Einleitung
Einleitung
Asthma bronchiale stellt mit einer Prävalenz von etwa 10 % [1]
[2] die häufigste chronische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter dar. Die Weiterentwicklung
der Medikamente und Optimierung der therapeutischen Stufenpläne einerseits sowie eine
strukturierte, qualifizierte Schulung von Kindern/Jugendlichen und deren Eltern andererseits
sind Bausteine, die heute ein adäquates Management von Akut- und Dauertherapie im
ambulanten Bereich ermöglichen [3]
[4]
[5]
[6]
[7]. In geschulten Familien ist der Anteil der Fehltage in der Schule seltener, so dass
zunächst einmal unterstellt werden kann, dass die Verbesserung der medizinischen Versorgung
und auch die Asthmaschulungsmaßnahmen unmittelbar zu einer Besserung der schulischen
Situation der Kinder und Jugendlichen geführt haben [8]
[9]
[10].
Einen Großteil des Tages verbringen die Kinder und Jugendlichen in der Schule (Unterricht,
Ausflüge, Klassenfahrten), somit fehlt während vieler Stunden die Unterstützung der
Eltern im Umgang mit der Dauertherapie und Akutinterventionen. Auch bei Jugendlichen
gilt dies gleichermaßen, da Gleichaltrige in aller Regel auch nicht adäquat reagieren
können [11]. Bei einer angenommenen Klassengröße von 30 Kindern hat jeder Lehrer in jeder Unterrichtsstunde
zwei bis vier Kinder mit Asthma bronchiale zu betreuen, eine Situation, auf die Lehrer
in der Regel nur dann vorbereitet sind, wenn sie entweder aus dem eigenen Familien-/Bekanntenkreis
über Kenntnisse mit Asthma bronchiale verfügen oder aber sich aus anderen Gründen
gezielt weitergebildet haben.
70 % der Kinder haben Belastungsasthma, was insbesondere für den Sportunterricht in
der Schule und auch für die Pausen relevant ist [12]. Lecheler und Gauer [13] erfassten die Schuldefizite durch Asthma bronchiale bei 186 Kindern: Nur 27,4 %
hatten keine nennenswerten Schulausfallzeiten; 21,5 % hatten bis zu 10 %, 12,9 % hatten
10 - 20 %, 12,9 % hatten 20 - 30 % und 17,7 % hatten eine Ausfallzeit von über 30
% der Schultage. Der Schulfortschritt war nur bei 19,4 % nicht beeinträchtigt; 30,8
% hatten ein Jahr, 26,3 % hatten zwei Jahre, 8,1 % hatten drei Jahre und 1,6 % hatten
vier Jahre verloren. 25,3 % der Schüler nahmen nie am Schulsport teil. Im Rahmen der
Multizenteruntersuchung über die Wirksamkeit der Asthmaschulung bei Kindern und Jugendlichen
[8]
[9] gaben die Familien an, dass die Kinder 7 bis 9 Tage pro Jahr in der Schule gefehlt
hatten.
Das Wissen über Asthma bronchiale war bei der Untersuchung von Bevis und Taylor [14] ungenügend. Nur ein Drittel der Lehrer kannte die Möglichkeit einer Prämedikation
vor Sport, 21 % waren sich nicht sicher, ob eine Teilnahme am Sport möglich sei oder
hielten sie für unmöglich. 39 % wollten das Mitführen eines Inhalators verbieten,
95 % gaben selbst an, unzureichend informiert zu sein. In einer Untersuchung an 216
Schulen in Südwales [15] wurden die Schulleiter befragt, 191 (= 88 %) antworteten: 17 % der Schüler hatten
im Schnitt 9 Tage (2 - 16) wegen Asthma gefehlt. Nur 76 (= 40 %) der Schulen gestatteten
Kindern ihren Inhalator zu benutzen; 12 (= 6 %) forderten Eltern auf, den Inhalator
zu bedienen; in 115 (= 60 %) der Schulen glaubten die Leiter, dass das Kollegium mit
dem Asthmamanagement vertraut ist. Dem gegenüber hielten 174 (= 91 %) der Schulleiter
ein Krankheitstraining für wünschenswert. 108 der Schulen (= 62 %) hatten keine Anweisungen/schriftliche
Instruktionen für die Asthmatherapie; 168 (= 88 %) hatten keine Information über weiter
behandelnde Ärzte und nur 31 (= 16 %) hatten Notfallmedikamente für den Asthmaanfall
vorrätig. French et al. [16] kamen zu ähnlich ungünstigen Daten bei einer Erhebung an 164 Grundschulen in Westaustralien.
Gibson et al. [11] beschrieben das gleiche Dilemma für Lehrer und auch für die Klassenkameraden bei
Jugendlichen.
Stohlhofer et al. [17] befragten 1311 Wiener Volksschullehrer bezüglich ihres Wissensstandes (1054 Antworten).
Nur 1 % der befragten Lehrkräfte gab an, asthmabetroffene Kinder in der Klasse zu
haben; 10 % der befragten Lehrer waren bereits im Rahmen des Unterrichtes mit einem
akuten Asthmaanfall konfrontiert. Nur 2 % der Lehrer hatten bereits einmal ein Asthmaschulungsprogramm
durchlaufen. Lehrer, die ein Trainingsprogramm durchlaufen hatten, ließen Kinder signifikant
häufiger am Schulsport teilnehmen. 80 % der Lehrer waren bereit, asthmabetroffenen
Kindern bei der Medikamenteneinnahme zu helfen, aber nur 30 % gaben an, im Umgang
mit inhalativen Medikamenten vertraut zu sein. Das allgemeine Basiswissen über asthmaspezifische
Symptome war gut, aber gering bezüglich Therapie und Auslösern. Nur 45 % kannten den
Effekt für eine präventive Medikation.
Einige Autoren [15]
[16]
[17] fordern als Fazit ihrer Untersuchung die Durchführung von Asthmaschulung für Lehrer.
Ziel unserer Untersuchung war 1. den Wissensstand bei Lehrern verschiedener allgemein
bildender Schulen im Raum Osnabrück und Umgebung zu erfragen sowie 2. an allgemein
bildenden Schulen, die nicht an dieser Wissensbefragung teilnahmen, eine Intervention
im Sinne einer Asthmaschulung für Lehrer durchzuführen, mit dem Ziel, den Informationsstand
der Lehrer und Interventionsmöglichkeiten an Schulen und Kindergärten dadurch zu verbessern.
Methodik
Methodik
-
Erhebung des Wissensstandes: Mit Genehmigung der Autoren [17] wurden im Januar 2000 über 1000 Fragebogen von der Bezirksregierung Weser-Ems an
allgemein bildende Schulen versandt. In den ersten 3 Monaten nach der Aussendung wurden
483 auswertbare Bogen zurückgeschickt. Schulen, die an dieser Befragung teilnahmen,
erhielten keine Intervention.
-
Im Rahmen eines Pilotprojektes [18]
[19] wurde die prinzipielle Durchführbarkeit einer Schulungsmaßnahme bezüglich Asthma
bronchiale für Lehrerkollegien im Hinblick auf Zeitumfang, Inhalte, Akzeptanz an 8
Schulen erprobt. Neu war dabei, dass die Kollegien die Fortbildung in den Schulen
selbst angeboten bekamen. Der Stundenplan und die Durchführungsmodalitäten wurden
aufgrund der Teilnehmerrückmeldungen weiterentwickelt.
Das Seminar umfasst 3 Zeitstunden (s. Tab. [1]), insbesondere einen Notfallplan (s. Abb. [1] u. [2]). Die Themen wurden von Asthmatrainern der Akademie „Luftiku(r)s” Osnabrück durchgeführt.
Inhalte und methodisch-didaktische Umsetzung entsprachen dem Elternseminar der Patientenschulung
bei Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter [7]
[20]
[21]. Die Weiterbildung erfolgt im interaktiven Gespräch, ergänzt durch möglichst viele
praktische Übungen. Die Rekrutierung der teilnehmenden Kollegien erfolgte nach Bekanntgabe
der Projektes durch die Bezirksregierung Weser-Ems bzw. über die direkte Anfrage von
den Schulen/Kindergärten bei der Akademie „Luftiku(r)s”. Die Fortbildung wurde für
ganze Kollegien angeboten; je 15 bis 20 Lehrer war ein Trainer zugegen, so dass immer
eine Kleingruppenarbeit gewährleistet werden konnte. Aus organisatorischen Gründen
war eine Versendung des Fragebogens [nach 17] vor dem Seminar nicht möglich. Die Befragung der Teilnehmer unmittelbar am Ende
des Seminars erfolgte über einen eigens entwickelten Fragebogen [18]
[19].
Die Auswertung der Defizitanalyse erfolgte nach den gleichen Kriterien wie bei Stohlhofer
[17]. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt in Prozent, so dass die Studien miteinander
verglichen werden können.
Abb. 1 Schüler-Asthma-Notfallplan.
Abb. 2 Rückseite des Schüler-Asthma-Notfallplanes.
Tab. 1 Stundenplan des Lehrerseminars
15 min |
Begrüßung, Erfahrungen mit Asthma in der Schule |
45 min |
„Was ist Asthma?”, Strohhalmübung |
15 min |
Selbsteinschätzung (Lungendetektiv, Peak Flow) |
30 min |
Pause, evtl. Rundgang durch die Schule |
45 min |
Auslöser/Auslösevermeidung |
30 min |
Notfallmanagement, atemerleichternde Stellungen, Spraygebrauch |
Ergebnisse
Ergebnisse
A - Defiziterfassung
Die Antworten wurden ausgewertet aufgrund von 483 auswertbarer Fragebogen (97 Lehrer
= 20 % von Grundschulen, 262 (= 54 %) von Orientierungsstufen/Sekundarstufen I; 76
(= 16 %) von Gymnasien; 13 (= 3 %) Gesamtschulen; 27 (= 5 %) Sonderschulen; 8 (= 2
%) Berufschulen.
Die Daten hinsichtlich der Defizite (Themenbereiche, Allgemeinwissen über Asthma bronchiale,
Symptome und Auslöser, Asthma und Sport, Therapiemöglichkeiten, eigene Erfahrungen
mit Asthma bronchiale) entsprachen denen der Wiener Arbeitsgruppe, obwohl sie an Schulen
unterschiedlicher Art sowie an einer insgesamt kleineren Gruppe erhoben wurden. In
den Tab. [2]
[3]
[4]
[5]
[6] sind die Prozentzahlen der Befragung in Osnabrück angegeben; die entsprechenden
Prozentzahlen der Wiener Untersuchung [17] sind jeweils in Klammer gesetzt.
In einer separaten Auswertung (tabellarisch nicht dargestellt) wurden die Antworten
derjenigen Lehrer (64/483 = 13 %) untersucht, die sich selbst in der Befragung als
ausreichend informiert darstellten („Glauben Sie ausreichend über Asthma bronchiale
informiert zu sein?”). In dieser Subgruppe ergaben sich keine signifikanten Unterschiede
im Antwortverhalten im Vergleich zum gesamten Kollektiv.
Tab. 2 Eigene Erfahrungen mit Asthma bronchiale - Osnabrücker Erhebung n = 483, Angaben
in %. In Klammern Wiener Studie n = 1054, Angaben in %
|
ja |
nein |
weiß nicht |
Glauben Sie ausreichend über Asthma bronchiale informiert zu sein? |
13 (6,0) |
83 (94,0) |
4 |
Haben Sie im Rahmen eines Erste-Hilfe-Kurses die Asthmaakutversorgung erlernt? |
5 (5,3) |
92 (94,7) |
3 |
Haben Sie jemals an einer Asthmaschulung teilgenommen? |
4 (2,2) |
93 (97,8) |
3 |
Würden Sie asthmatische Kinder bei der Einnahme ihrer Medikamente oder Benutzung ihres
Asthmasprays beaufsichtigen? |
78 (81,7) |
16 (18,3) |
6 |
Würden Sie im Akutfall bis zum Eintreffen des Notarztes dem Kind ein Asthmaspray verabreichen? |
78 (69,4) |
14 (30,6) |
8 |
Gibt es in Ihrer Klasse Kinder mit bekanntem Asthma bronchiale? |
36 (1,0) |
59 (99,0) |
5 |
Trat jemals im Unterricht bei einem Kind ein Asthmaanfall auf? |
23 (9,4) |
74 (90,6) |
3 |
Trat jemals im Rahmen des Sportunterrichtes bei einem Kind ein Asthmaanfall auf? |
24 (5,1) |
61 (94,9) |
15 |
Sind Sie selbst Elternteil eines asthmakranken Kindes? |
6 (3,4) |
92 (96,6) |
2 |
Gibt es Asthma bronchiale in Ihrer Verwandtschaft? |
30 (17,7) |
67 (82,3) |
3 |
Leiden Sie selbst an Asthma bronchiale? |
8 (3,3) |
90 (96,7) |
2 |
Tab. 3 Allgemeinwissen über Asthma bronchiale - Osnabrücker Erhebung n = 483, Angaben in
%. In Klammern Wiener Studie n = 1054, Angaben in %; richtige Antworten fett gedruckt
|
richtig |
falsch |
weiß nicht |
keine Antwort |
Ungefähr 10 % der deutschen Kinder leiden an Asthma bronchiale |
61 (45,3)
|
8 (11,1) |
29 (43,6) |
2 |
Asthmakranke Kinder haben überempfindliche Bronchien |
78 (75,4)
|
7 (6,8) |
13 (17,8) |
2 |
Unbehandeltes Asthma kann zu einer Wachstumsverzögerung führen |
34 (28,4)
|
25 (21,6) |
39 (50,0) |
2 |
Asthma ist infektiös |
4 (2,3) |
87 (87,8)
|
7 (9,9) |
2 |
Asthma schädigt das Herz |
56 (60,4) |
16 (10,7)
|
27 (28,8) |
1 |
Asthmakranke Kinder dürfen keine Milchprodukte essen |
4 (4,6) |
69 (64,9)
|
24 (30,5) |
3 |
Kinder können am Asthma sterben |
75 (49,6)
|
8 (14,1) |
15 (36,3) |
2 |
Asthma wird durch emotinale Faktoren beeinflusst |
89 (91,1)
|
3 (2,1) |
7 (6,8) |
1 |
Im Asthmafall kommt es zu einer akuten Verengung der Bronchien |
90 (83,9)
|
1 (0,9) |
8 (15,2) |
1 |
Asthmakranke Kinder kommen meist aus sozial mindergestellten Familien |
1 (2,8) |
92 (88,0)
|
6 (9,2) |
1 |
Tab. 4 Symptome und Auslöser von Asthma bronchiale - Osnabrücker Erhebung n = 483, Angaben
in %. In Klammern Wiener Studie n = 1054, Angaben in %; richtige Antworten fett gedruckt
|
richtig |
falsch |
weiß nicht |
keineAntwort |
Welche Symptome setzen Sie mit Asthma bronchiale in Verbindung? |
|
|
|
|
nächtlicher Husten |
45 (58,0)
|
31 (20,0) |
19 (22,0) |
5 |
Husten am Ende einer körperlichen Belastung |
77 (81,5)
|
10 (8,7) |
10 (9,8) |
3 |
Husten nach dem Essen |
5 (8,5) |
67 (63,8)
|
24 (27,7) |
4 |
anfallartig auftretende Atemnot |
94 (96,3)
|
3 (1,4) |
2 (2,3) |
1 |
Fieber, Husten, Schwierigkeiten b. Einatmen |
28 (40,9) |
48 (34,9)
|
20 (24,2) |
4 |
stechende Schmerzen im Brustkorb mit Ausstrahlung in den linken Arm |
6 (13,4) |
68 (49,2)
|
23 (37,4) |
3 |
pfeifende, giemende Atemgeräusche |
89 (84,6)
|
3 (4,3) |
5 (11,1) |
3 |
Bei einem akuten Asthmaanfall ist die Einatmung erschwert |
68 (75,5) |
22 (11,3)
|
6 (13,2) |
4 |
Ausatmung erschwert
|
47 (33,2)
|
29 (37,4) |
16 (29,4) |
8 |
Welche Situationen/Umstände können einen Asthmaanfall auslösen oder ein bestehendes
Asthma verschlimmern? |
|
|
|
|
Erkältungskrankheit |
82 (76,2)
|
4 (7,0) |
11 (16,8) |
3 |
kalte Luft |
31 (34,2)
|
26 (25,9) |
29 (39,9) |
4 |
warme Luft |
31 (16,5) |
28 (35,7)
|
37 (47,8) |
4 |
körperliche Anstrengung |
88 (88,4)
|
4 (2,5) |
6 (9,1) |
2 |
heißes Bad |
13 (12,0) |
42 (40,0)
|
41 (48,0) |
4 |
Aufenthalt in verrauchten Räumen |
93 (89,4)
|
1 (2,1) |
5 (8,5) |
1 |
blühende Wiesen und Felder |
66 (73,6)
|
17 (9,3) |
16 (17,1) |
1 |
direkter Kontakt zu Tieren |
67 (71,4)
|
16 (9,9) |
15 (18,7) |
2 |
Spielen im Regen |
5 (5,0) |
68 (64,3)
|
24 (30,7) |
3 |
Tab. 5Asthma und Sport - Osnabrücker Erhebung n = 483, Angaben in %. In Klammern Wiener
Studie n = 1054, Angaben in %; richtige Antworten fett gedruckt
|
richtig |
falsch |
weiß nicht |
keine Antwort |
Glauben Sie, dass asthmakranke Kinder im Unterricht |
|
|
|
|
genauso belastbar wie gesunde Kinder sind |
45 (47,0)
|
42 (38,2) |
11 (14,8) |
2 |
nicht so intelligent wie gesunde Kinder sind |
2 (3,6) |
92 (94,8)
|
1 (1,6) |
5 |
schwieriger als gesunde Kinder sind |
9 (15,3) |
78 (72,1)
|
7 (12,6) |
6 |
Asthmakranke Kinder können nicht bei sportlichen Wettkämpfen mitmachen |
10 (23,4) |
76 (50,6)
|
12 (26,0) |
2 |
Die volle Teilnahme asthmakranker Kinder am Sportunterricht ist anzustreben |
76 (57,1)
|
12 (19,3) |
11 (23,6) |
1 |
Durch die Einnahme entsprechender Medikamente vor sportlicher Betätigung kann ein
Anfall verhindert werden |
54 (44,6)
|
13 (7,6) |
31 (47,8) |
2 |
Asthmakranke Kinder dürfen schwimmen |
91 (80,5)
|
2 (0,9) |
6 (18,6) |
1 |
Asthmakranke Kinder können an Wandertagen, Klassenfahrten teilnehmen |
98 (92,3)
|
0 (1,9) |
1 (5,8) |
1 |
Mit der richtigen Behandlung kann ein asthmakrankes Kind ein Leben ohne Einschränkungen
führen |
78 (77,7)
|
10 (5,0) |
11 (17,3) |
1 |
Tab. 6 Therapiemöglichkeiten des Asthma bronchiale - Osnabrücker Erhebung n = 483, Angaben
in %. In Klammern Wiener Studie n = 1054, Angaben in %; richtige Antworten fett gedruckt
|
richtig |
falsch |
weiß nicht |
keine Antwort |
Welche Körperposition würden Sie als atemerleichternd bezeichnen? |
|
|
|
|
sitzend mit aufgestützten Armen |
68 (66,1)
|
11 (12,4) |
15 (21,5) |
6 |
auf dem Rücken liegend |
10 (10,9) |
60 (69,0)
|
18 (20,1) |
12 |
in Seitenlage liegend |
25 (38,7) |
34 (28,2)
|
30 (33,1) |
11 |
Inhalative Medikamente haben weniger Nebenwirkungen als die Einnahme in Tablettenform |
45 (44,9)
|
14 (6,1) |
35 (49,0) |
6 |
Antibiotika sind in der Asthmabehandlung unentbehrlich |
8 (5,4) |
48 (38,0)
|
39 (56,6) |
5 |
Kortison ist in der Basisbehandlung ein sehr wertvolles Medikament |
44 (28,4)
|
16 (18,0) |
34 (53,6) |
6 |
Kennen Sie ein Asthmamedikament namentlich? |
24 (17,6) |
72 (82,4) |
|
4 |
Sind Sie im Umgang mit einem inhalativen Medikament vertraut? |
37 (31,7) |
59 (68,3) |
|
4 |
Wissen Sie, was ein Peak-Flow-Meter ist? |
18 (11,2) |
78 (88,8) |
|
4 |
B - Intervention/Lehrerseminar
Die finanziellen Mittel erlaubten die Durchführung von 40 Seminaren (bei mehr als
20 Lehrern in einem Kollegium zwei Parallelseminare durch zwei Trainer). Die Schulen
hatten meist von dem Angebot über Schulleiter-Dienstbesprechungen erfahren sowie über
Informationsschreiben der Bezirksregierung. Der Entschluss zur Teilnahme am Seminar
erfolgte zudem aufgrund von Hinweisen von Eltern aus Asthmaschulungskreisen sowie
Informationen von Lehrern, die bereits an anderen Schulen an diesem Seminar teilgenommen
hatten (s. Tab. [7]).
Im Verlauf des Schuljahres 1999/2000 wurden an 40 Institutionen (Schulen, Kindergärten,
Ausbildungsseminare) die Fortbildungsseminare durchgeführt. Dabei wurden 648 Lehrer
und Erzieher erreicht. 90,6 % der teilnehmenden Personen füllten den Fragebogen bezüglich
der Umsetzbarkeit des Seminars im Schulalltag aus (Verteilung der Teilnehmer s. Tab.
[8]). Die Teilnehmer wurden auch nach ihren Vorerfahrungen mit Asthma bronchiale gefragt
(s. Tab. [9]). Diese Fragen stammen aus dem Fragebogen nach Stohlhofer [17]; die Antworten entsprechen denen der Defizitanalyse.
Die Inhalte des Seminars (s. Abb. [1]) wurden hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit erfragt (s. Tab. [10] „Inwieweit glauben Sie die Informationen und Anregungen aus der Fortbildung in Ihrem
Alltag umsetzen zu können?”). Der eigens für die Belange der Schulen entwickelte Notfallplan
(s. Abb. [1] u. [2]) wurde hinsichtlich seiner Praktikabilität erfragt („Stellen Sie sich eine Notfallsituation
in Ihrer Schule vor. Welche folgenden [Organisation-]Schritte trauen Sie sich zu?”,
s. Tab. [11]). Zudem wurden die Teilnehmer befragt, ob die Maßnahmen zur Betreuung asthmakranker
Kinder im Schulalltag integrierbar sein können („Maßnahmen zur Betreuung asthmakranker
Kinder müssen in den Schulalltag integrierbar sein. Wie sieht es mit der Umsetzung
der folgenden Punkte an Ihrer Schule aus?”). Die Antworten sind der Tab. [12] zu entnehmen.
Tab. 7 Beweggründe zur Teilnahme an der Fortbildung; n = 587; Mehrfachnennung möglich
Wissensvermittlung, Interesse |
233 |
Lehrerfortbildung (Konferenzbeschluss) |
199 |
Notfallmanagement |
190 |
Sportunterricht |
73 |
Vorerfahrungen in der Schule |
55 |
persönliches Interesse |
47 |
„Asthma wird mehr” |
41 |
Klassenfahrt, Klassenleitung |
29 |
Multiplikator für Eltern |
6 |
juristische Absicherung |
2 |
Angst |
1 |
Tab. 8 Seminarteilnehmer (n = 648)
Kindergarten |
117 |
Ausbildungsseminar |
48 |
Grundschule |
178 |
Orientierungsstufe |
105 |
Hauptschule |
28 |
Realschule |
31 |
Gymnasium |
91 |
Gesamtschule |
10 |
überregionale Fortbildung |
40 |
Tab. 9 Eigene Erfahrungen mit Asthma bronchiale; n = 587 (Angaben in %)
|
ja |
nein |
keine Antwort |
Gibt es in Ihrer Klasse Kinder mit bekanntem Asthma bronchiale? |
37,4 |
57,5 |
5,1 |
Trat jemals im Unterricht bei einem Kind ein Asthmaanfall auf? |
15,2 |
83,6 |
0,2 |
Trat jemals im Rahmen des Sportunterrichtes des Kindes ein Asthmaanfall auf? |
14,5 |
72,0 |
13,5 |
Sind Sie selbst Elternteil eines asthmakranken Kindes? |
7,5 |
92,0 |
0,5 |
Leiden Sie selbst an Asthma bronchiale? |
7,5 |
91,6 |
0,9 |
Tab. 10 Inwiefern glauben Sie die Informationen und Anregungen aus der Fortbildung in Ihrem
Schulalltag umsetzen zu können? n = 587 (Angaben in %)
Untersuchung im Anschluss an das Seminar |
voll anwendbar |
weitgehend anwendbar |
weniger anwendbar |
gar nicht anwendbar |
keine Antwort |
Lungendetektiv |
31,5 |
47,5 |
15,4 |
3,5 |
2,1 |
Auslöser/-vermeidung |
21,5 |
57,0 |
19,4 |
0,5 |
1,6 |
Notfallmanagement |
50,4 |
44,8 |
2,6 |
0,3 |
1,9 |
Tab. 11 „Stellen Sie sich eine Notfallsituation in Ihrer Schule vor. Welche der folgenden
(Organisations-)Schritte trauen Sie sich zu?” n = 587 (Angaben in %)
Untersuchung im Anschluss an das Seminar |
völlig |
weitgehend |
weniger |
gar nicht |
keine Antwort |
persönlich Ruhe bewahren |
29,8 |
65,4 |
4,4 |
0,2 |
0,2 |
Lungendetektiv/Peak Flow |
31,3 |
47,7 |
15,6 |
2,6 |
2,8 |
Lippenbremse/Kutschersitz |
80,9 |
18,4 |
0,3 |
0,2 |
0,2 |
Getränk anbieten |
78,8 |
15,8 |
3,8 |
1,1 |
0,5 |
Inhalation bronchienerweiternder Medikamente |
29,6 |
52,1 |
14,7 |
2,4 |
1,2 |
orale Medikamentengabe |
31,6 |
44,1 |
18,7 |
4,0 |
1,6 |
Klassenkameraden beruhigen |
38,6 |
55,6 |
4,7 |
0,2 |
0,9 |
Arzt verständigen |
86,4 |
12,4 |
0,7 |
0,2 |
0,3 |
Tab. 12 Maßnahmen zur Betreuung asthmakranker Kinder müssen in den Schulalltag integrierbar
sein. Wie sieht es mit der Umsetzung der folgenden Punkte an Ihrer Schule aus? n =
587 (Angaben in %)
Untersuchung im Anschluss an das Seminar |
gut umsetzbar |
umsetzbar |
schlecht umsetzbar |
nicht umsetzbar |
keine Antwort |
Aushändigen von Notfallplänen |
73,4 |
23,1 |
1,6 |
0 |
1,9 |
Gesamtkonferenz Aspekt Gesundheit |
5,6 |
52,6 |
33,4 |
4,5 |
3,9 |
Fachgerecht eingerichtete Ruheräume |
5,4 |
34,6 |
45,5 |
11,0 |
3,5 |
in gesundheitlichen Fragen ausgebildete Lehrer |
5,2 |
44,2 |
37,1 |
9,1 |
4,4 |
Notfallpläne im Schulsekretariat |
39,2 |
47,2 |
8,2 |
1,6 |
3,8 |
Notfallkoffer an zentraler Stelle |
36,9 |
49,1 |
9,1 |
2,3 |
2,6 |
Erreichbarkeit der Eltern |
28,9 |
52,6 |
13,8 |
2,1 |
2,6 |
Sanierung des Schulgebäudes |
1,2 |
16,1 |
44,4 |
31,8 |
61,5 |
Diskussion
Diskussion
Aus der englischsprachigen Literatur ist ein hohes Maß an Wissensdefiziten unter Lehrern
bzw. Schulen berichtet worden [14]
[15]
[16]. Aus dem deutschsprachigen Raum liegt bisher nur die Untersuchung bei Wiener Vorschullehrern
vor [17]. Die im ersten Teil unserer Untersuchung erfassten Daten weisen darauf hin, dass
ein der Wiener Untersuchung vergleichbares Defizit im Raum Osnabrück bei Lehrern vorliegt,
wobei im Raum Osnabrück alle allgemein bildenden Schulen angesprochen wurden.
Die Daten zeigen - mit der Einschränkung, dass bei der Untersuchung im Osnabrücker
Raum das Kollektiv deutlich kleiner ist als in Wien (483 versus 1054) und von der
Zusammensetzung nicht vergleichbar -, dass insgesamt von einer vergleichbar ungünstigen
Ausgangslage hinsichtlich des Wissens bzw. der praktischen Fähigkeiten bezogen auf
das Asthmamanagement durch Lehrer ausgegangen werden muss. Die zitierten und die eigenen
Untersuchungen zu den Defiziten unterstreichen den Eindruck aus Asthmaschulungskursen
für Kinder und Jugendliche, dass die betroffenen Kinder und Jugendliche häufig in
ihren Schulen erhebliche Nachteile bedingt durch das Asthma erleiden:
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Probleme der Konzentration und des Lernfortschrittes.
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Probleme der allergenbelasteten Klassenräume (Tierhaltung, Teppiche, Chemieunterricht),
die ein erhöhtes Symptomrisiko für die Patienten ermöglichen.
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Häufig trauen die Kinder sich nicht, die Dauertherapie oder auch eine notwendige Akutintervention
einzusetzen bzw. es wird seitens des betreffenden Lehrers nicht gestattet.
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Im Sportunterricht sind angemessene Belastungspausen oft nicht möglich („Simulant”).
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Die Lehrer sind häufig überfordert, beginnende Asthmasymptome zu registrieren und
dem Kind den Freiraum für eine mögliche Selbsthilfe zu ermöglichen.
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Gelegentlich werden Kinder ohne eine primäre medikamentöse Versorgung direkt nach
Hause geschickt, teils ohne Begleitung. Daneben gibt es häufig Kommunikationsprobleme
zwischen Lehrer und Eltern über Krankheit und Therapie, aber auch Kommunikationsprobleme
bezüglich des Umganges mit Asthma bronchiale innerhalb von Lehrerkollegien.
Über viele Jahre ist von unserer Arbeitsgruppe versucht worden, über Vorträge für
Sportobleute bzw. Schulleiter die Situation in den Schulen zu verbessern, ohne dass
ein ausreichender Effekt registriert werden konnte. Die Teilnahmefrequenzen an derartigen
Fortbildungen war meist gering aus den verschiedensten organisatorischen oder persönlichen
Gründen der einzelnen Lehrer. Darüber hinaus ist es sicherlich für Lehrer schwierig,
medizinische Inhalte eines Vortrages innerhalb des jeweiligen Kollegiums angemessen
zu implementieren. Aus diesem Grunde wurde zunächst über ein Pilotprojekt 1996/1997
versucht, ob eine „Bringestruktur” eine bessere Askzeptanz ermöglicht. Von 9 angesprochenen
Schulen innerhalb einer nordrhein-westfälischen Kleinstadt hatten 8 spontan an einem
Asthmafortbildungsseminar für Lehrer teilgenommen und zwar mit den gesamten Kollegien.
Nach Überprüfung der Praktikabilität des Seminarangebotes (Teilnahme möglichst des
gesamten Kollegiums, Kleingruppenarbeit, praktisches Üben, angemessene Inhalte, handlungsrelevantes
Wissen) erfolgte dann die Überprüfung der Effekte des Seminars an 40 Einrichtungen
(allgemein bildende Schulen, Seminare und Kindergärten). Die Intervention erfolgte
im Zeitraum des Schuljahres 1999/2000. Die Nachfrage nach einer Teilnahme durch Schulen,
Kindergärten und Seminare war wesentlich höher als die Durchführungsmöglichkeit. Inzwischen
erfolgt eine weitere Unterstützung durch andere Sponsoren, so dass auch im Schuljahr
2000/2001 weitere Schulen ein derartiges Seminarangebot erhalten konnten. Auch diese
Seminare werden fortlaufend weiter ausgewertet.
Die vorliegenden Daten beziehen sich auf die 40 teilnehmenden Einrichtungen (n = 648
Teilnehmer). Die Ergebnisse zeigen, dass ein Seminar, abgehalten in der Schule, möglichst
das ganze Kollegium mit einem Schlüssel von einem Trainer auf 15 bis 20 Lehrer durchführbar
ist und auch dazu führt, dass durch eine praktisch orientierte Fortbildung das gesamte
Kollegium in den gleichen Weiterbildungsstand bezüglich der Betreuung asthmabetroffener
Kinder gebracht werden kann. Diese Vorgehen scheint somit effektiver als überregionale
Veranstaltungen mit Teilnahme nur einzelner Lehrer. Die Seminarinhalte sind in den
Schulalltag aus Sicht der Teilnehmer integrierbar. Das Zutrauen der Lehrer für die
Umsetzung der erlernten Inhalte, insbesondere den Einsatz der Maßnahmen eines Notfallplanes
ist befriedigend bis gut. Der Langzeiteffekt des Seminars soll über eine Nachbefragung
der teilnehmenden Lehrer 12 Monate nach Durchführung des Seminars überprüft werden
[Einsatz des Fragebogens nach [17]].
Insgesamt ist es sinnvoll, die Weiterbildung von Lehrern und Erziehern bezüglich des
Umganges mit einer chronischen Erkrankung durchzuführen. Es wurde für die vorliegende
Studie bewusst Asthma bronchiale gewählt, da jeder Lehrer je Unterrichtsstunde bei
einer Klassenfrequenz von 30 Schülern ca. 2 bis 5 Schüler mit Asthma bronchiale im
Klassenraum hat. Somit war primär ein Interesse und auch eine hohe Relevanz für den
Schulalltag zu erwarten.
Sollte die Einjahreskatamnese zeigen, dass auch ein langfristiger Effekt des Seminars
erreicht werden konnte, so scheint es sinnvoll zu klären, ob zumindestens für häufige
chronische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter ein entsprechendes Weiterbildungsangebot
im Rahmen der Referendariatsausbildung erfolgt. Das von uns durchgeführte Projekt
wurde gesponsert durch eine pharmakologische Firma. Die Kosten für ein Seminar von
3 Zeitstunden sind durchaus vom Umfang her kalkulierbar und somit auch in die Referendariatsbildung
integrierbar. Eine Durchführung eines derartigen Seminars nach Abschluss der Lehrerausbildung
ist von der Finanzierbarkeit her sicherlich sehr viel schwieriger (fehlender Etat
im Budget der Bezirksregierungen). Daneben ist eine Weiterbildung für möglichst alle
angehenden Lehrer im Rahmen ihrer eigentlichen Ausbildung der möglicherweise sinnvollere
Ansatz.
Der Einbezug von ganzen Kollegien/Seminaren im Rahmen der Fortbildung ist dabei eine
sinnvolle Alternative zu Fortbildungsvorträgen für einzelne interessierte Lehrer,
die unter Umständen mit großen Schwierigkeiten die Fortbildungsinhalte im Schulalltag
umsetzen können. Bundesweit gibt es inzwischen genügend ausgebildete Asthmatrainer
die für ein derartiges Weiterbildungsangebot an Lehrer/Erzieher/Schulen prinzipiell
zur Verfügung stehen.
Danksagung
Danksagung
Der Firma Glaxo Wellcome wird für die finanzielle Unterstützung dieser Studie gedankt.