Wir berichten über eine 51-jährige Patientin mit einem Ulcus cruris leukozytoklastisch-vaskulitischer
Genese, bei der eine autologe Keratinozyten-Transplantation als Therapie durchgeführt
wurde.
Bei der Patientin trat erstmals Ende 1995 im Bereich des rechten Unterschenkels prätibial
ein ca. 1,5 × 2,5 cm großes Ulkus auf, welches in der Folge starke Schmerzen bereitete.
Des Weiteren bestehen bei der Patientin seit Jahren ein Thrombophilie-Syndrom in Form
eines hereditären Faktor XIII-Mangels, eine ausgeprägte Adipositas sowie eine Mononeuritis
multiplex mit Fußheberschwäche rechts, ein Diabetes mellitus ist nicht bekannt. Das
Ulkus stellte sich 1995 schwach belegt, mit geringer Granulation in der Tiefe und
einem lividen Randsaum dar.
Nach initial erfolgloser Lokaltherapie mit vornehmlich bakteriziden und granulationsfördernden
Wundauflagen wurde Anfang 1996 bioptisch die Diagnose eines Ulcus cruris leukozytoklastisch-vaskulitischer
Genese gestellt. Daraufhin wurde die Patientin systemisch auf Azathioprin 50-0-50
mg/d und Prednisolon 5-0-5 mg/d eingestellt. Die Blutwerte lagen unter immunsuppressiver
Therapie, bis auf passagere CRP-Erhöhungen, z. B. bedingt durch rezidivierende Wundinfektionen,
im Normbereich.
Die angiologischen Befunde von 2/96 und 11/99 zeigten jeweils eine isolierte Insuffizienz
der Boydschen Perforansvene rechts bei ansonsten unauffälligen Klappenverhältnissen
im sub- wie suprafaszialen Venensystem. Der Brachiopedalindex lag beidseits bei 1,1
womit eine pAVK ausgeschlossen werden konnte. Die Lokaltherapie des Ulkus bestand
daraufhin schwerpunktmäßig in dem Einsatz von enzymatischen Wundreinigungsauflagen
kombiniert mit bakterizid wirksamen Umschlägen, z. B. Octenisept und einer konsequenten
Kompressionstherapie.
Wegen fehlender Heilungstendenzen des Ulkus in der Folge kam eine breite Palette von
Lokaltherapeutika zum Einsatz: enzymatische Wundreinigungssalben, lokalantibiotische
Salben, Kalzium-Alginat-haltige Präparate, AgNO3-haltige Salben und Umschläge, Hydrokolloidverbände,
Steroid-haltige Salben und Flüssigkeiten, Zink-Salben, sowie Faktor XIII-beinhaltende
Lösungen. Intermittierend wurde mehrfach ein chirurgisches WunddÅbridement durchgeführt.
Eine Madentherapie wie auch eine Spalthauttransplantation wurde in 12/98 ohne Erfolg
durchgeführt.
Aufgrund rezidivierender Superinfektionen des Ulkus erhielt die Patientin darüber
hinaus eine ganze Reihe von Antibiotika systemisch, wie z. B. Cephalosporine, Penicilline
und Gyrasehemmer.
Die systemische Steroidtherapie wurde Anfang 1998 beendet ohne Änderung des Ulkusbefundes.
Die Patientin stand aufgrund starker Schmerzen unter Dauerschmerztherapie mit Tramadol.
Methodik
Im November 1999 entschlossen wir uns, das zugelassene Produkt (BioSeed®-S) - ein
autologes Keratinozytentransplantat in einer Fibrinmatrix - der Firma Biotissue Technologies,
Freiburg, zur Anwendung zu bringen [1 ]
[2 ]
[3 ]
[4 ]
[5 ]. Hierzu wurde der Patientin zur Gewinnung der autologen Keratinozyten ein ca. 2
cm2 großes Stück Vollhaut aus der rechten Leiste in Lokalanästhesie entnommen. Die Kultivierung
der Zellen und die Herstellung der Keratinozyten-Fibrinkleber Suspension wurde in
Reinsträumen der Firma BioTissue Technologies unter GMP-Bedingungen durchgeführt.
Die Transplantation von BioSeed®-S erfolgte im Dezember 1999, die Präkonditionierungsphase
musste wegen einer Superinfektion der Wunde verlängert werden. In der Regel stehen
die Zellen ca. 14 Tage nach Vollhautentnahme zur Transplantation bereit.
Der Verband über dem Transplantat bestand aus weißer Vaseline in Kombination mit einer
Fettgaze, sowie ein Kompressionsverband mit einer Pelotte direkt über dem Transplantationsareal.
Ergebnisse
Die Abb. [1 ] zeigt das Ulkus im Bereich des rechten Unterschenkels am Behandlungstag, direkt
vor Auftragung der autologen Keratinozyten in Fibrinmatrix. 3 Tage später wurde erstmalig
der Verband gewechselt. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine deutliche Epithelisierungstendenz
vom Wundrand her zu erkennen und die Patientin berichtete über ein stark herabgesetztes
Schmerzempfinden. Es folgten Verbandswechsel im 2-Tages-Rhythmus in unserer Wundambulanz.
Bereits 10 Tage später kam es zur vollständigen Epithelisierung des Ulkus und Schmerzfreiheit
(Abb. [2 ]).
Zur letzten Nachuntersuchung im Januar 2001 waren keine neuen Läsionen im Bereich
des Transplantationsareales und des übrigen Unterschenkels aufgetreten.
Abb. 1 Vor Behandlung.
Abb. 2 10 Tage nach Transplantation.
Zusammenfassung
Epidemiologische Studien zeigen [6 ]
[7 ], dass ca. 1 % der Bevölkerung in der westlichen Welt unter chronischen Wunden zu
leiden hat. Diese Gruppe stellt somit unter anderem eine große finanzielle Belastung
für das Gesundheitswesen dar. Die Patientenanamnese der von uns therapierten Patientin
stellt keine Seltenheit dar. Mit Blick auf die Einführung der Diagnosis- related-groups
besteht umso mehr die Notwendigkeit von Etablierung und Optimierung ambulanter Therapieverfahren,
um Therapiekosten zu senken.
Das Fallbeispiel zeigt, dass die Transplantation autologer Keratinozyten eine effektive
Methode in der ambulanten Behandlung von chronischen, therapierefraktären Wunden ist,
welche eine Kostenersparnis in der Gesamttherapie zur Folge haben kann.