Einleitung Die Versorgung tracheotomierter Patient*innen mit ICU-Acquired Weakness (ICU-AW)
auf Intensivstationen stellt eine besondere Herausforderung dar. Die ICU-AW führt
unter anderem zu symmetrischen, schlaffen Paresen, mit reduzierten Muskeleigenreflexen
und möglichen Sensibilitätsstörungen. Sie beeinträchtigt die In- und Exspirationskraft
sowie die pharyngeale Muskulatur und kann zu einer allgemeinen Atemmuskelschwäche,
Dysphagie und einem prolongierten Weaning führen. Trotz ihres Potenzials ist die Rolle
der Therapie im Trachealkanülenmanagement (TKM) bislang nur unzureichend beschrieben
– insbesondere im Hinblick auf die frühzeitige Einbindung auf der Intensivstation.
Dabei kann gerade eine strukturierte, interprofessionell abgestimmte Integration therapeutischer
Expertise in der frühen Phase entscheidend zur Wiederherstellung zentraler Funktionen
und zur erfolgreichen Dekanülierung beitragen.
Material und Methodik Am Universitätsspital Zürich ist ein interprofessionelles, therapiegestütztes Konzept
zum Trachealkanülenmanagement (TKM) etabliert, an dem sowohl Physio- als auch Ergotherapeut*innen
beteiligt sind. Ab der Tracheotomie übernehmen spezialisierte Physiotherapeut*innen
die tägliche Evaluation von Atmung, Husten und Sekretmanagement – gerade auch bei
beatmeten Patient*innen. Der Einsatz von verschiedenen Sprechventilen wird frühzeitig
initiiert, um sensorischer Deprivation entgegenzuwirken und die physiologische Atmung
über Mund und Nase zu fördern. Oralisierung, Koststufen und Einsatzdauer der Sprechventile
werden individuell angepasst und täglich reevaluierend begleitet. Ziel ist die frühzeitige
Wiederherstellung essenzieller Funktionen mit Blick auf eine sichere Dekanülierung.
Ergebnisse Ein strukturiertes Vorgehen ermöglicht eine frühzeitige Förderung der physiologischen
Atmung und Kommunikation sowie ein effektives Sekretmanagement – bereits während der
Beatmung. Der frühe Einsatz von Sprechventilen erwies sich als klinisch sicher und
unterstützt Schutzreflexe, phonatorische Aktivität und Schluckmotorik. Der gezielte
Einsatz des Frazier-Free-Water-Protocols fördert zudem die orale Flüssigkeitsaufnahme
bei Dysphagie, steigert die Compliance und verbessert die Lebensqualität. Die kontinuierliche
Reevaluation ermöglicht eine dynamische Therapieplanung trotz hoher klinischer Variabilität.
Zusammenfassung Das interprofessionelle, therapeutisch mitgetragene TKM verbessert zentrale Voraussetzungen
für eine erfolgreiche Dekanülierung und kann Komplikationen sowie die Aufenthaltsdauer
auf der Intensivstation reduzieren. Die Physiotherapie sollte eine aktive Rolle im
Entscheidungsprozess übernehmen, um eine differenzierte Beurteilung von Atemfunktion,
Schutzreflexen und Kommunikationsfähigkeit zu ermöglichen. Frühzeitige Einbindung
der Therapie ist essenziell, um Outcome und Lebensqualität kritisch kranker Patient*innen
zu verbessern.