Hintergrund Die individuelle Variabilität der neurologischen Entwicklung eines Frühgeborenen
wird durch ein komplexes Zusammenspiel diverser Faktoren bestimmt. Es fehlen umfassende
Modelle, die diese multiplen Einflüsse systematisch erfassen und in ihrer Wechselwirkung
verstehen. Hier erfordert es prädiktive Ansätze, die Entwicklungsverläufe präzise
abbilden und interindividuelle Unterschiede berücksichtigen, um eine differenzierte
Bewertung des neurologischen Outcomes zu ermöglichen.
Zielsetzung Entwicklung eines prädiktiven Scores, der es durch maschinelles Lernen ermöglicht
individuelle neurologische Entwicklungsverläufe von Frühgeborenen zu erfassen, relevante
Einflussfaktoren zu analysieren und präzise Vorhersagen zu ermöglichen.
Methodik Das Modell basiert auf einem Random-Forest-Algorithmus, dessen Datensatz das Gehirnvolumen
anhand sonographisch ermittelten sagittalen und coronaren Ebenen sowie das Gehirnvolumenwachstum
als am zeitlichen Verlauf gewichteten logistisch ermittelten Wachstumswert darstellt.
Daten wie Perzentilwerte von Gewicht, Länge und Kopfumfang, sowie Geburts- und Entbindungsfaktoren,
darunter das Gestationsalter, APGAR-Werte, der Entbindungsmodus und der Nabelschnur-pH
sind eingeschlossen. Darüber hinaus werden neonatale Morbiditätsfaktoren wie Sepsis,
bronchopulmonale Dysplasie und intraventrikuläre Hämorrhagien berücksichtigt. Auch
Beatmungsparameter, einschließlich der Dauer der mechanischen und nicht-invasiven
Beatmung, fließen in die Modellierung mit ein.
Die Vorhersage des NeoNEVS-Scores basiert auf den Ergebnissen des Bayley-III-Tests
in seinen drei Testdimensionen – kognitive, sprachliche und motorische Entwicklung
– sowie auf einen gebildeten Durchschnittswert dieser Dimensionen. Dabei wurden die
Prozentränge der Bayley-Skalen als Zielvariablen genutzt.
Ergebnisse Die Vorhersagegenauigkeit für das neurologische Outcome in Form der Durchschnittsberechnung
aller Bayley-Dimensionen je Kind wurde mit MSE=26,11 und R2=0,976 bestimmt, dies entspricht einer Abweichung von±5,1 Punkten.
Die kognitive Entwicklung wies die höchste Genauigkeit auf (MSE=17,93; R2=0,989 und Abweichung±4,2 Punkte). Die motorische Entwicklung wurde mit MSE=32,44,
R2=0,956 und einer Abweichung von±5,7 Punkten vorhergesagt. Die sprachliche Entwicklung
hatte mit MSE=127,93, R2=0,888 eine größere Abweichung von±11,3 Punkten, hier ist ein großer externaler Einfluss
zu vermuten.
Diskussion Das Gehirnvolumenwachstum zeigt sich als aussagekräftiger Prädiktor, muss jedoch
in der Bemessung vereinfacht werden, um eine klinische Integration zu ermöglichen.
Der Bayley-III zeigt sich als Kooperationsmedium aufgrund der notwendigen Durchschnittsberechnung
und der resultierenden methodischen Unstimmigkeit als unzureichend, hier wäre ein
angepasster präziser Parameter wünschenswert. Soziale und umweltbedingte Faktoren
sollen einbezogen werden, um die Vorhersage weiter zu verbessern. Eine longitudinale
Überwachung ist ausstehend.