Die am häufigsten eingesetzte Therapie von Verschlüssen der großen Abdominalgefäße
im Rahmen der chronischen mesenterialen Ischämie stellt z. Zt. die gefäßchirurgische
Operation dar (Sandmann W et al., Dtsch Med Wschr 1994, 119 : 979). Die Platzierung
von Stents gewinnt zunehmend an Bedeutung (Sheeran SR et al., J Vasc Intervent Radiol
1999; 10: 861), insbesondere bei Patienten, deren Operationsfähigkeit eingeschränkt
ist. Die alleinige PTA der genannten Gefäße hat sich zu einem gewissen Grade etabliert.
Trotz der Vorteile dieser wenig invasiven Methode im Vergleich zur Operation sind
es insbesondere die im Vergleich zur Gefäßchirurgie schlechteren Langzeitergebnisse,
die die PTA nicht zur Therapie der ersten Wahl werden ließ. Eine neuere Alternative
zur Versorgung solcher Verschlüsse stellt die Platzierung von Stents dar. Aufgrund
der noch geringen Erfahrungen existieren z. Zt. noch keine einheitlichen Empfehlungen
für die primäre Versorgung von Abdominalgefäßverschlüssen mit Stents.
Im Folgenden berichten wir den Fall eines symptomatischen Patienten mit einem Verschluss
von Truncus coeliacus und A. mesenterica superior, der durch die Implantation zweier
Palmaz-Stents erfolgreich behandelt werden konnte.
Fallbeschreibung
Ein 52-jähriger Patient stellte sich wegen postprandialer, epigastrischer Schmerzen
mit Gewichstverlust und Dyspnoe vor. Keine Besserung auf orale Nitratgabe. Anamnestisch
bekannt waren: Z. n. Posterolateralinfarkt, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus
Typ II, Nikotinabusus, Adipositas, Hypercholesterin-ämie sowie eine Nierenagenesie
rechts. Im Aufnahmestatus vorgealterter Patient, kein Herzgeräusch, Puls regelmäßig
80/min, RR 170/80. Geblähtes Abdomen mit Druckschmerz im linken Oberbauch und normalen
Darmgeräuschen. Keine Ödeme, periphere Pulse regelrecht. Kein Fieber. Im Aufnahmelabor:
11 500 Leukozyten pro µl, CRP 5,2 mg/dl, Amylase 62 U/l, Fibrinogen 501 mg/dl. - CK,
LDH und Lactat im Normbereich. Unauffälliges EKG, Sinusrhythmus. Keine wegweisenden
Befunde im Röntgen-Thorax und der Abdomen-Sonographie. Verbesserung des klinischen
Zustandes durch Infusion von Buscopan.
Zwei Tage nach der Aufnahme erfolgte eine Abdomen-CT (8 mm Schichtdicke, 12 mm Tischvorschub
und 7 mm Inkrement, 120 ml Ultravist 300 i. v.) im Sinne einer Screeninguntersuchung
bei klinisch unklarem, abdominellen Krankheitsbild. Es zeigte sich eine 12 cm lange
Wandverdickung des Ileums. Relevante Gefäßveränderungen fielen in dieser Untersuchung
nicht auf.
Die Buscopantherapie unter der Arbeitsdiagnose einer Nierenkolik erzielte immer nur
kurzfristigen Erfolg. Es kam immer wieder zu abdomineller Schmerzsymptomatik und weiterem
Gewichtsverlust um 5 kg. An weiterführender Diagnostik wurden eine Gastroskopie, eine
Coloskopie und ein Dünndarmeinlauf nach Sellinck durchgeführt. Dabei zeigt sich eine
Refluxösophagitis I°, umschriebene Schleimhautrötungen und ein fibrinbedecktes Ulcus
im Colon ascendens; der Dünndarm stellte sich unauffällig dar. Kein Anhalt für Malignität.
Die weitere Therapie unter der Hypothese einer entzündlichen Darmerkrankung oder einer
Ulcuskrankheit führte zu keiner anhaltenden Besserung. Nunmehr unter dem Verdacht
einer Mesenterialischämie wurde eine Gefäßdarstellung gewünscht. Wegen eines zwischenzeitlich
eingetretenen Kreatinin-Anstieges auf 1,5 mg/dl etwa drei Wochen nach Aufnahme des
Patienten wurde eine MR-Angiographie der Mesenterialarterien mit Gadolinium-DTPA durchgeführt.
Es fanden sich ein 2 cm langer Abgangsverschluss der A. mesenterica superior mit Darstellung
einer kräftigen Riolan-Anastomose und ein kurzstreckiger Verschluss des Truncus coeliacus
sowie Kalkplaques am Abgang der A. mesenterica inferior. Angesichts der internistischen
Vorerkrankungen des Patienten wurde in Absprache mit den Gefäßchirurgen die Indikation
zur Angiographie mit Stentimplantation gestellt (Abb. [1]). Ein 8-French Renal Double Curve I Führungskatheter wurde über die linke A. femoralis
eingebracht. Unter üblichen Begleitmaßnahmen (5000 I.E. Heparin i. a., 50 mg Dolantin
und 2 mg Dormicum i. v.) wurden je ein 6 mm weiter und 18 mm langer Edelstahl-Palmaz-Corinthian-StentTM (PC-186-PPS) (Fa. Cordis, Haan) im proximalen Stammbereich des Truncus coeliacus
und der A. mesenterica superior platziert. Vor der Stentfreisetzung wurden die Gefäßverschlüsse
auf 3 mm vordilatiert. Dies gelang ohne abdominelle Symptomatik, keine Reststenosen,
keine Embolie.
Abb. 1 Konventionelle Angiographie der großen Abdominalgefäße vor Stentimplantation. Verschluss
von Truncus coeliacus (Õ) und A. mesenterica superior (ß).
Abb. 2 Angio-CT: Zustand 4¿ Monate nach Intervention: Korrekte Lage der Palmaz-Stents in
Truncus coeliacus (Õ) und A. mesenterica superior (ß) und vollständige Offenheit beider
Gefäße.
Seit der Intervention besserten sich die abdominellen Beschwerden erheblich und der
Patient nahm adäquat an Gewicht zu. Die vier Monate nach der Intervention durchgeführte
Kontroll-Angio-CT zeigte die korrekt liegenden Stents mit vollständiger Offenheit
beider Gefäße (Abb. [2]). Der Patient ist nach wie vor in deutlich gebessertem Zustand.
Diskussion
Der vorliegende Fall zeigt, dass die Platzierung von Stents eine sichere und effektive
Methode zur Behandlung chronischer Verschlüsse der großen Abdominalarterien darstellt.
Insbesondere bei inoperablen Patienten ist hierin eine wertvolle zusätzliche Behandlungsoption
zu sehen. Inwiefern diese Methode an die Stelle der konventionellen gefäßchirurgischen
Operationen treten kann, wird von den noch zu ermittelnden Langzeitergebnissen abhängen.
In der Arbeit von Sheeran et al. (Sheeran SR et al, J Vasc Intervent Radiol 1999,
10: 861) wurden zwölf Patienten mit chronischer mesenterialer Ischämie mit Stents
behandelt. 8 dieser Patienten hatten eine hochgradige Stenose an einem der drei großen
Gefäße, einer an zwei Gefäßen und drei Patienten einen Verschluss je eines der großen
Gefäße. Ein Patient verstarb innerhalb des ersten Monats nach dem - zunächst gelungenen
- Eingriff an einem Darminfarkt. Die primäre Patency nach 18 Monaten betrug 74 % und
die sekundäre Patency nach 3 Jahren 83 %. Im Rahmen von Case Reports berichten auch
Busquet und Waybill über die erfolgreiche Rekanalisierung von Abdominalgefäßen. Im
ersteren Fall handelte es sich um eine hochgradige Abgangsstenose der A. mesenterica
superior in Verbindung mit einem Verschluss der A. mesenterica inferior (Busquet J,
J Endovasc Surg 1997; 4: 380) und im zweiten um eine hochgradige Stenose von Truncus
coeliacus und A. mesenterica superior in Verbindung mit einem Verschluss der A. mesenterica
inferior (Waybill PN und Enea NA, J Vasc Intervent Radiol 1997; 8: 1069).
Im vorliegenden Fall hat der Patient mit seinem sehr ausgeprägten Befund eines Verschlusses
von Truncus coeliacus und A. mesenterlca superior sowie einer 70 %igen Stenose der
A. mesenterica inferior bei schweren internistischen Begleiterkrankungen von dieser
Methode erheblich profitiert. In Bezug auf Arteriendissektionen, Re- und Reststenosen
zeigt sich das Stenting der PTA überlegen. Wir glauben, dass zukünftige Entwicklungen
und weitere Erfahrungen mit dieser Technologie zu einer Ausweitung der Indikationen
für primäres Stenting von Mesenterialarterien führen werden.
Springende Punkte
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Die Implantation von Stents ist eine sichere und effektive Methode zur Therapie von
Viszeralarterienokklusionen.
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Die Stentimplantation ist bei nicht- oder bedingt operationsfähigen Patienten der
chirurgischen Therapie vorzuziehen.
R. Feuls, J. König, S. H. Duda, Tübingen