Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2002; 37: 13-16
DOI: 10.1055/s-2002-25159
Originalie
Sonderheft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Antikoagulation bei Patienten mit HIT-II-Verdacht und akutem Nierenversagen

Anticoagulation in Patients with Suspected HIT II and Acute Renal FailureE.  Lindhoff-Last
  • 1Medizinische Klinik I, Schwerpunkt Angiologie, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt
Further Information

Publication History

Publication Date:
17 April 2002 (online)

Einleitung

Bei schwerkranken intensivpflichtigen Patienten tritt häufig ein akutes Nierenversagen auf, das zudem oftmals von Funktionsstörungen anderer Organsysteme begleitet sein kann. Im Rahmen der dann erforderlichen Akutdialyse wird üblicherweise unfraktioniertes Heparin (UFH) zur Antikoagulation eingesetzt, um die Entstehung von Thromben im extrakorporalen Kreislauf zu vermeiden und die Filtersysteme offen zu halten. Die Inzidenz einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie vom immunologischen Typ (HIT II) nach Beginn der Hämodialyse in diesem Kollektiv schwerkranker akut niereninsuffizienter Patienten liegt Literaturangaben zufolge bei rund vier Prozent [1]. Langfristig hämodialysierte Patienten scheinen dagegen, obwohl sie über lange Zeit Heparin-exponiert sind, nur wenig gefährdet zu sein, eine HIT II zu entwickeln. Laut einer Untersuchung von Greinacher und Mitarbeitern an 165 Dialysepatienten war ein Nachweis Heparin-induzierter Antikörper im Heparin-induzierten Plättchenaktivierungstest (HIPA) mit nur 4,2 Prozent selten; klinisch trat eine HIT II nie in Erscheinung [2].

Bei Verdacht auf Vorliegen einer HIT II muss Heparin unverzüglich abgesetzt werden. Als alternative Antikoagulanzien stehen rekombinantes Hirudin und das Heparinoid Danaparoid-Natrium (Orgaran®) zur Verfügung. Beide Substanzen werden allerdings in unterschiedlichem Maße renal eliminiert. Bei Patienten mit akutem Nierenversagen ist der Einsatz von Danaparoid-Natrium, das etwa zur Hälfte auch hepatisch eliminiert wird und daher ein geringeres Kumulationsrisiko aufweist, günstiger. Das therapeutische Fenster ist größer als mit rekombinantem Hirudin, zu dem bislang nur limitierte Erfahrungen in der Akutdialyse intensivpflichtiger niereninsuffizienter Patienten vorliegen [3].

An unserem Zentrum wird Danaparoid-Natrium etwa seit Mitte der neunziger Jahre als alternatives Antikoagulans bei Patienten mit nachgewiesener oder vermuteter HIT II erfolgreich eingesetzt. Inzwischen verfügen wir auch über Erfahrungen mit der Substanz bei intensivpflichtigen Patienten mit Verdacht auf Vorliegen einer HIT II, bei denen wegen einer Niereninsuffizienz eine Akutdialyse erforderlich wurde. Die Daten dieser 13 Patienten wurden mittlerweile retrospektiv ausgewertet [4]. Sie belegen die Sicherheit und Effektivität von Danaparoid-Natrium als alternativem Antikoagulans auch in diesem problematischen Patientenkollektiv.

Literatur

  • 1 Yamamoto S, Koide M, Matsuo M, Suzuki S, Ohtaka M, Saika S, Matsuo T. heparin-induced thrombocytopenia in hemodialysis patients.  Am J Kidney Dis. 1996;  28 (1) 82-85
  • 2 Greinacher A, Zinn S, Wizeman U, Birk W. Heparin-induced antibodies as a risk factor for thromboembolism and hemorrhage in patients undergoing chronic hemodialysis.  Lancet. 1996;  348 764
  • 3 John G, Shebabi Y, Mudaliar Y. Use of a low molecular weight preparation of heparin Org 10172 (Lomoparan) in the critically ill.  Anaesth Intensive Care. 1991;  19 588-591
  • 4 Lindhoff-Last E, Betz C, Bauersachs R. Use of a low-molecular weight heparinoid (danaparoid-sodium) for continuous renal replacement therapy in intensive care patients.  Clin Appl Thrombosis/Hemostasis. 2001;  7 (4) 300-304
  • 5 Lindhoff-Last E, Eichler P, Stein M, Plagemann J, Gerdsen F, Wagner R, Ehrly A M, Bauersachs R. A prospective study on the incidence and clinical relevance of heparin-induced antibodies in patients after vascular surgery.  Thromb Res. 2000;  97 387-393
  • 6 Warkentin T E, Levine M N, Hirsh J, Horsewood P, Roberts R S, Tech M, Gent M, Kelton J G. Heparin-induced thrombocytopenia in patients treated with low-molecular weight heparin or unfractionated heparin.  New Engl J Med. 1995;  332 1330-1335
  • 7 Mangnani H N. Orgaran (danaparoid natrium) use in the syndrome of heparin-induced thrombocytopenia.  Platelets. 1997;  8 74-81
  • 8 Fischer K G. Hemodialysis in heparin-induced thrombocytopenia. New York; Marcel Dekker 2000: 339-354

Dr. Edelgard Lindhoff-Last

Medizinische Klinik I, Schwerpunkt Angiologie,
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt

Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt am Main

    >