Fragestellung: Mögliche Auswirkungen komorbider psychischer Störungen auf Selbstbehandlung und
Glukoseeinstellung werden häufig diskutiert. Bisherigen Studien fehlen jedoch meist
zuverlässige Störungsdiagnosen als Untersuchungsgrundlage. In der PRO-MENTAL-Studie
wurden relevante psychische Störungen per strukturiertem klinischen Interview erfasst.
Die vorliegende Analyse untersucht Glukoseoutcomes anhand dieser Störungen.
Methodik: Affektive, Angst- und Essstörungen (zurzeit=Punktprävalenz) wurden mithilfe eines
strukturierten, ICD-10-basierten Interviewsystems (digitale Kurzversion des DIPS OA)
diagnostiziert diagnostiziert. Als Maß der Glukoseeinstellung wurde der aktuelle HbA1c-Wert
in% (DZM-Labor) genutzt. Unterschiede im HbA1c wurden mittels ANOVA, adjustiert für
Diabetestyp, analysiert. Daten von N=453 Teilnehmenden konnten verwertet werden (53,5%
T1D, 45% T2D, 1,5% and. spez. Typ, 46% Frauen, Alter 53±16 J., Diabetesdauer 19±12
J., 81,7% mit Insulin, HbA1c 7,3±1,4%).
Ergebnisse: Der mittlere HbA1c-Wert (± SD), geschichtet nach aktuell bestehenden Störungen,
betrug für:
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Alle affektiven Störungen (n=40): 7,9±2,2 vs. 7,3±1,3, p=.014 – Depressive Episoden
(n=30): 7,9±2,3 vs. 7,3±1,3, p=.022; Dysthymie (n=3): 6,6±1,2 vs. 7,4±1,4, p=.299;
Bipolare Störung (n=8): 8,2±1,7 vs. 7,3±1,4, p=.083; Manische/Hypomanische Episoden
(n=2): 10,0±2,6 vs. 7,3±1,4, p=.005.
-
Alle Angststörungen (n=110): 7,7±1,5 vs. 7,2±1,3, p=.003 – Panikstörung (n=12): 8,5±2,2
vs. 7,3±1,3, p=.004; Agoraphobie (n=20): 8,1±1,5 vs. 7,3±1,4, p=.018; Soziale Phobie
(n=29): 7,6±1,4 vs. 7,3±1,4 (p=.353); Spezifische Phobien (n=73): 7,6±1,3 vs. 7,3±1,4,
p=.154; Generalisierte Angststörung (n=32): 7,6±1,4 vs. 7,3±1,4, p=.267).
-
Alle Essstörungen (n=17): 8,9±3,1 vs. 7,3±1,2, p<.001 – Anorexie/Bulimie/Purging-Störung
(n=3): 11,7±6,7 vs. 7,3±1,3, p<.001; Binge-Eating-Störung (n=9): 8,2±1,6 vs. 7,3±1,4,
p=.044; Night-Eating-Störung (n=5): 8,5±1,9 vs. 7,3±1,4, p=.062; Binge-Eating/Night-Eating
(n=14): 8,3±1,7 vs. 7,3±1,4, p=.006.
Schlussfolgerungen: Die Untersuchung zeigt signifikant erhöhte HbA1c-Werte bei allen Formen von Essstörungen,
affektiven Störungen (insbesondere bei depressiven Episoden) sowie auch bestimmten
Angststörungen (speziell Panikstörung und Agoraphobie). Die Ergebnisse hinsichtlich
bipolarer Störung und manischen/hypomanischen Episoden, Dysthymie sowie Anorexie und
Bulimie im Einzelnen lassen sich aufgrund der geringen Fallzahlen noch nicht zuverlässig
beurteilen.