Der örtlich und zeitlich orientierte 63-jährige
Patient wurde uns von einem niedergelassenen Pneumologen zugewiesen.
Er klagte über eine seit ca. 5 - 6
Jahren langsam zunehmende belastungsabhängige Dyspnoe.
Seit seiner Jugendzeit hat er täglich etwa eine Packung
Zigaretten geraucht, sodass sich eine kumulative Zigarettenmenge von > 40 pack
years errechnete.
Seitens seines Berufes sei er nie einer wesentlichen Staubexposition
ausgesetzt gewesen. Seit den letzten Wochen hatte die Dyspnoe jedoch
deutlich an Schwere zugenommen, sodass die kleinste Anstrengung,
z. B. Zähneputzen oder der Gang zur Toilette,
zur Belastung geworden seien. Zudem würde Husten und meist
klarer, gelegentlich aber auch eitriger Auswurf bestehen.
Klinischer Befund: Der übergewichtige Patient
(Größe 174 cm, Gewicht 93 kg) wies eine
Lippenzyanose auf, die Auskultation des Thorax erbrachte ein leises
Atemgeräusch und leise Herztöne. Der Klopfschall
war über beiden Lungen hypersonor, und es bestanden diskrete
Knöchel- und prätibiale Ödeme.
Diagnostik: In der a. p. Röntgenaufnahme
ließ sich eine dekompensierte Herzinsuffizienz als Ursache
für die geklagte Dyspnoe ausschließen. Die Rarefizierung
der Lungengefäße und die tiefstehenden Zwerchfelle
wiesen auf eine deutliche Überblähung hin, wie
sie für ein Lungenemphysem typisch ist. Die Lungenfunktion
zeigte eine schwergradige, unter inhalativer Gabe eines kurzwirksamen β 2
-Rezeptoragonisten und eines Parasympatholytikums (Ipratropiumbromid)
nicht wesentlich beeinflussbare (FEV1: < 15 %, < 150
ml) Atemwegsobstruktion. Der in der Flussvolumenkurve sichtbare Knick
im exspiratorischen Schenkel wies auf einen Bronchiolenkollaps hin,
wie er für ein Emphysem typisch ist. In der Bodyplethysmographie
stellte sich in der Druckvolumenkurve die typische Keulenform, wie
bei einer Atemwegsobstruktion dar. Die kapillär gemessene
Blutgasanalyse belegte eine respiratorische Globalinsuffizienz (PO2 45
mmHg, PCO2 56 mmHg), an die sich der wache Patient offenbar
adaptiert hatte. Ergänzend wurde eine Computertomographie
der Lunge angefertigt, die keinen Zweifel an dem ausgeprägten
klein- bis mittelgradig ausgeprägten, ubiquitär
in beiden Lungenhälften vorhandenen Emphysem ließ.
Therapie: Die initiale Therapie bestand in der zunächst
hochdosiert intravenös applizierten Theophyllin- und Glukokortikosteroid-Gabe,
die nach 14 Tagen abgeschlossen wurde. Zusätzlich erhielt
der Patient inhalativ kurzwirksame β2-Agonisten
bei Bedarf, einen langwirksamen β2-Agonisten,
Ipratropiumbromid und Steroide als Dauermedikation. Die Effektivität
der inhalativen Steroidmedikation wird nach Entlassung aus der stationären
Betreuung nach ca. ¿ Jahr kontrolliert und die Steroidindikation
entsprechend angepasst. Physiotherapeutische Maßnahmen
zur Optimierung der Atemtechnik, Schulungen zum Erlernen der Ursachen
und des Umgangs mit der Erkrankung, Anleitung zur korrekten Anwendung
der inhalativen Medikation und Raucherentwöhnungsmaßnahmen
ergänzten die Pharmakotherapie.
Diskussion: Der Patient litt an einem ausgeprägten
Lungenemphysem und einer schwergradigen nicht-reversiblen Atemwegsobstruktion.
In den allermeisten Fällen lässt sich die COPD
klinisch, durch die Lungenfunktion und die Blutgasanalyse diagnostizieren,
sodass die bildgebenden Verfahren einschließlich des CT-Thorax
oder der Echokardiographie nur in Zweifelsfällen zur Abklärung
der Differentialdiagnosen oder zur Quantifizierung von Sekundärkomplikationen
(z. B. Rechtsherzinsuffizienz, wie bei unserem Patienten
klinisch angedeutet) indiziert sind. Die Ursache dieses Befundes
liegt ausschließlich in dem ausgeprägten jahrzehntelangen
Nikotinabusus. Der Patient bot einen typischen klinischen Verlauf,
da a) die COPD nicht zuletzt auch aufgrund des ausgeprägten
CT-morphologischen Befundes sicher länger als die geklagten
5-6 Jahre bestanden haben dürfte, b) die Patienten
oft über Jahre bis Jahrzehnte ihre Beschwerden negieren,
und c) die Erkrankung in der Regel über lange Zeiträume
schleichend verläuft und sich die Patienten an diesen Verlauf
adaptieren.
Die Pharmakotherapie hat bei solchen Fällen nur eine
begrenzte Wirkung, da sich die Lungenfunktion im Gegensatz zum Asthma
bronchiale durch die lange Erkrankungsdauer und Expositionszeit
nur schwer beeinflussen und die Exazerbationsraten nur unzureichend reduzieren
lassen. Die dem Patienten zusätzlich offerierte Sauerstofflangzeittherapie
wird, eine O2-Gabe von > 16 h/Tag
vorausgesetzt, sein Mortaliätsrisiko senken. Als weitere
konservative Therapiemaßnahme kämen noch nicht-invasive
Beatmungsformen in Frage, deren Langzeiteffekt auf Morbidität
und Mortalität allerdings derzeit noch nicht abschließend
beurteilbar sind. Ergänzend dazu werden rehabilitative
Maßnahmen, Impfungen (Influenza, Pneumokokken), Optimierung
des Ernährungsstatus, da Untergewicht mit einer erhöhten Mortalität
bei COPD assoziiert ist (betrifft nicht den hier vorgestellten Fall),
und insbesondere die vollständige Einschränkung
des Zigarettenabusus empfohlen.