Hintergrund und Ziel: Der Isolierung von Pankreasinseln mittels Kollagenaseverdau wird derzeit routinemäßig
eine Zellkulturphase nachgeschaltet, von der eine Erholung („recovery“) angenommen
wird, die erst reproduzierbare und relevante Ergebnisse ermöglichen soll. Es ließen
sich jedoch reproduzierbare Unterschiede in der Glucose-stimulierten Insulinsekretion
zwischen frisch isolierten und kultivierten Inseln zeigen, während rein depolarisierende
Stimuli keine Unterschiede erbrachten. Es ist daher wichtig, die zugrunde liegenden
Mechanismen zu kennen, um die Validität der an unterschiedlichen Modellen gewonnenen
Beobachtungen einzuschätzen.
Methode: NMRI-Mausinseln wurden durch Kollagenase-Injektion in den Pankreasgang isoliert und
frisch oder kultiviert in RPMI+10% FBS (5 mM Glucose) verwendet. Die Insulinsekretion
wurde durch Umströmung mit Krebs-Ringer Medium (KR-Medium, 5 mM Glucose) und ELISA
des fraktionierten Eluats gemessen. Die mitochondriale Funktion wurde durch die Messung
der NAD(P)H- und FAD-Autofluoreszenz und der TMRE-Fluoreszenz als Indikator des mitochondrialen
Membranpotentials bestimmt.
Ergebnisse: Zunächst wurde die Reaktion von frisch isolierten Inseln mit der Reaktion von Inseln
verglichen, die zuvor für 3 Stunden kultiviert worden waren. Als Stimulus diente eine
maximal effektive Glucosekonzentration (30 mM Glucose) nach einer Umströmung ohne
Glucose für 60 min. Die frisch isolierten Inseln zeigten nach einer Latenz von 10
min eine kontinuierlich ansteigende deutliche Insulinsekretion, die bei Auswaschen
schnell auf den prästimulatorischen Wert zurückging. Die kultivierten Inseln zeigten
auf den Glucosestimulus keinen Anstieg der Sekretion, jedoch einen signifikanten Anstieg
mit dem Auswaschen. In beiden Präparationen kam es durch 30 mM Glucose zu einem Anstieg
der NAD(P)H- und einem Abfall der FAD-Fluoreszenz. Diese waren in den kultivierten
Inseln stärker ausgeprägt und nur hier war ein signifikanter Anstieg des mitochondrialen
Membranpotentials zu verzeichnen. Wurde das Umströmungsprotokoll mit Inseln durchgeführt,
die zuvor entweder für 3 Stunden mit KR-Medium oder 3 Stunden mit Zellkulturmedium
umströmt wurden, war die stimulierte Sekretion der KR-umströmten Inseln gegenüber
frisch isolierten Inseln unverändert, die mit Zellkulturmedium umströmten Inseln zeigten
eine gesteigerte Sekretion gegenüber den statisch kultivierten Inseln.
Schlussfolgerung: Inseln, die mit Zellkulturmedium in Kontakt waren (statisch oder umströmt) zeigen
eine andere Sekretionskinetik als Inseln, die nur mit KR-Medium in Kontakt waren.
Dabei reagiert der mitochondriale Stoffwechsel qualitativ gleichartig, jedoch ist
bei den KR-exponierten Inseln kein Anstieg des mitochondrialen Membranpotentials zu
verzeichnen. Die Gestaltung der Zellkulturphase hat einen entscheidenden Einfluss
auf die Stimulus-Sekretions-Kopplung auf der Ebene der Atmungskettenaktivität.