Ein 58-jähriger übergewichtiger Patient (170 cm, 82 kg) wurde gegen Abend bei anamnestisch
bekannter koronarer Herzkrankheit wegen starker Atemnot, Herzstolpern und Unterschenkelödemen
in die Klinik eingeliefert. Es wurde die Diagnose einer dekompensierten Herzinsuffizienz
gestellt. Elektrokardiographisch fand sich eine Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern,
der Blutdruck betrug 180/100 mmHg.
Folgende Laborbefunde konnten bei Aufnahme erhoben werden: Leukozyten 9000/ml, Hb
12,5 g/dl, Thrombozyten 300 000/ml, Serum-Kreatinin 0,9 mg/dl, Serum-Kalium 4,5
mmol/l, Serumharnsäure 7,8 mg/dl, SGOT 40 U/l, SGPT 44 U/l, γ-GT 68 U/l, Serum-Cholesterin
265 mg/dl, Triglyzeride 478 mg/dl.
Eine Therapie mit Digoxin i. v., PTT-gesteuerter Heparinisierung, einem ACE-Hemmer
sowie einem Diuretikum wurde eingeleitet, wobei initial 20 mg Furosemid i. v. verabreicht
wurden. In der Nacht wachte der Patient mit heftigen Schmerzen im Bereich des linken
Großzehengrundgelenkes auf. Die Schmerzen waren so stark, dass er den Druck der Bettdecke
oder Erschütterungen im Raum kaum ertragen konnte. Die symptombezogene klinische Untersuchung
ergab eine ausgeprägte, die Gelenkgrenzen überschreitende Schwellung und Rötung des
linken Großzehengrundgelenkes. Laborchemisch lagen die Leukozyten bei 15 300/ml, die
Serumharnsäure bei 9,2 mg/dl. Bei einer Röntgenaufnahme der Vorfüße konnten keine
Tophi festgestellt werden.
Aufgrund des typischen lokalen Befundes, des Beschwerdebildes und der deutlich erhöhten
Serumharnsäurekonzentration wurde die Diagnose eines Saluretika-induzierten Gichtanfalls
im linken Großzehengrundgelenk gestellt. Eine Therapie mit einem nichtsteroidalen
Antiphlogistikum wurde eingeleitet. Der Patient erhielt dabei während der ersten 24
Stunden insgesamt 3×50 mg Diclofenac, woraufhin die Schmerzen erkennbar nachließen.
An den anschließenden 3 Tagen wurde jeweils Diclofenac 100 mg pro die (25-25-50)
verabreicht. Danach wurde noch zweimal die Serumharnsäure bestimmt, wobei sich Werte
von 8,7 mg/dl und 9,5 mg/dl ergaben. Nachdem unter der Saluretika-induzierten Hyperurikämie
eine klinische Komplikation in Form eines Gichtanfalls aufgetreten war, bestand eine
Indikation zur dauerhaften Senkung der Serumharnsäure. Dazu wurde nach Abklingen des
akuten Gichtanfalls neben diätetischen Maßnahmen bei normaler Nierenfunktion Allopurinol
300 mg pro die eingesetzt. Dadurch konnte die Serumharnsäure auf einen Wert von 5,0-5,5
mg/dl eingestellt werden. Zur Anfallsprophylaxe erhielt der Patient Colchicin 3×0,5
mg/die über insgesamt 3 Monate. Weitere Gichtanfälle oder Nierenkoliken traten unter
konsequenter harnsäuresenkender Therapie nicht mehr auf.