Hintergrund Gallenblasenwandverdickungen werden in der Notfallsonografie häufig als Hinweis auf
eine akute Cholezystitis gewertet. Sie sind jedoch ein unspezifischer Befund, der
auch bei anderen Erkrankungen auftreten kann(1) – insbesondere bei kritisch kranken
Patienten. Eine fehlende Kontextualisierung kann zu Fehlattributionen, Überdiagnostik
und unnötigen chirurgischen Eingriffen führen.
Methoden Wir präsentieren hier den Fall einer 43-jährige Patientin, die sich notfallmässig
septisch mit deutlich klopfschmerzhaftem rechtem Nierenlager vorstellte. Laborchemisch
zeigten sich eine Leukozytose, ein deutlich erhöhtes CRP sowie eine nicht-cholestatische
Hepatopathie mit etwa zehnfach erhöhten Transaminasen. Im Urin fand sich eine Bakteriurie
und Leukozyturie. Die Sonografie ergab keinen Hinweis für eine Abflussbehinderung,
einen Nierenabszess, eine Leber- oder Gallenblasenpathologie. Bei Verdacht auf Pyelonephritis
wurde eine intravenöse antibiotische Therapie initiiert. Aufgrund persistierender
Entzündungsparameter wurde eine Verlaufssonografie durchgeführt ([Abb. 1]).
Abb. 1 Gallenblasenwand bei Eintritt sowie 24 h später
Ergebnisse Neu zeigte sich eine mit 12 mm deutlich verdickte Gallenblasenwand ohne Mehrvaskularisation
oder Hydrops, jedoch mit multiplen kleinen Konkrementen. Das sonografische Murphy-Zeichen
war negativ. Unter Fortführung der antibiotischen Therapie besserte sich der Zustand
ohne chirurgische Intervention rasch. Zusammenfassend lag eine reaktive Gallenblasenwandveränderung
im Rahmen der systemischen Infektion vor.
Schlussfolgerung Gallenblasenwandveränderungen treten bei bis zu 84% kritisch kranker Patient:innen
auf (2), ohne dass eine therapiebedürftige Cholezystitis besteht. Auch bei sonografischen
Befunden wie Wandverdickung und Steinen ist die klinische Interpretation mit differentialdiagnostischem
Denken entscheidend, um Überdiagnosen und unnötige Operationen zu vermeiden. Der Fall
unterstreicht die Bedeutung kontextsensitiver Ultraschallbefundung.