Bei einem isolierten Lungenrundherd („solitary pulmonary nodule”, SPN) handelt es
sich definitionsgemäß um eine im Parenchym gelegene umschriebene Verschattung von
weniger als 3 cm Durchmesser [1]. Der SPN wird häufig als Zufallsbefund auf Röntgen-Aufnahmen von Patienten gefunden,
welche typischerweise keine im Zusammenhang mit dem Rundherd stehenden Symptome zeigen.
Die Prävalenz maligner Veränderungen in SPNs beträgt ca. 20 - 50 % [2]
[3]. Als Kriterium der Benignität werden die intranoduläre Kalzifikation und die fehlende
Größenzunahme über eine Zeitraum von 2 Jahren angesehen [2]. Als oberstes Gebot gilt die chirurgische Resektion, sofern der gutartige Charakter
der Veränderung nicht zweifelsfrei nachgewiesen wurde [2]. Das zweitwichtigste Gebot lautet, unnötige Thorakotomien wegen benigner Veränderungen
zu vermeiden [2].
Vor diesem Hintergrund erfolgt die Diskussion über den Stellenwert der Positronen-Emissions-Tomographie
(PET) in der Rundherddiagnostik (Abb. [1]).
PET mit dem Zuckerstoffwechselmarker Fluor-Desoxglukose (FDG) ermöglicht eine funktionelle
Gewebscharakterisierung. Aufgrund ihrer erhöhten aeroben und anaeroben Glykolyse können
damit Malignome in vivo dargestellt werden. Unbestritten ist, dass FDG-PET mittlerweise
einen hohen Stellenwert in der onkologischen Diagnostik, u. a. auch des Bronchialkarzinoms,
erlangt hat [4]. Methodenimmanente Limitationen der PET-Diagnostik sind in Tab. [1] dargestellt. Falsch positive PET-Befunde können durch insbesondere granulomatöse
Entzündungen, eher selten durch benigne Tumoren bedingt sein.
Im Rahmen der SPN-Diagnostik mit FDG-PET sind drei Aspekte von Bedeutung:
-
Dignitätsbeurteilung des SPN
-
Evaluation des hilären und mediastinalen Lymphknotenstatus (N1, N2/3)
-
Evaluation des M-Status (Metastasierung)
Anlässlich der nationalen PET-Konsensus-Konferenz 2000 wurden für die Dignitätsbeurteilung
pulmonaler Raumforderungen 15 Arbeiten (bis inkl. Jahr 1999) mit jeweils mindestens
35 Fällen (insgesamt 1144 Fälle) ausgewertet [5]. Daraus ergaben sich die folgenden kumulativen statistischen Testparameter: Sensitivität
96 %, Spezifität 80 %, diagnostische Genauigkeit (accuracy) 91 % [5]. Vergleichbare Ergebnisse ergaben sich aus der aktuellen Meta-Analyse, in der Literaturdaten
(bis September 2000) von 1474 Patienten erfasst wurden. Die Sensitivität betrug 96,8
% bei einer Spezifität von 77,8 % [6]. Hinsichtlich der diagnostischen Genauigkeit existierte kein signifikanter Unterschied
für pulmonale Läsionen unterschiedlicher Größe (mass lesions) und für pulmonale Rundherde
(pulmonary nodules). Für letztere betrug die mitlere Sensitivität der PET 93,9 % bei
einer mittleren Spezifität von 85,8 % [6].
Ein erheblicher Vorteil der PET besteht in der Möglichkeit der gleichzeitigen Beurteilung
des mediastinalen Lymphknotenstatus. Diesbezüglich ist unbestritten, dass FDG-PET
in jeder bisher durchgeführten Untersuchung der CT-Diagnostik eindeutig überlegen
ist. Im Rahmen der PET-Konsensus Konferenz 2000 ergab die Auswertung von 20 Arbeiten
mit 1292 Fällen die folgenden kumulativen Werte der statistischen Testparameter: Sensitivität
88 %, Spezifität 92 %, Genauigkeit 91 %, positiver prädiktiver Wert (PPV) 85 %, negativer
prädiktiver Wert (NPV) 94 % [5]. In einer kürzlich publizierten Meta-Analyse wurden für die PET 14 Studien mit 514
Patienten und für die CT 29 Studien mit 2226 Patienten ausgewertet [7]. Die Überlegenheit der PET gegenüber der CT wurde bestätigt. Die Odds Ratios betrugen
1,79 (1,49 - 2,09, 95 % Konfidenzintervall) für CT und 3,77 (2,77 - 4,77) für PET
(p < 0,001) [7].
Insbesondere bei der Beurteilung kleiner bzw. normalgroßer Lymphknoten liefert PET
wichtige Informationen. So wurde eine PET-Genauigkeit von 92 % bei tumorbefallenen
Lymphknoten von < 1 cm Größe beschrieben [8]. Lymphknoten dieser Größe werden in der CT üblicherweise nicht als malignitätsverdächtig
beschrieben. In einer anderen Untersuchung von Patienten mit NSCLC (non-small cell
lung cancer; nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom) im präsumptiven Stadium I betrug
der negative prädiktive Wert der PET für einen N1-Befall 97 %. Daraus wurde gefolgert,
dass ein negativer PET-Befund bei diesem klinischen Tumorstadium die direkte Thorakotomie
unter Verzicht auf eine vorherige chirurgische Lymphknotenexploration impliziert [9]. Weiterhin führte in einer Studie mit NSCLC-Patienten die PET-Untersuchung dazu,
dass bei 7/18 (39 %) der Patienten im präsumptiven Stadium I und bei 5/7 (71 %) der
Patienten im präsumptiven Stadium II eine prätherapeutische Änderung der mit den konventionellen
bildgebenden Verfahren durchgeführten Stadieneinteilung notwendig wurde [10]. Insgesamt änderte die PET-Untersuchung das Management bei 70/105 (67 %) der Patienten
mit NSCLC [10].
Dieser Aspekt weist auf eine weitere wichtige Indikation der PET, insbesondere auch
bei einem SPN, hin. Die PET ist in der Lage, in einem signifikanten Teil der Patienten
zuvor nicht vermutete extrathorakale Fernmetastasen („unsuspected extrathoracic metastases”)
zu detektieren und damit die Stadieneinteilung mit konsekutiver Änderung des therapeutischen
Vorgehens zu ändern [11]. In der PET-Auswertung für die Konsensus-Konferenz 2000 wurden unerwartete Fernmetastasen
bei 68/651 (11,8 %) der Patienten gefunden [5].
Basierend auf den dargestellten drei Gesichtspunkten der PET-Diagnostik des SPN -
Dignitätsbeurteilung und Evaluation von N- und M-Status - ergeben sich die in Tab.
[2] dargestellten möglichen Auswirkungen auf das Managment. Bewusst ausgeklammert aus
dieser Darstellung werden die Überlegungen oder Berechnungen zur Kosten-Nutzen-Relation
der PET-Diagnostik, bei denen sinnvollerweise die nationalen Besonderheiten des Gesundheitssystem
berücksichtigt werden müssen [2]
[12]
[13]
[14]
[15].
Es ist unbestreitbar, dass die PET keine 100 %ige Sicherheit bzgl. des Malignomausschlusses
bei einem isolierten Lungenrundherd bietet. Im Zweifelsfall besteht unverändert die
Indikation zur diagnostischen Thorakotomie. PET kann jedoch dazu beitragen, unnötige
Thorakotomien zu vermeiden und die Qualität der Stadieneinteilung eines NSCLC entscheidend
zu verbessern.
Tab. 1FDG-PET-Diagnostik: Gründe für falschnegative und falschpositive Ergebnisse (Auswahl)
falschnegativ: |
falschpositiv: |
-Tumoren ≤ 1 cm (Nachweisgrenze ca. 6 - 7 mm) -hochdifferenzierte Karzinome (z. B. muzinöses Adeno-karzinom, selten: Bronchioloalveolarzellkarzinom) -diabetische Stoffwechsellage (z. B. Nüchtern-Blutzucker> 200 mg/dl) -Lungenrundherde bei gleichzeitigen silikotischenLungenveränderungen -„Graubereich” der Interpretation bei Veränderungenmit SUVs um 3 |
- Sarkoidose - bakterielle Pneumonie - Tuberkulose - Mykobakteriose - Aspergillose - Chondrohamartom - Anthrakosilikose - entzündlicher Pseudotumor |
Tab. 2SPN-Diagnostik mit FDG-PET: potenzielle Vorteile
-weniger „unnötige” Thorakotomien (= nicht-indizierte Eingriffeaufgrund benigner Gewebsveränderungen
oder wegenunerwarteter extrathorakaler Metastasen) -bessere Patientenselektion zum invasiven Lymphknoten-Staging(z. B. Mediastinoskopie) -bessere Patientenselektion für chirurgische Resektionen -genaueres Tumorstaging |
Abb. 1Darstellung eines isolierten Lungenrundherdes in der CT und in der PET.