Einleitung
Einleitung
Um das Ziel, ein wirksames Screeningprogramm für den Lungenkrebs zu realisieren, mußte
zunächst die automatisierte Zytometrie von Zellen bösartiger Lungentumoren ermöglicht
werden. Die Automatisierung der Zytometrie wurde in jüngster Zeit durch leistungsfähige
Computer-Hard- und Software in Kombination mit hochauflösenden Videosystemen auf Feinrobotik
ermöglicht [[4 ], [14 ], [20 ], [29 ]].
Eine Anlage, die in der Lage ist, eine quantitative Analyse der Kernstruktur und des
Chromatin-Gehaltes automatisiert durchzuführen, wurde im Januar 1996 in unserer Zytometrie-Einheit
etabliert und für den klinischen Einsatz weiterentwickelt [[19 ], [26 ]]. Diese Arbeit sollte vorbereitend für nachfolgende Sputumuntersuchungen zunächst
prüfen, inwieweit die zytometrischen Untersuchungsergebnisse der in der Regel materialreichen
und unter optischer Kontrolle gewonnenen bronchialen Spülflüssigkeiten mit zytologischen
und histologischen Ergebnissen sowie der Enddiagnose übereinstimmen.
Die automatisierte Image-Zytometrie wurde in den letzten Jahren als ein sensitives
Verfahren zur quantitativen Analyse von Kernstrukturen und des DNA-Gehaltes exfoliierter
Zellen entwickelt. Sie fand ihren Einsatz zunächst in der Untersuchung von Zervixabstrichen
[[3 ], [7 ]
[8 ]
[9 ]]. Nun bietet sich mit der Weiterentwicklung und Automatisierung ein neuer Einsatzbereich
an: die Untersuchung epithelialer und makrophagozytärer Zellen des Atemtraktes aus
bronchialen Spülflüssigkeiten oder Sputa [[11 ], [14 ]].
Angesichts einer - allen Therapien zum Trotz - unverändert schlechten Prognose des
Lungenkrebses zeigt sich dennoch, daß die Frühdiagnose des Lungenkrebses die Sterberate
deutlich senken kann [[5 ]]. Auch heute noch stirbt, trotz der seit den 60er Jahren rückläufiger Krebsmortalität,
knapp jeder vierte Bundesbürger infolge eines Krebsleidens. Dabei steht der Lungenkrebs
nach Angaben der WHO mit 26,7 % aller malignen Neoplasien bei den Männern und 6,7
% bei den Frauen an der Spitze der Krebstodesursachen der Männer und bei den Frauen
an 4. Stelle hinter dem Brust-, Dick- und Enddarmkrebs [[12 ]]. In den USA stellen Lungentumoren sogar 34 % aller Krebstodesfälle von Männern
und 22 % der Krebstodesfälle von Frauen. Die dem Lungenkrebs zuzuschreibenden Todesraten,
stiegen im Verlauf dieses Jahrhunderts drastisch an. Seit den 60er Jahren verzeichnete
das Statistische Bundesamt in der Bundesrepublik bei den Männern einen stetigen Aufwärtstrend
der Lungenkrebs-Sterbeziffer von 55 auf 70 pro 100 000 Einwohner. In den 80er Jahren
kam es zu einem Stillstand dieser Entwicklung und seit Anfang der 90er Jahre wird
ein rückläufiger Trend beobachtet, wobei letzteres für die neuen Bundesländer nicht
uneingeschränkt gilt. Bei den Frauen zeigt sich eine andere Entwicklung. Es findet
sich weiterhin ein stetiger Aufwärtstrend, wobei die Sterbeziffer sich seit den 60er
Jahren fast verdoppelt hat. Im Vergleich zu den Männern ist sie mit 20 pro 100 000
Einwohner z. Z. jedoch noch relativ niedrig (Statistisches Bundesamt). Insgesamt starben
allein in unserem Land 36 748 Menschen im Jahr 1996 an bösartigen Neubildungen der
Lunge und Bronchien.
In den Jahren von 1960 bis 1980 stieg die Mortalität an Lungenkrebs nach Angaben der
WHO in den industrialisierten Ländern um 76 % bei den Männern und bei den Frauen sogar
um 135 % an.
Nach Angaben der American Cancer Society wurden 1995 in den USA 169 900 Lungentumoren
diagnostiziert und 157 400 Todesfälle erwartet [[1 ]]. Die 5-Jahres-Überlebensraten für den Lungenkrebs sind, verglichen mit anderen
Tumoren, klein und haben sich in den letzten 25 Jahren kaum verbessert [[5 ]]. Unter den in den Jahren 1981 - 1987 neu diagnostizierten Fällen beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate
lediglich 11,8 % für Männer und 16,3 % für Frauen. Die 5-Jahres-Überlebensrate für
Tumoren, die in frühen, lokal begrenzten Stadien entdeckt wurden, ist mit 47 % signifikant
höher [[5 ]]. Jedoch werden nur 18 % der Tumoren in einem früheren Stadium entdeckt. Nicht-kleinzellige
bösartige Lungentumoren könnten grundsätzlich früher entdeckt und entsprechend behandelt
werden. Die 5-Jahres-Überlebensraten hängen deutlich vom Diagnosezeitpunkt ab. Für
das Stadium I wird eine Rate von 76 %, für Stadium II eine von 25 %, weniger als 7
% für die Stadien IIIA und IIIB, ein Tumor im Stadium IV wird nur in Ausnahmefällen
fünf Jahre überlebt [[16 ]].
Diese Tatbestände unterstreichen die Notwendigkeit der Früherkennung bösartiger Lungentumoren.
Für eine wirkungsvolle Frühdiagnostik werden dringend neue Methoden benötigt [[24 ]]. Eine Möglichkeit könnte die hier vorgestellte automatisierte Image-Zytometrie
in ihrer Weiterentwicklung für das Sputum-Screening sein [[11 ], [14 ], [18 ], [29 ]]. Sie stellt ein sensitives Verfahren zur quantitativen Analyse der Kernstruktur
und des DNA-Gehaltes exfoliativer Zellen, wie die des Atemtraktes dar. Gegenüber der
herkömmlichen Durchflußzytometrie werden nicht nur die Kerngröße und der DNA-Gehalt
der zu untersuchenden Kerne bestimmt, sondern die Kernstruktur wird - vergleichbar
der zytologischen Untersuchung - anhand einer Vielzahl unterschiedlicher Chromatinstrukturen
(Features) analysiert und quantifiziert. Die weitgehende Automatisierung des Verfahrens
ermöglicht eine arbeitszeitunabhängige Bearbeitung der Präparate auch in Abwesenheit
des Untersuchers. Sie bietet die Möglichkeit, eine größere Anzahl von Proben ohne
wesentlichen personellen Mehraufwand zu untersuchen. Sie eignet sich als diagnostisches
Verfahren und damit auch für umfangreiche Screeninguntersuchungen.
In der vorliegenden Studie wollten wir die Frage klären, ob der gegenwärtige Stand
der automatisierten Image-Zytometrie bei ihrem Einsatz in der Untersuchung bronchialer
Spülflüssigkeiten bereits eine zuverlässige Übereinstimmung mit den Ergebnissen von
zyto- und histo-pathologischen Untersuchungen von Biopsie-Präparaten zeigt.
Unter Verwendung eines automatisierten Image-Zytometers (Cyto-Savant®) untersuchten
wir bronchiale Spülflüssigkeiten von 142 konsekutiv untersuchten Patienten, die wegen
des Verdachts auf einen broncho-pulmonalen Tumor in der pneumologischen Klinik der
Augusta-Kranken-Anstalten bronchoskopiert wurden. Als Kontrollkollektiv dienten 50
Patienten ohne neoplastische Veränderungen, bei denen eine Bronchoskopie aus anderen
Gründen erfolgte.
Unsere Ergebnisse belegen, daß die quantitative Image-Zytometrie bei der Untersuchung
bronchialer Spülungen zu einem standardisierten und zuverlässigen Verfahren mit hoher
Sensitivität und Spezifität weiterentwickelt werden kann, das zudem weitgehend automatisiert
und bedienungsfrei arbeitet.
Methodik
Methodik
Patienten
An 142 Patienten mit dem Verdacht auf einen broncho-pulmonalen Tumor führten wir eine
Spülung des suspekten Bronchialabschnittes zusätzlich zur Gewinnung des zytologischen
und/oder histologischen Probenmaterials im Rahmen einer Bronchoskopie durch. Untersucht
wurden im Zeitraum von Mai 1996 bis April 1997 insgesamt 42 Frauen und 100 Männer
im Alter zwischen 26 und 85 Jahren, Median 65 Jahre. Bei allen Patienten dieser Gruppe
bestand der klinische und/oder röntgenologische Verdacht auf einen broncho-pulmonalen
Tumor, oder ein solcher sollte durch die bronchoskopische Untersuchung ausgeschlossen
werden. Bei sämtlichen Patienten wurde vor der Bronchoskopie eine Röntgenuntersuchung
des Thorax vorgenommen. Im Rahmen der weiterführenden Diagnostik erfolgte eine flexible
Bronchoskopie. Für 86 Patienten (60 %) lagen Angaben zum Rauchverhalten komplett vor,
darunter fanden wir in 95 % der Fälle Raucher mit durchschnittlich 47 Pack-Years.
Unter den Tumorpatienten mit bekanntem Rauchverhalten fanden wir in 97 % der Fälle
Raucher und nur in 3 % Nichtraucher. In 9 der 142 untersuchten bronchialen Spülflüssigkeiten
befand sich zu wenig repräsentatives Material, so daß schließlich 133 Patienten in
die Vergleichsuntersuchung aufgenommen werden konnten.
Kontrollkollektiv
Als Kontrollen dienten bronchiale Spülflüssigkeiten von 50 Patienten (30 Männer, 20
Frauen) bei denen eine Bronchoskopie aufgrund anderer Indikationen, (Sarkoidose, therapeutische
Lavage bei COPD oder Asthma) durchgeführt wurde. Darunter waren 22 Nichtraucher und
28 Raucher bzw. Exraucher mit mehr als 20 Packungsjahren.
Bronchoskopie
Wegen des Verdachtes auf das Vorliegen eines broncho-pulmonalen Tumors führten wir
im Rahmen des diagnostischen Vorgehens eine konventionelle Bronchoskopie durch. Indikation
zur Bronchoskopie war ein klinischer oder radiologischer Verdacht auf einen broncho-pulmonalen
Tumor. Die Untersuchung erfolgte in Lokalanästhesie und, falls erforderlich, unter
Zuhilfenahme einer i. v. Sedierung. Wir verwendeten flexible Bronchoskope vom Typ
Olympus BFP 30, BF 20 und BF 200.
Die bronchoskopischen Befunde teilten wir in drei Gruppen ein:
unauffällige oder entzündliche Veränderungen der bronchialen Schleimhaut,
direkte Tumorzeichen (in das Bronchiallumen wachsende stenosierende Tumoren mit der
Möglichkeit zur Exfoliation von Tumorzellen),
indirekte Tumorzeichen (submuköse Infiltration im Sinne einer Verbreiterung der Lappen-
bzw. Segmentkarinen oder Subsegmentkarinen mit Kompression bzw. Bronchialstenose,
einschließlich Verstreichungen der Schleimhaut oder der Knorpelstruktur assoziiert
mit lokalen Hypervaskularisationen).
Bronchiale Spülungen/Materialgewinnung
In den suspekten Bronchialabschnitten wurden vor den üblichen Probeexzisionen Spülungen
mit 2 × 8 ml isotoner Kochsalzlösung über den Arbeitskanal durchgeführt. Das Aspirat
(ca. 10 ml) wurde in 20 ml Saccomanno-Konservierungslösung aufgenommen. Noch am gleichen
Tag erfolgte die Aufbereitung des Probengutes. Bei Patienten ohne radiologischen oder
bronchoskopischen Lokalbefund sowie bei den Kontrollprobanden spülten wir die zentralen
Bronchialabschnitte.
Färbeverfahren
Nach Zentrifugation über 15 Minuten bei 500 g wurde das Zellpellet in 0,5 - 1,5 ml
Saccomanno-Lösung [[31 ]] mittels Pasteurpipette resuspensiert. Der Überstand wurde verworfen. Jeweils zwei
Tropfen der Zellsuspension (ca. 0,2 ml) gaben wir auf sechs Objektträger und strichen
die Proben mit einem zweiten Objektträger analog einer Blutprobe aus. Anschließend
erfolgte die Trocknung an der Luft mindestens über einen Zeitraum von 12 Stunden.
Jeweils zwei Präparate färbten wir für die zytologische Untersuchung nach Papanicolaou
[[27 ]] und zwei nach saurer Hydrolyse mit Thionin [[13 ], [17 ], [33 ]
[34 ]
[35 ]].
Zytologie
Die lichtmikroskopischen zytologischen Untersuchungen von Tupfpräparaten bzw. der
Abstriche oder Zytozentrifugate erfolgten unabhängig voneinander im Zytologischen
Institut Atay und Topalidis und/oder im Forschungsinstitut für Frühdiagnose und Therapie
des Bronchialkarzinoms. Die Befundung der zytologischen Präparate wurde nach einer
modifizierten Papanicolaou-Klassifikation durchgeführt [[2 ], [28 ]], darin bedeuten PAP-Klasse 0 nicht repräsentatives Material, PAP-Klasse I ein normales
Zellbild, PAP-Klasse II gutartige Erkrankungen, PAP-Klasse III Zellproliferationen
mit Zellatypien oder -anomalien (unklare Befunde), PAP-Klasse IIID Dysplasien (leicht, mäßig, schwer), PAP-Klasse IVa Carcinoma in situ, PAP-Klasse IVb einzelne sichere Tumorzellen (Karzinom sehr wahrscheinlich), PAP-Klasse V mehrere/viele
Tumorzellen (sicheres Karzinom). Zusätzlich zur Klassifikation erfolgte die Diagnose
mit einem Freitext. In die Auswertung floß jeweils die Diagnose mit dem höchsten Grad
der neoplastischen Veränderung ein.
Wenn notwendig erfolgten zusätzlich zu den Färbungen nach Papanicolaou und May-Grünwald-Giemsa,
zytochemische Färbungen (unspezifische Esterase, alkalische und saure Phosphatase,
PAS, Amylase-PAS,) sowie immunzytochemische Färbungen (CEA, NSE, Vimentin) zur weiterführenden
Spezifikation des Tumortyps bzw. der Diagnose.
Automatisierte Image-Zytometrie
Die zytometrische Untersuchung des Probenmaterials erfolgte mit dem Cyto-Savant® (Oncometrics
Imaging Corp. Vancouver, CDN) unter Verwendung eines speziell entwickelten trainierbaren
automatisierten Classifiers (TANC, Trainable Automated Nuclear Classifier) für exfoliative
Zellen des Atemtraktes, mit dem auch Untersuchungen von Sputumproben bereits routinemäßig
durchgeführt werden.
Für die zytometrischen Untersuchungen wurden die Präparate unter Verwendung von Thioninsulfid
nach saurer Hydrolyse gefärbt [[13 ], [34 ], [35 ]]. Die Präparate wurden zuerst 30 min in 96%igem Ethanol dehydriert, anschließend
30 - 60 min in Böhm-Sprenger-Lösung fixiert und dann mit Aqua dest. gespült. Die Purinbasen
wurden bei Zimmertemperatur (20°C) durch eine 45minütige Hydrolyse in 5 N HCl entfernt.
An die Aldehydgruppen band sich das Thionin-SO2 im anschließenden Färbeschritt (60 min) streng stöchiometrisch und wurde photometrisch
im blau-violetten Bereich bei 590 nm bestimmt. Anschließend wurden die Präparate mehrfach
in einer Natriumbisulfit-Lösung zur Entfernung von Farbresten gespült. Abschließend
erfolgte die Spülung in Ethanollösungen zunehmender Konzentrationen und schließlich
in Xylol, bevor die Proben in Immersionsöl eingebettet wurden.
Die Analysezeit des automatisierten Zytometers betrug eine halbe Stunde, während dieser
Zeit wurden bis zu 1500 Zellkerne rekrutiert und ihre Kernstrukturen quantitativ bestimmt.
Als Referenzzellen für die Normalisierung der Zellkernstrukturen dienten jeweils 25
in der jeweiligen Probe gefundene Lymphozyten. Die Unter- und Obergrenze der zu analysierenden
Anzahl der Kerne war für jede Gruppe frei wählbar.
Bei einer 20fachen Vergrößerung und einer Bildmatrix von 1,4*106 Pixeln der verwendeten CCD-Videokamera (Kodak Microimager 1400) und einer Bildschirmauflösung
von 1246 × 1026 Bildpunkten betrug die Kantenlänge eines Pixels ca. 0,33 μm. Die Anzahl
der Pixel ergab die Kerngröße, ein typischer Epithelzellkern mit 10 - 12 μm Durchmesser
umfaßte ca. 1000 Pixel. Die Farbintensität aller einzelnen Pixel wurde bei einer Wellenlänge
von 590 nm photometrisch gemessen. Der Graubereich von weiß bis schwarz umfaßte 256
Stufen, die Summe aller Graustufen der Pixel eines Kerns wird als integrierte optische
Dichte (IOD) bezeichnet und entspricht dem DNA-Gehalt des Kerns. Der Standardwert
für die IOD epithelialer Kerne betrug 110, zugelassen war ein Bereich von ± 50 % des
Standards. Die IOD der normalen Epithelzellkerne wurde gleich 1,0 gesetzt und als
DNA-Index bezeichnet. Ein DNA-Index von 1,0 entspricht dem doppelten haploiden DNA-Gehalt
(2c) eines normalen Kernes in der Ruhephase. Die Obergrenze für die Größe der zu sammelnden
Objekte betrug 350 000 Rähmchen (zentrales Pixel mit einer Pixelumrandung), die Untergrenze
1500.
Das Gerät ermöglicht die quantitative Untersuchung von mehr als 100 verschiedenen
Kernstruktureigenschaften, die dem automatisierten Zell-Classifier bei der Einteilung
der untersuchten Objekte in die einzelnen Zellkerngruppen und der Zellsammlung zugrunde
liegen [[11 ]]. An den einzelnen Knotenpunkten des Sortierbaums werden Schwellenwerte einzelner
Kernstrukturparameter definiert und linear-diskriminierende Funktionen aus den Kernstruktureigenschaften
berechnet, die eine größtmögliche Trennung der gewünschten Zellgruppen ermöglichen.
Zur Ersparnis von Rechnerzeit für die Zellsammlung und Analyse wurden Schwellenwerte
festgelegt, die nur die Sammlung von Objekten zulassen, die im voreingestellten Bereich
liegen. Primär werden darin die Größe und die optische Dichte der Objekte festgelegt.
Zur Analyse des Bronchialsekretes wurden maximal 500 normale Epithelzellkerne und
zwei Gruppen mit bis zu 200 auffälligen Kernen im Bereich 1,25 < DNA-Index < 2,5 und
bis zu 100 Kernen mit einem DNA-Index > 2,5 gesammelt. Hinzu kamen bis zu 100 Kondensatalveolarmakrophagen
[[23 ]] und jeweils bis zu 200 Lymphozyten, segmentkernige und eosinophile Granulozyten.
Die maximale Sammeldauer wurde auf 30 min festgelegt. Die Analyse wurde abgebrochen,
wenn die Mindestanzahl der gesuchten Zellen in dieser Zeit nicht erreicht wurde. Für
jede der etwa 1500 Zellen wurden die Meßwerte aller Kernstruktureigenschaften berechnet
und gespeichert. Die Lokalisation (x- und y-Koordinaten) sämtlicher Zellen wurde bestimmt.
Auffällige Kerne konnten daher einzeln mikroskopisch überprüft werden.
Vor der Analyse eines Satzes von bis zu 50 Proben, die das Gerät ohne Anwesenheit
des Untersuchers bearbeitet, wurde eine Eichung des Zytometers und eine Kontrolle
der Optik durchgeführt (Zeitaufwand ca. 5 Minuten). In seiner gegenwärtigen Version
können bei einer Analysezeit von 30 Minuten mindestens 48 Präparate pro Tag untersucht
werden. Die Revision durch den Untersucher, einschließlich Erstellung und Ausdruck
des Befundes, benötigt in der Regel fünf bis zehn Minuten. Während der 30minütigen
Zellsammlung werden in der aktuellen Softwareversion bis zu 50 000 Objekte erfaßt,
davon wird in einem „sauberen” Präparat etwa ein Drittel als Kerne der unterschiedlichen
Kategorien identifiziert. Eine wöchentliche Datensicherung mittels Streamer (HP 35480A)
wird parallel zur Datenaufnahme bzw. -revision durchgeführt. Eine aktuelle Übersicht
über die Einsatzmöglichkeiten und Kosten der statischen Bildzytometrie in der Diagnose
epithelialer Dysplasien findet sich bei Böcking [[6 ]].
Zytometrische Befundung
Den DNA-Gehalt epithelialer diploider Zellen (2c-Wert oder Euploidiewert) erhält man
z. B., indem man die IOD einer Anzahl von Lymphozyten bestimmt und mit einem laboreigenen
Faktor multipliziert. So schlagen z. B. Böcking et al. [[9 ]] einen Faktor von 1,2 vor, wenn in 50 % alkoholfixierte Präparate eine Stunde mit
4N HCl hydrolysiert worden sind.
Der DNA-Bereich euploider Zellkerne beträgt 2c ± 0,25c und entspricht damit etwa einem
Varianzkoeffizienten von 12,5 %. Als quantitative Meßgrößen wurden aus den Einzelwerten
des DNA-Gehaltes folgende Parameter bestimmt: die Raten der 2,5c und 5c- überschreitenden
Zellen (2,5cER und 5cER) und der 2c-Abweichungs-Index (2cDI) [[9 ]].
Von Böcking [[7 ]] sowie der ESACP [[9 ]] wurden Kriterien für die quantitative Analyse der Imagezytometrie aufgestellt,
die als Grundlage für unsere Beurteilung dienten. Der 5cER ist der prozentuale Anteil
der aneuploiden Zellen, deren DNA-Gehalt größer als 5c ist. Es handelt sich hierbei
um nicht in Teilung befindliche Kerne. Zellen wurden als aneuploid bezeichnet, wenn
sich ihr DNA-Gehalt nicht im Bereich 2c ± 0,25c befindet. 2cDI ist definiert als die
Summe der Abweichungsquadrate des DNA-Gehaltes der einzelnen Zellen (ci ) vom Mittelwert (2c), geteilt durch die Anzahl der Meßwerte. Der Wert entspricht
damit der mittleren quadratischen Abweichung vom Diploid-Wert. Diagnostische Einteilungen
maligner Veränderungen können auf den Werten der 5cER und 2cDI bezogen werden.
Als weitere Abstufungsmöglichkeit wurde der Malignitätsindex (MI) als Produkt aus
2cDI und 5cER berechnet. Beide Größen, 2cDI und 5cER, korrelieren eng miteinander
(z. B. r = 0,93 beim malignen Lymphom). Dieser Malignitätsindex wird als quadratische
Größe durch eine logarithmische Transformation in den Malignitätsgrad (MG) mit einer
Skala von 0,0 bis 3,0 umgewandelt. Damit kann das gesamte Spektrum der Malignität
von Tumoren in einem übersichtlichen Score dargestellt werden. Der Algorithmus ist
nicht anwendbar für Einflüsse, die eine Aneuploidie simulieren: Bestrahlung oder Zytostatikabehandlung,
Läsionen mit Riesenzellproliferation, Amitosen oder euploid polyploidisierte Zellen,
wie z. B. Urothelzellen [[7 ]]. Entsprechende Patienten wurden nicht in die Studie aufgenommen.
Zytometrische Klassifikation
Wir teilten die zytometrischen Befunde in die vier Kategorien 0, I, II oder III ein.
Darin bedeuten: 0 keine ausreichende Anzahl repräsentativer epithelialer Zellen, I
normale (unauffällige) Zellkernverteilung, II als leichtgradig suspekt wurden daher
solche Proben eingestuft, in denen mehr als 10 - 15 auffällige Kerne in diesem DNA-Bereich
gefunden wurden (> Mittelwert der Kontrollgruppe + 2s) und/oder der 2cDI erhöht war.
In den bronchialen Spülflüssigkeiten der 50 Kontrollprobanden fanden sich im Mittel
lediglich 2,5 ± 3,0 auffällige Kerne mit einem DNA-Index nahe 2,0 (1,75 < DNA-Index
< 2,25). III hochgradig suspekt, neben erhöhtem 2cDI eine Vielzahl von abnormen Kernen,
einschließlich solcher mit einem DNA-Gehalt von mehr als dem fünffachen des normalen
haploiden DNA-Gehaltes (5c) oder DNA-Index > 2,5 und einer erhöhten 5cER. Als repräsentative
Kernstruktureigenschaften (Features) stellten wir den Zusammenhang zwischen Zellkerngröße
und dem DNA-Gehalt bzw. dem DNA-Index im Ergebnisteil exemplarisch dar.
Pathologie
Für die pathologisch-histologischen Untersuchungen wurden Zangenbiopsien der auffälligen
Areale entnommen und im Institut für Pathologie untersucht. Die Proben wurden sofort
nach der Gewinnung in 4%iger Formalinlösung aufgenommen und noch am gleichen Tag verschickt.
Nach Spülung der Proben in Aqua dest. wurden sie nach den üblichen histologischen
Verfahren nach Passage in Ethanollösungen in zunehmenden Konzentrationen bis zur 100
% Lösung, dann mehreren Passagen in Xylol, Einbettung in Paraffinblöcke, Mikrotomschnitt,
Entparaffinierung mit Xylol, dann in Ethanollösungen abnehmender Stärke bis zum Aqua
dest aufgearbeitet. Es folgten abschließende Färbungen mit Hämatoxylin und Eosin sowie
mit Giemsa-Lösungen. Für spezielle Fragestellungen wurden auch hier weiterführende
immunhistochemische Verfahren angewendet. Die histopathologische Zuordnung des führenden
Tumortyps im Biopsiegut erfolgte nach der WHO-Klassifikation 1981.
Enddiagnose
Die endgültige Diagnose als Synthese sämtlicher erhobener Daten (klinische Daten,
Röntgenuntersuchungen, Bronchoskopie, Zytologie, Histologie) wurde dem Entlassungsbericht
entnommen.
Statistik
Die Ergebnisse der zytometrischen Untersuchungen wurden hinsichtlich der Sensitivität
und Spezifität gegenüber der klinischen Enddiagnose als „Goldstandard” überprüft [[32 ]]. In gleicher Weise wurden die Ergebnisse der Zytologie und Histopathologie gegenüber
der Enddiagnose getestet.
Ergebnisse
Ergebnisse
Kontrollkollektiv ohne Verdacht auf ein Bronchialkarzinom
Kontrolluntersuchungen erfolgten an 30 Männern (60 %) und 20 Frauen (40 %), bei denen
weder röntgenologisch noch anamnestisch der Verdacht auf einen broncho-pulmonalen
Tumor bestand. Das mittlere Alter war vergleichbar zu der Gruppe mit Verdacht auf
eine maligne Neoplasie (Mittelwert: 58,2 ± 11 Jahre) mit einer Spannweite von 25
bis 76 Jahren. Unter ihnen waren 28 Raucher bzw. Exraucher mit mehr als 20 Packungsjahren.
Sämtliche Proben wurden zytometrisch als unauffällig klassifiziert. Die Enddiagnose
lautete in 5 Fällen Asthma bronchiale oder bronchiale Hyperreagibilität, in 2 Fällen
Sarkoidose, in einem Fall lag eine Sekretretention vor, 31 Patienten zeigten eine
Bronchitis und 11 waren bronchoskopisch gänzlich unauffällig.
Das typische zytometrische Bild einer bronchialen Spülflüssigkeit eines Nicht-Tumorpatienten
ist gekennzeichnet durch normale Epithelzellkerne in der Interphase (G0 -Phase) und den Kernen inflammatorischer Zellen, die zusammen ein schmales exponentielles
Verteilungsmuster zeigen, wenn die Kerngröße und der DNA-Gehalt in Bezug gesetzt werden,
(Abb. [1 ]). Der Zusammenhang konnte mit einer Funktion der allgemeinen Form y = a*eb + c beschrieben werden.
Kleinere Kerne (< 250 Pixel) stammen von den inflammatorischen Zellen (Lymphozyten,
sowie segmentförmige und eosinophile Granulozyten). Epithelzellkerne waren in der
Regel größer (> 250 Pixel). Das Verteilungshistogramm für ihren DNA-Index entsprach
weitgehend einer Normalverteilung mit einem Variationskoeffizienten < 10 %. Lediglich
0,5 bis 1,0 % der gesammelten epithelialen Kerne zeigen einen DNA-Index im Bereich
1,25 < DNA-Index < 2,5 auf.
Alveolarmakrophagen starker Raucher (Kondensat-Makrophagen) wiesen zusätzlich zur
der DNA-Färbung der Kerne auch Färbungen lysosomaler Strukturen im Zytoplasma auf
und täuschen damit eine Aneuploidie vor. Diese Zellen wurden jedoch vom Classifier
identifiziert und in die entsprechende Kategorie eingeordnet (s. Abb. [2 ]).
Patienten mit Verdacht auf einen broncho-pulmonalen Tumor
Altersverteilung männlicher und weiblicher Patienten
Die Untersuchungen erfolgten an 100 Männern (70 %) und 42 Frauen (30 %). Das mittlere
Alter betrug 65,5 Jahre bei einer Spannweite von 26 bis 85 Jahren. Der Alters-Median
lag bei den Männern bei 66 und bei den Frauen bei 61 Jahren (Tab. [2 ]). Die größte Altershäufigkeit befand sich unter den Männern in der Gruppe der 61
- 70jährigen (42 %). Unter den Frauen war die Altersverteilung weniger homogen, der
Altersgipfel (31 %) lag in der Gruppe der 71 - 80jährigen. Die 95 %-Grenze der kumulativen
Häufigkeiten wurde jeweils in der Altersklasse der 71 - 80jährigen überschritten.
Zytometrische Ergebnisse in Abhängigkeit vom führenden histologischen Tumortyp
In 62 Fällen wurden bronchoskopisch direkte TU-Zeichen festgestellt. In 90 % der Proben
zeigten sich auch in der zytometrischen Untersuchung pathologische Befunde im Sinne
einer vermehrten Anzahl aneuploider Zellkerne (25 III, 31 II). Nur vier Proben waren
unauffällig (I) und zwei enthielten zu wenig Material (0).
Indirekte Tumorzeichen wurden in 31 Fällen gefunden; 84 % davon waren auch zytometrisch
auffällig. Bronchoskopisch konnten bei 49 Patienten (davon 16 mit röntgenologisch
gesichertem peripheren Rundherd) keine tumorverdächtigen Veränderungen festgestellt
werden. Jedoch fanden wir in 56 % der Patienten mit peripherem Rundherd auffällige
zytometrische Ergebnisse. Unter den bronchoskopisch unauffälligen Patienten, bei denen
röntgenologisch kein peripherer Rundherd nachgewiesen wurde, fanden wir in 9 Proben
(18 %) ein positives zytometrisches Untersuchungsergebnis (6 II).
Insgesamt fanden wir in 43 Fällen einen hochgradig suspekten Befund mit einer Vielzahl
von auffälligen Zellkernen (III). 54 Präparate waren leichtgradig suspekt mit einigen
abnormalen Zellen (II), 36 waren unauffällig (I) und in 9 Proben befand sich zu wenig
repräsentatives Material für die Befundung (0) (Tab. [1 ]).
Zytometrische Befundung im Vergleich zur histogenetischen Tumorklassifikation
Der Verdacht auf das Vorliegen eines broncho-pulmonalen Tumors konnte histologisch
oder zytologisch bei 108 der 142 untersuchten Patienten in der Enddiagnose gesichert
werden (Tab. [2 ]). Unter den Tumoren waren kleinzellige Karzinome in 26 % der Tumorfälle vertreten,
die davon untersuchten Präparate waren alle zytometrisch auffällig. Unter den nicht-kleinzelligen
Tumoren waren Plattenepithelkarzinome mit 23 %, Adenokarzinome mit 34 % und großzellige
Karzinome in 8 % vertreten.
Enddiagnose als „Goldstandard”
Der Vergleich mit der abschließenden Enddiagnose aus sämtlichen Untersuchungsergebnissen
als „Goldstandard”, zeigte eine zur Zytologie mit 92 % und Histopathologie mit 91
% vergleichbare Sensitivität der Zytometrie von 90 % (Tab. [3 ]).
Bei einem Vergleich der Spezifität, die bei den konventionellen mikroskopischen Verfahren
bei 100 % lag, führten fünf falsch-positive Befunde in der Image-Zytometrie bisher
zu einer Spezifität von 84 %. Für die Zytometrie erhielten wir einen positiven Vorhersagewert
von 95 % und einen negativen Vorhersagewert von 71 %.
Beispiele zytometrischer Untersuchungsergebnisse
Normalbefund: Ein unauffälliges zytometrisches Untersuchungsergebnis der bronchialen Spülflüssigkeiten
von einem nicht-rauchenden Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung
(COPD) zeigt einen exponentiellen Zusammenhang zwischen Zellkerngröße (Area) und DNA-Gehalt
(DNA-Index) ( Abb. [1 ]). Die rundlichen bis ovalen epithelialen Kerne zeigen ein feinkörniges Chromatinverteilungsmuster.
Es finden sich zarte Chromozentren und eine ausgeglichene Verteilung des Eu- und Heterochromatins.
Sie weisen einen DNA-Index von 0,75 bis 1,25 auf und befinden sich im Bereich einer
Kerngröße von 250 - 800 Pixeln. Nur einzelne Kerne haben einen DNA-Index um 2,0, dabei
handelt es sich vermutlich um Zellen in der G2-Phase der mitotischen Teilung.
Proben von Rauchern: Typisch für die Kernverteilung eines starken Rauchers (Abb. [2 ]) sind, neben dem üblichen Verteilungsmuster der normalen Epithelzellkerne auch eine
Vielzahl von teils polyploiden Kondensatalveolarmakrophagen, bei denen sich zusätzlich
Zytoplasmaeinschlüsse darstellen. Da diese Einschlüsse ebenfalls photometrisch erfaßt
werden, werden die Zellen als aneuploid klassifiziert. Der Classifier erkennt diese
Zellen jedoch und ordnet sie in die entsprechende Gruppe der Kondensatalveolarmakrophagen
ein. Die Größe dieser Zellen ist sehr unregelmäßig (300 - 3000 Pixel) und der scheinbare
DNA-Gehalt häufig größer 5c (5c ER > 5 %).
Kleinzellige Bronchialkarzinome: In der Spülflüssigkeit der Patienten mit kleinzelligen Bronchialkarzinomen im fortgeschrittenen
Stadium (Abb. [3 ]) sind neben dem üblichen Verteilungsmuster normaler Kerne eine Vielzahl intensiv
angefärbter aneuploider Kerne einschließlich solcher mit einem DNA-Gehalt größer 5c
(5c ER > 1 %) jedoch mit wenig veränderter Kerngröße (300 - 800 Pixel) und einem mittleren
DNA-Index von 1,83 ± 0,74 vorhanden. Das Chromatinmuster ist grobkörnig bis grobfaserig
und weist häufig große Chromozentren auf. Die Kernränder sind unregelmäßig. Die Kerne
sind polygonal, teils rundlich-oval bis tropfenförmig.
Plattenepithelkarzinome: In der bronchialen Spülflüssigkeit von Patienten mit Plattenepithelkarzinomen (Abb.
[4 ]) finden sich neben dem üblichen Verteilungsmuster der normalen epithelialen Kerne,
regelmäßig eine Vielzahl von auffälligen und vergrößerten aneuploiden Zellkernen mit
einer Fläche bis zu 2000 Pixeln. Die Kerne sind rundlich bis oval und glattrandig.
Das Chromatinmuster ist grobkörnig mit großen Chromozentren, gelegentlich finden sich
auch pyknotische Kerne mit sehr hohem DNA-Index.
Adenokarzinome: In der bronchialen Spülflüssigkeit von Patienten mit Adenokarzinomen (Abb. [5 ]) finden sich typischerweise auffällige Zellen mit aneuploiden Kernen einschließlich
solcher mit einem DNA-Gehalt größer 5c (5c ER > 0,5 %), die weniger hinsichtlich ihrer
Kerngröße als vielmehr in ihrem DNA-Gehalt von normalen Epithelzellkernen abweichen.
Die Kerne sind häufig halbmondförmig, besitzen einen vermehrten Heterochromatinanteil.
Gelegentlich finden sich eine helle Kernmatrix und gelappte bzw. polyploide Kerne.
Abb. 1 Beispiel für ein unauffälliges zytometrisches Untersuchungsergebnis von Probenmaterial
einer bronchialen Spüllösung von einem Patienten mit COPD, bei dem kein Verdacht auf
ein Bronchialkarzinom bestand und im Rahmen der klinischen Diagnostik nicht vorlag.
A: zytometrischer Report mit Darstellung der Häufigkeitsverteilung des DNA-Gehaltes,
der Beziehung zwischen DNA-Index und Kerngröße, einer tabellarischen Darstellung der
Anzahl der gesammelten Zellen der einzelnen Gruppen, die Raten der 2,5c- und 5c überschreitenden
Kerne (2,5c Exceeding und 5c Exceeding) sowie dem Malignitätsindex und Malignitätsgrad
und schließlich einer Galerie typischer unauffälliger Epithelzellkerne. B: zytologische Darstellung von Flimmerepithelzellen und C: histologische Abbildung der Bronchialschleimhaut.
Abb. 2 Beispiel für ein zytometrisches Untersuchungsergebnis von Probenmaterial einer bronchialen
Spüllösung eines starken Rauchers, bei dem der Verdacht auf ein Bronchialkarzinom
im Rahmen der klinischen Diagnostik nicht bestätigt werden konnte. A: zytometrischer Report mit Darstellung einer Galerie typischer Kondensatalveolarmakrophagen
bei Kondensatpneumopathien, die eine Aneuploidie vortäuschen. B: zytologische Darstellung der Kondensatalveolarmakrophagen und C: histologische Abbildung der Bronchialschleimhaut.
Abb. 3 Beispiel für ein pathologisches zytometrisches Untersuchungsergebnis von Probenmaterial
einer bronchialen Spüllösung eines Patienten mit kleinzelligem Bronchialkarzinom im
fortgeschrittenen Stadium. A: zytometrischer Report mit Darstellung einer Galerie typischer aneuploider Tumorkerne,
B: zytologische und C: histologische Darstellung des kleinzelligen Bronchialkarzinoms.
Abb. 4 Beispiel für ein pathologisches zytometrisches Untersuchungsergebnis von Probenmaterial
einer bronchialen Spüllösung eines Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom. A: zytometrischer Report mit Darstellung einer Galerie typischer aneuploider Tumorkerne,
B: zytologische und C: histologische Darstellung des Plattenepithelkarzinoms.
Abb. 5 Beispiel für ein pathologisches zytometrisches Untersuchungsergebnis von Probenmaterial
einer bronchialen Spüllösung von einem Patienten mit einem Adenokarzinom. A: zytometrischer Report mit Darstellung einer Galerie typischer aneuploider Tumorkerne,
B: zytologische und C: histologische Darstellung des Adenokarzinoms.
Tab. 1 Bronchoskopische Tumoridentifikation und zytometrische Befundung mit dem Cyto-Savant®
Bronchoskopisches Bild
Anzahl
% der Fälle
pos. Rate
zytometrische Klassifikation
III
II
I
0
direkte Tumorzeichen
62
44
90
25
31
4
2
indirekte Tumorzeichen
31
22
84
14
12
2
3
pRH, bronchoskopisch ohne Tumorbefund
16
11
56
4
5
6
1
kein pRH, bronchoskopisch ohne Tumorbefund
33
23
18
0
6
23
3
Summe
142
43
54
36
9
III: hochgradig suspekt mit zahlreichen auffälligen Kernen, einschließlich 5cER >
1 %, II: leichtgradig suspekt mit einzelnen auffälligen Kernen, I: unauffällig, 0:
nicht repräsentativ, keine ausreichende Anzahl repräsentativer Kerne, pRH: peripherer
Rundherd.
Tab. 2 Tumorklassifikation und zytometrische Diagnose bronchialer Spülflüssigkeiten mit dem
Cyto-Savant®
abschließende Diagnose
Anzahl
% der Fälle
% der TU
pos. Rate
zytometrische Klassifikation
III
II
I
0
Entzündungsreaktionen
34
24
0
5
26
3
kleinzellige Karzinome
28
20
26
100
17
8
0
3
Plattenepithelkarzinome
25
18
23
96
6
17
1
1
großzellige Karzinome
9
6
8
88
4
4
1
0
Adenokarzinome
37
26
34
86
15
15
5
2
Metastasen/div. Tumoren
9
6
8
66
1
5
3
Summe
142
100
43
54
36
9
III: hochgradig suspekt mit zahlreichen auffälligen Kernen, einschließlich 5cER >
1 %, II: leichtgradig suspekt mit einzelnen auffälligen Kernen, I: unauffällig, 0:
nicht repräsentativ, keine ausreichende Anzahl repräsentativer Kerne.
Tab. 3 Sensitivität und Spezifität der quantitativen Image-Zytometrie bronchialer Spülflüssigkeiten
in der Diagnose des Lungenkrebses
Methode
Anzahl
Sensitivität %
Spezifität %
korrekt-positiv
falsch-positiv
falsch-negativ
korrekt-negativ
Zytometrie
133
90
84
92
5
10
26
Zytologie
126
92
100
92
0
8
26
Pathologie
86
91
100
73
0
7
6
Diskussion
Diskussion
Die quantitative automatisierte Image-Zytometrie bronchialer Spülflüssigkeiten zeigte
in unserer Untersuchung im Vergleich zur Enddiagnose eines broncho-pulmonalen Tumors
als „Goldstandard” eine Sensitivität von 90 %, die mit der bei der Untersuchung zytologischer
und histologischer Biopsien ermittelten Sensitivität vergleichbar war. Die Spezifität
jedoch lag mit 84 % noch unter der der konventionellen mikroskopischen Verfahren (100
%).
Vergleich zu früheren Untersuchungen: Im Vergleich mit anderen Studien zur Evaluation bronchialer Spülflüssigkeiten bei
der Diagnose broncho-pulmonaler Tumoren zeigten unsere mit dem automatisierten Zytometer
erzielten Ergebnisse eine weitaus höhere Sensitivität. So gaben Gracia et al. [[10 ]] eine Sensitivität von nur 33 % für die Auswertung bronchialer Spüllösungen allein
und 56 % für die Kombination der Untersuchung bronchialer Spüllösung mit broncho-alveolärer
Lavage und postbronchoskopischem Sputum an. Pirozynski [[30 ]] kam in einer vergleichbaren Studie auf eine Sensitivität von 64 %.
Verschiedene Autoren beschrieben eine Abhängigkeit der Sensitivität zytologisch untersuchter
bronchialer Spülflüssigkeiten von der Tumorlokalisation und Größe [[25 ], [30 ]]. Bei den hier untersuchten 142 Patienten ergab die Bronchoskopie in 22 % ein vorwiegend
submuköses Tumorwachstum, in 44 % konnte ein exophytisch wachsender Tumor im einsehbaren
Bereich identifiziert werden, in 11 % war der röntgenologisch nachweisbare periphere
Rundherd bronchoskopisch nicht darstellbar. Wir fanden eine höhere positive Identifikationsrate
in solchen Fällen, in denen der Tumor direkt bronchoskopisch gesichtet werden konnte
(84 % bei submukösem Tumorwachstum, 90 % bei exophytischem Tumorwachstum). In den
Fällen, bei denen bronchoskopisch ein unauffälliger Befund erhoben wurde, fanden wir
bei Patienten mit radiologisch gesichertem peripheren Rundherd, in mehr als der Hälfte
(56 %) der Proben zytometrisch auffällige Kerne. Dies unterstreicht die Bedeutung
der Untersuchung von Untersuchungsgut bronchialer Spülflüssigkeiten bei peripheren
Lungentumoren.
Bei den oben erwähnten Untersuchungen bronchialer Spülflüssigkeiten mittels herkömmlicher
zytologischer Methoden gaben die Autoren eine Spezifität von 100 % an, die durch die
hier durchgeführte quantitative Image-Zytometrie mit ihrer Spezifität von 84 % nicht
erreicht wurde. Verantwortlich sind „5 falsch-positive” Ergebnisse bei 34 Patienten,
bei denen zum Zeitpunkt der Untersuchung kein Tumor festgestellt werden konnte. Die
Proben dieser Patienten, die ausnahmslos eine entzündliche Atemwegserkrankung aufwiesen,
enthielten allerdings nur einzelne auffällige Kerne mit einem DNA-Index nahe 2,0.
Auf entzündungsbedingte Kernveränderungen wurde in der Literatur bereits hingewiesen
[[8 ]]. Diese Patienten sind für ein Follow-up vorgesehen.
Sensitivität bei der Erfassung unterschiedlicher Tumortypen und Lokalisationen: Ein weiterer Aspekt, den wir bei unseren Untersuchungen näher beleuchten wollten,
war die Frage nach einer Abhängigkeit der image-zytometrischen Untersuchungen von
der histologischen Tumorklassifikation. Dabei unterschieden wir nach den führenden
histologischen Tumortypen Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome, kleinzellige sowie
großzellige bzw. heterogen differenzierte Karzinome und faßten andere seltenere Tumoren
und Metastasen anderer Primärtumoren in einer Gruppe zusammen [[21 ]].
Im Unterschied zur Untersuchung von Pirozynski [[25 ]], der eine besonders hohe positive Rate bei den Adenokarzinomen und eine relativ
geringe Spezifität für Plattenepithelkarzinome beschrieb, fanden wir die höchste positive
Rate bei den kleinzelligen Karzinomen mit 100 % aller verwertbaren Proben. Aber auch
für das Plattenepithelkarzinom fanden wir noch eine positive Rate von 96 %. Die geringste
positive Rate enthielt bei unseren Untersuchungen die Gruppe der selteneren Karzinome
und Metastasen anderer Primärtumoren mit 66 %. Einen eindeutigen Qualitätsunterschied
bei der zytometrischen Diagnose konnten wir hieraus nicht ableiten, wir konnten lediglich
feststellen, daß kleinzellige Bronchialkarzinome sowie Plattenepithelkarzinome in
der Zytometrie geringfügig besser darzustellen waren als Adenokarzinome und nach histologischen
Kriterien kombinierte Karzinome. Die besonders hohe Ausbeute unter den kleinzelligen
Tumoren wies auf fortgeschrittene Stadien dieser Erkrankung in der von uns untersuchten
Population hin.
Man könnte den Unterschied bei den Plattenepithelkarzinomen auch auf eine zentralere
Lokalisation zurückführen, an der gezielter gespült werden konnte. Es könnte sich
hierbei aber auch um relevante Unterschiede in der Tumorprogredienz zum Zeitpunkt
der Untersuchung handeln. Weitere Untersuchungen an größeren Patientenkollektiven
finden z. Z. statt. Dabei werden die typischen Feature-Konstellationen für die unterschiedlichen
Tumorarten mit dem Ziel zusammengestellt, ein Trainingsset aus typischen Kernen der
einzelnen Tumoren für den Cell-classifier zusammenzustellen. Im Rahmen dieses Vorgehens
ist zu berücksichtigen, daß verschiedene Autoren angeben, daß ein bedeutender Anteil
der malignen Tumoren histologisch variabel kombinierte Zellbilder enthalten [[15 ], [22 ]]. Warum diese Untersuchung auch im Vergleich mit der von Pirozynski nicht ähnliche
Resultate hervorbrachte, bleibt noch offen und zeigt, daß sicherlich auch das Tumorstaging
in weiterführenden Untersuchungen berücksichtigt werden muß.
Zusammenfassung: Wir können feststellen, daß sich die quantitative Image-Zytometrie bronchialer Spülflüssigkeiten
zunehmend als eine empfindliche Methode zur Auffindung von malignen Veränderungen
im Atemtrakt erweist. Im Vergleich mit anderen Methoden liegt ihre herausragende Bedeutung
sicherlich im Bereich der peripheren, bronchoskopisch nur schlecht zu erreichenden
Lungentumoren. Hier kann sie erste diagnostische Hinweise für das Bestehen eines broncho-pulmonalen
Tumors liefern. Bei den zentral lokalisierten Neoplasien kann die automatisierte Image-Zytometrie
unterstützend zu anderen Diagnoseverfahren eingesetzt werden. Besonders bei Risikopatienten
mit Blutungsneigung z. B. unter Marcumar stellt sie eine wenig invasive und dennoch
hoch sensitive Methode zur Probengewinnung dar.
Da die Probenaufarbeitung und -auswertung durch ihre weitgehende Automatisierung zeitsparend
für das Labor sind, könnte der Einsatz der automatisierten Image-Zytometrie in Zukunft
sicherlich auch für ein Screening von Hochrisikopatienten, wie z. B. radon- oder asbestexponierten
Arbeitnehmern oder langjährigen Rauchern sinnvoll sein. Dabei kann die Probeentnahme
nicht nur im Rahmen einer Bronchoskopie erfolgen, sondern auch mittels Sputuminduktion
in einer Arztpraxis erfolgen. Eine Probengewinnung kann aber auch - nach entsprechender
Unterweisung - zu Hause beim Patienten erfolgen, sofern dieser spontan genug Sputum
abhustet und eine Sammlung über drei Tage durchführt.
Fazit für die Klinik und Praxis: Diese Arbeit verifiziert die hohe Sensitivität und Spezifität der automatisierten
Image-Zytometrie bronchialer Spülflüssigkeiten im Vergleich zu den Standardverfahren
der Zyto- und Histopathologie. Die weitgehende Automatisierung begünstigt ihren Einsatz
bei größeren Patientenkollektiven.