Einleitung Wir berichten über den seltenen Fall einer Spontangeburt bei einer 22-jährigen Patientin
mit Z.n. operativem Spina bifida-Verschluss im Ausland im Alter von 1 Jahr und Z.n.
radikaler Zystektomie mit Ileumcoduitanlage bei neurogener Blasenentleerungsstörung
im Ausland im Alter von 17 Jahren. Der Verlauf der Schwangerschaft war kompliziert.
Anamnestisch Erstgravida mit spontaner Konzeption. Im ersten Trimenon (13. SSW) erfolgte
die erste Vorstellung im Haus mit Diagnose einer tiefen Beinvenenthrombose. Bei V.a.
Lungenarterienembolie erfolgte die Gabe von niedermolekularem Heparin über drei Monate.
Die Patientin wurde zudem mit rezidivierenden Harnwegsinfekten und Nierenstau beidseits
stationär und ambulant antibiotisch behandelt. Zusätzlich erfolgte eine Aufnahme mit
suspektem CTG im zweiten Trimenon zur Observanz. Die Betreuung der Patientin erfolgte
interdisziplinär mit der Urologie und der Infektiologie während der gesamten Schwangerschaft.
Mit der Patientin wurde die individuelle Risikosituation, vor allem die Limitationen
einer suffizienten Analgesie sub partu (Kontraindikation für PDA) und die operativen
Risiken einer Entbindung per sectionem bei Z.n. radikaler Zystektomie und Ileumconduit
ausführlich besprochen. Nach ausdrücklichem Wunsch der Patientin unter Einbindung
der Kollegen der Klinik für Urologie, wurde bei sehr limitierter wissenschaftlicher
Datenlage [1] die vaginale Entbindung angestrebt. Am Entbindungstermin (40+0 SSW) stellte sich
die Patientin mit Wehen, neurologischer Symptomatik (Kopfschmerzen) und steigenden
Infektparametern zur Geburt vor. Unter interdisziplinärer Betreuung konnte sie am
gleichen Tag komplikationslos in unserem Perinatalzentrum entbunden werden. (männlich,
2805gr, 3.Perzentile, pH 7,23, Apgar 9/10/10). Peripartal wurde ein Harnwegsinfekt
erneut antibiogrammgerecht behandelt.
Ergebnisse In dieser Fallvorstellung kann von einer seltenen geburtshilflichen Konstellation
berichtet werden nach komplexem kinderchirurgischem und urologischem Eingriff bei
einer schwangeren Patientin mit günstigem perinatalem Outcome. Nach Literaturrecherche
[1]
[2] entbinden die Frauen nach rekonstruktiven urologischen Operationen hauptsächlich
per elektiver Sectio. Vaginale Geburten bei Müttern nach Spina bifida Operation und
Ileumconduit sind in der Literatur sehr selten. Häufige Komplikationen sind Harnwegsinfekte
und eine hohe maternale Morbidität im Falle einer sekundären Sectio.
Zusammenfassung Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Geburtshelfer, Urologen, Pädiater
und andere Disziplinen ist unerlässlich für das optimale Management der Schwangerschaft
und der Geburt bei diesen Risikopatienten.