Anamnese
Ein 44-jähriger Patient stellt sich mit Hautveränderungen auf der Stirnmitte vor.
Diese bestünden seit ca. 10 Tagen. Klinisch wurde an eine Sarkoidose, ein Granuloma
eosinophilicum faciei oder ein Lymphom gedacht.
Klinischer Befund
An der Stirn findet sich eine ca. 8 × 3 cm große erythematöse Plaque mit seröser Kruste
([Abb. 1]).
Abb. 1 Erythematöse Plaque an der Stirn.
Histologischer Befund
An der Oberfläche fokal flache Schuppenkruste mit serösen Einlagerungen und kompakte
Parakeratose. In der Dermis dichtes, überwiegend lymphozytäres Entzündungsinfiltrat
([Abb. 2 a]). Einzelne Lymphozyten zeigen teils deutlich ausgeprägte Atypien. Multifokal kleine
Nekrosezonen innerhalb der Follikel der Terminalhaare mit in den Randbereichen angedeuteter
Akantholyse. Die umgebenden Keratinozyten zeigen auffällige Zellkerne und ein trübes
Nukleoplasma. Einzelne Keratinozyten scheinen mehrere Zellkerne zu haben.
Abb. 2 a Überwiegend lymphozytäres Entzündungsinfiltrat (HE). b Deutliche Vermehrung MIB-1 positiver Zellen (Immunhistochemie).
Die immunhistochemischen Färbungen der Infiltrate zeigen eine überwiegend T-zellige
Differenzierung mit deutlicher Vermehrung MIB-1-positiver Zellen ([Abb. 2 b]); nur einzelne B-Zellen und keine CD30-positiven Blasten. CD68 färbt viele Zellen
des entzündlichen Infiltrats positiv an.
Diagnose
Pseudolymphom in Herpes simplex Infektion.
Typisch für virusinduzierte Veränderungen sind zytopathische Veränderungen der Keratinozyten
mit milchglasartigem Nukleoplasma und marginalisiertem Chromatin. Häufig lassen sich
synzytiale mehrkernige Keratinozyten nachweisen ([Abb. 3 a]); diese sind charakteristisch für virusinduzierte Veränderungen. Flankiert werden
die virustypischen Veränderungen durch ein dichtes lymphozytäres Infiltrat, welches
häufig atypische lymphozytäre Veränderungen erkennen lässt ([Abb. 3 b]) [3]. Auch die fokalen Nekrosezonen und Akantholysebereiche sind typisch für virusinduzierte
Veränderungen. Beweisend für eine Herpes-simplex-Infektion ist der Nachweis HSV-positiv
angefärbter Keratinozyten in der immunhistochemischen Anfärbung ([Abb. 3])
Abb. 3 a Synzytiale mehrkernige Keratinozyten (HE). b Lymphozytäre Infiltrate und HSV-positiv angefärbte Keratinozyten (Immunhistochemie).
Der lichtmikroskopische Befund erlaubt keine sichere Unterscheidung zwischen einer
HSV- und VZV-Infektion; die histologischen Veränderungen der beiden Erkrankungen sind
nahezu gleich. Hinweisend kann bei einer VZV-Infektion ein tiefer reichendes entzündliches
Infiltrat vorliegen. Verfügbare immunhistochemische Antikörper weisen virale DNA oder
Antigene nach, zeigen jedoch gelegentlich eine Kreuzreaktivität (v. a. zwischen HSV
1 und 2); die Unterscheidung zwischen HSV und VZV ist jedoch mittels der verfügbaren
immunhistochemischen Antikörper zuverlässig möglich [4]. Eine genaue Differenzierung der Virustypen ist durch eine PCR (Polymerase-Kettenreaktion)
oder ISH (In-situ-Hybridisierung) möglich.
Histologisch auffällig ist die dichte, lymphozytär geprägte Entzündungsreaktion. Diese
kann durch häufig ausgeprägte Atypien das histologische Bild eines Lymphoms vortäuschen
[3]. Die typischen viruszytopatischen Veränderungen der Keratinozyten finden sich in
Lymphomen jedoch nicht. Im Zweifelsfall helfen bei der Differenzierung gegenüber einem
Lymphom immunhistochemische Färbungen.
Das typische klinische Bild eines Herpes simplex zeigt gruppierte, stecknadelkopfgroße
Bläschen und in der Anamnese wird häufig von einem chronisch-rezidivierenden Verlauf
berichtet. Typisch für einen Herpes simplex recidivans in loco ist das wiederholte
Auftreten der schmerzenden Hautveränderungen an gleicher Lokalisation; als provozierende
Faktoren sind psychische und physische Stresssituationen häufig anamnestisch zu erheben
[1]. Am häufigsten tritt der Herpes simplex nach UV-Exposition oder nach Infekten auf.
In dem vorliegenden Fall zeigt das klinische Bild keine Vesikel, sondern lediglich
eine erythematöse Plaque ([Abb. 1]). In der erweiterten Anamnese wird ein Bestehen der Hautveränderungen seit 10 Tagen
angegeben. Dieses Zeitintervall ist länger als die in der Literatur beschriebenen
7 Tage im Mittel bis zur Abheilung eines Herpes simplex [2]. Eine Abheilung ist in dem hier vorliegenden Fall nur andeutungsweise erkennbar.