Am 29. 9. 2023 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) eine
Resolution zur Agenda 2030 [1]
[2]. Von den 17 darin genannten Zielen (SDGs – Sustainable Development Goals) ([Abb. 1]) sind folgende Aspekte bei einer nachhaltigen Gewinnung pflanzlicher Rohstoffe für
die pharmazeutische Weiterverarbeitung von umfassender Bedeutung:
Abb. 1 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs – Sustainable
Development Goals) [2]. Quelle: Aktion Deutschland Hilft
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Der Klimawandel – eine der größten Herausforderungen unserer Zeit – führt zu a) anhaltenden
Dürren/extremen Wetterereignissen, b) Landverlust/Bodendegradation, c) Biodiversitätsverlusten,
d) Wüstenbildung, Stürmen, Umweltverschmutzung
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Ressourcen müssen erhalten und nachhaltig genutzt werden
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Degradation von Ökosystemen und Verlust an biologischer Vielfalt muss vermieden werden
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In vielen Teilen der Welt nehmen bewaffnete Konflikte und Instabilität zu
Die verarbeitende pharmazeutische Industrie braucht gleichbleibende, homogene Rohstoffe
(batch to batch consistency), die den Qualitätsanforderungen der geltenden Arzneibücher
entsprechen und verlässlich bezogen werden können. Dies muss in einer sich verändernden
Welt mit unsicheren Produktionsparametern sichergestellt werden.
Für die Wildsammlung bedeutet das eine strenge Einhaltung und wirksame Kontrollen
von genehmigten Spezies, Regionen und Mengen. Ist dies nicht möglich oder verhindern
geopolitische Geschehnisse die Sammlung, müssen alternative Gebiete gefunden und aufgebaut
werden. Dabei muss geprüft werden, ob die benötigte Spezies an diesen neuen Orten
auch dem geforderten Chemotyp entspricht. Geografisch entfernte Populationen einer
Spezies unterscheiden sich mitunter erheblich. Ein Beispiel ist die traditionell in
Russland gesammelte Droge Arctostaphylos uva-ursi, die in Albanien andere chemische Qualitäten aufweist. Obwohl Albanien zu den weltweit
größten Exporteuren von Sekundärstoff liefernden Pflanzen gehört, ist die Einhaltung
von Gesetzen, Verordnungen und Genehmigungen ein bekanntes Problem. So werden auch
Pflanzen exportiert, die auf der nationalen „Roten Liste“ als gefährdet bzw. vom Aussterben
bedroht aufgeführt sind.
Domestikation und GACP-konformer Anbau von Arzneipflanzen sind wirksame Maßnahmen,
um der Erosion der Biodiversität zu begegnen. Zudem sind wichtige Parameter, wie z.B.
die genaue Einhaltung des optimalen Erntetermins und Planbarkeit von Qualität und
Erntevolumina, vorteilhaft gegenüber der Wildsammlung und wiegen die höheren Endpreise
oft auf.
Will man auch extremen Wetterbedingungen, wie Hitze, Dürre, Überflutungen usw. vorbeugen,
könnte in Zukunft die Produktion von Arzneipflanzen in geschlossenen Systemen an Bedeutung
zunehmen („Vertical Farming“). Eine Aufnahme dieser Produktionstechnik in die überarbeiteten
GACP-Richtlinien steht bereits bevor. Sehr gute Erfahrungen hinsichtlich der Qualität
wurden in den letzten Jahren mit Cannabis sativa gewonnen. Weltweit wird zunehmend an geeigneten Techniken und der Wirtschaftlichkeit
geforscht.