Einleitung: Die diagnostischen Kriterien der Störung mit Vermeidung/Einschränkung der Nahrungsaufnahme
(engl. ARFID) beinhalten den Ausschluss von Anorexia Nervosa und Körperbildproblemen.
Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass eine erhöhte Essstörungspsychopathologie auch
bei Personen mit ARFID vorliegen kann. Diese Studie untersucht daher die Ausprägung
und Korrelate von Essstörungspsychopathologie bei Erwachsenen mit ARFID-Symptomen.
Methoden: Daten von N=417 Teilnehmenden (30±9 Jahre, 77% weiblich) mit selbstberichteten ARFID-Symptomen
(Nine Item ARFID Screener) bei gleichzeitigem Ausschluss von Anorexia Nervosa wurden
im Rahmen einer Online-Studie ausgewertet. Von einer Teilstichprobe (n=102) liegt ebenfalls eine ARFID-Diagnose vor. Für Gruppenvergleiche wurden die Teilnehmenden
mittels individuellen Matchings nach Alter und Geschlecht in 3 gleich große Gruppen
nach Ausprägung der Essstörungspsychopathologie eingeteilt: niedrig (Eating Disorder
Examination-Questionaire8 [EDE-Q8] Global Score<1), moderat (1≤EDE-Q8<4), hoch (EDE-Q8≥4).
Ergebnisse: Unter allen Teilnehmenden mit ARFID-Symptomen und -Diagnose wiesen 51%, 36% und
13% eine niedrige, moderate und hohe Essstörungspsychopathologie auf. Die individuell
gematchten Gruppen (jeweils n=55) zeigten signifikante Unterschiede im Body-Mass-Index (kg/m2), der Depressivität und Angstsymptomatik, mit höheren Ausprägungen bei Erwachsenen
mit hoher vs. moderater/niedriger Essstörungspsychopathologie.
Schlussfolgerung: Eine erhöhte Essstörungspsychopathologie muss kein Ausschluss für ARFID sein. Die
aktuellen Ergebnisse verdeutlichen, dass eine erhöhte Essstörungspsychopathologie
insbesondere bei Erwachsenen mit ARFID und Übergewicht/Adipositas vorliegt. Implikationen
für Diagnostik und Behandlung werden diskutiert.