Mangels klinischer Daten ist in vielen Monographien des Herbal Medicinal Products
Committee (HMPC) der europäischen Zulassungsagentur EMA die Anwendung pflanzlicher
Arzneimittel bei Kindern und Jugendlichen eingeschränkt. Verschiedene Organisationen
und Fachgesellschaften haben sich der Problematik angenommen und suchen gemeinsam
nach Lösungsmöglichkeiten.
Die Leitlinie ICH E11A [1] gibt Empfehlungen für die Extrapolation von Daten für eine rationale Dosierung von
Arzneimitteln bei Kindern unter Berücksichtigung von 3 Aspekten: Ähnlichkeit der Erkrankung
zwischen Erwachsenen und Kindern; pharmakologische und pharmakokinetische Eigenschaften
des Wirkstoffs; Ähnlichkeit von Wirksamkeit und Sicherheit zwischen Erwachsenen und
Kindern. Die GPT [2] hält die Möglichkeit der Extrapolation grundsätzlich für einen guten Ansatz, jedoch
fehlen für viele marktfähige Arzneimittel insbesondere für Phytopharmaka generell
die von der Guideline vorausgesetzten Daten zur Pharmakodynamik und Pharmakokinetik.
Mit dem Projekt PhytoVis® der Kooperation Phytopharmaka und des Kölner Instituts für Medizinische Statistik
und Bioinformatik ist zwischen 2013 und 2017 eine Erfahrungsdatenbank aus der Versorgungsforschung
zur Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Erwachsenen und Kindern aufgebaut worden [3]. Eine neue Datenerfassung soll durch weitere Befragungen in Apotheken und Arztpraxen
an verschiedenen Zentren in Deutschland in Kürze starten.
Ein Workshop unter der Federführung der Stiftung Plants for Health im Juli 2024 [4] unterstrich das große Potenzial von Real World Daten (RWD) und diskutierte den aktuellen
Stand und zukünftige Ansätze für deren Nutzung zur wissenschaftlichen Untermauerung
des Einsatzes pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern und Jugendlichen.
Ein aktuelles HMPC Reflection Paper zeigt die regulatorische Sichtweise zum Erfordernis
von Daten für pflanzliche Arzneimittel auf, die bei Kindern und Jugendlichen angewendet
werden [5]. Für den Bereich der anerkannten medizinischen Verwendung werden veröffentlichte
klinische Studien von ausreichender Qualität in den relevanten Altersgruppen, die
in begründeten Fällen durch alternative Datenquellen gestützt werden können, als einziger
Nachweis angesehen. Eine Extrapolation wird grundsätzlich für nicht anwendbar gehalten;
eine prospektive Sammlung von RWD könnte in Betracht gezogen werden, die im Voraus
mit den Zulassungsbehörden abgesprochen werden sollte.
Angesichts fehlender Daten und demzufolge Einschränkungen in den Monographien des
HMPC für die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern und Jugendlichen erscheint
es dringend erforderlich, den Dialog zwischen Fachgesellschaften, Behörden, Industrie
und Anwendern fortzuführen und Modelle zu entwickeln, wie Daten aus der täglichen
Praxis sinnvoll und umfassend ausgewertet werden können und zur Absicherung der Anwendung
und Dosierung pflanzlicher Arzneimittel bei Kindern herangezogen werden können.
Dieser Vortrag ist eine Zusammenfassung bisheriger Aktivitäten im Bereich der Möglichkeiten
der Generierung von Anwendungsdaten für die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel bei
Kindern. Eine Unterstützung/Finanzierung liegt nicht vor.