Schlüsselwörter
endoskopische Mukosaresektion - endoskopische submukosale Dissektion - Indikationen
- Durchführung
Abkürzungen
CSI-EMR:
zirkumferenzielle submuköse Inzision und EMR
EMR:
endoskopische Mukosaresektion
EMR-cap, EMR-C:
Kappen-Mukosektomie- Technik
EMR-ligation, EMR-L:
EMR in Kombination mit Gummibandligatur
ER:
endoskopische Resektion
ESD:
endoskopische Submukosadissektion
LST:
Laterally spreading Tumor
NBI:
Narrow Band Imaging
pEMR:
Piecemeal-Resektion
Einführung
Endoskopische Mukosaresektion
Die EMR kommt bei flächig wachsenden Neoplasien zum Einsatz. Bei allen Varianten der
EMR wird ein Flüssigkeitsdepot in die Submukosa unterhalb einer abzutragenden Läsion
gespritzt ([Abb. 1]). Hierdurch wird die Läsion angehoben („Lifting“), der Abstand zwischen Resektionslinie
und Muskulatur vergrößert und damit die Perforationsgefahr im Rahmen der Resektion
reduziert.
Abb. 1 Aufbau der Schleimhaut des Verdauungstraktes am Beispiel des Magens. Die oberflächlichen
Schichten umfassen die Mukosa und die Submukosa. Tief liegt die Tunica muscularis.
((Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U et al., Hrsg. Prometheus LernAtlas –
Innere Organe. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 4. Auflage. Thieme; 2015.
doi:10.1055/b-004-129727)
)
Für die Resektion selbst stehen dann verschiedene Varianten zur Verfügung. Bei der
konventionellen EMR wird die Läsion nach der Unterspritzung mit der Schlinge gefasst
und dann mit Hochfrequenzstrom abgetragen. Bei der Kappen-Mukosektomie-Technik (EMR-cap,
EMR-C) wird eine Aufsatzkappe auf das Endoskop platziert und in der Kappe eine geöffnete
Schlinge platziert. Die abzutragende Läsion wird nun in die Kappe eingesaugt, durch
Zuzug der Schlinge gefasst und dann mit Hochfrequenzstrom reseziert. Eine Alternative
zur EMR-C ist die EMR in Kombination mit Gummibandligatur (EMR-ligation, EMR-L). Hierbei
wird das abzutragende Schleimhautareal in die aufgesetzte Kappe eingesaugt, mit einer
Gummibandligatur abgebunden und danach das „ligierte“ Gewebe mit einer Elektroschlinge
reseziert.
Als Nachteil der EMR gilt die Limitation des Resektionsausmaßes durch die verwendeten
Schlingen bzw. Kappen. Bei größeren Läsionen bzw. immer bei Läsionen mit einem Durchmesser
von > 20 mm muss die EMR als Resektion in mehreren Stücken erfolgen (Piecemeal-Resektion,
pEMR). Neben dem Risiko der inkompletten Resektion steigt dabei auch das Rezidivrisiko.
Nahezu immer handelt es sich dann bei Rezidiven um wieder gewachsene Reste der initial
durch die pEMR nicht komplett entfernten Läsion.
Endoskopische Submukosadissektion
Die in Japan entwickelte Technik der endoskopischen Submukosadissektion (ESD) erlaubt
eine Resektion auch großer Läsionen in einem Stück (en bloc).
Merke
Vorteile der ESD sind eine verbesserte histopathologische Beurteilung hinsichtlich
einer R0-Situation sowie ein nahezu komplett eliminiertes Rezidivrisiko.
Nachteile der ESD sind der höhere Zeit- und Materialaufwand, eine flache Lernkurve
und ein erhöhtes Perforationsrisiko. Im Gegensatz zur EMR erfolgt die Resektion nicht
mit Schlingen, sondern mit speziellen Messern und anderen Instrumenten.
Auswahl des Resektionsverfahrens
Initial muss eine endoskopisch detektierte Läsion endoskopisch hinsichtlich ihrer
Dignität und – im Falle eines Frühkarzinoms – ihrer mutmaßlichen Infiltrationstiefe
eingeschätzt werden. Die Beurteilbarkeit des Malignitätsrisikos ist entscheidend,
um abzuschätzen, ob eine En-bloc-Resektion notwendig ist, und entsprechend das optimale
Resektionsverfahren zu wählen (EMR vs. ESD). Bestandteile der endoskopischen Diagnostik
sind die Beurteilung der Wachstumsform (Paris-Klassifikation) sowie die anschließende
Feinbeurteilung des Oberflächenreliefs (Surface Pattern) und der Gefäßarchitektur
(Vascular Pattern). Am Ende der makroskopischen Beurteilung sollte eine Einschätzung
der technischen Resektabilität sowie der onkologisch sinnvollen Resektabilität (kurative
Resektion) stehen.
Merke
Bei frühmalignen Befunden (vorliegende Histologie oder Verdacht aufgrund morphologischer
Kriterien) sollte eine En-bloc-Resektion der Läsion unbedingt angestrebt werden.
Sollte eine En-bloc-Resektion malignitätsverdächtiger Läsionen mittels EMR nicht sicher
möglich sein, sollte der ESD der Vorzug gegeben werden. Bei makroskopisch benigne
eingestuften Befunden müssen die Vor- und Nachteile der EMR und ESD im Einzelfall
abgewogen werden.
Indikationen für die ESD
Derzeit in Europa akzeptierte Indikationen für eine Resektion in ESD-Technik sind
-
alle Plattenepithelfrühkarzinome des Ösophagus, wenn kein Verdacht auf eine Submukosainvasion
besteht,
-
ausgewählte Adenofrühkarzinome des Ösophagus (Durchmesser von mehr als 15 mm, schlechtes
Lifting nach Unterspritzung oder Verdacht auf Submukosainvasion),
-
Adenome und Frühkarzinome des Magens, die einer endoskopischen Resektion (ER) aus
onkologischer Sicht zugänglich sind. Sie sollten immer mittels ESD abgetragen werden.
Im Kolorektum sollte eine ESD immer dann erwogen werden, wenn die Morphologie eines
Polypen auf ein mögliches Malignitätsrisiko hinweist:
Für benigne kolorektale Läsionen stellt die EMR heute noch das Standardverfahren dar.
Im Einzelfall sollte aber auch hier der Vorteil eines nahezu eliminierten Rezidivrisikos
nach ESD individuell in die Wahl des Resektionsverfahrens einbezogen werden. Dies
gilt insbesondere im Rektum, wo die ESD im Vergleich zum Kolon ein sehr geringes Komplikationsrisiko
aufweist [2].
Alternativen zu EMR und ESD
Eine weitere endoskopische Abtragungsmöglichkeit stellt die Kombination der beiden
Techniken EMR und ESD dar: CSI-EMR (circumferential submucosal incision endoscopic
mucosal resection). Dabei wird z. B. der LST in ESD-Technik zirkumferenziell umfahren
und somit die Mukosa inzidiert; anschließend wird der Polyp mit der Schlinge in EMR-Technik
abgetragen. Damit wird an den lateralen Rändern eine vollständige Entfernung gewährleistet
und so die Rezidivrate im Vergleich zur klassischen EMR gesenkt – die Perforationsrate
ist dabei vergleichbar niedrig wie bei der klassischen EMR. Bei mittelgroßen Polypen
(2 – 4 cm) kann es durch das zirkumferenzielle Umfahren in einigen Fällen zu einem
„Schrumpfen“ des Polypen kommen. Dann kann dieser im Anschluss doch en bloc mittels
Schlinge reseziert werden. Die postulierten Vorteile (niedrige Perforationsrate bei
niedrigem Rezidivrisiko) dieser kombinierten Abtragungstechnik müssen jedoch noch
in prospektiven Studien bestätigt werden.
Läsionen unter 20 mm können in Fällen eines „Non-Liftings“ mit der endoskopischen
Vollwandresektion behandelt werden, da hier eine transmurale Resektion möglich ist
[3].
Merke
Eine operative Resektion von benignen Adenomen ist heute nur sehr seltenen Ausnahmefällen
vorbehalten, jedoch als alternative Therapieoption grundsätzlich möglich.
Unter gewissen Bedingungen ist jedoch eine primäre Operation die Therapie der Wahl,
z. B.
-
bei familiärer adenomatöser Polyposis (FAP),
-
bei hochgradigen Dysplasien im Rahmen einer Colitis ulcerosa oder
-
wenn die fragliche Läsion nach klinischen und endoskopischen Parametern verdächtig
auf eine fortgeschrittene Invasionstiefe ist oder ein Lymphknotenbefall zu vermuten
ist [4], [5].
Schritt 1 Vorbereitung des Patienten
Notwendig ist eine Aufklärung über den Eingriff einschließlich Sedierung (Hinweis
auf z. B. Nachblutung, Perforation, aber auch inkomplette Resektion mit notwendiger
sekundärer Operation etc.). Im Falle der Koloskopie ist eine vollständige Darmreinigung
nötig. Voraussetzung für eine ER sind zudem eine ausreichende Blutgerinnung (INR < 1,5;
PTT < 50 s; Thrombozyten > 50 G/l).
Schritt 2 Vorbereitung der Endoskopie
Abb. 2 Vorbereiteter Tisch mit Korkplatte, Formalin, Schlinge, Nadel zur Unterspritzung,
Kompressen, Polypenfalle und physiologischer Kochsalzlösung mit Toluidinblau.
Zusätzlich zur regulären Vorbereitung der Endoskopie (z. B. Geräte-Check, Monitoring)
empfiehlt es sich, eine Färbelösung (z. B. Toluidinblau 300 mg ad 500 ml NaCl 0,9%)
für die submuköse Injektion vorzubereiten. Es folgt die Vorbereitung der Elektrochirurgie
(einschließlich korrektem Anbringen einer Nullelektrode). Des Weiteren werden Probengläser
(Formaldehyd 4%) oder ein Korkblock zum Aufspannen des Resektats benötigt ([Abb. 2]).
Die Auswahl des passenden Endoskops hängt von der Lage des Polypen ab: Im Rektum kann
ein flexibles therapeutisches Gastroskop Vorteile bieten, im Colon ascendens ein klassisches
Koloskop. Es empfiehlt sich, hochauflösende Videogeräte der letzten Generation einzusetzen,
wir verwenden auch immer eine kurze, weiche Aufsatzkappe.
Aktuell erfolgt die ESD in unseren Kliniken unter stationären Bedingungen. Resektionen
im Ösophagus und im proximalen Magen führen wir in Intubationsnarkose durch. Ansonsten
erhält der Patient eine tiefe intravenöse Sedierung mit Midazolam und Propofol durch
einen hierfür qualifizierten Arzt. Eine Antibiotikaprophylaxe erfolgt nicht routinemäßig.
Schritt 3 Detektion und Charakterisierung
Abb. 3 Endoskopische Diagnostik einer Magenfrühneoplasie (Biopsie: Adenom mit leichter Dysplasie
– Morphologie: dringender Verdacht auf Magenfrühkarzinom).
a Weißlichtendoskopie.
b Narrow Band Imaging (NBI).
Abb. 4 Charakterisierung von kolorektalen Polypen.
a Flache Läsion im Colon ascendens: NICE 1/WASP-positiv (Oberfläche glatt, Begrenzung
scharf, Form unregelmäßig, vereinzelt Krypten mit dunklen Punkten: somit 2 positive
WASP-Kriterien) als Hinweis auf ein sessil serratiertes Adenom.
b Adenom NICE 2.
c Areale von unterbrochenen oder fehlenden Gefäßen und amorphes bzw. fehlendes Oberflächenmuster:
NICE 3, bereits Verdacht auf submukosal infiltrierendes Karzinom.
Mit hochauflösender Videoendoskopie wird die Läsion bei optimaler Vorreinigung des
Ösophagus, Magens oder Darms sicher erkannt. Optische Filterverfahren des Lichtes
oder eine konventionelle Chromoendoskopie helfen bei der Einschätzung, ob beispielsweise
ein hyperplastischer oder adenomatöser Polyp vorliegt. Klassifikationen (s. „Info
– Klassifikation“) ermöglichen eine Risikoabschätzung der Entartungswahrscheinlichkeit
oder submukösen Invasivität einer u. U. bereits malignen Läsion im oberen Gastrointestinaltrakt
([Abb. 3]) oder Kolon ([Abb. 4]).
Folgende Klassifikationssysteme dienen der Charakterisierung von frühen gastrointestinalen
Neoplasien:
-
Paris-Klassifikation: Morphologie des Polypen ([Abb. 5])
-
Kudo-Klassifikation: „pit pattern“
-
Sano-Klassifikation: „capillary pattern“
-
NICE-Klassifikation „Narrow Band Imaging International Colorectal Endoscopic Classification“:
Beispiel für die Anwendung von optischen Filterverfahren für die Charakterisierung
von kolorektalen Polypen, validiert für Polypen < 1 cm ([Tab. 1])
-
WASP-Klassifikation „Workgroup on serrAted polypS and Polyposis Classification“: ergänzt
NICE-Kriterien um Hazewinkel-Kriterien zur Abgrenzung serratierter Adenome von hyperplastischen
Polypen. Bei NICE-Typ-1- oder -2-Läsionen werden folgende Kriterien abgeprüft (sind
2 davon erfüllt, handelt es sich am ehesten um ein sessil serratiertes Adenom):
Abb. 5 Paris-Klassifikation zur morphologischen Einteilung oberflächlicher gastrointestinaler
Neoplasien. Typ I: vorgewölbt (gestielt Ip, sessil Is), Typ II: flach (flach-erhaben
IIa, flach-flach IIb, flach-eingesenkt IIc), Typ III: ulzeriert (doi:10.1055/b-002-96283).(Quelle: Probst A. Polypen und Polyposis. In: Messmann H, Hrsg. Lehratlas der Koloskopie.
2., aktualisierte Aufl. Thieme; 2014. )
Tab. 1 NICE-Klassifikation.
Typ
|
Farbe (im Vergleich zur Umgebung)
|
Gefäße/Gefäßmuster
|
Oberflächenstruktur
|
vorhergesagte Histologie
|
Typ 1
|
gleich oder heller als der Hintergrund
|
a: keine Gefäße b: filigran geschwungen c: kleine Pünktchen umgeben von weißen Kreisen
|
dunkle oder weiße Pünktchen in homogener Anordnung
|
hyperplastischer Polyp
|
Typ 2
|
braun, dunkler (beachte gefäßbedingte Färbung)
|
braun, homogen, von weißen Strukturen umgeben
|
ovale, tubuläre, verzweigte Strukturen, umgeben von braunen Gefäßen
|
Adenom
|
Typ 3
|
dunkelbraun, fleckige weiße Areale
|
irregulär, unterbrochen, teils fehlend
|
amorph, destruiertes oder fehlendes Relief
|
Karzinom
|
Schritt 4 Resektionsgrenzen und -strategie
Abb. 6 Markierung der Resektionsgrenzen durch Koagulationsmarken außerhalb der Läsion.
Nach abgeschlossener morphologischer Diagnostik müssen die Resektionsgrenzen und die
Therapiestrategie der ER festgelegt werden. Insbesondere im Ösophagus und Magen kann
die Bestimmung der lateralen Ausdehnung einer Läsion schwierig und manchmal erst durch
Chromoendoskopie, Vergrößerungsendoskopie und z. B. NBI möglich sein.
Merke
Im Ösophagus und Magen müssen die Resektionsgrenzen vor Beginn der Abtragung unbedingt
durch Koagulationsmarken gekennzeichnet werden.
Dies kann bei der ESD am einfachsten mit der Spitze des für die Resektion vorgesehenen
Messers erfolgen ([Abb. 6]). Alternativen sind eine APC-Sonde (Argon-Plasma-Koagulation) oder die Spitze der
Resektionsschlinge. Im Kolorektum ist eine Markierung nur bei sehr flachen Läsionen
erforderlich; polypoide Läsionen sind hier auch nach einer Unterspritzung noch gut
nach lateral abgrenzbar.
Im Vergleich zu anderen Resektionstechniken spielt die Lage einer Läsion im Verhältnis
zur Schwerkraft bei der ESD eine besondere Rolle. Die Lagerung des Patienten sollte
bereits initial so erfolgen, dass die Schwerkraft (erkennbar an der Lage intraluminaler
Flüssigkeit) der abzutragenden Läsion möglichst gegenüberliegt.
Schritt 5 Unterspritzung
Abb. 7 Unterspritzung der Läsion außerhalb der markierten Resektionsgrenzen.
Spätestens jetzt sollte eine transparente Abstandskappe auf das Distalende des Endoskops
aufgesetzt werden. Die Unterspritzung erfolgt bei der ESD analog zur EMR ([Abb. 7]).
Merke
Das Ziel der Unterspritzung ist, den Durchmesser der Submukosa zu vergrößern (Lifting)
und so das Risiko einer Verletzung der Muscularis propria bzw. das Perforationsrisiko
zu minimieren.
Zur Injektion kann prinzipiell jede Substanz verwendet werden; die Auswahl ist untersucherabhängig.
Für die EMR verwenden wir Kochsalzlösung mit Adrenalin (Konzentration Adrenalin 1 : 100 000).
Zur ESD bevorzugen wir eine 10%ige Glycerollösung mit Adrenalin (Endkonzentration
1 : 50 000 – 1 : 100 000) und einer geringen Menge Indigokarmin. Bei schlechtem Lifting
kann der Einsatz von Hyaluronsäure sehr hilfreich sein; nachteilig sind die hier höheren
Kosten.
Ab diesem Punkt unterscheidet sich das Vorgehen für eine ESD von einer EMR und entsprechend
werden die weiteren Schritte getrennt betrachtet!
Schritt 6 EMR: Resektion
Abb. 8 Komplett abgetragene Läsion mit Sicht auf den Resektionsgrund.
Voraussetzung für eine optimale Resektion ist die geeignete Lage des Endoskops ohne
Schleifenbildung (Kontrolle des Schaftes, Übertragung von Drehbewegungen direkt auf
die Spitze). Die Ausrichtung des Polyps sollte unterhalb der Austrittsstelle des Arbeitskanals
im Bild sein (auf 6 Uhr). Das gewählte Instrument (Schlinge, Kappe oder Gummiband)
wird nun ausgebracht und platziert.
Bei Resektion mit der Schlinge wird diese leicht von der Wand zum Zentrum des Lumens
hin bewegt, damit ein möglichst geringer thermischer Effekt auf die Wand einwirkt.
Nach elektrochirurgischer Abtragung der Läsion werden die Resektionsränder zum Ausschluss
von Resten der Läsion intensiv inspiziert ([Abb. 8]).
Schritt 6 ESD: Mukosadurchtrennung, Umschneidung
Abb. 9 Mukosadurchtrennung und Umschneidung.
a Inzision der Mukosa, hier mittels Hook Knife (KD-620LR, Olympus).
b Komplette zirkumferenzielle Umschneidung der Läsion.
Nach der Unterspritzung wird die Mukosa außerhalb der markierten Resektionsgrenzen
durchtrennt. Hierzu stehen verschiedene Messer zur Verfügung.
Merke
Die Durchtrennung der Mukosa sollte die Submukosa eröffnen und in ihrer Tiefe nahe
an die Muscularis propria reichen, ohne diese jedoch zu berühren.
Eine zu flache Inzision erschwert nicht nur die Erreichbarkeit der Submukosa, sondern
erhöht auch das Blutungsrisiko durch inkomplette Koagulation submukosaler Gefäße.
Ob die Umschneidung initial komplett um die gesamte Läsion (zirkumferenziell) oder
zunächst nur partiell erfolgt, hängt von Größe, Lage und Erreichbarkeit der abzutragenden
Läsion ab. Eine zunächst nur partielle Inzision hat den Vorteil einer besseren Traktion
des noch nicht abgetragenen Gewebes während der submukosalen Dissektion. Zu beachten
ist aber, dass Bereiche einer noch nicht komplett erfolgten Inzision im Verlauf der
Abtragung eventuell schwierig erreichbar werden können (Beispiel: aboraler Rand einer
Ösophagusläsion, wenn die oralseitig partiell abgetragene Läsion nach aboral umklappt).
Die Komplettierung einer initial nur partiellen Umschneidung muss im weiteren Verlauf
der ESD rechtzeitig erfolgen. Die beste Abtragungsstrategie sollte dementsprechend
bereits zu Beginn der Resektion festgelegt werden ([Abb. 9]).
Schritt 7 ESD: Submukosadissektion
Abb. 10 Submukosadissektion.
a Erneute Unterspritzung während der Dissektion.
b Dissektion der Submukosa, hier mittels Hook Knife (KD-620LR; Olympus).
Nach erfolgter Inzision wird die Submukosa mit dem hierzu ausgewählten Messer durchtrennt.
Eine wiederholte Unterspritzung in die Submukosa ist während der Submukosadissektion
erforderlich ([Abb. 10]). Als Alternative zur konventionellen Unterspritzung mittels Injektionsnadel stehen
mittlerweile verschiedene Messer mit integriertem Injektionskanal zur Verfügung. Diese
erlauben neben der Schneide- und Koagulationsoption auch eine Unterspritzung. Vorteil
ist der fehlende Zeitverlust durch den ansonsten erforderlichen Instrumentenwechsel.
Die Auswahl des Messers ist untersucherabhängig.
Innerhalb der Submukosa vorhandene Gefäße können entweder prophylaktisch vor ihrer
Durchtrennung oder spätestens bei eingetretener Blutung koaguliert werden. Die Koagulation
kleiner Gefäße kann mit der Spitze des ESD-Messers erfolgen; für größere Gefäße kann
der Einsatz zusätzlicher Koagulationszangen erforderlich sein.
Schritt 8 ESD: Nach komplettierter Abtragung
Abb. 11 Nach der ESD.
a Resektionsulkus nach komplettierter ESD.
b Resektat auf Korkplatte aufgespannt (Histologie: Magenfrühkarzinom pT1a L0 V0 G1 R0).
Nach Komplettierung der Resektion wird das Resektat geborgen und das Abtragungsulkus
inspiziert. Erkennbare größere Blutgefäße sollten zur Prophylaxe einer verzögerten
Blutung mit der Spitze des ESD-Messers oder einer Koagulationszange koaguliert werden.
Das Resektat wird mit Stecknadeln auf eine Kork- oder Gummiplatte aufgespannt und
zur histopathologischen Untersuchung versandt ([Abb. 11]).
Nach der Intervention
ESD: Beachtenswertes
Nach Resektionen im oberen Gastrointestinaltrakt empfehlen wir eine Therapie mit Protonenpumpenhemmern:
zunächst in doppelter Standarddosis für 6 Wochen und dann in einfacher Standarddosis
für weitere 6 Wochen bis zur ersten endoskopischen Kontrolle.
Merke
Zu beachten ist das Risiko einer postinterventionellen Strikturentwicklung bei Resektionen
im Ösophagus, wenn die Resektion mehr als 75% der Zirkumferenz umfasst.
Hier ist eine Strikturprophylaxe obligat (lokale oder systemische Steroidtherapie,
prophylaktische endoskopische Dilatation). Derartige Resektionen sollten ausschließlich
in hierfür erfahrenen Zentren erfolgen.
EMR: Nachsorge
Bei größeren Läsionen mit höherem Komplikationsrisiko kann eine stationäre Überwachung
indiziert sein. Die Empfehlung zur Kontrollkoloskopie richtet sich nach der Vollständigkeit
der Abtragung sowie dem histologischen Ergebnis. Bei Piecemeal-Technik oder gar klinisch
inkompletter Resektion zum Eingriffsende wird eine Kontrollkoloskopie nach 4 – 6 Monaten
empfohlen.
Zusammenfassung
EMR und ESD sind minimalinvasive Resektionsverfahren, mit denen frühe Neoplasien im
Gastrointestinaltrakt schnell und sicher entfernt werden können. Sorgfältig beachtet
werden müssen die Kriterien wie Größe der Läsion, Erhabenheit und Eingesenktheit.
Die ER ist bei Dysplasien und Frühkarzinomen hinsichtlich Lebensqualität und Kosten
der radikalen Operation deutlich überlegen.