Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2002; 37: 24-25
DOI: 10.1055/s-2002-25161
Diskussion im Plenum
Sonderheft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aktuelle Probleme bei der alternativen
Antikoagulation von HIT-II-Patienten

Current Problems in Alternative Anticoagulation Therapy for HIT II Patients
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Publication Date:
17 April 2002 (online)

Aufklärung über HIT II

Die Heparin-induzierte Thrombozytopenie vom Typ II (HIT II) ist eine wegen der potenziell gravierenden Folgekomplikationen gefürchtete Nebenwirkung bei Heparin-Gabe. Da Patienten grundsätzlich über prophylaxe- und therapiespezifische unerwünschte Wirkungen aufzuklären sind, warf Sylvia Haas, München, die Frage auf, ob eine Aufklärung über das HIT-II-Risiko auch bei auf Heparin eingestellten Patienten erforderlich ist. Noch 1999 hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass eine solche Aufklärung nicht notwendig ist. Andreas Greinacher, Greifswald, wies jedoch darauf hin, dass dieses Urteil möglicherweise nicht lange Bestand haben werde. Er begründete diese Annahme mit der doch relativ hohen Inzidenz der HIT II vor allem bei Gabe von unfraktioniertem Heparin (UFH). So werde heute beispielsweise jeder Patient vor einem chirurgischen Eingriff über das mögliche Risiko einer HIV- oder Hepatitis-Infektion bei einer eventuell nötigen Gabe von Blutkonserven aufgeklärt, obwohl die Infektionsgefahr um Größenordnungen niedriger sei als das HIT-II-Risiko unter einer UFH-Prophylaxe.

Greinacher sprach sich wegen der deutlich geringeren Gefährdung des Patienten prinzipiell für den bevorzugten Einsatz niedermolekularer Heparine (NMH) aus. Wenn ein Patient mit UFH behandelt wird, sollte in der Krankenakte dokumentiert werden, aus welchen Gründen - z. B. erhöhte Blutungsneigung, Notwendigkeit eines Monitorings oder Antagonisierbarkeit - auf den Einsatz eines NMH verzichtet wurde. Nur so ist bei Auftreten einer späteren Komplikation nachweisbar, dass es sich bei der UFH-Gabe um eine mit größtmöglicher Sorgfalt ausgewählte Therapie handelte.

Dank der heute üblichen Aufklärung über das hohe Thromboserisiko bei bestimmten Eingriffen und des konsequenten prophylaktischen Einsatzes von Heparin nach größeren chirurgischen Interventionen konnte das hohe Thromboserisiko von 40 - 50 Prozent z. B. nach Hüftoperationen drastisch gesenkt werden. Ist nicht zu befürchten, dass ein Patient, der während eines Aufklärungsgespräches auch über sein potenzielles HIT-II-Risiko unter Heparinisierung informiert wird, eventuell auf diese sinnvolle Thromboseprophylaxe verzichtet, um sich vor schweren Folgekomplikationen der HIT II, beispielsweise einer Amputation, zu schützen? Eine Untersuchung von Greinacher an 460 Patienten erbrachte diesbezüglich beruhigende Ergebnisse: Über 97 Prozent der befragten Teilnehmer fanden es richtig, über die Komplikation im Patientengespräch aufgeklärt worden zu sein, nahezu alle fühlten sich weiterhin von den Ärzten sicher betreut, und über 98 Prozent gingen mit einem befriedigenden bis sehr guten Gefühl in die Thromboseprophylaxe. Da die Information über die HIT II so positiv aufgenommen wird, hält Greinacher diese bei chirurgischen Patienten mit relativ hohem Risiko für diese heparinbedingte Komplikation unbedingt für sinnvoll. Dagegen ist das HIT-II-Risiko bei internistischen Patienten unter einer Prophylaxe mit NMH so niedrig, dass hier vermutlich auf eine Aufklärung verzichtet werden kann, erklärte Edelgard Lindhoff-Last, Frankfurt.

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