Einleitung
Einleitung
Die Diffusionsbildgebung des Abdomens wird qualitativ limitiert durch Bewegungsartefakte
aufgrund von Atmung und Pulsation. Des Weiteren kommt im Abdomen erschwerend hinzu,
dass manche Organe, wie z. B. die Leber, sehr kurze T2 -Relaxationszeiten und daher nur geringe Signal-zu-Rausch-Verhältnisse in den Diffusionsbildern
haben.
Der Einsatz von echoplanarer Bildgebung (EPI) gestattet aufgrund der kurzen Messzeiten
die Aufnahme einer Serie von verschieden gewichteten Diffusionsbildern derselben Schicht
innerhalb eines einzigen Atemstillstandes. Derzeit werden Single-Shot-Spin-Echo(SE)-EPI-Sequenzen
eingesetzt, bei denen die Werte für die Repetitionszeit (TR) fest sind. Folglich werden die Diffusionsbilder einer Serie in verschiedenen Phasen
des Herzzyklus aufgenommen. Dabei kommt es bei den verschiedenen Bildern zu einem
unterschiedlich starken Einfluss der Pulsationsbewegung, was zu fehlerhaften Werten
des gemessenen Diffusionskoeffizienten (ADC) führen kann und die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit
der ADC-Werte der abdominellen Organe begrenzt.
In der vorliegenden Arbeit wird nun die Frage untersucht, ob sich durch Pulstriggerung
der Single-Shot-SE-EPI-Sequenzen der Einfluss von Pulsationsbewegungen auf die Diffusionsbilder
reduzieren und die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Diffusionsmessungen verbessern
lässt.
Material und Methoden
Material und Methoden
Es wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:
-
Diffusionsbildgebung des Abdomens ohne und mit Pulstriggerung bei unterschiedlichen
Herzphasen und Auswertung der Diffusionsbilder durch Analyse des Signalverhaltens
in Niere, Milz und Leber,
-
Bestimmung von ADC-Werten der abdominellen Organe und Untersuchung der Reproduzierbarkeit
ohne und mit Herztriggerung.
Die Untersuchungen wurden an einem 1,5 T MR-Tomographen (Gyroscan Intera, Philips
Medical Systems) mit einem 30 mT/m Gradientensystem (Anstiegszeit = 0,2 ms, Anstiegssteilheit
[slew rate] = 150 mT/m/s) durchgeführt. Zur Triggerung der diffusionsgewichteten Single-Shot-SE-EPI-Sequenz
wurde ein Fingerpulsoxymeter eingesetzt. Die Zeitverzögerung Td zwischen Fingerpuls
und Diffusionssequenz wurde zwischen dem minimal (45 ms) und maximal einstellbaren
Wert (zwischen 500 und 600 ms je nach Herzfrequenz) in Schritten von 100 ms variiert.
Folgende Sequenzparameter wurden benutzt: Repetitionszeit TR = 4 Herzschlagintervalle,
Echozeit TE = 83 ms, 4 transversale Schichten mit 8 mm Dicke, Bildfeldgröße 400
× 280 mm2, Matrix 128 × 90, Rekonstruktion 256 × 256, EPI-Faktor 61, Halb-Fourier-Faktor =
0,678, frequenzselektive Fettunterdrückung (SPIR), Diffusionsgradientendauer δ = 26,7
ms, Gradientenabstand Δ = 41,6 ms, Bandbreite = 1560 Hz/Pixel. Die Sequenz wurde während
eines einzigen Atemstillstandes in Ausatmung akquiriert, wobei 5 verschiedene b-Werte
zwischen 50 und 1300 s/mm2 benutzt wurden (Diffusionsgradienten in Schichtselektionsrichtung). Zum Vergleich
wurde die Sequenz ohne Pulstriggerung mit einem festen TR von 3000 ms akquiriert. Während der Messungen war seitlich neben dem Körper ein Wasserphantom
als Referenz platziert.
Die Untersuchungen wurden bei fünf gesunden Probanden (Alter: 23 - 37 Jahre, Geschlecht:
m = 4, w = 1) mit einer Herzfrequenz zwischen 60 und 70 Schlägen pro Minute durchgeführt
und dreimal wiederholt. Zur quantitativen Analyse wurden die Signalintensitäten von
Leber, Milz und Niere im Verhältnis zu der des Wasserphantoms bestimmt und bei gleicher
Diffusionswichtung für die verschiedenen Zeitverzögerungen miteinander verglichen.
Die „optimale” Triggerung ergab sich bei der Zeitverzögerung, bei der die Bewegungsartefakte
in den Bildern am geringsten und die Signalintensitäten der Organe am größten, d.
h. die Signalabschwächungen aufgrund von makroskopischen Bewegungen am kleinsten,
waren. Für die Aufnahmen ohne und mit optimaler Triggerung erfolgten dann Untersuchungen
zur Genauigkeit der ADC-Werte von Leber, Milz und Niere. Dazu wurden aus den fünf
verschiedenen Diffusionsbildern einer Serie die mittleren Signalintensitäten Sb innerhalb der gewünschten Messregion ausgelesen (ROI-Analyse) und die lineare Abhängigkeit
der Werte ln(Sb /S0 ) von der Diffusionswichtung bzw. vom b-Wert untersucht. Mittels linearer Regression
wurde die Geradensteigung, die den ADC-Wert angibt, bestimmt. Die Genauigkeit des
ADC-Wertes ergab sich als Anpassungsfehler der Geradensteigung. Außerdem wurden an
der Konsole ADC-Parameterbilder (pixelweise lineare Regression) erstellt und durch
ROI-Analyse ausgewertet. Für die ADC-Werte der drei Wiederholungsmessungen wurden
Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet.
Ergebnisse
Ergebnisse
Abb. [1] zeigt die Abhängigkeit der Signalintensität von der Triggerverzögerung Td am Beispiel
der Niere bei mittlerer Diffusionswichtung (b = 400 s/mm2 ). Die Signalabschwächung infolge von Pulsationsbewegung ist am stärksten bei Td-Werten
zwischen 100 und 200 ms. Bei diesen Zeitverzögerungen zeigen die Diffusionsbilder
starke Artefakte. Insbesondere die Milz ist teilweise gar nicht zu erkennen oder sie
erscheint stark inhomogen (siehe Abb. [2]). Für die maximalen Td-Werte (zwischen 500 und 600 ms je nach Herzfrequenz) sind
die Signalintensitäten am größten und die Organe erscheinen auf allen Diffusionsbildern
homogen (siehe Abb. [2]). Daher wurden die weiteren Auswertungen für die Diffusionsbilder mit maximalem
Td-Wert durchgeführt.
Abb. 1 Einfluss unterschiedlicher Triggerverzögerungen (Td) auf die Signalabschwächungen
am Beispiel der Niere bei b = 400 s/mm2. S sind die Signalintensitäten S(Niere)/S(Wasser) normiert auf den Wert für Td =
600 ms; aufgetragen sind die Mittelwerte mit Standardabweichungen von 8 Wiederholungsmessungen
bei einem Probanden.
Abb. 2Diffusionsbilder bei b = 1000 s/mm2 für verschiedene Triggerverzögerungen (Td = 47, 100, 200, 300, 400, 570 ms in der
Reihenfolge von links oben nach rechts unten), Herzfrequenz = 65 Schläge/Minute.
Abb. [3] zeigt einen typischen Verlauf von ln(Sb/S0) in Abhängigkeit vom b-Wert (a) ohne und (b) mit Herztriggerung der Sequenz (Td =
570 ms, Herzfrequenz 65 Schläge/Minute). Diese Kurven demonstrieren deutlich die Verbesserung
der Linearität und damit der Genauigkeit der ADC-Werte mit Triggerung. Insgesamt waren
die Fehler der ADC-Werte bei optimaler Triggerung bis zu einem Faktor 10 kleiner als
ohne Triggerung. Tab. [1] zeigt die Mittelwerte der ADC-Werte sowie die prozentualen Standardabweichungen,
die sich bei den verschiedenen Probanden für die drei Wiederholungsmessungen sowohl
ohne als auch mit optimaler Triggerung ergaben. Mit Triggerung sind die Standardabweichungen
im Mittel um ca. einen Faktor 4 besser als ohne Triggerung. Die intraindividuelle
Reproduzierbarkeit der ADC-Werte ist mit Triggerung für alle Probanden und jedes der
untersuchten Organe besser als 12 Prozent. Die interindividuellen Schwankungen der
ADC-Mittelwerte sind mit Triggerung deutlich kleiner, und zwar um einen Faktor 2,5
für die Leber, 1,8 für die Milz und 1,6 für die Nierenrinde.
Abb. 3Typischer Verlauf der Signalabschwächungen ln(Sb/S0) in Abhängigkeit vom b-Wert am Beispiel der Niere (a) ohne Triggerung und (b) mit Triggerung bei Td = 570 ms, wobei die beiden Sequenzen direkt nacheinander bei
einem Probanden (Herzfrequenz 65 Schläge/Minute) akquiriert worden sind.
Tab. 1ADC-Mittelwerte (ADC) und relative Standardabweichungen (SD/ADC) von drei Wiederholungsmessungen
für Leber, Milz und Nierenrinde und für fünf verschiedene Probanden; außerdem sind
die Mittelwerte der ADC-Mittelwerte (± Standardabweichungen) bzw. der Standardabweichungen
der verschiedenen Probanden aufgeführt.
|
Leber |
Milz |
Nierenrinde |
|
mit Triggerung |
ohne Triggerung |
mit Triggerung |
ohne Triggerung |
mit Triggerung |
ohne Triggerung |
Pro- band |
ADC [10-5 mm2 /s] |
SD/ADC [%] |
ADC [10-5 mm2 /s] |
SD/ADC [%] |
ADC [10-5 mm2 /s] |
SD/ADC [%] |
ADC [10-5 mm2 /s] |
SD/ADC [%] |
ADC [10-5 mm2 /s] |
SD/ADC [%] |
ADC [10-5 mm2 /s] |
SD/ADC [%] |
1 |
95 |
12 |
113 |
28 |
58 |
9 |
56 |
5 |
175 |
3 |
186 |
9 |
2 |
84 |
11 |
107 |
47 |
63 |
6 |
63 |
3 |
159 |
3 |
200 |
11 |
3 |
99 |
7 |
84 |
42 |
58 |
3 |
74 |
31 |
172 |
2 |
170 |
5 |
4 |
89 |
6 |
123 |
19 |
58 |
9 |
73 |
47 |
162 |
2 |
193 |
12 |
5 |
90 |
4 |
94 |
17 |
66 |
2 |
65 |
23 |
167 |
1 |
185 |
10 |
Mittel- wert |
91 ± 6 |
8 |
100 ± 13 |
30 |
61 ± 4 |
6 |
66 ± 7 |
22 |
167 ± 7 |
2 |
187 ± 11 |
9 |
Diskussion
Diskussion
Die MR-Diffusionsbildgebung des Gehirns gilt als etabliert und hat besondere Bedeutung
beim Nachweis von Infarkten erlangt [1]. Die Diffusionsbildgebung des Abdomens hat sich dagegen noch nicht durchsetzen können.
Die Probleme dabei liegen zum einen in der starken Artefaktanfälligkeit der Diffusionsbilder
aufgrund von Atem- und Pulsationsbewegungen und zum anderen in dem zum Teil schlechten
Signal-zu-Rausch-Verhältnis für Organe mit sehr kurzen T2 -Relaxationszeiten, wie z. B. der Leber [2].
Im Rahmen dieser Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass sich durch kardiale Synchronisation
einer diffusionsgewichteten Single-Shot-SE-EPI-Sequenz der Einfluss von Pulsationsbewegungen
auf die Diffusionsmessungen deutlich reduzieren lässt. Der Vergleich zwischen Diffusionsbildgebung
ohne Triggerung und mit optimaler Triggerung zeigt sowohl eine Verbesserung der Qualität
der Diffusionsbilder als auch eine Erhöhung der Genauigkeit und Reproduzierbarkeit
der ADC-Werte abdomineller Organe. Diese Ergebnisse sind konsistent mit der Tatsache,
dass ohne Triggerung die unterschiedlich gewichteten Diffusionsbilder einer Serie
während verschiedener zufällig verteilter Herzphasen aufgenommen werden und daher
von unterschiedlich starken Pulsationsbewegungen beeinflusst werden. Darüber hinaus
lässt sich bereits erkennen, dass nicht nur die intraindividuelle, sondern auch die
interindividuelle Reproduzierbarkeit mit Triggerung deutlich besser ist.
In bisherigen Arbeiten zu Diffusionsmessungen im Abdomen [3]
[4]
[5]
[6]
[7], in denen zum Beispiel die Beeinflussung der ADC-Werte von inkohärenten Bewegungen
innerhalb eines Voxels (IVIM) [5] und von der Wahl des maximalen b-Wertes [6] untersucht wurde, sind stets Single-Shot-Sequenzen mit festen Repetitionszeiten
TR eingesetzt worden. Aufgrund der Ergebnisse unserer Untersuchungen stellt sich die
Frage, ob und inwieweit die großen interindividuellen Schwankungen der ADC-Werte in
diesen früheren Arbeiten real sind oder z. B. auf Pulsationseffekte zurückzuführen
sind.
Die in der vorliegenden Arbeit durch Pulstriggerung erreichte Verbesserung der Messgenauigkeit
und Reproduzierbarkeit der ADC-Werte lässt eine bessere Abgrenzung von pathologischen
Veränderungen erwarten als in früheren Arbeiten. Die Bestimmung von ADC-Normwerten,
die Messung der Anisotropie der Organe sowie verschiedener pathologischer Befunde
ist Ziel künftiger Untersuchungen.
Als Schlussfolgerung aus dieser Arbeit lässt sich festhalten, dass der Einsatz einer
Pulstriggerung bei Single-Shot-Sequenzen die Diffusionsbildgebung des Abdomens deutlich
verbessert und eine zuverlässigere Bestimmung der Diffusionskoeffizienten erlaubt.
Danksagung
Danksagung
P.M. bedankt sich bei der Universitätsklinik Bonn für die finanzielle Unterstützung
durch ein BONFOR-Stipendium. Für die Anfertigung der Fotoarbeiten danken wir Frau
E. Disput.