immer frisch zubereiten
|
30 min
|
Tavanic 500 mg
Levofloxacin
|
100 ml fertige Lösung
|
gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
|
immer frisch zubereiten
!!!Lichtschutz!!!
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bis 250 mg
mind. 30 min
bis 500 mg
mind. 60 min
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Tazobac 2,5 g
Tazobac 4,5 g
Piperacillin + Tazobactam
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50 ml Aqua dest
50 ml Aqua dest
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gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
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24 Std im Kühlschrank
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mind. 30 min
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Timentin 3,1 g[1]
Ticar 3 g
Ticarcillin-Clavulansäure
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50 ml Aqua dest
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gewünschte Menge unverdünnt aufziehen
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24 Std im Kühlschrank
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mind. 30 min
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Tobra – cell N
40 mg
80 mg =
Gernebcin 40 + 80 mg
Tobramycin
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1 ml fertige Lösung
2 ml fertige Lösung
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gewünschte Menge auf 40 ml NaCl 0,9 % verdünnen
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immer frisch zubereiten
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30 min
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Zienam 500 mg
Imipenem
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100 ml Lösungsmittel liegen der Packung bei
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gewünschte Menge unverdünnt infundieren
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frisch zubereiten
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mind. 30 min
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1 Aztreonam kann in Österreich/Schweiz, Timentin/Cefrom in Österreich bestellt werden
Ein Drugmonitoring im Speichel ist nicht geeignet [92].
Grundsätzlich ist die Gabe von i. v. Antibiotika zur Suppressionstherapie bei Mukoviszidose
in Frequenz und Infusionsdauer laut Fachinformation empfohlen. Eine kontinuierliche
Infusionstherapie kann mit dafür geeigneten Antibiotika (gilt nicht für Aminoglykoside)
bei Besiedelung mit resistentem Pseudomonas aeruginosa und/oder mangelndem Therapieansprechen erwogen werden.
Empfehlungsgrad: A
9.3 Wann sollte ein Wechsel auf ein anderes Antibiotikum erfolgen und auf welches?
9.3.1 Wann sollte ein Wechsel auf ein anderes Antibiotikum erfolgen?
Es existieren wenig belastbare Studiendaten, wann der Wechsel auf ein anderes Antibiotikum
nach Versagen der initialen i. v. Therapie erfolgen sollte.
In Abhängigkeit vom Studiendesign und Outcomeparametern wird das Versagen einer i. v.
Antibiotikatherapie unterschiedlich definiert. In bis zu 25 % der Exazerbationen wird
ein FEV1-Verlust von mehr als 10 % der FEV1 in der vorausgegangenen stabilen Phase beobachtet [93]
[94]. Für diese Situationen wird kein Wechsel des Antibiotikums empfohlen [37]
[93].
Aktuell fehlen klinische Parameter, um ein Versagen einer Initialtherapie vorherzusagen
[38], Studien nehmen nur in einer Minderheit Stellung zu Ursachen und Häufigkeit eines
Antibiotikawechsels. Es wird eine Versagensrate mit Notwendigkeit eines Wechsels der
Antibiotika zwischen 6 % und 9 % angegeben [37]
[93]. Die diesen Studiendaten zugrunde liegenden CF-Patientenpopulationen sind heterogen,
die spezifischen Daten betrachteten zum Teil speziell Patienten mit Infektionen durch
multiresistente gramnegative Keime, darunter auch andere als Pseudomonas aeruginosa [37].
Als Risikofaktoren für ein Therapieversagen wurden identifiziert: fortgeschrittene
Lungenerkrankung, CFRD, CF-related Lebererkrankung, niedrigere Ausgangs-FEV1, erhöhte Entzündungsmarker und das Fehlen eines Aminoglykosids in der Kombinationstherapie
[93].
Im Hinblick auf einen Wechsel der Antibiotikatherapie können in Anlehnung an Aaron
folgende Kriterien für ein Therapieversagen angewandt werden [37]:
-
fehlende klinische Verbesserung bzw. Verschlechterung
-
notwendige Verlegung auf eine Intensivstation
-
Notwendigkeit einer Atmungsunterstützung (NIV)
-
Entwicklung einer akuten respiratorische Azidose (kapillärer oder arterieller pH < 7,30,
kapillärer oder arterieller pCO2 > 48 mmHg)
-
persistierendes Fieber > 38 °C über 5 Tage trotz i. v. Antibiotikatherapie
Im Gegensatz zur ambulant erworbenen Pneumonie ist eine klinische Besserung bei Exazerbation
der chronischen Pseudomonas-Infektion der Lunge bei CF-Patienten häufig erst nach
5 – 7 Tagen zu beobachten, daher soll ein zu früher Antibiotikawechsel vermieden werden.
Obwohl systematische Untersuchungen fehlen, die Gründe für das Versagen einer Antibiotikatherapie
aufzeigen, sollten in diesem Fall folgende Fragen geklärt werden:
-
Ist die aktuelle Exazerbation tatsächlich durch die chronische Pseudomonas-Infektion
der Lunge verursacht?
-
Wurden die Antibiotika in ausreichend hoher Dosis verabreicht?
-
Erfolgte die empfohlene adjuvante Therapie zur Sekretdrainage (Inhalationen, Physiotherapie,
etc.)?
-
Liegt eine Koinfektion durch andere bekannte Erreger vor, die durch die laufende Antibiotikatherapie
nicht erfasst wurden?
-
Lassen sich neue, multiresistente Erreger nachweisen?
-
Ist auf seltenere bakterielle Erreger untersucht worden (z. B. NTM, Nokardien, Aktinomyceten,
sog. atypische Pneumonie-Erreger wie Legionellen, Mykoplasmen oder evtl. auf Fernreisen
akquirierte Erreger)?
-
Liegt eine Erkrankung durch Schimmelpilze vor?
-
Liegt eine Infektion durch virale Erreger vor (z. B. Influenza, RS-Virus, etc.)?
Ein Wechsel auf ein anderes Antibiotikum soll erfolgen bei:
-
Auftreten schwerer Unverträglichkeitsreaktionen
-
mangelndem Therapieansprechen
-
weiterer Verschlechterung des Gesundheitszustandes unter Therapie
-
Ausschluss anderer Gründe für das mangelnde Ansprechen auf die bisherige Therapie
Empfehlungsgrad: A
9.3.2 Wie finde ich das richtige Antibiotikum?
Die kulturunabhängige Diagnostik hat neue Erkenntnisse hinsichtlich des Mikrobioms
in der CF-Lunge erbracht, allerdings ist unser Wissen um das Zusammenspiel der unterschiedlichen
Erreger und dessen Beeinflussung durch antibiotische Therapie noch unzureichend. Gegenwärtig
orientieren sich Antibiotikatherapien an den für die chronische progrediente CF-Lungeninfektion
maßgeblichen Erregern. Eine Therapieeskalation wird weiterhin diese als relevant angesehenen
Erreger berücksichtigen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, das Wirkspektrum auf
bisher unzureichend behandelte Erreger im Mikrobiom zu erweitern (z. B. Anaerobier).
Zur Erregerdiagnostik kann bei Therapieversagen nach Schnittbildgebung auch eine bronchoskopische
Diagnostik in Erwägung gezogen werden.
Obwohl in der Routinediagnostik zur Antibiotikatherapie-Planung nicht empfohlen, kann
eine Sensibilitätstestung nach Versagen einer initialen Antibiotikatherapie Zusatzinformationen
zur Auswahl der Antibiotika liefern [35]
[37]
[88]. Neuere Methoden, wie eine Testung im Biofilm [95], stehen noch nicht für die Routinediagnostik zur Verfügung, können aber in speziellen
Fällen (z. B. vor Lungentransplantation, bei multiresistenten Erregern) hilfreich
sein. So fand Moskowitz eine geringere Versagensrate, wenn mindestens eines der verwendeten
Antibiotika auch in der Biofilmtestung eine Empfindlichkeit gezeigt hatte [35].
Für eine kalkulierte Zweitlinientherapie steht die gesamte Palette der unter 9.2.1
genannten pseudomonaswirksamen Antibiotika zur Verfügung. Evidenzbasierte Therapieempfehlungen
existieren unseres Wissens für diese Situation nicht, vorrangig können hier pseudomonaswirksame
Antibiotika eingesetzt werden, die ein erweitertes Wirkspektrum zeigen und im klinischen
Alltag vertraut sind, wie Cefepim, Meropenem und Amikacin. So fand Blumer [90] in einer prospektiven Studie ein besseres Ansprechen unter der Kombination Meropenem/Tobramycin
vs. Ceftazidim/Tobramycin.
Als Möglichkeit der Therapieoptimierung kann in der Kombinationstherapie auch die
kontinuierliche Infusion von Ceftazidim oder eine prolongierte Infusionsdauer von
Betalactam-Antibiotika mit dem Ziel einer verlängerten Bakterizidie in Erwägung gezogen
werden [91].
In der Literatur finden sich weitere Therapieoptionen, die insbesondere bei multiresistenten
Keimen zur Anwendung kommen können:
-
intravenöses Colistin in Kombination mit Piperacillin, Ceftazidim, Meropenem oder
Ciprofloxacin [96].
-
Fosfomycin in Kombination mit einem ggf. über Synergietestung ermittelten zweiten
Antibiotikum (Ceftazidim, Meropenem, Piperacillin, Aminoglykosid, Colistin, evtl.
Rifampicin) [97]
[98]
[99].
In Abhängigkeit von der klinischen Situation kann der Einsatz neuerer Antibiotika
wie z. B. das 5.-Generation Cephalosporin Ceftobiprol oder in Einzelfällen das ausgesprochene
Reserveantibiotikum Chloramphenicol in Erwägung gezogen werden. Evidenzbasierte Daten
für CF-Patienten fehlen.
Inwieweit Antibiotika, die bisher nur für andere Indikationen zugelassen wurden, eine
zukünftige Therapieoption bei der Pseudomonas aeruginosa-Infektion von CF-Patienten darstellen, bleibt abzuwarten. Interessant ist in diesem
Zusammenhang die Kombination aus einem Cephalosporin und einem Beta-Lactamase-Inhibitor,
wie dem neuartigen Cephalosporin Ceftolozan und dem etablierten Beta-Lactamase-Inhibitor
Tazobactam, welche im Hinblick auf die Problematik der zunehmenden Resistenzbildung
bei Infektionen mit gramnegativen Bakterien entwickelt wurde.
Nach Versagen der Initialtherapie sollten nach vorheriger Diagnostik bisher noch nicht
verabreichte pseudomonaswirksame Medikamente eingesetzt werden.
Empfehlungsgrad: B
Neben prolongierter Infusion von Betalactam-Antibiotika mit längeren Wirkspiegeln
können auch ausgesprochene Reserveantibiotika eine Therapieoption darstellen.
Empfehlungsgrad: 0
9.4 Hinsichtlich welcher möglichen Nebenwirkungen ist ein Monitoring erforderlich
und wie häufig?
Intravenös verabreichte Antibiotika haben häufig nephrotoxische Nebenwirkungen, können
jedoch auch das hepatobilliäre System beeinflussen. Das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen
wird durch die bei Mukoviszidose grundsätzlich hohen Therapiedosen und häufig durchgeführte
Maßnahmen verstärkt. Erschwerend kommen bereits vorhandene Veränderungen durch eine
Hepatopathie, mögliche medikamentenassoziierte Nephropathie und hohe inflammatorische
Aktivität, Blutbildveränderungen, Hypoproteinämie, etc. hinzu. In den Fachinformationen
der einzelnen Medikamente werden grundsätzlich Empfehlungen zum Monitoring, speziell
der Leber- und Nierenfunktion, sowie des Blutbildes und Serum-Eiweiß angegeben. Empfehlungen
zu welchem Zeitpunkt der Behandlung und wie häufig diese Kontrollen durchgeführt werden
sollten, sind in der Literatur nicht beschrieben. Eine Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen
wird empfohlen. Speziell bei der Therapie mit Aminoglykosiden sollte eine Serumspiegel-Kontrolle
erfolgen, sowohl Talspiegel als auch Spitzenspiegel können bestimmt werden. Ebenfalls
bei Aminoglykosiden ist aufgrund der Ototoxizität eine Kontrolle des Hörvermögens
vor Therapie, bei Symptomen und im Verlauf bei langfristiger, bzw. wiederholter Therapie
empfohlen. Drugmonitoring im Speichel ist nicht geeignet [92]. Generell sind bei Patienten mit CF – wie bei allen anderen Patienten auch – Pilzinfektionen,
insbesondere oral und genital, sowie unspezifische gastrointestinale Symptome wie
milde Übelkeit und Diarrhoe häufige Nebenwirkungen einer i. v. Antibiotikatherapie.
Diese dürfen bei all der Komplexität der Patienten nicht übersehen werden und sollten
regelmäßig erfragt und entsprechend therapiert werden. Entsprechendes gilt für eine
mögliche Infektion durch Clostridium difficile.
Patienten mit Mukoviszidose zeigen im Verlauf häufig Überempfindlichkeiten und allergische
Reaktionen [100]
[101]. Diese treten häufig innerhalb der ersten 4 Tage der Therapie auf. Dementsprechend
ist eine klinische Überwachung v. a. in diesem Zeitraum indiziert.
Grundsätzlich sollten zum Monitoring der i. v. Therapie mit Antibiotika die Fachinformationen
der entsprechenden Medikamente beachtet werden. Empfohlen wird eine Kontrolle der
Leber- und Nierenfunktionswerte, von Gesamtprotein, Albumin und Blutbild. Der Zeitpunkt
der Kontrolle ist nicht definiert; er sollte etwa 1 Woche nach Therapiebeginn festgelegt
werden. Speziell bez. der Nierenfunktion kann anhand der erhobenen Werte eine Dosisanpassung
erforderlich sein. Bei Therapie mit Aminoglykosiden ist vor Therapiebeginn und dann
eine jährliche Kontrolle des Hörvermögens empfohlen. Hier sollten aufgrund der hohen
dosisabhängigen Nephro- und Ototoxizität auch Serumspiegel-Kontrollen durchgeführt
werden: Spitzenspiegel sollen nach der dritten Infusion und Talspiegel sollen vor
der dritten oder vierten Infusion bestimmt werden. Ob eine Bestimmung nur des Tal-
oder des Spitzenspiegels erfolgen sollte, ist nicht definiert, speziell bei Mukoviszidose
könnte anhand des Spitzenspiegels bei vorbestehenden Resistenzen auch noch eine Dosisanpassung
nach oben oder unten erfolgen.
Zum Monitoring von Medikamentenunverträglichkeiten ist die klinische Überwachung v. a.
in den ersten 4 Tagen wichtig, speziell bei Patienten mit vorbeschriebenen Reaktionen.
Empfehlungsgrad: B
9.5 Wie sollte mit dem Auftreten von Unverträglichkeiten umgegangen werden?
Bei toxischen Medikamentennebenwirkungen muss eine Dosisanpassung oder ein Therapieabbruch
je nach Klinik erfolgen. Medikamentenunverträglichkeiten sind bei Mukoviszidose-Patienten
häufiger als bei anderen Patienten aufgrund der regelmäßigen und wiederholten Gabe
[101]
[102]. Diese können IgE-vermittelte allergische Reaktionen sein, in der Mehrzahl der Fälle
ist jedoch kein spezifisches IgE nachweisbar. Die Symptome treten meist in den ersten
4 Tagen nach Therapiebeginn auf. Sie reichen von Hauterscheinungen, wie Pruritus,
Urtikaria und Exanthemen über Drug-Fever, Bronchokonstriktion, neurologische, kardiologische
und/oder gastrointestinale Symptome bis hin zum anaphylaktischen Schock. Eine Unterscheidung
zwischen IgE-vermittelter und nicht-IgE-vermittelter Reaktion ist allein anhand der
Schwere oder Art der Symptomatik nicht möglich. Beim Auftreten von Unverträglichkeiten
soll je nach Art und Schweregrad entschieden werden, ob eine Fortführung der Therapie
unter symptomatischen Maßnahmen (z. B. Antihistaminikagabe bei Pruritus) möglich ist
oder ob die Therapie abgebrochen werden muss. Aufgrund der Häufigkeit von Unverträglichkeitsreaktionen
bei teilweise fehlenden Therapiealternativen und prospektiv eher zunehmender Therapie-Notwendigkeit
und -Intensität sollte die Durchführung einer Desensibilisierung [102]
[103] angedacht werden. Die hierzu durchgeführten Studien zeigen eine gute Erfolgsquote
bei hoher Sicherheit.
Bei Auftreten von Medikamentenunverträglichkeiten ist zwischen toxischen Nebenwirkungen
und Unverträglichkeitsreaktionen, bzw. Medikamentenallergien zu unterscheiden. Bei
toxischen Nebenwirkungen kann eine Dosisanpassung oder ein Therapieabbruch notwendig
sein. Bei milden bis moderaten Überempfindlichkeitsreaktionen sollten zunächst symptomatische
Maßnahmen zum Einsatz kommen, bei schwereren Reaktionen sind ein Therapieabbruch sowie
eine leitliniengerechte Therapie der Anaphylaxie notwendig. Vor Beginn einer neuerlichen
Antibiotikatherapie mit einem Antibiotikum, bei dem Unverträglichkeiten aufgetreten
sind, sollte der Versuch einer Desensibilisierung erfolgen.
Empfehlungsgrad: B
9.6 Welche Supportivtherapie sollte während einer i. v. Antibiotikatherapie weitergeführt
werden?
Supportive Therapiemaßnahmen für andere bei Mukoviszidose betroffene Organsysteme,
wie Pankreasenzym-Substitution, Gabe von Vitaminen und Spurenelementen, Therapie der
Lebererkrankung, etc. sollen grundsätzlich unter eine i. v. antibiotischen Therapie
weitergeführt werden und können im Rahmen eines stationären Aufenthaltes auch noch
optimiert werden.
Die sekretolytische Therapie kann individuell angepasst und für die Dauer der Therapie
intensiviert werden.
Die gleichzeitige hochdosierte antiinflammatorische Therapie mit nicht steroidalen
Antirheumatika kann speziell die Nephrotoxizität einiger systemischer Antibiotika
verstärken (Aminoglykoside) und muss individuell in ihrem Benefit evaluiert werden,
wenn sie eingesetzt wird.
Es gibt grundsätzlich keine Evidenz für den Einsatz systemischer Steroide in der Behandlung
akuter pulmonaler Exazerbationen im Rahmen einer chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion.
Physiotherapeutische Maßnahmen können während einer pulmonalen Exazerbation sowohl
in der Frequenz, als auch in der Dauer der Einzelbehandlung intensiviert werden. Ein
stationärer Aufenthalt kann zusätzlich zur Schulung der Patienten genutzt werden.
Bei Patienten mit Mukoviszidose und chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion ist die Langzeittherapie mit Azithromycin aufgrund ihrer antiinflammatorischen
und immunmodulatorischen Effekte mit Verbesserung des FEV1, Verringerung der Exazerbationsrate und Hemmung des Quorum sensing und der Biofilmbildung
der Pseudomonaden etabliert. Die Therapiedauer in den durchgeführten Studien betrug
6 Monate, danach ist eine Reevaluierung der Therapie-Effekte empfohlen [104]. Daten zu Auswirkungen einer Therapiepause während einer i. v. Antibiose liegen
nicht vor. Eine Antagonisierung der bakteriziden Effekte von inhalativem Tobramycin
durch Azithromycin wird beschrieben [105]. In der Leitliniengruppe gab es keinen klaren Konsens zum Vorgehen, dementsprechend
ist die Weiterführung einer Azithromycin-Therapie während einer i. v. Antibiose individuell
zu entscheiden. Dafür sprechen die Beibehaltung der Kontinuität in der Dauertherapie
und die antiinflammatorische und immunmodulatorischen Effekte, welche die Wirkung
der i. v. Antibiose eventuell noch unterstützen. Dagegen spricht die Kombination von
Azithromycin mit Tobramycin, auch wenn die in der Literatur beschriebenen antagonisierenden
Effekte sich auf inhalatives Tobramycin beziehen.
Ob eine kurzzeitige Pause in der Azithromycin-Therapie eine Auswirkung auf den Langzeiteffekt
hat, ist nicht untersucht. Grundsätzlich sollte evaluiert werden, ob die Langzeittherapie
mit Azithromycin nach mehr als 6 Monaten noch effektiv ist.
Die Empfehlung zur Kombination von inhalativen mit intravenös verabreichten Antibiotika
wird in Frage 8 beschrieben.
Die Basistherapie bez. anderer bei Mukoviszidose betroffener Organsysteme ist weiterzuführen.
Zur Unterstützung des positiven Effektes der i. v. Antibiose wird eine forcierte Sekretolyse
bei gleichzeitig in Frequenz und Dauer intensivierter Physiotherapie empfohlen. Eine
vermehrte orale, enterale oder parenterale Energiezufuhr kann besonders bei pulmonalen
Exazerbationen erwogen werden.
Es gibt keine Evidenz für den Vorteil einer begleitenden antiinflammatorischen Therapie.
Die Therapie mit systematischen Glukokortikoiden ist grundsätzlich nicht empfohlen.
Bei einer begleitenden Therapie mit hochdosiertem Ibuprofen muss die gesteigerte Nephrotoxizität
durch gleichzeitige Gabe von Aminoglykosiden beachtet und dementsprechend ein Aussetzen
der Therapie erwogen werden.
Die Weiterführung oder Unterbrechung einer Dauertherapie mit oralem Azithromycin sollte
individuell in Abhängigkeit von der Wahl des i. v. Antibiotikums und des Effektes
der Azithromycin-Langzeittherapie erfolgen.
Empfehlungsgrad: B
[38]
[88]
9.7 Wie lange sollte eine i. v. Antibiotikatherapie durchgeführt werden?
Die optimale Dauer einer i. v. Antibiotikatherapie bei CF-Patienten ist nicht klar
definiert. In den meisten Studien wird eine 14-tägige Dauer angegeben [38]
[106]
[107]. Es gibt aber auch Angaben zwischen mindestens 10 und bis zu 21 Tagen [38]
[108](s. o.). Längere Therapiedauer hingegen verursache unnötige Kosten und fördere die
Häufigkeit von allergischen Reaktionen. Patienten mit multiresistenten Keimen benötigen
im Einzelfall eine längere Therapiedauer [38] (s. o.).
Bei CF-Patienten mit chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion soll eine i. v. Antibiotikatherapie elektiv mindestens für 10, besser für
14 Tage durchgeführt werden. Bei festgestellter akuter Exazerbation sollte die Dauer
der i. v. Antibiotikatherapie 14 Tage betragen. In Abhängigkeit vom klinischen Zustand
des Patienten oder bei multiresistenten Keimen kann eine i. v. Antibiotikagabe bis
zu 21 Tagen oder auch länger erforderlich sein.
Empfehlungsgrad: A
9.8 Sollten i. v. Antibiotika mit inhalativen Antibiotika kombiniert werden?
Laut derzeitiger Studienlage erbringt die Kombination einer i. v. antibiotischen Therapie
mit inhalativen Antibiotika keinen Benefit [38]
[109]. Dennoch werden inhalative antibiotische Dauertherapien während einer i. v. Antibiose
häufig weitergeführt. Speziell inhalative Aminoglykoside können die Nephrotoxizität
der systemischen Therapie mit denselben noch verstärken. Als Nebenwirkung inhalativer
Antibiotika kann eine verstärkte Bronchokonstriktion auftreten, die im Rahmen der
Sekretolyse eher kontraproduktiv ist. Die Kombination intravenöser und inhalativer
Antibiotika kann in Zusammenschau aller Daten nicht empfohlen werden, eine individuelle
Entscheidung ist möglich.
Es gibt keine Evidenz zur Fortführung einer inhalativen Therapie während einer i. v.
Antibiotikatherapie.
Im Hinblick auf eventuelle Nebenwirkungen inhalativer Antibiotika, wie z. B. eine
vermehrte Bronchokonstriktion ohne Evidenz für einen zusätzlichen Benefit, wird eine
zeitgleiche Antibiotikainhalation während einer i. v. Antibiose nicht generell empfohlen.
Speziell bei der gleichzeitigen inhalativen und i. v. Gabe von Tobramycin besteht
die Gefahr einer vermehrten Nephrotoxizität sowie erhöhter Tobramycinspiegel, sodass
diese vermieden werden sollte.
Empfehlungsgrad: B
9.9 Wann sollten i. v. verabreichte Antibiotika mit oralen Antibiotika kombiniert
werden?
Bez. der Kombination von i. v. verabreichten Antibiotika mit Azithromycin siehe Statement
9.8.
Es gibt keine Evidenz, dass orale Pseudomonas-wirksame Antibiotika alleine oder in
Kombination mit anderen Therapien bei akuten pulmonalen Infekt-Exazerbationen oder
zur elektiven Therapie bei chronischer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa besser oder schlechter wirken als andere Therapien. Die Basis für eine Entscheidung
zur Kombination von oralen mit intravenös applizierten Antibiotika kann der Gesundheitszustand
des Patienten, unerwünschte Nebenwirkungen der intravenösen Therapie und die Resistenztestung
bilden [83].
Die zusätzliche Gabe oder die Weiterführung einer oralen Pseudomonas-wirksamen Antibiotikatherapie
während einer i. v. Antibiose soll die besondere Situation des Patienten berücksichtigen
und liegt im Ermessen des Arztes.
Empfehlungsgrad: B
9.10 Wann soll eine i. v. Antibiotikatherapie stationär durchgeführt werden?
Vorteile einer stationär durchgeführten i. v. Antibiose gegenüber der ambulanten Therapie
sind die besseren Möglichkeiten zur Überwachung des Patienten und Einleitung intensivierter
supportiver Maßnahmen bez. Physiotherapie, Sekretolyse, Verbesserung des Ernährungsstatus
und bei schwer kranken Patienten Sauerstoffgabe und nicht invasive Beatmung bei akuten
pulmonalen Exazerbationen.
In einer britischen Studie aus dem Jahr 2005 [110] wurde über ein Jahr hinweg die i. v. antibiotische Therapie im Krankenhaus mit der
Heimtherapie verglichen. Die Patienten, welche stationär behandelt wurden, zeigten
einen besseren FEV1-Outcome als die ambulant behandelten Patienten. In einigen anderen älteren Studien
zeigte sich kein signifikanter Unterschied bez. der Verbesserung der Lungenfunktion
nach i. v. antibiotischer Therapie. Die Lebensqualität war jedoch ambulant größer
als im Krankenhaus.
Im Krankenhaus stellt sich zunehmend das Problem der Trennung von Patienten mit unterschiedlichem
Keimspektrum und der Isolation von Patienten mit multiresistenten Keimen.
Die Entscheidung ob eine i. v. Antibiose stationär oder ambulant durchgeführt wird,
soll daher individuell von der Situation des einzelnen Patienten abhängig gemacht
werden.
Patienten mit schweren pulmonalen Exazerbationen sollten stationär behandelt werden.
Dies gilt auch für Patienten mit Medikamentenunverträglichkeiten in der Anamnese,
Patienten, bei denen das soziale Gefüge eine ambulante i. v. Therapie nicht ausreichend
unterstützt, sowie Patienten, bei denen weitere diagnostische Maßnahmen und Therapieanpassungen
durchgeführt werden müssen (z. B. Einstellung Diabetes mellitus, Optimierung der Ernährungssituation,
Beatmungseinstellung, Endoskopien). Speziell bei Kindern soll die häusliche Situation
besonders kritisch überprüft werden, um eine ambulante Therapie effektiv und ohne
Schaden für das Kind zu gestalten, hier wird deutlich großzügiger die stationäre Aufnahme
empfohlen.
Empfehlungsgrad: B
[38]
[88]
9.11 Unter welchen Voraussetzungen und wie kann eine Antibiotikatherapie ambulant
durchgeführt werden?
In Zusammenschau der durchgeführten Studien ist der klinische Outcome stationär nicht
signifikant besser als ambulant. Die Lebensqualität ist zu Hause besser.
Eine i. v. antibiotische Therapie kann ambulant durchgeführt werden, wenn sich der
Patient in einem stabilen klinischen Zustand befindet und die sozialen Strukturen
eine gesicherte Versorgung zulassen oder wenn diese über einen ambulanten Pflegedienst
abgesichert ist. Für alleinlebende Patienten ohne entsprechende Unterstützung ist
die ambulante i. v. Therapie nicht empfohlen. Es wird empfohlen, die Therapie zunächst
stationär zu beginnen, um die Verträglichkeit der Medikamente, Medikamentenspiegel
und das Ansprechen der Therapie zu überprüfen, bevor die Patienten in das heimische
Setting überführt werden. Speziell bei Kindern soll im Zweifelsfall der stationären
Therapie aus Sicherheitsgründen der Vorzug gegeben werden. In besonderen Situationen,
wie z. B. bei Müttern mit CF kann die Möglichkeit der ambulanten Therapie die Therapie-Akzeptanz
verbessern. Eine besondere Herausforderung stellt die palliative Situation dar. Hier
kann versucht werden, den Patienten zu ermöglichen, mehr verbleibende Zeit im heimischen
Setting zu verbringen.
Empfehlungsgrad: B
[38]
[88]
9.12 Welche Bedeutung hat die Resistenz auf die Wahl der Therapie?
Diese Frage wird im Rahmen der Frage 5 beantwortet.
10 Supportive Therapie bei chronischer Pseudomonas-Infektion
10.1 Wie ist die supportive Therapie bei chronischer Pseudomonas-Infektion definiert?
Die supportive Therapie umfasst alle medikamentösen und nicht medikamentösen Therapieformen,
für welche eine positive Beeinflussung der Lungenerkrankung bei chronischer Pseudomonas-Infektion
belegt oder zu erwarten ist. Hierzu zählen Pharmakotherapie, Physiotherapie, Trainingstherapie
und Sport, Rehabilitation, psychologische und soziale Beratung, Ernährungstherapie
sowie alternative Heilverfahren.
10.2 Sollte die bestehende supportive Therapie im Falle einer chronischen Pseudomonas-Infektion
angepasst werden?
Art, Umfang und Intensität der supportiven Therapie bei Mukoviszidose sind von verschiedenen
Faktoren wie Schweregerad des Krankheitsverlaufes und der Symptome, Lebensalter oder
Komplikationen abhängig. Aufgrund der zu erwartenden Zunahme der respiratorischen
Symptome bei einer chronischen Pseudomonas-Infektion kann eine Anpassung der supportiven
Therapie sinnvoll sein, bspw. in einer Erhöhung der Intensität und/oder Frequenz der
Physiotherapie, der Trainingstherapie und des Sports, der psychologischen und sozialen
Beratung oder in der Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme. Medikamentöse Anpassungen
der supportiven Therapie, bspw. der Inhalationstherapie, können je nach Bedarf ebenfalls
sinnvoll sein.
Eine Anpassung der bestehenden supportiven Therapien kann bei einer chronischen Pseudomonas-Infektion
sinnvoll sein.
Empfehlungsgrad: 0
10.3 Sollten über die bestehenden Therapien hinaus im Falle einer chronischen Pseudomonas-Infektion
zusätzliche supportive Therapien eingesetzt werden?
Die unter 10.2 genannten Faktoren des Krankheitsverlaufes bestimmen auch die Notwendigkeit
zusätzlicher Therapieverfahren. Bis auf den Einsatz von adjuvanten Makroliden kann
derzeit keine Evidenz für zusätzlich notwenige supportive Therapien aufgrund einer
chronischen Pseudomonas-Infektion gefunden werden.
Es existiert für die meisten supportiven Therapien mit Ausnahme der adjuvanten Makrolidtherapie
derzeit kein Hinweis, dass aufgrund einer chronischen Pseudomonas-Infektion über die
bestehenden Therapien hinaus zusätzliche supportive Therapien eingesetzt werden sollten.
Empfehlungsgrad: 0
10.4 Wann, wie häufig und in welcher Dosierung sollten hyperosmolare Kochsalzlösung
und/oder rhDNAse und/oder Mannitol bei chronischer Pseudomonas-Infektion eingesetzt
werden?
Für keine der genannten Substanzen konnten spezifische Arbeiten bzgl. eines Einsatzes
bei chronischer Pseudomonas-Infektion gefunden werden.
Für eine Anpassung von Dosierung oder Häufigkeit der Inhalation bei chronischer Pseudomonas-Infektion
kann derzeit keine Evidenz gefunden werden.
Eine chronische Pseudomonas-Infektion soll zum Anlass genommen werden den Einsatz
der sekretolytischen Inhalativa rhDNAse, Mannitol und hyperosmolare Kochsalzlösung
erneut zu überprüfen und ggf. zu intensivieren.
Empfehlungsgrad: A
Eine Umstellung bzw. Ergänzung der Therapie auf bzw. mit rhDNAse soll bei chronischer
Pseudomonas-Infektion erwogen werden.
Empfehlungsgrad: A
10.5 Gibt es eine Indikation für Acetylcystein (inhalativ, oral oder i. v.) bei chronischer
Pseudomonas-Infektion?
Bei Patienten mit Mukoviszidose konnte bisher für die orale oder inhalative Applikation
von Acetylcystein, Carbocystein, Ambroxol oder Glutathion in mehreren kontrollierten
Studien kein klinisch messbarer Benefit zur Behandlung der chronischen Pseudomonas-Infektion
gefunden werden [111]. Für die intravenöse Applikation existieren keine Untersuchungen.
Thiol-Derivate wie Acetylcystein, Carbocystein, Ambroxol oder Glutathion sollen nicht
für die supportive Behandlung einer chronischen Pseudomonas-Infektion eingesetzt werden.
Empfehlungsgrad: A
10.6 Welchen Stellenwert haben antiinflammatorische Substanzen: inhalative und systemische
Kortikosteroide, Ibuprofen bei chronischer Pseudomonas-Infektion?
In einer großen kontrollierten Studie konnte gezeigt werden, dass das Sistieren einer
inhalativen Steroidtherapie keinen Einfluss auf den weiteren Krankheitsverlauf (Exazerbationsrate,
Lungenfunktion, Gebrauch von Beta-2-Mimetika) hat [112]. Die Wirksamkeit einer inhalativen Steroidtherapie kann somit im Umkehrschluss nicht
belegt werden.
Für systemische (orale) Langzeit-Kortikosteroide (Prednisolon-Äquivalent 1 mg/kg KG
über > 30 Tage) konnte eine Verlangsamung der Progression der Lungenerkrankung gezeigt
werden, mit einer signifikanten Verbesserung des FEV1 nach 2 und 4 Jahren [113]. Allerdings wurde auch eine Wachstumsverzögerung in der Verumgruppe gegenüber Placebo
festgestellt. Bei dem Einsatz von systemischen Langzeit-Steroiden sollten deshalb
Nutzen und Risiko abgewogen werden.
Verfügbare Daten von Studien mit Ibuprofen bei Mukoviszidose konnten einen verringerten
jährlichen Lungenfunktionsverlust nachweisen. Eine Studie mit hochdosiertem Ibuprofen
konnte zudem eine Reduktion von intravenösen Antibiotika sowie verbessertem Ernährungsstatus
und pulmonalem Status zeigen [114]. Zur Erreichung des protektiven Effektes waren Peak-Plasmakonzentrationen von 50 – 100 mg/l
notwendig, während der für andere Krankheitsbilder übliche Therapiebereich unter 50 mg/l
liegt. Bei diesen Plasmakonzentrationen wurden keine schweren unerwünschten Nebenwirkungen
berichtet. Eine Steuerung der Wirkstoffkonzentration im Blut mittels regelmäßiger
Spiegelbestimmung ist notwendig (toxisch Wirkung > 200 mg/l).
Für keine der genannten Substanzen wurde spezifisch der Einsatz bei chronischer Pseudomonas-Infektion
untersucht. Eine generelle Anpassung der antiinflammatorischen Therapie kann deshalb
nicht empfohlen werden. Bei einer zu erwartenden Progression der Lungenerkrankung
kann je nach Symptomatik ggf. der Einsatz von systemischen Langzeit-Kortikosteroiden
erwogen werden, wobei das individuelle Nutzen-Risiko-Profil zu evaluieren ist. Der
Nutzen von Ibuprofen soll als offen bewertet werden.
Inhalative Kortikosteroide sollen zur supportiven Behandlung einer chronischen Pseudomonas-Infektion
aufgrund fehlender Evidenz zur Wirksamkeit nicht eingesetzt werden.
Empfehlungsgrad: A
Die Hochdosis-Therapie mit Ibuprofen kann bei Progression der Lungenerkrankung im
Rahmen einer chronischen Pseudomonas-Infektion je nach Symptomen und Alter erwogen
werden.
Empfehlungsgrad: 0
Systemische Langzeit-Kortikosteroide sollen für die supportive Behandlung einer chronischen
Pseudomonas-Infektion nicht eingesetzt werden.
Empfehlungsgrad: A
10.7 Welchen Stellenwert haben Betamimetika und Anticholinergika bei chronischer Pseudomonas-Infektion?
Betamimetika und Anticholinergika können bei bronchialer Hyperreagibilität im Rahmen
einer Mukoviszidose sowohl kurz- als auch langfristig wirksam sein [115]. Inwieweit jedoch eine bronchiale Hyperreagibilität bei einer chronischen Pseudomonas-Besiedlung
gehäuft auftritt, ist nicht ausreichend belegt, auch wenn es Beobachtungen gibt, die
dies andeuten [116]. Weiterhin können Betamimetika und Anticholinergika bei empfindlichen Menschen einer
Bronchokonstriktion durch inhalative Therapien (Antibiotika, hypertone Kochsalzlösung)
vorbeugen. Die verfügbare Evidenz ist jedoch zu gering, um grundsätzlich für alle
Patienten eine Therapie mit den genannten Substanzen zu empfehlen oder davon abzuraten
[117]. Spezifische Untersuchungen zum Stellenwert von Betamimetika und Anticholinergika
bei Patienten mit chronischer Pseudomonas-Besiedlung im Vergleich zu pseudomonasfreien
Patienten konnten nicht gefunden werden.
Der Einsatz von Betamimetika soll bei chronischer Pseudomonas-Infektion insbesondere
zur vorbeugenden anti-obstruktiven Behandlung im Rahmen von inhalativen Therapien
erwogen werden.
Empfehlungsgrad: A
Bei Unverträglichkeit von Betamimetika sollte die Gabe von Anticholinergika erwogen
werden.
Empfehlungsgrad: B
10.8 Welchen Stellenwert haben orale Makrolide, insbesondere Azithromycin bei chronischer
Pseudomonas-Infektion?
Die Wirksamkeit von Azithromycin wurde in einer Reihe von kontrollierten Studien gezeigt
[104]. So verbessert Azithromycin die FEV1 über einen Zeitraum von 6 Monaten signifikant und reduziert die Exazerbationsrate,
den Antibiotikaverbrauch sowie die pulmonalen Symptome. Ebenso konnte eine Verringerung
von Staphylococcus aureus in Sputumkulturen festgestellt werden, allerdings auf Kosten einer generell erhöhten
Makrolid-Resistenz. Die Verbesserung der Lungenfunktion war deutlich ausgeprägter
bei Patienten mit chronischer Pseudomonas-Besiedlung im Vergleich zu Pseudomonas-freien
Patienten; gleiches gilt für die Exazerbationsrate, die Anzahl der Hospitalisierungen
sowie den systemischen Antibiotikabedarf [118]. Die Nebenwirkungsrate (respiratorisch und gastrointestinal) unterschied sich nicht
signifikant von der Placebo-Gruppe.
Bzgl. der optimalen Dosierung gibt es derzeit noch keinen Konsens. Aktuell ist eine
dreimal wöchentliche Gabe von 250 mg bzw. 500 mg pro Tag empfohlen. Eine erste Studie
konnte für eine einmal wöchentliche Gabe ebenfalls eine Reduktion der pulmonalen Inflammation
und eine Verbesserung der Lebensqualität zeigen, jedoch keine Reduktion des kontinuierlichen
Verlustes an Lungenfunktion [119]. Eine weitere Arbeit konnte keinen klinischen, lungenfunktionellen oder mikrobiologischen
Unterschied zwischen einer täglichen Dosis von 5 mg/kg und 15 mg/kg zeigen, wobei
sich die pulmonale Exazerbationsrate in beiden Gruppen nach Sistieren der Azithromycintherapie
erhöhte [120].
Neueste einzelne Studien, welche eine erhöhte Prävalenz von Infektionen mit nicht
tuberkulösen Mykobakterien [121] bzw. eine verminderte Wirksamkeit von gleichzeitigem inhalativen Tobramycin [105] suggerieren, bedürfen einer weiteren wissenschaftlichen Überprüfung. Sollte sich
die Evidenz hier erhärten, ist der Einsatz von Azithromycin bei Mukoviszidose zu einem
späteren Zeitpunkt neu zu evaluieren. Zudem ist eine allgemeine Zunahme von Makrolid-Resistenz
zu beobachten, was ggf. zu einer Neubewertung des Einsatzes von Makroliden führen
kann.
Wenngleich es erste präklinische Studien zur Wirksamkeit von Clarithromycin auf die
Pseudomonas-Aktivität gibt [122], liegt derzeit für Clarithromycin und andere Makrolide noch keine ausreichende Evidenz
vor, um einen Einsatz bei chronischer Pseudomonas-Infektion generell zu empfehlen.
Azithromycin soll als Therapie bei chronischer Pseudomonas-Infektion erwogen werden.
Empfehlungsgrad: A
10.9 Sollen die Frequenz, die Intensität und die angewendeten Maßnahmen der Physiotherapie
bei chronischer Pseudomonas-Infektion angepasst werden?
Es gibt grundsätzliche Belege zur Wirksamkeit von Physiotherapie bei Mukoviszidose;
eine regelmäßige Anwendung von Techniken der thorakalen Physiotherapie und der Sekret-Clearance
ist empfohlen [88]. Allerdings liegt aktuell keine Evidenz zur Anpassungen der physiotherapeutischen
Maßnahmen im Falle einer chronischen Pseudomonas-Infektion vor. Die Auswahl und Intensität
der physiotherapeutischen Techniken richtet sich primär nach dem Alter des Patienten
und dem klinischen Befund. Bei Patienten mit chronischer Pseudomonas-Infektion ist
grundsätzlich mit einer Zunahme der respiratorischen Krankheitssymptome zu rechnen
(Sekret, Husten). Somit kann eine Intensivierung (Frequenz, Intensität) von physiotherapeutischen
Maßnahmen sinnvoll sein.
Eine Intensivierung der Frequenz und der Intensität der physiotherapeutischen Maßnahmen
kann bei chronischer Pseudomonas-Infektion erwogen werden.
Empfehlungsgrad: 0
10.10 Sollen Trainingstherapie und Sport bei chronischer Pseudomonas-Infektion angepasst
werden?
Mehrere kontrollierte Studien haben gezeigt, dass körperliche Aktivität und Sport
für alle Menschen mit Mukoviszidose sinnvoll sind [123]
[124]. Evidenz, dass bei einer chronischen Pseudomonas-Besiedlung die Aktivität angepasst
werden sollte, gibt es jedoch nicht, wobei bisher keine entsprechenden Studien durchgeführt
wurden. Allerdings kann der Nachweis einer Pseudomonas-Kolonisation bzw. -Infektion
zum Anlass genommen werden, das aktuelle Bewegungsverhalten zu hinterfragen und ggf.
zu steigern.
Die Intensivierung von Trainingstherapie und Sport kann bei chronischer Pseudomonas-Infektion
erwogen werden.
Empfehlungsgrad: 0
10.11 Ist eine stationäre oder ambulante rehabilitative Maßnahme bei chronischer Pseudomonas-Infektion
sinnvoll?
Die stationäre Rehabilitation von Patienten mit Mukoviszidose ist in Deutschland für
alle Altersgruppen etabliert. Sie bestehen aus multidisziplinären Programmen, welche
die Stabilisierung der Erkrankung und die Wiederherstellung der sozialen Teilhabe
zum Ziel haben. Für Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene konnten positive Effekte
auf die Lebensqualität, die Symptome, die Lungenfunktion, die körperliche Leistungsfähigkeit
und das Körpergewicht nachgewiesen werden [125]
[126]. Diese Effekte lassen sich auch für Patienten mit chronischer Pseudomonas-Infektion
nachweisen. Wenngleich der Einfluss von Rehabilitation auf die pulmonale Entzündung
und die Keimsituation nicht endgültig geklärt ist, so gibt es somit ausreichend Evidenz,
dass sich stationäre Rehabilitationsprogramme für Patienten mit chronischer Pseudomonas-Infektion
positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.
Für ambulante Rehabilitationsverfahren gibt es für Mukoviszidose weder Evidenz noch
Erfahrung in Deutschland. Ambulante Maßnahmen können insofern derzeit nicht generell
empfohlen werden.
Die chronische Pseudomonas-Infektion per se ist keine Indikation für eine stationäre
Rehabilitation.
Eine stationäre Rehabilitation kann bei chronischer Pseudomonas-Infektion erwogen
werden.
Empfehlungsgrad: 0
10.12 Sollen spezifische psychologische und soziale Beratungen bei chronischer Pseudomonas-Infektion
über das Bestehende hinaus angeboten werden?
Psychologische und soziale Beratungen sind Bestandteil der interdisziplinären supportiven
Therapie bei Mukoviszidose. Evidenz zu Anpassung der Inhalte oder der Frequenz der
Beratungen existiert derzeit nicht. Grundsätzlich kann die Diagnose einer chronischen
Pseudomonas-Infektion mit einer psycho-sozialen Belastungssituation einhergehen. Eine
regelmäßige Evaluierung des Beratungsbedarfes erscheint deshalb sinnvoll.
Die Anpassung von bestehenden psychologischen und sozialen Beratungen kann je nach
individuellem Bedarf erwogen werden.
Empfehlungsgrad: 0
10.13 Soll die Ernährung inkl. Nahrungsergänzungsmittel und Probiotika bei chronischer
Pseudomonas-Infektion angepasst werden?
Während einer oralen oder intravenösen pseudomonaswirksamen antibiotischen Therapie
kann es zu gastrointestinalen Symptomen kommen. Probiotika können einen positiven
Effekt auf die Darmflora bei Mukoviszidose haben [127]. Bzgl. der Wirksamkeit von Probiotika bei einer Antibiotika-assoziierten Verdauungsproblematik
bei Mukoviszidose gibt es jedoch keine kontrollierten Studien. Damit kann in Einzelfällen
der Versuch einer Probiotika-Therapie bei gastrointestinalen Symptomen im Rahmen einer
pseudomonaswirksamen oralen oder intravenösen Antibiotikatherapie gerechtfertigt sein.
Der Einsatz von Probiotika kann bei chronischer Pseudomonas-Infektion im Rahmen von
antibiotischen Therapien erwogen werden.
Empfehlungsgrad: 0
Für eine spezifische Umstellung der Ernährung oder Anpassung von Nahrungsergänzungsmitteln,
allein aufgrund einer chronischen Pseudomonas-Besiedlung, fehlt die Evidenz. Aufgrund
einer chronischen Pseudomonas-Infektion kann es jedoch zu einem Fortschreiten der
Lungenerkrankung mit vermehrter Atemarbeit und daraus resultierendem vermehrtem Energiebedarf
kommen. Zudem kann durch eine notwendige Intensivierung der antibiotischen Therapie
die CF-bedingte Malresorption gefördert werden. Eine individuelle Anpassung der Beratungsfrequenz
sowie der hochkalorischen Zusatznahrung kann deshalb je nach Krankheitsverlauf sinnvoll
sein.
Eine spezifische Anpassung der Ernährung inkl. Nahrungsergänzungsmitteln kann bei
chronischer Pseudomonas-Infektion individuell erwogen werden.
Empfehlungsgrad: 0
10.14 Soll eine organspezifische Therapie bzw. eine Korrektoren-/Potentiatoren-Therapie
bei chronischer Pseudomonas-Infektion angepasst werden?
Es gibt bisher keine Hinweise in der Literatur, dass organspezifische, nicht den Respirationstrakt
betreffende, Therapien zur Behandlung der Komplikationen der Mukoviszidose im Falle
einer chronischen Pseudomonas-Infektion angepasst werden sollten. Aufgrund der möglichen
zunehmenden Morbidität bei chronischer Pseudomonas-Infektion mit Progredienz der Multiorganerkrankung
kann davon ausgegangene werden, dass sich die konsequente Weiterführung einer organspezifischen
Therapie positiv auf den gesamten Krankheitsverlauf und somit auch auf die Lungenerkrankung
auswirken könnte, ohne dass dies in klinischen Studien belegt ist.
Eine chronische Pseudomonas-Infektion kann zum Anlass genommen werden, den Einsatz
von CFTR-Modulatoren zu überprüfen.
Empfehlungsgrad: 0
10.15 Welchen Stellenwert haben komplementäre Therapieverfahren bei chronischer Pseudomonas-Infektion?
Komplementäre Therapieverfahren sind heterogen und werden in Einzelfällen von Patienten
mit Mukoviszidose auf individueller Therapiebasis eingesetzt. Derzeit fehlt jegliche
Evidenz zur Wirksamkeit solcher Verfahren bei Mukoviszidose generell und bei einer
chronischen Pseudomonas-Infektion. Es gibt derzeit keine Hinweise, dass der Einsatz
komplementärer Therapieverfahren bei chronischer Pseudomonas-Infektion sinnvoll ist.
Der Einsatz solcher Verfahren ist deshalb der individuellen Therapie vorbehalten und
kann nicht grundlegend empfohlen werden.
Adjuvante antimikrobielle Therapien, welche im weitesten Sinne zu den komplementären
Therapieverfahren gezählt werden können, wurden in wenigen Studien bei Mukoviszidose
untersucht. Bisher konnten keine Belege gefunden werden, dass Beta-Carotene, Knoblauch,
Zink oder KB001 einen positiven Effekt in Bezug auf die Lungenfunktion, die Exazerbationsrate
oder die Lebensqualität besitzen [128].
Der Einsatz komplementärer Therapieverfahren soll nicht zum Unterlassen der Standardtherapie
führen.
Empfehlungsgrad: A
Komplementäre Therapieverfahren können für die Behandlung der chronischen Infektion
mit Pseudomonas aeruginosa nicht empfohlen werden, da keine Wirkungsnachweise vorliegen.
Empfehlungsgrad: 0
11 Besonderheiten bei chronischem Pseudomonas aeruginosa-Nachweis in den oberen Atemwegen
11.1 Wie häufig sollten mikrobiologische Untersuchungen aus den oberen Atemwegen (OAW)
und Nasennebenhöhlen erfolgen?
Es ist evident, dass Pseudomonaden bei CF auch die OAW besiedeln [6]
[10]
[129]. Dabei scheint die Kolonisation in frühen Besiedlungsphasen öfter zwischen beiden
Atemwegsetagen zu differieren [10]
[129]. Im Verlauf der Zeit gleicht sie sich an, sodass dauerbesiedelte CF-Patienten bis
zu 96 % identische Pseudomonas-Stämme in beiden Atemwegsetagen aufweisen [6]
[130].
Zur notwendigen Häufigkeit der Materialgewinnung aus den OAW besteht keine abschließende
Klarheit. Hierfür sind longitudinale Studien mit Erfassung der Besiedlung beider Atemwegsetagen
in großen Kohorten über den Verlauf von Jahren erforderlich.
In der AWMF-Leitlinie zur Neubesiedlung mit Pseudomonas aeruginosa
[3] hat die mikrobiologische Erfassung der Besiedlung der OAW eine besondere Bedeutung,
weil der Keim in den Nasennebenhöhlen persistieren kann, sodass eine Eradikationsbehandlung
scheitert.
Wenn keine Eradikation mehr zu erzielen ist, erscheint die Pseudomonas aeruginosa-Detektion in den OAW indiziert bei den Problemen einer akuten und chronischen Rhinosinusitis
(= Infektion/Inflammation) mit ihren Folgeproblemen für den gesamten Gesundheitszustand
(einschließlich gestörter Anfeuchtung, Anwärmung und Reinigung der in die Lunge geatmeten
Luft, Minderung Riech- und Schmeckfähigkeit und somit ggf. auch Minderung von Appetit
und Gewicht, Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens mit Schlafstörungen, Schmerzen,
etc.).
Bei Dauerbesiedlung der Atemwege mit Pseudomonas aeruginosa kann einmal jährlich die OAW-Besiedlung untersucht werden (auch zur Detektion anderer
Keime als Pseudomonas aeruginosa). Zusätzliche Untersuchungen können nach klinischer Indikation durchgeführt werden.
Empfehlungsgrad: 0
In kleinen Kohorten und Einzelfallberichten wurde gezeigt, dass Pseudomonaden nach
Lungentransplantation in den OAW persistieren und von hieraus die pseudomonasfreie
Transplant-Lunge besiedeln. Mit Nachweis identischer Pseudomonas aeruginosa-Stämme in den oberen und unteren Atemwegen (UAW) vor und nach Lungentransplantation
wurde ein kausaler Zusammenhang bewiesen [131]. Weil die Besiedlung der neuen Lunge mit dem Risiko der direkten und indirekten
Transplantatschädigung (Stimulation Bronchiolitis-obliterans-Syndrom, BOS) einhergeht
[132], erfolgten verschiedene Ansätze zur operativen [133]
[134] bzw. konservativen Therapie [131]. Hier wird dieser Aspekt zur Herausstellung der Notwendigkeit einer weiteren Klärung
angesprochen, er wird in dieser Leitlinie aber nicht weiter diskutiert (gesonderte
Leitlinien folgen).
Im Rahmen der Evaluation zur Lungentransplantation sollte die sinonasale Keimbesiedlung
erfasst werden.
Empfehlungsgrad B
Bei klinischen Beschwerden bei pulmonal dauerbesiedelten Patienten kann auch ein einmaliger
Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in den OAW behandelt werden.
11.2 Wie sollten diese Proben gewonnen werden (Nasenabstrich vs. nasale Lavage, Technik
der Probengewinnung)?
Als sensitivste Methode, eine Besiedlung der OAW von dauerbesiedelten Patienten mit
Pseudomonas aeruginosa zu detektieren, wurde die nasale Lavage identifiziert (10 ml NaCl 0,9 %ig aus sterilen
Spritzen in jede Nasenseite [6]
[135].
Bei Mitarbeitsproblemen (v. a. wegen Alter < 6 Jahren) kann auch eine kompressorgestützte
Nasenspülung erfolgen oder ein tiefer Nasenabstrich, der wegen Erreichen einer wesentlich
geringeren und nur einseitigen Ostienabstreichung eine erheblich niedrigere Sensitivität
aufweist [6].
Die Keimbesiedlung der OAW soll nach Möglichkeit mittels nasaler Lavage erfasst werden.
Empfehlungsgrad A
Bei jüngeren und eingeschränkt kooperationsfähigen Patienten sollte diese auch kompressorbetrieben
werden oder es kann ein tiefer Nasenabstrich erfolgen.
Empfehlungsgrad: B
11.3 Wie sollte die Therapie bei chronischem Pseudomonas aeruginosa-Nachweis durchgeführt werden?
11.3.1 Wie sollte die Therapie bei chronischem Pseudomonas aeruginosa-Nachweis durchgeführt werden, wenn nur in den OAW Pseudomonas aeruginosa chronisch nachgewiesen wurde?
In dieser besonderen Situation kann es möglich sein, den Keim aus den Atemwegen eines
CF-Patienten zu eradizieren.
Konservativ kann die sinonasale Inhalation von Antibiotika mit vibrierenden Aerosolen
erfolgen [136] oder auch eine funktionelle endoskopische Sinus Operation (FESS) zur Erweiterung
der Ostien zu den Nasennebenhöhlen mit anschließender adjuvanter Therapie z. B. mit
Nasenspülungen mit Antibiotikazusatz (Kopenhagener Modell) [137]
[138].
Eine isolierte wiederholte Pseudomonas aeruginosa-Besiedlung der OAW sollte mit sinonasaler Antibiotikainhalation oder OP mit anschließender
Antibiotika-Lavage oder Inhalation mit dem Ziel der Eradikation behandelt werden.
Empfehlungsgrad: B
Zur besonderen Situation einer Lungentransplantation, bei der eine Eradikation aus
den OAW zu wünschen wäre, möchten wir auf erforderliche zusätzliche Leitlinien verweisen.
11.3.2 Wie sollte die Therapie bei chronischem Pseudomonas aeruginosa-Nachweis durchgeführt werden, wenn sowohl in den OAW als auch in den UAW Pseudomonas aeruginosa chronisch nachgewiesen wurde?
Bei klinischer Indikation (rhinosinusitische Beschwerden) ist eine sinonasale Therapie
zur Reduktion der Pseudomonas aeruginosa-Keimlast bei o. g. klinischen Symptomen empfehlenswert.
Bei chronischer Besiedlung der oberen und unteren Atemwege sollte eine sinonasale
Antibiotikainhalation angewendet werden.
Empfehlungsgrad: B
11.4 Welche Medikamente sollen verwendet werden?
Zur Entfernung von Schleim und Krusten kann supportiv eine Nasendusche mit 250 ml
isotonischer NaCl-Lösung [139] verwendet werden; zur Minderung der Obstruktion durch Schleimhautschwellung und/oder
Polypen nasale topische Steroide, die modernen Präparate mit schnellem First-Pass-Mechanismus
in der Leber (z. B. Mometason, Fluticason) und zusätzlich die Inhalation von isotoner
oder hypertoner Saline oder DNase.
Nasenduschen sollten zur Entfernung von Sekret und Krusten angewendet werden.
Empfehlungsgrad: B
Topische Steroide können bei Obstruktion der OAW und Polyposis eingesetzt werden.
Empfehlungsgrad: 0
11.5 Wie sollten Medikamente in den OAW appliziert werden?
Die Applikation sollte mittels Nasenkanne erfolgen. Allerdings erreicht diese Methode
nur nach operativer Erweiterung der Ostien die Nebenhöhlen und das oft nur für einen
kurzen Zeitraum (erneute Verlegung im Rahmen der chronischen Inflammation/Infektion)
Die Vibrationsinhalation mittels Pari Sinus erreicht bei adäquater Nutzung eine Applikation
der Aerosole bis in die Nasennebenhöhlen hinein.
Die Nasennebenhöhlen werden erst nach operativer Erweiterung der Ostien mit Spülungen
oder konventionellen Inhalationen erreicht. Vibrierende Aerosole sollten zum Einsatz
kommen, um Nasennebenhöhlen ohne OP zu erreichen.
Empfehlungsgrad: B
11.6 Welchen Stellenwert hat die supportive Therapie?
11.6.1 Welchen Stellenwert hat die supportive sekretolytische Therapie?
Die sinonasale Inhalation mit Mukolytika sollte bei Beschwerden in den OAW angewendet
werden.
Empfehlungsgrad: B
[140]
11.6.2 Welchen Stellenwert hat die supportive antibiotische und antiphlogistische
Therapie?
Die Therapie mit topischen Steroiden ist Goldstandard für eine nasale Polyposis mit
allergischer Genese. Nasale Polyposis bei CF mit dominierendem Neutrophilenanteil
soll etwas schlechter auf topische Steroide ansprechen. Es bestehen jedoch positive
Erfahrungen mit nasalen topischen Steroiden sowohl für die Behandlung der nasalen
Polyposis, als auch für Schleimhautschwellung, sodass auch im Kopenhagener Therapiekonzept
die Dauertherapie mit nasalen topischen Steroiden über 6 Monate nach funktioneller
endoskopischer Sinus-Operation einen festen Stellenwert haben [137]. Große Studien an relevanten Kollektiven stehen aus.
Die langzeitige sinonasale Therapie mit topischen Steroiden kann zur Minderung der
Obstruktion und Verlegung eingesetzt werden.
Empfehlungsgrad: 0
Übersicht in [139]
[141]
11.7 Welche Indikationen gibt es für ein chirurgisches Vorgehen? Wie sollte die konservative
Therapie im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs der OAW erfolgen?
In der aktuellen Literatur gibt es derzeitig 2 grundlegend unterschiedliche Herangehensweisen
zur Behandlung der chronischen Rhinosinusitis bei CF. Zentren wie Kopenhagen [137] und Zürich [138] favorisieren ein primär operatives Vorgehen, während andere Zentren eine primär
konservative Therapie empfehlen und chirurgische Eingriffe beim Scheitern der konservativen
Therapie [142] sowie bei den bei CF sehr seltenen primär OP-pflichtigen Komplikationen.
Einheitliche Richtlinien auf Grundlage vergleichender Studien fehlen.
12 Radiologie: Wie beeinflussen radiologische diagnostische Verfahren die Therapie
im Rahmen der Erstdiagnose bzw. des Follow-Ups der chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion?
12.1 Ist eine Änderung der Indikation zur radiologischen Diagnostik bei chronischer
Pseudomonas aeruginosa-Infektion erforderlich?
Schnittbildgebende Verfahren (MRT und CT) sind sensitiver für eine Verschlechterung
der Lungenerkrankung als die Lungenfunktionsprüfung [143]
[144]. Zudem sind MRT und CT auch sensitiver als der Röntgenthorax in der Erfassung struktureller
Lungenveränderungen [145]. Infektionen, und insbesondere die Pseudomonas aeruginosa-Infektion, sind mit einer erhöhten Rate an strukturellen Lungenschädigungen (Bronchiektasen)
bei Kleinkindern assoziiert [146].
Eine Bildgebung kann hilfreich sein, um mögliche Struktur- und Funktionsveränderungen
zu detektieren und ggf. die Therapie zu modifizieren. Hierbei sollte auch das Risiko
der Exposition gegenüber ionisierender Strahlung (CT) mit berücksichtigt werden.
Bei chronischer Pseudomonas aeruginosa-Infektion soll eine Schnittbildgebung des Thorax ggf. in Abhängigkeit vom klinischen
Verlauf erwogen werden.
Empfehlungsgrad: A
12.2 Wie beeinflussen die Befunde die Therapie der chronischen Pseudomonas aeruginosa-Infektion?
Befunde in den schnittbildgebenden Verfahren können eine Therapieintensivierung erforderlich
machen oder eine weitergehende diagnostische Abklärung auslösen. Insbesondere die
mukoidbildende Form der Pseudomonas aeruginosa-Infektion scheint mit einem schwereren Befund in der Schnittbildgebung und einer
schnelleren Bildung und Verschlechterung von Bronchiektasen einherzugehen [147]. Ferner ist ein erhöhter Schweregrad der Bronchiektasie schließlich mit einer erhöhten
Exazerbationsrate assoziiert [148]. Weitere Befunde wie Konsolidierungen und Atelektasen als Zeichen einer Exazerbation
[149], Verschlechterung der Lungendurchblutung, dilatierte Bronchialarterien etc. können
eine invasive Diagnostik und Therapie (z. B. den Ort für eine BAL während einer Bronchoskopie)
steuern oder die medikamentöse Therapie unmittelbar beeinflussen.
Schnittbildgebende Verfahren sind sensitiv im Nachweis eines Therapieeffektes. In
einer Therapiestudie konnte mittels CT eine Befundbesserung unter inhalativer Therapie
mit Tobramycin in klinisch stabilen Patienten mit positivem Pseudomonas aeruginosa-Nachweis über mehr als 6 Monate gezeigt werden [150]. Einzelne Studien konnten ebenfalls zeigen, dass sich schnittbildgebende Verfahren
auch zur Verlaufskontrolle einer intravenösen antibiotischen Therapie bei pulmonaler
Exazerbation eignen [145]
[151].
Radiologische Befunde sollen zur Optimierung des Therapiemanagements herangezogen
werden.
Empfehlungsgrad: A