Die interdisziplinäre Tagung „Sport bei Asthma und Mukoviszidose” fand im dritten
Jahr in Folge statt und wurde wieder gemeinsam von den Kinderfachkliniken „Satteldüne”
und „Buchenhöhe” ausgerichtet. Sportwissenschaftler und Ärzte diskutierten auf Amrum
die Vorträge nationaler und internationaler Experten und den Stellenwert von Trainingsprogrammen
bei diesen chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen.
Herr Prof. H. Rieckert vom Institut für Sportmedizin der Universität Kiel leitete
die Tagung ein mit seinem Referat „Grundsätzliches zur körperlichen Leistungsdiagnostik
im Kindes- und Jugendalter”. Die Leistungsfähigkeit eines Kindes sei abhängig von
Muskelkraft, Koordination und Funktionsfähigkeit des kardiopulmonalen Systems. Kinder
seien sehr belastbar; sie können Ausdauersportarten wie Skilanglauf oder sogar Marathon
ausüben. Als Faustregel solle ein Kind so viele Minuten ununterbrochen laufen können,
wie es Jahre alt ist. Die aerobe Leistungsfähigkeit steigt bei Mädchen zwischen 10
und 14 Jahren an und bleibt danach gleich, bei Jungen ist sie zwischen 10 und 16 Jahren
etwa identisch und entspricht der erwachsener Männer. Die anaerobe Kapazität ist bei
Kindern geringer als bei Erwachsenen.
Belastungstests sollten eher am Laufband mit zu steigerndem Neigungswinkel durchgeführt
werden, da am Fahrradergometer häufig eine Diskrepanz zwischen der noch geringen Kraft
des M. quadrizeps femoris und dem kardiovaskulären System besteht. Ideal seien spezielle
Ergometer für Kinder, da die Testung mit dem Erwachsenengerät erst ab 10 Jahren unproblematisch
ist. Für das Kindesalter geeignet seien Belastungstests nach dem Bruce-Protokoll:
auf dem Laufband mit einer Geschwindigkeit zwischen 2,7 und 9,7 km/h kann die Steigung
von 10 % auf 22 % angehoben werden. Im Rahmen der Rehabilitation seien niedrigere
Geschwindigkeiten und geringere Steigungen (von 0 bis 10 %) sinnvoll. Behinderte Kinder
könnten am Laufband mit 1 km/Std. belastet werden. Auch bei adipösen Kindern ist das
Laufband besser geeignet, da am Fahrradergometer die Arbeit nicht ausreichend erfasst
wird, die allein durch die Bewegung der Körpermasse entsteht (rund 75 Watt).
Am Fahrrad sollte die Belastung körpergewichtsbezogen eingestellt werden. Begonnen
wird mit 0,25 oder 0,5 Watt/kg Körpergewicht, gesteigert wird in ebenso großen Schritten.
Alternativ sind nach Cooper Steigerungen von 10 Watt/Min bei jüngeren und von 15 Watt/Min
bei älteren Kindern möglich. Bei der Spiroergometrie werden Sauerstoffaufnahme, Atemminutenvolumen,
Respiratorischer Quotient (RQ), O2 -Puls und Atemfrequenz registriert. Über das Atemminutenvolumen ergibt sich die ventilatorische
anaerobe Schwelle. Wenn bei chronisch Kranken eine Ausbelastung nicht opportun ist,
kann die PWC170 (physical working capacity, Leistung bei einer Herzfrequenz von 170 Schlägen/ Minute)
berechnet werden. Messungen des Laktats im Kapillarblut seien nur bei gezielter Fragestellung
sinnvoll.
Dr. Schwarz aus der pneumologischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Harburg
demonstrierte die praktische Durchführung einer Spiroergometrie. Im Rahmen der ärztlichen
Begutachtung seien maximale Leistungsfähigkeit, Dauerleistung, Leistungsbereitschaft
und Leistungslimitierung wichtig. Begrenzungen sind aus pneumologischer Sicht auf
obstruktive und restriktive Ventilationsstörungen oder auf Einschränkungen des Gasaustausches
zurückzuführen. Da die Lunge eine viel größere Reservekapazität als das kardiovaskuläre
System habe, sei ein Abbruch durch pulmonale Limitierung ein Indiz für eine Lungenerkrankung.
Pneumologische Patienten seien nicht in der Lage, unter Belastung über ihre maximale
Fluss-Volumen-Kurve hinaus zu atmen; die „Hüllkurve” könne nicht überschritten werden.
Für den Pneumologen seien insbesondere Minutenvolumen (VE) und Atemzugvolumen relevant.
Ein gutes Maß für die aufzubringende Atemarbeit sei außerdem das Verhältnis zwischen
Minutenvolumen und O2 -Aufnahme, das Atemäquivalent (VE/VO2 , VE/VCO2 ). Normal liege dieser Quotient bei rund 25 l/l, könne jedoch bei Lungenkranken z.
T. mehr als doppelt so hoch sein.
Dr. Vincent A. Gulmans von der Universität Utrecht, Niederlande, referierte über
„Belastungsparameter bei Kindern und Erwachsenen mit CF”. Zur vollständigen Diagnostik
dieser Patienten gehören Messungen der Lungenfunktion und des Ernährungszustands,
der Muskelkraft, der körperlichen Belastbarkeit und der Lebensqualität. Von den Lungenfunktionsparametern
haben sich Einsekundenkapazität FEV1 , Vitalkapazität VC und der Quotient aus Residualvolumen und totaler Lungenkapazität,
RV/TLC, bewährt. Im Gegensatz zum Asthma bronchiale sei der Peak Flow bei CF weniger
gut zur Verlaufsbeurteilung geeignet. Zur Erfassung des Ernährungszustandes von Mukoviszidosepatienten
sollte neben Gewicht und Länge auch die fettarme Körpermasse (lean body mass, LBM)
herangezogen werden. Sie sei das wichtigste Körperkompartiment in Bezug auf die körperliche
Leistungsfähigkeit. Berechnete man die LBM durch Messung von vier Hautfettfalten mit
der Caliper-Methode, korrelierten die durch ein Trainingsprogramm erzielten Veränderungen
gut mit den Ergebnissen der Deuterium-Dilutionsmethode als Goldstandard.
Gulmans berichtete von einer eigenen Studie an CF-Patienten (zwei Gruppen mit FEV1 über bzw. unter 80 % des Solls) und gesunden Vergleichskindern, in der es um die
Abhängigkeit der exercise working capacity von der Muskelkraft ging. An sechs Körperregionen
wurde die maximale isometrische Muskelkraft erfasst. Die beste Korrelation (r = 0,90)
mit der fahrradergometrisch gemessenen maximalen Leistung fand sich für die Muskelkraft
der Ellenbogenbeuger (Abb. [1 ]). Dabei bestand kaum ein Unterschied zwischen Kranken und Gesunden. In einer weiteren
Studie wurde gemessen, wie effizient CF-Patienten körperliche Leistung erbringen.
Sie hatten bei gleichem Sauerstoffverbrauch eine signifikant geringere Muskelkraft
als Gesunde. Erstaunlicherweise unterschieden sich CF-Patienten mit normaler Lungenfunktion
und normalem Ernährungszustand nicht von den stärker beeinträchtigten Mukoviszidosepatienten,
jedoch deutlich von den gesunden Kontrollkindern. Dies könnte darauf hinweisen, daß
bei CF eine intrinsische Störung besteht, die es den Patienten nicht ermöglicht, eine
höhere Leistung zu bringen.
Nach Auffassung von Gulmans sollte bei jedem CF-Patienten einmal pro Jahr ein Belastungstest
durchgeführt werden. Geeignete Methoden sind z. B. der 6- oder 12-Minuten Gehtest
oder der Stufentest. Der Shuttle Walk, bei dem der Patient bei submaximaler Intensität
solange wie möglich dieselbe Strecke hin- und zurückgehen muss, korreliert gut mit
Laufbandtests und spricht schnell auf Änderungen an, die durch ein Reha-Programm erzielt
werden.
Auch die Erfassung der Lebensqualität bei CF sei ein zunehmend wichtiges Thema. Zusätzlich
zu den allgemeinen Fragebögen zur Lebensqualität wie Sickness Impact Profile (SIP),
Nottingham Health Profile (NHP), Euroqol, SF36 oder dem Self Perception Profile in
Children (SPPC) werde an der Entwicklung krankheitsspezifischer Fragebögen gearbeitet.
Der französische Test „CF Questionnaire” von Henry und Mitarbeitern wurde bereits
ins Deutsche übersetzt. Die Berliner Arbeitsgruppe um Dr. Doris Staab hat diesen Fragebogen
evaluiert und über erste positive Erfahrungen berichtet. Demgegenüber seien die in
der Pneumologie bekannten Tests wie z. B. das St. George's Respiratory Questionnaire
weniger gut den CF-Bedürfnissen angepasst. Insgesamt sei die Lebensqualitätsforschung
noch in ihren Anfängen. Erstaunlich sei immer wieder, dass manche Gesunde in den unspezifischen
Tests eine weniger gute Lebensqualität angeben als CF-Patienten.
Christian Falkenberg aus Kiel berichtete über „Messungen der bioelektrischen Impedanz
bei CF”. Mit dieser Methode sei es möglich, schnell und nicht-invasiv die Kompartimente
Körperfett und magere (fettarme) Körpermasse voneinander zu differenzieren. Die Analysegeräte
seien klein und transportabel, die Methodik für Kinder unproblematisch und Untersuchungen
am Krankenbett kein Problem. Zur Messung werden an Händen und Füßen jeweils zwei Elektroden
angelegt und nach Applikation eines geringen Stroms Resistance und Reactance des Körpers
gemessen. Es wurden mehrere Studien publiziert, die die Verlässlichkeit der Methode
auch bei CF zeigten.
Falkenberg stellte eigene Ergebnisse aus Amrum vor, wo mit dieser Technik 86 präpubertäre
und adulte CF-Patienten vor und nach einer mehrwöchigen Reha-Maßnahme untersucht wurden.
Das Körpergewicht der Patienten betrug bei Aufnahme durchschnittlich 90 % des Längensolls.
Das mit bioelektrischer Impedanzanalyse gemessene Körperfett betrug zu Beginn bei
männlichen Patienten 15 % und bei weiblichen Patienten 24 % der gesamten Körpermasse.
Durch die Reha-Maßnahme nahmen die Betroffenen sowohl an Körperfett als auch an fettarmer
Masse zu: nach 4 Wochen stiegen durchschnittliches LBM und Körperfett absolut um 1,5
kg bzw. um 0,7 kg. Dabei konnte eine signifikante Korrelation zwischen LBM und der
spiroergometrisch gemessenen maximalen Sauerstoffaufnahme dokumentiert werden.
Der Sportwissenschaftler Dr. W. Gruber aus Amrum berichtete von der „Überprüfung
von Trainingseffekten bei Asthma und CF”. Kindern und Jugendlichen, die nach Amrum
zur Rehabilitation kommen, wird ein umfangreiches Sportprogramm angeboten. Neben Schwimmen
gehören dazu u. a. Walking, Jogging, ein Bewegungsparcour (ähnlich dem Zirkeltraining)
und Inline-Skating. Die Frage, inwiefern Patienten mit Asthma und CF von diesem Programm
profitieren und ob es Unterschiede zwischen den Diagnosegruppen gibt, wurde mit der
Bestimmung der respiratorischen anaeroben Schwelle (ASvent ) untersucht.
Insgesamt 34 Asthmatiker und 17 CF-Patienten im Alter zwischen 13 und 19 Jahren erhielten
jede Woche drei- bis viermal ein 45- bis 90-minütiges Training unter Anleitung eines
Sportlehrers. Die Belastung wurde so gewählt, dass die Patienten bei 90 % der VO2 mit der Intensität ASvent trainierten. Die spiroergometrische Messung erfolgte auf dem Fahrrad; begonnen wurde
mit 10 oder 50 Watt, und jede Minute wurde die Belastung um 10 Watt gesteigert. In
Ruhe, nach jeweils 3 Minuten und in der 3. Minute nach Belastungsabbruch wurde zusätzlich
Blut aus dem hyperämisierten Ohrläppchen zur Bestimmung der Blutgase und Laktatkonzentrationen
abgenommen. Atemfrequenz, Atemminutenvolumen und Laktatwerte waren bei CF deutlich
höher als bei Asthma. Trainingseffekte waren in beiden Diagnosegruppen nachweisbar.
CF-Patienten profitierten dabei mehr vom körperlichen Training als Asthmatiker, insbesondere
wenn zu Beginn ihre körperliche Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt war.
Frau Dr. B. Schaar vom Institut für Rehabilitation und Behindertensport der Deutschen
Sporthochschule Köln erläuterte Programme zum „Inline-Skating bei CF und Asthma”.
Chronisch kranken Jugendlichen müsse ein adäquates Angebot gemacht werden, wenn erreicht
werden soll, dass sie langfristig regelmäßig Sport treiben. Dabei müssen auch Trends
und Vorlieben der jeweiligen Generation berücksichtigt werden. Zum Beispiel gehen
heute nur noch wenige Jugendliche gern Schwimmen oder in den Turnverein. Von Mitarbeitern
des Instituts für Rehabilitation und Behindertensport der Deutschen Sporthochschule
wurden innovative Sportprogramme für Kinder und Jugendliche entwickelt, die als Projekte
von einzelnen Sportwissenschaftlern durchgeführt wurden: im Rahmen eines Asthmacamps
in der Dordogne nahmen die Jugendlichen einerseits an einer Asthmaschulung teil, andererseits
an einem Sportprogramm mit Klettern und Inline-Skating. Am Ende hatte sich das aktive
Coping der Gruppe deutlich gegenüber dem Ausgangswert verbessert. In einem anderen
ambulanten Sportprogramm wurde mit Schwimmen und Inline-Skating eine Verbesserung
der körperlichen Belastbarkeit erreicht. Ein stationäres Inline-Skating-Angebot auf
Amrum verbesserte nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit, sondern auch das aktive
Coping und die internale Kontrollüberzeugung der Patienten. Nötig sei nach Ansicht
von Schaar die Etablierung ambulanter Sportangebote am Wohnort der Patienten mit innovativen
Inhalten. Kurse über z. B. 20 Trainingseinheiten würden dabei besser akzeptiert als
Langzeitangebote. Atemwegsobstruktionen beim Inline-Skating kämen vor, seien jedoch
selten (9× bei 244 Messungen).
Frau A. Biberger, Diplom-Sportlehrerin vom Asthmazentrum Buchenhöhe Berchtesgaden,
referierte über „Koordination bei Patienten mit Asthma bronchiale”. Unter Koordination
versteht man das fein aufeinander abgestimmte Zusammenwirken von Nervensystem und
Muskulatur. Sie ist Voraussetzung jeder gezielten Bewegung. Gute Koordination verbessert
die Ökonomie des Muskeleinsatzes und verringert die für die Bewegung erforderliche
Kraft und somit auch die Gefahr, Anstrengungsasthma auszulösen. Koordination wird
nach Meinel und Schnabel in verschiedene Komponenten unterteilt: die Fähigkeit zur
Reaktion, zum Halten des Gleichgewichts, zur Orientierung, zum Rhythmus, zur Feinabstimmung
(Differenzierung), zur Umstellung und zur Koppelung von Bewegung. Die Aufzählung beschreibt
eine Rangfolge von einfach bis komplex. Mit dem Koordinationstest für Kinder (KTK)
können diese Komponenten getestet werden. In der Berchtesgadener Klinik wurden 93
Kinder mit Asthma bronchiale untersucht, und nur 53 % hatten KTK- Ergebnisse im (unteren)
Normalbereich (Abb. [2 ]). Eine Störung der Koordination wurde bei einem relativ größeren Anteil von Mädchen
gefunden als bei Jungen, wobei der Rückstand durchschnittlich 3 Jahre betrug. Es wurde
ein gezieltes Trainingsprogramm entwickelt, an dem elf Kinder teilnahmen. Der durchschnittliche
Ausgangswert von 80 Punkten verbesserte sich durch das Programm auf 101 Punkte (Abb.
[3 ]). Eine Kontrollgruppe aus neun Kindern ohne gezieltes Koordinationstraining verbesserte
sich in derselben Zeit nur von 80 auf 83 Punkte. Der Trainingseffekt war insbesondere
bei den schwierigeren Teilkomponenten des Tests deutlich.
Über „Trainingsprogramme vor Lungentransplantation”, sprach Dr. M. Hütler vom Institut
für Sportmedizin der FU Berlin. Erfolge durch Training seien auch bei schwerkranken
Patienten zu erzielen, sei es in der Wartezeit vor der Transplantation oder im Rahmen
der postoperativen Frührehabilitation. Ein kardiopulmonales Training sollte 3 -- 5×/Woche
bei etwa 75 % -- 85 % der maximalen Herzfrequenz durchgeführt werden. Auch Krafttraining
und Funktionsgymnastik seien sinnvoll. Gezielte und evaluierte Programme gebe es bisher
nicht, so dass Hütler Beispiele aus seiner eigenen Arbeit vorstellte. Zur Steuerung
der Belastung eigne sich die Borg-Skala, die mit 19 und 20 Punkten eine sehr, sehr
anstrengende und mit 6 -- 8 Punkten eine sehr leichte Arbeit bewertet. Für das Training
sei der Bereich von 12 -- 14 („etwas anstrengende Belastung”) interessant. Die Herzfrequenz
sei ebenfalls gut zur Überwachung geeignet. Auf den Ruhepuls solle die Hälfte der
Differenz zwischen Ruhe und maximaler Belastung dazugerechnet werden: ein Patient,
der unter Belastung eine HF von 170 und in Ruhe von 100 pro Minute habe, solle bei
einer Frequenz von etwa 135/min trainieren. Die genannten Empfehlungen gelten für
die klassische Dauermethode. Ist ein solches Training nicht möglich, kann auf die
Intervallmethode zurück gegriffen werden. Ein Intervalltraining sei vorteilhaft, sofern
es fünfmal pro Woche durchgeführt werde. Geeignet seien Gehen oder fahrradergometrische
Belastung. Für die erfolgreiche Durchführung eines ambulanten Programms sei eine kontinuierliche
Betreuung der Patienten erforderlich. Hütler telefoniert wöchentlich mit seinen Patienten
und lässt sich ihren aktuellen Trainingsplan faxen. Wichtig sei, Informationen darüber
zu bekommen, warum Patienten ein Training nicht weiter fortführen. Nur so könne das
Programm den Bedürfnissen des Patienten weitgehend angepasst werden.
Prof. Kiosz sprach über „belastungsrelevante Komplikationen bei CF”. Eine wichtige
Komplikationen ist der Pneumothorax. Während insgesamt 2200 in den Jahren 1985 --
1999 durchgeführten Behandlungszyklen bei CF-Patienten trat in 24 Fällen ein Pneumothorax
auf. Der häufigste Auslöser war Physiotherapie (Autogene Drainage, Flutter), nur dreimal
Sport. Zur Behandlung wurde bei 12 Patienten eine Pleurodese durchgeführt. Bei den
nicht chirurgisch behandelten Patienten waren 4 Todesfälle zu beklagen, und zwar wegen
foudroyanter Infektion. Als weitere für sportliche Trainingsprogramme relevante Komplikationen
nannte Kiosz die Hämoptoe und das Salzverlustsyndrom. Geringe Blutbeimengungen im
Sputum seien bei Erwachsenen mit CF häufig. Schwere Hämoptysen mit Abhusten von mindestens
100 ml Blut ereignen sich bei 3 -- 5 % der Patienten. Behandelt wird mit Adrenalin-Inhalationen,
und eine Verlegung auf die Intensivstation sei häufig angezeigt. Ein Salzverlustsyndrom,
das bei CF wegen der massiv erhöhten Kochsalzkonzentration im Schweiß leichter auftreten
kann als bei Gesunden, äußere sich klinisch primär durch das Nachlassen der groben
Kraft. Erstaunlicherweise klagten die Patienten kaum über Durst und hätten kaum das
Bedürfnis, Salz zu sich zu nehmen. Vorbeugung durch adäquate Information des Patienten
und Zufuhr kochsalzreicher Getränke oder Speisen sei angezeigt, im Einzelfall können
auch Kochsalzkapseln rezeptiert werden.
Über „neue Erkenntnisse zum Exercise Induced Asthma” (EIA) sprach Dr. Lecheler aus
Berchtesgaden. Charakteristisch für das EIA sei eine Obstruktion, die 8 -- 12 Minuten
nach der Belastung auftritt. Ursache ist wahrscheinlich ein Wärmeverlust der Bronchialschleimhaut,
verbunden mit Wasserverlust und relativer Hyperämie. Im Kindesalter komme eine Obstruktion
bei freiem Laufen häufiger vor als nach fahrradergometrischer Belastung. Auch Kaltluft
sei asthmogen. Zusätzlich sei beim EIA eine Spätreaktion möglich, die erst Stunden
nach der Belastung auftritt. Sportprogramme für Kinder mit Anstrengungsasthma müssen
daher bestimmte Rahmenbedingungen berücksichtigen. Dazu gehöre die Wahl der geeigneten
Sportart und des Geländes, die angemessene Gestaltung des Programms sowie Peak-flow-Messungen
vor und während des Trainings.
Die Therapie des EIA umfasst auch bei Kindern eine antiinflammatorische Behandlung
als Dauertherapie sowie eine angemessene Prämedikation vor der sportlichen Anstrengung.
Nachgewiesen sei die günstige Wirkung von inhalativen Steroiden, Theophyllin, Nedocromil
und DNCG. Neu seien Antileukotriene wie Montelukast, die auch beim EIA eingesetzt
werden können. Im Vergleich zu DNCG schnitt Montelukast bei Kindern deutlich besser
ab: ihr Verbrauch an schnellwirksamen inhalativen β2 -Sympathikomimetika ging stärker zurück und Therapieabbrüche waren seltener. Die Kinder
favorisierten die einmal tägliche Tabletteneinnahme im Vergleich zur 4× täglichen
Feuchtinhalation.
Schließlich berichtete Lecheler noch über den geeigneten Ablauf des Trainings bei
Kindern mit EIA. Besonders wichtig sei das gründliche Aufwärmen vor der Belastungsphase.
In der Abklingphase müssten die Patienten sorgfältig beobachtet werden, da prinzipiell
die Gefahr der Obstruktion bestehe. Wie erfolgreich Sportprogramme bei Kindern mit
Asthma sein können, zeigen Daten von Fink et al.: trainierte Asthmatiker hatten danach
genauso gute Leistungsparameter wie gesunde Kinder (Tab. [1 ]). Es sei nicht zu tolerieren, dass in Deutschland noch immer bis zu 30 % der Kinder
mit Asthma nicht am Sportunterricht teilnehmen, und dies trotz der Tatsache, dass
Sport bei Jugendlichen im Freizeitbereich den ersten Rang einnehme.
In ihrem zweiten Beitrag referierte Frau Biberger über ihre Erfahrungen zur „Selbsteinschätzung
von Kindern mit Exercise Induced Asthma”. Die Selbsteinschätzung bezieht sich darauf,
wie das Kind körperinterne Zustände aufnimmt und verarbeitet. Bei Asthma komme es
darauf an, den Grad der Atemwegsobstruktion richtig einschätzen und darauf adäquat
reagieren zu können. Die Einschätzung erfolgt auf einer Skala von 1 bis 4 („maximal
schlecht”). Viele Kinder mit Asthma unter- oder überschätzen ihre Obstruktion. Aus
diesem Grund wurde eine spezielles Trainingsprogramm für Kinder über 8 Jahren entwickelt.
Es umfasst Lerneinheiten zu Asthmavorboten, zu Symptomen wie pfeifende Atmung, Engegefühl
in der Brust oder hochgezogenen Schultern sowie zu Peak-flow-Messungen. Für jedes
Kind werden Markierungen auf das Peak-flow-Meter geklebt, die den individuell guten
und schlechten Bereich kennzeichnen. Ziel des Trainings sei, die Selbsteinschätzungswerte
mit den gemessenen Peak-flow-Werten in Einklang zu bringen, und zwar sowohl in Ruhe
als auch bei sportlicher Betätigung. Den Erfolg des Programms zeigte Biberger an mehreren
Beispielen.
Professor W. Schlicht vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Tübingen
referierte zum Thema „Körper- und Selbstkonzept”. Für Jugendliche sei der Körper zentraler
Aspekt der eigenen Würdigung. Auswertungen von Tagebüchern zeigten, daß 30 % der Eintragungen
um den Körper kreisten. Davon waren nur 5 % positiv gefärbt, während es bei 57 % um
Beschwerden seitens des Körpers ging. Mädchen äußerten sich deutlich negativer über
ihr Aussehen und ihre Figur als Jungen. Insbesondere bei chronisch kranken Jugendlichen
war dies der Fall; so zeigten Auswertungen der Bonner Längsschnittstudie, dass Diabetiker
über ein insgesamt beschädigtes Körperselbstbild berichten. In einer Broschüre der
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wird dementsprechend gefordert, Jugendliche
bei der Förderung des Selbstbewußtseins und ihrer Identität zu unterstützen. Hier
könne der Sport eine ganz wesentliche Funktion ausüben. Eigene Studien mit gesunden
Jugendlichen haben gezeigt, dass die Bewertungen von Aussehen, Zufriedenheit, Figur
und Fitness um so günstiger waren, je mehr Sport die Jugendlichen getrieben haben.
Wichtig sei, Sportarten zu finden, die Adoleszente attraktiv finden.
In einem gerade angelaufenen Projekt sollen diese Erkenntnisse auch für chronisch
kranke Jugendliche umgesetzt werden. Eine Pilotstudie hat zum Ziel, bei jugendlichen
onkologischen Patienten einer Reha-Einrichtung Lebensqualität und Körperkonzept mit
Hilfe eines speziellen Sportprogramms fördern zu helfen. Dabei werden Sportarten eingesetzt
wie Klettern, Skilaufen, Biking und Inline-Skating. Erste Auswertungen zeigen Verbesserungen
in den Bereichen Körperakzeptanz, körperliche Effizienz, körperliches Befinden und
Akzeptanz durch Andere. Ein umfassendes Reha-Programm unter Einschluss von Sport führt
demnach nicht nur zu medizinischen Verbesserungen, sondern beeinflusst auch die Befindlichkeit
der Adoleszenten positiv.
Zur Frage der Begriffe „Schulsport versus Therapiesport aus sportmedizinischer Sicht”
referierte Professor Braumann vom Forschungsbereich Sport- und Bewegungsmedizin der
Universität Hamburg. Voraussetzung für Therapiesport sei eine eindeutige Indikation
und die nachgewiesene Wirksamkeit der Maßnahmen. Therapiesport würde bei einer homogenen
Klientel durchgeführt, und die Bezugspersonen seien handlungskompetent in Bezug auf
die Erkrankung. Demgegenüber seien kranke Kinder beim Schulsport Außenseiter, weil
dieser auf Gesunde ausgerichtet sei. Der Sportlehrer als Bezugsperson habe meist keine
Kenntnis von den Problemen der Kranken. Beim Schulsport solle das Sozialverhalten
gefördert werden, während es im Therapiesport zunächst um die individuelle Optimierung
gehe. Gemeinsam sei beiden, dass Bewegungshandeln, Selbstwahrnehmung, Ausdrucksfähigkeit
und Bewegungsverständnis gefördert werden. Betrachte man andere Aspekte des Sports
wie Wettkampf und Erbringen herausragender körperlicher Leistungen, sei der Begriff
Sport im Zusammenhang mit Therapie nicht optimal. Zu diskutieren sei, ob nicht Bewegung
als Konzept in den allgemeinen Schulunterricht integriert werden könne. Problematisch
seien die Tendenzen einzelner Bundesländer, den Schulsport aus dem Unterricht zu streichen
oder die Durchführung an Turnvereine zu delegieren.
Zum Abschluss der Tagung gab Professor D. N. Orenstein vom Cystic Fibrosis Center
der Universität Pittsburgh einen Überblick zu „Gemeinsamkeiten und Unterschieden von
Mukoviszidose und Asthma”. Beide Erkrankungen gehen mit Atemwegsobstruktion einher,
die dem Sport zum Teil Grenzen setzt. Dementsprechend würden Asthma- und Mukoviszidosekranke
häufig vom Schulsport befreit. Begrenzte körperliche Aktivität sei bei 30 % der kindlichen
und jugendlichen Asthmatiker zu verzeichnen, jedoch nur bei 5 % der Gesunden. Symptome
könnten in Abhängigkeit von klimatischen Bedingungen auftreten: bei Mukoviszidose
bestehe bei großer Hitze die Gefahr des Salzverlusts, während bei Asthmatikern Kälte
eine Atemwegsobstruktion provozieren könne. Die individuelle Belastbarkeit werde nur
zum Teil durch die Lungenfunktion in Ruhe determiniert; die Schwankungsbreite der
maximal zu leistenden Arbeit sei bei beiden Erkrankungen groß. Beide Krankheitsgruppen
profitieren von Programmen zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, auch
wenn dabei keine deutlichen Verbesserungen der Ruhe-Lungenfunktion erreicht werden
können. Unstrittig sei, dass die Qualität des Lebens durch regelmäßiges körperliches
Training verbessert werden kann.
Abgesehen von diesen Gemeinsamkeiten der beiden Krankheiten gibt es jedoch zahlreiche
Unterschiede. Zum Beispiel bekommen Asthmatiker eher nach dem Sport Symptome als Mukoviszidosepatienten,
die während des Trainings Probleme bekämen. Dementsprechend hilft die Medikamentenanwendung
vor dem Training dem Asthmatiker. Bei der CF korreliert das Limit der körperlichen
Belastbarkeit mit der Basislungenfunktion, während dies bei Asthma nicht der Fall
ist. Ebenso kann bei Mukoviszidose die Oxygenierung unter Belastung ein Problem werden,
wenn die FEV1 auf weniger als 50 % des Solls reduziert ist. Die Überlebenszeit korreliert mit der
körperlichen Belastbarkeit von Mukoviszidosepatienten. Ob es jedoch gelingen kann,
durch gezielte Verbesserung der Leistungsfähigkeit das Survival bei CF zu erhöhen,
müsse noch gezeigt werden.
Tab. 1 Belastungstests bei 11- und 12-jährigen Asthmatikern und bei gesunden Kontrollen (mod.
nach Fink, mit freundlicher Genehmigung von Dr. Lecheler)
gesunde Kontrollen
Asthmatiker
ohne Sport
mit Sport
nie Sport
selten Sport
regelmäßig Sport
max. O2 -Aufnahme (% Soll)
103
129
83*
101
122
O2 -Puls (% Soll)
105
129
85*
105
127
anaerobe Schwelle (% Soll)
56
61
46*
57
60
*signifikanter Unterschied zu Gesunden
Abb. 1 Lineare Korrelation zwischen maximaler Leistung und Kraft der Ellenbogenbeuger (mit
freundlicher Genehmigung von Dr. Gulmans). Kreise: gesunde Kontrollpersonen, Quadrate:
CF-Patienten mit FEV1 ≥ 80 %, Dreiecke: CF-Patienten mit FEV1 < 80 % des Solls.
Abb. 2 Ergebnisse des Koordinationstests für Kinder (KTK) bei 93 Asthmatikern (mit freundlicher
Genehmigung von Frau Biberger).
Abb. 3 Ergebnisse des KTK vor und nach Koordinationstraining in der Interventions- (links)
und in der Kontrollgruppe (rechts) (mit freundlicher Genehmigung von Frau Biberger).